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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des MZ in H, vertreten durch Dr. Michael Ploderer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marokkanergasse 21/11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 31. Jänner 2002, Zl. WA1-W-41.496/1-02, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag gemäß § 31 WRG 1959, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Landeshauptmann von Niederösterreich stellte mit Bescheid vom 30. September 1996 das Erlöschen des mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. November 1960 der F & S KG erteilten Wasserbenutzungsrechtes betreffend die Einleitung der entgifteten und neutralisierten Betriebsabwässer und der mechanisch geklärten häuslichen Abwässer in den R-Bach (mit 30. Mai 1996) fest. Der damals bereits im Konkurs befindlichen F GesmbH (der Rechtsnachfolgerin der F & S KG) wurden letztmalige Vorkehrungen mit einer Fristsetzung bis 28. Februar 1997 aufgetragen.
Über das Vermögen der F GesmbH war mittels Beschlusses des Landesgerichtes Krems vom 9. März 1993 der Konkurs eröffnet und Dr. P, Rechtsanwalt in G, zum Masseverwalter bestellt worden. Der Konkurs wurde nach Verwertung des Vermögens der F GesmbH mit Beschluss des Landesgerichtes K als Konkursgericht vom 4. August 1997 aufgehoben; im April 1998 wurde die amtswegige Löschung der F GesmbH (Firmenbuch Nr. 3) im Firmenbuch durchgeführt.
Mit Kaufvertrag vom 31. Mai 1996 wurde vom Beschwerdeführer die EZ 6, KG K, (bestehend aus den Grundstücken Nr. 1/2, 2/1, 2/2, 2/3, 6/3, 1/2, 1/3, 1/5, 1/6, 2 und 8/5 im Gesamtausmaß von
4.128 m2) aus der Konkursmasse erworben. Gemäß Punkt V des genannten Kaufvertrages wurde dem Käufer eine Kopie der Niederschrift des Landeshauptmannes von Niederösterreich als Wasserrechtsbehörde vom 18. Mai 1995 ausgehändigt. In dieser Niederschrift - so lautet Punkt V des Kaufvertrages weiter - sei festgehalten, welche weiteren Maßnahmen aus Anlass eines etwaigen Erlöschens des mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. November 1960 erteilten Wasserrechtes im öffentlichen Interesse lägen bzw. welche Maßnahmen zur Klärung der Frage, ob durch verseuchtes Erdreich im Betriebsareal mehr als geringfügige Auswirkungen auf das Grundwasser ausgingen, erforderlich seien.
Der Käufer verpflichtete sich in Kenntnis dieser Niederschrift, sämtliche Kosten und Auslagen sowohl der letztmaligen Vorkehrungen aus Anlass des Erlöschens des obigen Wasserrechtes als auch aller sonstigen Entsorgungsmaßnahmen sowie der damit verbundenen Verfahren ohne Anspruch auf gänzlichen oder teilweisen Rückersatz durch den Verkäufer aus Eigenem zu tragen und den Verkäufer diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.
Die dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegende ehemalige Betriebsanlage der F GesmbH war auf den Grundstücken Nr. 1/3, 1/6, 6/5 und 2, je KG K, situiert.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 7. Dezember 2001 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 31 Abs. 3 und 4 WRG 1959 verpflichtet, folgende Maßnahme auf dem Grundstück Nr. 1/6, KG K, unverzüglich durchzuführen:
"Errichtung einer Bodenluftabsaugung im Bereich der vorhandenen Rammkernsondierung RKS 1 (diese verfügt über ein eingebautes Hahnventil und eine C-Koppelung mit Blinddeckel) und nachfolgende Reinigung der geförderten Bodenluft über eine Aktivkohlereinigungsanlage. Diese Absaug- und Reinigungsanlage ist durch ein befugtes Unternehmen, welches Erfahrung mit derartigen Sanierungsmaßnahmen hat, zu projektieren, um die erforderliche Auslegung der notwendigen Aktivkohlemengen in Abhängigkeit der festgestellten Kontamination in der Bodenluft sowie die Leistung der Absaugeinrichtungen zu ermitteln und zu betreiben."
Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass den - anlässlich von Erhebungen zum Aufsuchen von Altlasten erstellten -
Gutachten der Amtssachverständigen für Altlasten und Verdachtsflächen, für Chemie und für Geohydrologie zu entnehmen sei, dass in der südwestlichen Ecke des Gebäudes auf dem Grundstück Nr. 1/6 KG K, im Bereich der ehemaligen Galvanik massive Grenzwertüberschreitungen bei leichtflüchtigen Halogenkohlenwasserstoffen gegeben seien. Um eine weitere Verlagerung dieser Stoffe verhindern zu können, wäre als Sofortmaßnahme jedenfalls eine laufende Absaugung der Bodenluft aus der Rammkernsondierung 1 eine zielführende Maßnahme. Hinsichtlich der Haftungsfrage wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei beim Kauf der gegenständlichen Liegenschaft EZ 6, KG K, nach dem Inhalt des Kaufvertrages auch über die Gefährlichkeit der ehemaligen Betriebsanlage informiert gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, welcher mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 31. Jänner 2002 keine Folge gegeben wurde.
