TE Vfgh Erkenntnis 1999/6/24 G427/97

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Veröffentlicht am 24.06.1999
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Index

58 Berg- und Energierecht
58/02 Energierecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
StarkstromwegeG 1968 §4 Abs2
StarkstromwegeG 1968 §5
StarkstromwegeG 1968 §7 Abs1

Leitsatz

Keine Gleichheitswidrigkeit des Ausschlusses der Grundeigentümer von der Parteistellung im Vorprüfungsverfahren nach dem StarkstromwegeG 1968; bloßes Anhörungsrecht und keine Formalparteistellung der Gemeinde im Vorprüfungsverfahren nicht unsachlich; Bedachtnahme auf die Interessen der Grundeigentümer im Verfahren zur Bewilligung von Vorarbeiten; Wirkung einer Bewilligung gegenüber den zur Duldung der Vorarbeiten Verpflichteten als Verordnung; keine Verfassungswidrigkeit der mangelnden Parteistellung der Gemeinde im Verfahren zur Erteilung der Bau- und Betriebsbewilligung angesichts des bestehenden Anhörungsrechts

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Steiermärkische Landesregierung beantragt auf Grund ihres Beschlusses vom 29. September 1997 gemäß Art140 B-VG, die §§4 Abs2, 5 und 7 Abs1 des Starkstromwegegesetzes 1968, BGBl. Nr. 70/1968, als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Die angefochtenen Gesetzesbestimmungen des Starkstromwegegesetzes 1968 lauten in ihrem Zusammenhang (die bekämpften Vorschriften sind hervorgehoben):

"§4. Vorprüfungsverfahren

(1) Die Behörde kann über Antrag oder von Amts wegen ein Vorprüfungsverfahren anordnen, wenn ein Ansuchen um Bewilligung der Inanspruchnahme fremden Gutes zur Vornahme von Vorarbeiten (§5) oder um Bewilligung zur Errichtung und Inbetriebnahme elektrischer Leitungsanlagen (§6) vorliegt und zu befürchten ist, daß durch diese elektrischen Leitungsanlagen öffentliche Interessen nach §7 Abs1 wesentlich beeinträchtigt werden. In diesem sind der Behörde durch den Bewilligungswerber über Aufforderung folgende Unterlagen vorzulegen:

a)

ein Bericht über die technische Konzeption

der geplanten Leitungsanlage,

b)

ein Übersichtsplan im Maßstab 1:50.000

mit der vorläufig beabsichtigten Trasse und

den offenkundig berührten, öffentlichen

Interessen dienenden Anlagen.

(2) Im Rahmen eines Vorprüfungsverfahrens sind sämtliche Behörden und öffentlich-rechtliche Körperschaften, welche die durch die geplante elektrische Leitungsanlage berührten öffentlichen Interessen (§7 Abs1) vertreten, zu hören.

(3) Nach Abschluß des Vorprüfungsverfahrens ist mit Bescheid festzustellen, ob und unter welchen Bedingungen die geplante elektrische Leitungsanlage den berührten öffentlichen Interessen nicht widerspricht.

§5. Vorarbeiten

(1) Auf Ansuchen ist für eine von der Behörde festzusetzende Frist die Inanspruchnahme fremden Gutes zur Vornahme von Vorarbeiten für die Errichtung einer elektrischen Leitungsanlage durch Bescheid der Behörde unter Berücksichtigung etwaiger Belange der Landesverteidigung zu bewilligen. Diese Frist kann verlängert werden, wenn die Vorbereitung des Bauentwurfes dies erfordert und vor Ablauf der Frist darum angesucht wird.

(2) Diese Bewilligung gibt das Recht, fremde Grundstücke zu betreten und auf ihnen die zur Vorbereitung des Bauentwurfes erforderlichen Bodenuntersuchungen und sonstigen technischen Arbeiten mit tunlichster Schonung und Ermöglichung des bestimmungsgemäßen Gebrauches der betroffenen Grundstücke vorzunehmen.

(3) Die Bewilligung ist von der Behörde in der Gemeinde, in deren Bereich Vorarbeiten durchgeführt werden sollen, spätestens eine Woche vor Aufnahme der Vorarbeiten durch Anschlag kundzumachen. Eine Übersichtskarte mit der vorläufig beabsichtigten Trassenführung ist zur allgemeinen Einsichtnahme im Gemeindeamt aufzulegen.

(4) Der zur Vornahme von Vorarbeiten Berechtigte hat den Grundstückseigentümer und die an den Grundstücken dinglich Berechtigten für alle mit den Vorarbeiten unmittelbar verbundenen Beschränkungen ihrer zum Zeitpunkt der Bewilligung ausgeübten Rechte angemessen zu entschädigen. Für das Verfahren gilt §20 lita bis d sinngemäß.

§6. Bewilligungsansuchen

(1) Wer eine elektrische Leitungsanlage errichten und in Betrieb nehmen sowie Änderungen oder Erweiterungen nach §3 vornehmen will, hat bei der Behörde um eine Bewilligung anzusuchen.

(2) Dem Ansuchen sind folgende Beilagen anzuschließen:

a) ein technischer Bericht mit Angaben über Zweck, Umfang, Betriebsweise und technische Ausführungen der geplanten elektrischen Leitungsanlage;

b) eine Kopie der Katastralmappe, aus welcher die Trassenführung und die betroffenen Grundstücke mit ihren Parzellennummern ersichtlich sind;

c) ein Verzeichnis der betroffenen Grundstücke mit Katastral- und Grundbuchsbezeichnung, Namen und Anschriften der Eigentümer sowie des beanspruchten öffentlichen Gutes unter Angabe der zuständigen Verwaltungen;

d) für den Fall, daß voraussichtlich Zwangsrechte gemäß §§11 oder 18 in Anspruch genommen werden, überdies ein Verzeichnis der davon betroffenen Grundstücke und zusätzlich Namen und Anschriften der sonstigen dinglich Berechtigten mit Ausnahme der Hypothekargläubiger;

e) ein Verzeichnis der offenkundig berührten fremden Anlagen mit Namen und Anschriften der Eigentümer oder der zuständigen Verwaltungen.

(3) Die Behörde kann bei Ansuchen um Änderungen oder Erweiterungen gemäß Abs1 von der Beibringung einzelner in Abs2 angeführter Angaben und Unterlagen absehen, sofern diese für das Bewilligungsverfahren nicht erforderlich sind.

(4) Soll in der technischen Ausführung der geplanten elektrischen Leitungsanlage von den Vorschriften über die Normalisierung und Typisierung elektrischer Anlagen (§2 des Elektrotechnikgesetzes) oder von den allgemeinverbindlichen elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften (§3 des Elektrotechnikgesetzes) abgewichen werden, so ist dem Bewilligungsansuchen ein technisch begründetes Ansuchen um Ausnahmebewilligung für die geplanten Abweichungen beizufügen.

§7. Bau- und Betriebsbewilligung

(1) Die Behörde hat die Bau- und Betriebsbewilligung zu erteilen, wenn die elektrische Leitungsanlage dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung oder eines Teiles derselben mit elektrischer Energie nicht widerspricht. In dieser Bewilligung hat die Behörde durch Auflagen zu bewirken, daß die elektrischen Leitungsanlagen diesen Voraussetzungen entsprechen. Dabei hat eine Abstimmung mit den bereits vorhandenen oder bewilligten anderen Energieversorgungseinrichtungen und mit den Erfordernissen der Landeskultur, des Forstwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumplanung, des Natur- und Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft und des Wasserrechtes, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung, der Sicherheit des Luftraumes und des Dienstnehmerschutzes zu erfolgen. Die zur Wahrung dieser Interessen berufenen Behörden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind im Ermittlungsverfahren zu hören.

(2) Die Behörde kann bei Auflagen, deren Einhaltung aus Sicherheitsgründen vor Inbetriebnahme einer Überprüfung bedarf, zunächst nur die Baubewilligung erteilen und sich die Erteilung der Betriebsbewilligung vorbehalten."

3. Zur Begründung ihres Antrages behauptet die Steiermärkische Landesregierung, daß die angefochtenen Bestimmungen dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen. Hiezu führt die Antragstellerin im wesentlichen folgendes aus:

"1. Zu Punkt 1: (§4 Abs2)

...