Die belangte Behörde begründete dies nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des § 31 Abs. 4 WRG 1959 damit, dass das Insolvenzverfahren nach Verwertung des Vermögens der F GesmbH als Verursacherin bzw. Eigentümerin der Liegenschaft, auf der die Verunreinigungen stattgefunden hätten, mit Beschluss des Landesgerichtes K als Konkursgericht vom 4. August 1997 "eingestellt" worden sei. Der Konkurs(eröffnungs)beschluss stamme vom 9. März 1993. Mit Kaufvertrag vom 31. Mai 1996 seien die gegenständlichen Grundstücke (Altstandort) vom Beschwerdeführer erworben worden. Die Bestimmung des § 31 Abs. 4 WRG 1959 sei entsprechend der Regierungsvorlage 1990 (subsidiäre Haftung des Liegenschaftseigentümers bzw. seines Rechtsnachfolgers) damit begründet worden, dass ein Verursacher oft nicht bekannt sei, weil er nicht mehr existiere oder nicht mehr entsprechend leistungsfähig sei. Mit Liegenschaftseigentümer meine § 31 Abs. 4 erster Satz WRG 1959 den Eigentümer zum Zeitpunkt, in dem das verantwortungsbegründende Verhalten des Primärverpflichteten (also der F GesmbH) gesetzt werde. Mit Rechtsnachfolger sei jener gemeint, der das Eigentum zu einem Zeitpunkt erwerbe, da das Verhalten des Primärverantwortlichen bereits abgeschlossen sei, sodass eine Zustimmung (Duldung) zu diesem Verhalten gar nicht mehr möglich sei. Es gehe also um die Rechtsnachfolge in das Eigentum. Der Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers sei daher auch nichts anderes als ein Eigentümer der betreffenden Liegenschaft, von der die Gewässergefährdung ausgehe oder auf der Abfälle abgelagert würden.
Die Kenntnis oder die sorgfaltswidrige Unkenntnis des Rechtsnachfolgers müsse sich im Fall des § 31 Abs. 4 WRG 1959 auf die Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgehe, beziehen. Abzustellen sei auf den Zeitpunkt des Eigentumserwerbes. Es sei ein objektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen, der sich nach den §§ 1297 bzw. 1299 ABGB bestimme. Den Grundstückserwerber treffe in diesem Umfang vor dem Erwerb eine Erkundungspflicht, die von einer Besichtigung des Grundstückes, Auskunftsverlangen an den Veräußerer bis hin zu Bodenuntersuchungen und Einholung von Gutachten reichen könne.
Der Berufungswerber habe behauptet, er habe sich auf die Aussagen (vor allem) des Masseverwalters verlassen. Aus der ihm bekannten Niederschrift vom 18. Mai 1995 gehe nun aber hervor, dass es sich im Gegenstand um eine Metallwarenfabrik handle, ein Anpassungsbescheid (1992) an den Stand der Technik nicht erfüllt worden und verseuchtes Erdreich im Betriebsareal vorhanden sei. Trotzdem habe der Beschwerdeführer den Kaufvertrag unterschrieben. Darin sehe die Berufungsbehörde einen Mangel an Sorgfalt, was nun aber bedeute, dass der nunmehrige Beschwerdeführer im Sinn des § 31 Abs. 4 zweiter Satz WRG 1959 zu Maßnahmen entsprechend § 31 Abs. 3 WRG 1959 verpflichtet werden könne; gerade, weil er es an der gehörigen Aufmerksamkeit habe fehlen lassen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 31 Abs. 1, 3 und 4 WRG 1959 lautet:
"§ 31. (1) Jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, hat mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.
...
(3) Wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, so hat die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wenn wegen Gefahr im Verzuge eine Anordnung der Wasserrechtsbehörde nicht abgewartet werden kann, ist der Bürgermeister befugt, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen - soweit nicht dem Bergrecht unterliegende Anlagen betroffen werden - unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Gefahr im Verzug ist jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist.
(4) Kann der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht gemäß Abs. 3 beauftragt oder zum Kostenersatz herangezogen werden, dann kann an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgeht, zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Dies gilt auch für Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers, wenn sie von den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgeht, Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mussten."
Unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, es treffe zwar zu, dass über das Vermögen der F GesmbH das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Es sei jedoch völlig unberücksichtigt geblieben, dass in der Masse ausreichend Vermögen vorhanden gewesen wäre, um von dieser Seite die diesbezüglichen Maßnahmen durchzuführen und/oder die Konkursmasse zum entsprechenden Kostenersatz zu verpflichten. Die Konkursmasse habe offensichtlich nicht an Massearmut gelitten; die belangte Behörde hätte daraus den Schluss ziehen müssen, dass seitens der Masse genug Vermögen vorhanden gewesen wäre, um dieser den Kostenersatz für die angeordneten Arbeiten aufzuerlegen. Auch wenn § 84 Abs. 1 Z. 4 GmbhG die Auflösung einer GesmbH durch Eröffnung des Konkurses normiere, so finde diese auf das Handels- bzw. Gesellschaftsrecht gemünzte Regelung hier keine Anwendung. Die gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 normierte subsidiäre Haftung des Liegenschaftseigentümers sollte entsprechend der von der belangten Behörde selbst zitierten Regierungsvorlage doch nur dann greifen, wenn der Verursacher nicht bekannt sei, bzw. nicht mehr existiere.
Der Terminus "Existenz" sei hier in zwingender Weise unter wirtschaftlichen Aspekten zu sehen. Die Vermögenslosigkeit, die unter "liquidiert" gemeint sei, sei im gegenständlichen Fall jedoch gerade nicht vorgelegen. Auf dem Massekonto sei genug Geld vorhanden gewesen, auf das die belangte Behörde hätte greifen können. Als Masseforderung hätten die aufgelaufenen Kosten jedenfalls befriedigt werden können. Für die subsidiäre Haftung bleibe daher kein Raum. Eine allfällige Haftung des Geschäftsführers bzw. der Gesellschafter sei von der Behörde auch nicht in Erwägung gezogen worden.
Eben dieses Argument bringt der Beschwerdeführer auch unter dem Aspekt einer Verfahrensverletzung vor und ergänzt, es sei ebenso wenig erörtert worden, warum die angeordneten Maßnahmen unverzüglich durchzuführen seien. Unbegründet sei zudem geblieben, warum die belangte Behörde das Übereinkommen vom 29. Februar 1996, das er mit der Stadtgemeinde H geschlossen habe, unberücksichtigt gelassen habe. Danach habe sich die Stadtgemeinde H verpflichtet, nach Zustandekommen des Erwerbes der Liegenschaft K 35 durch den Beschwerdeführer die ordnungsgemäße Entsorgung der Absetzbecken und des umgebenden und allenfalls verunreinigten Erdreiches entsprechend und im Umfang der behördlichen Vorschreibungen und Auflagen zu besorgen.
Diesem Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen, dass ein Auftrag an einen Verursacher, einen Liegenschaftseigentümer oder einen Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers nach § 31 Abs. 3, 4 oder 6 WRG 1959 nur auf Grund der im Zeitpunkt der Erlassung des Auftrages gegebenen Sach- und Rechtslage ergehen kann. Existiert der Verursacher (oder der Rechtsvorgänger im Liegenschaftseigentum) im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr, kann ihm gegenüber auch kein wasserpolizeilicher Auftrag erteilt werden. Dabei ist es aus dem Blickwinkel des § 31 WRG 1959 nicht weiter von Belang, ob ein solcher Auftrag an den Verursacher bzw. den Rechtsvorgänger im Eigentum in der Vergangenheit möglich gewesen wäre oder nicht. Insofern der Beschwerdeführer geltend macht, die F GesmbH bzw. die Konkursmasse hätte zu einem vor Bescheiderlassung liegenden Zeitpunkt Vermögen genug besessen, zeigt er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil seine Vorgängerin im Liegenschaftseigentum im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides unbestritten nicht mehr existierte bzw. das Konkursverfahren bereits abgeschlossen war; diesen gegenüber konnte daher auch keine Verpflichtung ausgesprochen werden.
Auch der Hinweis auf den vom Beschwerdeführer mit der Stadtgemeinde H abgeschlossenen Vertrag über die Übernahme der Entsorgung bestimmter Bereiche der erworbenen Liegenschaft zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil sich ein Verpflichteter gemäß § 31 WRG 1959 nicht durch rechtsgeschäftliche Verfügungen seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen entziehen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. August 1998, 96/07/0053); angesichts dessen war nicht zu prüfen, ob der im gegenständlichen Fall erteilte Auftrag von der genannten Vereinbarung überhaupt erfasst gewesen wäre.