Auf Grund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, beginnend und festschreibend mit VwSlg. 5594 und 6128, hat der durch ein Elektrizitätsprojekt betroffene Grundeigentümer bereits im Prüfverfahren gemäß §§6 und 7 Starkstromwegegesetz Parteistellung. In diesem Rahmen kann er Einwendungen betreffend Gefährdungen subjektiver Rechte, wie Lärm, Strahlung oder der Notwendigkeit der projektgemäßen Eingriffe in das Grundeigentum, vorbringen, aber auch geltend machen, daß kein öffentliches Interesse daran bestehe, das Projekt nur in der geplanten Art (VwSlg. 6128) oder die geplante Leitung in einer seine Grundstücke berührenden Art auszuführen (VwGH 5.3.1985, 84/05/0193).

Dies bedeutet aber folgendes: Gemäß §4 Abs3 Starkstromwegegesetz hat die Behörde nach Abschluß des Vorverfahrens mit Bescheid festzustellen, ob und unter welchen Bedingungen die geplante elektrische Leitungsanlage den berührten öffentlichen Interessen nicht widerspricht. Diese Feststellung ist aber dann ohne Bedeutung, wenn ein betroffener Grundeigentümer im Bewilligungsverfahren einwendet, daß das öffentliche Interesse, wie im vorigen Absatz angeführt, dennoch nicht bestehe, weil ihm im Vorverfahren keine Parteistellung zugekommen ist. Ein rechtskräftiger Vorprüfungsverfahrensbescheid kann ihm nicht entgegengehalten werden (z.B. VwGH 5.6.1984, 83/05/0216; 3.7.1984, 83/05/0124).

Der Ausschluß des Eigentümers von der Parteistellung im Vorprüfungsverfahren führt somit zu folgendem unsachlichen Ergebnis:

Obwohl im Vorprüfungsverfahren bescheidmäßig festgestellt wurde, daß das Projekt den berührten öffentlichen Interessen nicht widerspricht, kann es im nachfolgenden Bewilligungsverfahren zu einem erfolgreichen Widerspruch gegen diese Feststellung des Bestehens öffentlicher Interessen kommen:

Im Bewilligungsverfahren hat nämlich ein betroffener Grundeigentümer Parteistellung und kann - mit Erfolg - begehren, daß das Bestehen öffentlichen Interesses noch einmal geprüft werde und auch erreichen, daß das Bestehen öffentlichen Interesses verneint wird. Der Bewilligungswerber kann sich somit nicht auf einen rechtskräftigen Bescheid stützen, der Bescheid aus dem Vorprüfungsverfahren ist daher im Bewilligungsverfahren im Grunde wertlos. Es ist daher unsachlich, im Vorprüfungsverfahren den Eigentümern betroffener Grundstücke die Parteistellung zu verweigern. Dies wird auch durch folgende Überlegungen ersichtlich:

Eine Einschränkung von Parteirechten kann nach der Rechtsprechung des VfGH auch damit gerechtfertigt werden, daß dadurch im durchzuführenden Verfahren eine Vermeidung von Kosten bewirkt werden kann (so VfSlg 6808 im Hinblick auf das Kriegsopferversorgungsgesetz unter Heranziehung der Darlegungen in den EB zur RV).

Im vorliegenden Fall tritt jedoch das genaue Gegenteil ein:

Durch den Ausschluß der Parteistellung der Eigentümer betroffener Grundstücke im Vorprüfungsverfahren kommt es nicht zu einer Vermeidung von Verfahrenskosten, sondern möglicherweise sogar zu gewaltigen Kostensteigerungen: Es wird ein Vorprüfungsverfahren ohne Einbeziehung der Grundeigentümer zur Beantwortung der Frage geführt, ob das Vorhaben öffentlichen Interessen widerspricht. Im Bewilligungsverfahren, in dem der Grundeigentümer dann Parteistellung hat, kann der Grundeigentümer Einwendungen vorbringen, die genau diese Frage betreffen: Er kann das Fehlen öffentlichen Interesses vorbringen. Und in diesem Fall muß die Frage, ob die Anlage nur auf dem vorgesehenen Aufstellungsort optimal den öffentlichen Energieversorgungsinteressen und den übrigen öffentlichen Interessen an der Errichtung in der gewählten Form tatsächlich entspricht, neuerlich durchgeführt werden (so VwGH 3.7.1984, 83/05/0124). Der Ausschluß der Parteirechte durch §4 Abs2 Starkstromwegegesetz kann also zu wesentlich höheren Verfahrenskosten führen.

Nach Auffassung der Steiermärkischen Landesregierung ist §4 Abs2 nur im Sinne eines Ausschlusses von Parteirechten zu verstehen: Nach dieser Bestimmung sind sämtliche Behörden und öffentlich-rechtliche Körperschaften, welche die durch die geplante elektrische Leitungsanlage berührten öffentlichen Interessen vertreten, zu 'hören'. Der Ausdruck 'hören' wird aber traditionell nicht als Einräumung von Parteirechten verstanden. Eine Bestimmung, die anordnet, bestimmte Stellen seien zu 'hören', wird aber in Österreich stets so verstanden, daß alle in ihr nicht angeführten Personen oder Einrichtungen nicht einmal das Recht haben, gehört zu werden, geschweige denn, Parteistellung genießen könnten.

Die in Rede stehende Bestimmung ist nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung aber nicht nur unsachlich, weil sie die Eigentümer betroffener Grundstücke von der Parteistellung ausschließt, sondern auch deshalb, weil sie den in Betracht kommenden Gemeinden die Stellung einer Formalpartei verweigert.

Dies aus folgendem Grund:

Nach Auffassung der Steiermärkischen Landesregierung widerspricht es dem Sachlichkeitsgebot, einer Gemeinde in einem bestimmten Gesetz die Stellung als Formalpartei zur Wahrnehmung der Interessen der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft zu verweigern, wenn in vergleichbaren Gesetzen der Gemeinde eine solche Stellung eingeräumt ist. Gesetze, die unter dem hier interessierenden Aspekt mit dem Starkstromwegegesetz vergleichbar sind, sind das Wasserrechtsgesetz und das UVP-Gesetz. Nach §102 Abs1 litd WRG hat die Gemeinde im wasserrechtlichen Verfahren zur Erteilung einer Grundsatzgenehmigung (§111a WRG) die Stellung einer Legalpartei. Gleiches ist im UVP-Gesetz vorgesehen. Es liegt daher nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung ein unsachlicher Wertungswiderspruch vor, wenn durch §4 Abs2 des Starkstromwegegesetzes den Gemeinden die Stellung einer Formalpartei zur Wahrung der Interessen der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft im Vorprüfungsverfahren verweigert wird.

Zu Punkt 2: (§5)

Gemäß §5 Abs1 ist die Inanspruchnahme fremden Gutes zur Vornahme von Vorarbeiten für die Errichtung einer elektrischen Leitungsanlage durch Bescheid der Behörde unter Berücksichtigung etwaiger Belange der Landesverteidigung zu bewilligen. Dies bedeutet, daß bei einem Ansuchen die gesetzlich erlaubten Eingriffe, wie Betretungsrechte, Bodenuntersuchungen und sonstige technische Arbeiten, jedenfalls - und zwar ohne Abwägung mit anderen Interessen, insbesondere der Interessen der Grundeigentümer - zu bewilligen sind. Die Behörde hat dabei keine Wahlmöglichkeit und keinen Interpretationsspielraum.

Nach §5 Abs3 ist der Bescheid durch die Gemeinde durch Anschlag kundzumachen. Die betroffenen Grundeigentümer haben also kein Recht auf Zustellung einer Bescheidausfertigung. Daraus ist zu entnehmen, daß die Grundeigentümer in einem Verfahren, das zur Erlassung eines Bescheides über die Berechtigung zu Eingriffen im Zuge von Vorarbeiten führt, keine Parteistellung haben sollten. Es kann wohl ausgeschlossen werden, daß die Vorschrift des §5 Abs3 über die Kundmachung des Bescheides durch Anschlag als eine besondere Regel über die Zustellung des Bescheides an Verfahrensparteien zu verstehen sei.