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid ausdrücklich auf § 31 Abs. 4 letzter Satz WRG 1959 und die dort normierte subsidiäre Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers gestützt. Der Beschwerdeführer, der unstrittig Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümer ist, konnte auf dieser Rechtsgrundlage zur aufgetragenen Maßnahme dann verpflichtet werden, wenn er von den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgeht, Kenntnis hatte oder Kenntnis haben musste.
Die Maßnahme, von der die Gefahr ausging, der nun durch die dem Beschwerdeführer aufgetragene Bodenluftabsaugung begegnet werden soll, war der Betrieb der Galvanik in diesem Teil des alten Betriebsgebäudes auf nicht entsprechendem Untergrund (löchrigem Beton). Darauf wurde bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 1995, an der auch der (damalige) Masseverwalter teilnahm, ausdrücklich Bezug genommen; damals gab der deponietechnische Amtssachverständige ein Gutachten dahin ab, dass "innerhalb der Gebäude weitere Untersuchungen im Bereich der Entfetterei (Boden-Luft-Untersuchungen auf CKW) und im südöstlichen Bereich der Galvanisiererei, wo auf Grund der Löcher im Beton ein Austreten von Schadstoffen stattgefunden haben könnte, erforderlich wären (Unterstreichung nicht im Original). Alle anderen augenscheinlich feststellbaren Verunreinigungen, primär im Bereich der Fußböden (Kohlenwasserstoffe insgesamt), würden erst im Falle eines möglichen Abbruches des Gebäudes im Hinblick auf die Entsorgung des Abbruchmateriales relevant werden."
Nach Punkt V des Kaufvertrages vom 31. Mai 1996 wurde dem Käufer (dem Beschwerdeführer) eine Fotokopie dieser Verhandlungsschrift vom 18. Mai 1995 ausgehändigt. Dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dem Inhalt dieser Niederschrift entnehmen konnte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit entnehmen hätte können, dass die Galvanik im alten Betriebsgebäude auf löchrigem Beton betrieben wurde und dadurch ein Austreten von Schadstoffen stattgefunden haben könnte.
Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe daher von den Anlagen und Maßnahmen, von denen die Gefahr ausging, Kenntnis gehabt oder bei gehöriger Aufmerksamkeit haben müssen, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden. Der Beschwerdeführer hat trotz (bei gehöriger Aufmerksamkeit jedenfalls möglicher) Kenntnis des Inhaltes der Verhandlungsschrift und des darin angegebenen unsachgemäßen Betriebs der Galvanik den Kaufvertrag abgeschlossen. Damit trifft ihn das Risiko der Haftungsübernahme für weitere, diese Gewässerverunreinigung beseitigende Maßnahmen. Die belangte Behörde konnte den Beschwerdeführer daher als Verpflichteten gemäß § 31 Abs. 4 letzter Satz WRG 1959 heranziehen.
Der Beschwerdeführer wendet sich schließlich auch dagegen, dass er zur unverzüglichen Errichtung der Absaug- und Reinigungsanlage verpflichtet wurde und vermisst diesbezüglich eine nachvollziehbare Begründung.
Mit diesem Einwand zeigt er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Nach § 59 Abs. 2 AVG ist dann, wenn die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen wird, im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen. Eine solche Befristung hat die belangte Behörde durch die Verpflichtung zur "unverzüglichen" Durchführung des Auftrags vorgenommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 2000, Zl. 2000/04/0156).
Die nach § 59 Abs. 2 AVG vorzunehmende Fristsetzung hat auf Grund der Ergebnisse entsprechender Ermittlungen zu erfolgen und ist im Bescheid auch entsprechend zu begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 96/07/0072). Eine solche Begründung findet sich aber weder im Bescheid erster Instanz noch im angefochtenen Bescheid. Die belangte Behörde hat daher ihrer Verpflichtung zur Begründung der Fristsetzung nicht entsprochen.
Die Festsetzung einer Erfüllungsfrist ist untrennbar mit der Vorschreibung zur Erbringung einer Leistung oder Herstellung eines Zustandes verbunden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 7. September 1993, Zl. 91/05/0220). Eine Teilaufhebung des angefochtenen Bescheides kam daher nicht in Betracht.
Die belangte Behörde hat dadurch, dass sie die Angemessenheit der Leistungsfrist ("unverzüglich") mit keinem Wort begründet hat, ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zum einen die im pauschalierten Aufwandersatz bereits enthaltene Umsatzsteuer und zum anderen das die Beträge der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001 übersteigende Kostenersatzbegehren des Beschwerdeführers.
Wien, am 27. Juni 2002
Schlagworte
Begründung Begründungsmangel Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Besondere Rechtsgebiete Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 Sachverhalt SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002070043.X00Im RIS seit
07.10.2002