Es ist daher davon auszugehen, daß nach dem Sinn des Gesetzes die Vornahme von Vorarbeiten jedenfalls im öffentlichen Interesse gelegen ist und, daß dadurch Parteiinteressen nicht berührt werden können. Dies ist jedoch unsachlich, denn es kann keinesfalls von vornherein angenommen werden, daß jedes Projekt und jede Vorarbeit, mit der auch Beeinträchtigungen eines Grundstückes verbunden sein können, in so hohem Maße im Allgemeininteresse liegt, daß demgegenüber kein schutzwürdiges rechtliches Interesse von Grundeigentümern bestehen könnte. Vielmehr müßte die Behörde in die Lage versetzt werden, auch anhand von Einwendungen von Grundstückseigentümern abzuwägen, ob die vorgesehenen Eingriffe tatsächlich gerechtfertigt sind.

Es ist daher unsachlich, den Grundstückseigentümern im Verfahren zur Erlassung des Bewilligungsbescheides keine Möglichkeit einzuräumen, die öffentlichen Interessen und die Notwendigkeit des Eingriffs in Frage zu stellen und sie erst bei der Festlegung der Höhe der Entschädigung einzubinden.

Mit der Aufhebung einzelner Teile des §5 kann die Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt werden. Es wird aus diesem Grund die gesamte Bestimmung angefochten.

3. Zu Punkt 3: (§7 Abs1)

Nach §7 Abs1 1etzter Satz sind die zur Wahrung der in diesem Absatz genannten öffentlichen Interessen berufenen Behörden und öffentlichen Körperschaften im Ermittlungsverfahren zur Erteilung der Bau- und Betriebsbewilligung zu hören. Den Gemeinden kommt dabei eine Parteistellung nicht zu.

Wie bereits zu §4 Abs2 ausgeführt, ist die Parteistellung für die Gemeinden (und nicht nur ein Anhörungsrecht) zur Wahrung der Interessen der Betroffenen wesentlich. Die Ausführungen unter Punkt 1. müssen für §7 Abs1 umsomehr gelten, zumal ein Vorverfahren nach §4 nicht in jedem Fall stattfinden muß."

4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den Antrag stellt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, daß die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufzuheben sind. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den weiteren Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

Die Bundesregierung führt dazu im wesentlichen aus:

"A. Zu Punkt 1 des Antrages:

...

2. Nach Ansicht der Bundesregierung hat sich der Gesetzgeber im vorliegenden Fall durchaus im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes gehalten.

Das starkstromwegerechtliche Genehmigungsverfahren für elektrische Leitungsanlagen, die sich auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, kann gemäß dem Starkstromwegegesetz 1968, BGBl. Nr. 70, dann zweistufig geregelt (Vorprüfungsverfahren und darauf aufbauendes Baubewilligungsverfahren) sein, wenn zu befürchten ist, daß durch eine elektrische Leitungsanlage öffentliche Interessen nach §7 Abs1 leg.cit. wesentlich beeinträchtigt werden. Das trifft regelmäßig auf Leitungsanlagen höherer Spannungsebene (110-, 220- und 380-kV-Leitungen) zu, aber normalerweise nicht auf Leitungsanlagen der Mittelspannungsebene (10-, 20- und 30-kV-Leitungen).

Zweck eines Vorprüfungsverfahrens gemäß §4 leg.cit., das auf Antrag oder von Amts wegen eingeleitet werden kann, ist die Festlegung einer generellen Trasse in der Natur nach Abstimmung mit sämtlichen Behörden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften, welche die durch die geplante elektrische Leitungsanlage berührten öffentlichen Interessen (§7 Abs1 leg.cit.) vertreten. Zu diesem Zweck sind diese Vertreter der öffentlichen Interessen zu hören.

Der Projektwerber hat zum Vorprüfungsverfahren über Aufforderung einen Bericht über die technische Konzeption der geplanten Leitungsanlage, einen Übersichtsplan im Maßstab 1:50.000 mit der vorläufig beabsichtigten Trasse und den offenkundig berührten, öffentlichen Interessen dienenden Anlagen vorzulegen.

Die Praxis hat gezeigt, daß in einem Vorprüfungsverfahren die ursprünglich vom Antragsteller beabsichtigte Trasse oftmals verlassen werden muß, weil sich dies aufgrund der Abstimmung mit den öffentlichen Interessen als notwendig erwiesen hat. Das heißt, daß die im Vorprüfungsbescheid festgelegte generelle Trasse - das ist in der Natur ein etwa 100 bis 120 m breiter Streifen - einen anderen Verlauf nehmen kann, als ursprünglich vom Projektwerber beabsichtigt.

In diesem ersten Stadium des starkstromwegerechtlichen Verfahrens, im Vorprüfungsverfahren, kann daher nicht angegeben werden, welche Grundstücke letztlich tatsächlich durch die Leitungsanlage berührt werden. Zweck des Vorprüfungsverfahrens ist lediglich die Festlegung einer generellen Trasse, innerhalb welcher der Projektwerber ein Detailprojekt ausarbeiten kann. Dieser etwa 100 m bis 120 m breite Streifen in der Natur gibt dem Projektanten die nötige Bewegungsfreiheit bei der Ausarbeitung des Detailprojektes, da von vornherein bei der Festlegung der generellen Trasse nicht alle geologischen Verhältnisse bekannt sind.

Die Grundeigentümer haben im starkstromwegerechtlichen Vorprüfungsverfahren noch keine Parteistellung, weil in diesem Stadium des Verfahrens die tatsächliche Betroffenheit noch nicht festgestellt und die tatsächlich betroffenen Anrainer daher noch gar nicht geladen werden können, weil zunächst eine generelle Trasse im Vorprüfungsverfahren nach Anhörung aller Vertreter öffentlicher Interessen definiert wird und erst nach Ausarbeitung eines Detailprojektes aufgrund des Vorprüfungsbescheides durch den Projektwerber die tatsächlich betroffenen Anrainer eruiert werden können.

Im darauf folgenden starkstromwegerechtlichen Baubewilligungsverfahren, welches der Projektbetreiber nach Ausarbeitung und Einreichung des Detailprojektes beantragen kann, haben die tatsächlich von diesem Projekt betroffenen Grundeigentümer, das ist jener Personenkreis, deren Grundstücke durch die Errichtung eines Mastes oder mehrerer Maste und/oder durch Überspannung mit Leiterseilen im freien Luftraum betroffen sind, oder deren Grundstücke im Dienstbarkeitsstreifen (dieser Streifen hängt von der Spannungsebene ab und beträgt beispielsweise bei 380-kV-Freileitungen 30 m links und 30 m rechts der Leitungsachse) liegen, Parteistellung. Diese Grundeigentümer können im nachfolgenden starkstromwegerechtlichen Baubewilligungsverfahren ihre Parteistellung wahrnehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 94/05/0021-11, aus, daß dem Grundeigentümer und auch den anderen dinglich Berechtigten nicht erst im Enteignungsverfahren, sondern schon im Baubewilligungsverfahren gemäß §§6, 7 des Starkstromwegegesetzes Parteistellung zukommt. Der Verwaltungsgerichtshof stellte unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 26. Juni 1990, Zl. 89/05/0210, auch klar, 'daß im Vorprüfungsverfahren gemäß §4 Starkstromwegegesetz eine die Parteistellung begründende Berührung der Interessen der dinglich Berechtigten noch nicht in Betracht kommt. Nach Abs1 litb dieser Bestimmung muß ein Übersichtsplan im Maßstab 1:50.000 mit der vorläufig beabsichtigten Trasse vorgelegt werden, so daß schon deshalb eine räumliche Festlegung gar nicht erfolgen kann. ... Voraussetzung der Parteistellung ist nach der geschilderten Rechtsprechung allein die dingliche Berechtigung, weil diesem Personenkreis die Durchsetzung von Zwangsrechten, allenfalls die Enteignung droht. Nur wenn die Trasse nicht bloß vorläufig, sondern endgültig festgesetzt ist, kann die Frage beantwortet werden, wer dinglich Berechtigter und damit in seinen geschützten Interessen berührt ist; eine vorläufige Trassenfestlegung mit einer Bandbreite von 100 bis 120 m vermag hingegen eine derartige Interessensberührung nicht herbeizuführen.' Zusammenfassend stellte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis fest, daß den dinglich Berechtigten nicht erst im Enteignungsverfahren, sondern auch im Baubewilligungsverfahren, aber noch nicht im Vorprüfungsverfahren gemäß §4 Starkstromwegegesetz Parteistellung zukommt, zumal im folgenden elektrizitätsrechtlichen Baubewilligungsverfahren die Wahrung der Rechte der Grundeigentümer gewährleistet ist.

Der durch eine elektrische Leitungsanlage betroffene Grundeigentümer oder sonst dinglich Berechtigte hat im starkstromwegerechtlichen Baubewilligungsverfahren zur Wahrung seiner ihm nach diesem Gesetz eingeräumten Rechte Parteistellung. Ein Mangel des öffentlichen Interesses ist insbesondere dann anzunehmen, wenn sich bei Abwägung aller Interessen eine Leitungstrasse anbietet, die weniger in die Interessen der betroffenen Grundeigentümer eingreift, ohne daß damit öffentliche Interessen verletzt werden. Dabei obliegt es dem betroffenen Grundeigentümer im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht im Ermittlungsverfahren entsprechende Möglichkeiten aufzuzeigen. Den Grundeigentümern kann hiebei ein rechtskräftiger Vorprüfungsbescheid nicht entgegengehalten werden; die Einwendungen bzw. Anträge der betroffenen Grundeigentümer müssen aufgrund ihrer Parteistellung im Baubewilligungsverfahren genau überprüft werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. März 1985, Zl. 84/05/0193).

Nach Ansicht der Bundesregierung differenziert die Antragstellerin überdies zu wenig genau zwischen öffentlichen Interessen und subjektiv-öffentlichen Interessen. Wie bereits erwähnt, sind im Verfahren nach §4 Starkstromwegegesetz lediglich die öffentlichen Interessen festzustellen und zu prüfen, ohne diese Frage jedoch für das nachfolgende Genehmigungsverfahren zu präjudizieren.

Zum Problem des Unterschiedes zwischen öffentlichen und subjektiv-öffentlichen Interessen sei erneut beispielsweise auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, in dem dieser festgestellt hat, daß einem von einer Leitungsanlage betroffenen Grundeigentümer kein Mitspracherecht hinsichtlich der Frage zukommt, ob eine elektrische Leitungsanlage mit den Erfordernissen der Landeskultur und der Raumplanung (öffentliche Interessen) abgestimmt worden ist (Erkenntnis vom 18. Mai 1993, Zl. 93/05/0078-3). Selbst den zur Wahrung dieser Interessen berufenen Behörden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften kommt nach dem letzten Satz des §7 Abs1 des Starkstromwegegesetzes nur das Recht zu, im Ermittlungsverfahren gehört zu werden, woraus aber nicht ein darüber hinausgehender Anspruch darauf resultiert, in dem abgeführten Bewilligungsverfahren als Partei im Sinne des §8 AVG teilzunehmen. Der Verwaltungsgerichtshof verweist hier auf seinen Beschluß vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/05/0192, mit welchem er festgestellt hat, daß einer Gemeinde im starkstromrechtlichen Baubewilligungsverfahren keine Parteistellung zukommt.

Die von der Antragstellerin befürchtete gewaltige Kostensteigerung durch den Ausschluß der Parteistellung der Eigentümer betroffener Grundstücke im Vorprüfungsverfahren erscheint nicht näher begründet.

3. Die Antragstellerin erblickt - wie bereits oben ausgeführt - die Gleichheitswidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmung unter anderem auch darin, daß der Gemeinde im Unterschied zu anderen vergleichbaren Gesetzen, wie beispielsweise dem Wasserrechtsgesetz (WRG) und dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G), nicht die Stellung einer Formalpartei eingeräumt wird.

Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten, daß es dem Gesetzgeber innerhalb seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes durchaus offensteht, sich in verschiedenen Sachgebieten für eigenständige Ordnungssysteme zu entscheiden (vgl. VfSlg. 10043/1984), die den jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten des jeweiligen Regelungsbereiches adäquat Rechnung tragen, sofern nur jede Bereichsregelung in sich - d.h. jeweils für sich betrachtet - gleichheitsgemäß gestaltet ist (so - sinngemäß VfSlg. 10084/1984). Der Gesetzgeber ist demnach durch den Gleichheitssatz verpflichtet, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen; wesentliche Unterschiede im Tatsachenbereich müssen daher zu entsprechenden unterschiedlichen Regelungen führen.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind zwischen verschiedenen Verfahren differenzierende Regelungen grundsätzlich zulässig (vgl. VfSlg. 11795/1988, 13455/1993). Ein Vergleich hat nur dann zu erfolgen, als dem Gesetzgeber in bestimmten Fragen, aus ganz besonderen Gründen auszuschließende Abweichungen exzeptionellen Gewichtes verwehrt bleiben.

Bei den Verfahren nach dem WRG bzw. dem UVP-G einerseits und dem Starkstromwegegesetz andererseits handelt es sich um jeweils unterschiedliche 'eigenständige Ordnungssysteme' im Sinne der Judikatur des VfGH, die auch unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes voneinander abweichen dürfen und nur 'in sich sachlich gerechtfertigte Systeme' (VfSlg. 10823/1986) darstellen:

Zu der von der antragstellenden Landesregierung angeführten Regelung des §111a WRG ist festzuhalten, daß es sich dabei um eine Gliederung des Genehmigungsverfahrens handelt; bei Vorhaben einer bestimmten Größenordnung, die nicht von vornherein in allen Einzelheiten überschaubar sind, hat der Gesetzgeber eine verfahrenstechnische Gliederung geschaffen. Dabei muß das dem Grundsatzverfahren zugrundeliegende generelle Projekt bereits so konkretisiert sein, daß es eine endgültige Beurteilung auch der Beeinträchtigungen öffentlicher Interessen und Eingriffe in entgegenstehende Rechte zuläßt (siehe Raschauer, Wasserrecht, 1993, 476, Rz 3). Im Grundsatzverfahren bestimmt sich die Parteistellung daher nach den allgemeinen Bestimmungen, wobei den Gemeinden ausdrücklich Legalparteistellung eingeräumt wird. Das bedeutet aber auch, daß die Parteien berechtigt sind, alle jene Einwendungen zu erheben, die sie in einem 'normalen' wasserrechtlichen Verfahren erheben dürften (siehe Raschauer, aaO, 478, Rz 7).

Damit unterscheidet sich aber dieses Verfahren ganz wesentlich von jenem nach §4 Starkstromwegegesetz, das dem eigentlichen und 'endgültigen' Genehmigungsverfahren vorangeht.

In diesem Sinne ist auch der Hinweis der antragstellenden Landesregierung auf das UVP-G verfehlt, da auch nach diesem Gesetz über das konkrete Projekt in einem Genehmigungsverfahren abzusprechen ist.

Hinsichtlich der sachlichen Rechtfertigung ist überdies anzumerken, daß mit dem normierten Anhörungsrecht der Gemeinden dem Abstimmungserfordernis bestmöglich Rechnung getragen wird. Im starkstromwegerechtlichen Baubewilligungsverfahren genießt die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten, etwa wenn durch die Leitungsanlage eine Gemeindestraße überspannt wird, volle Parteistellung (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/05/0192).

Die Praxis hat gezeigt, daß die Gemeinden im Baubewilligungsverfahren, also in jenem Stadium, in dem bereits ein Detailprojekt vorliegt, fast immer durch die Errichtung einer geplanten Leitungsanlage in ihren Privatrechten betroffen werden und daher Parteistellung besitzen.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß gemäß §3 UVP-G Vorhaben, bei denen auf Grund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist und die im Anhang 1 angeführt sind, einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind. Starkstromwege gemäß Art10 Abs1 Z10 B-VG mit einer Spannung von über 110 kV sind nach Anhang 1 Z48 UVP-pflichtige Anlagen. Im Genehmigungsverfahren über solche Anlagen wird den unmittelbar angrenzenden Gemeinden gemäß §19 Abs3 UVP-G ausdrücklich Parteistellung eingeräumt. Die Gemeinden können daher bei derartigen Anlagen im konzentrierten Genehmigungsverfahren jedenfalls die von ihnen wahrzunehmenden Interessen geltend machen.

B. Zu Punkt 2. des Antrages:

...

1. Es ist zunächst darauf hinzuweisen, daß es sich bei den Vorarbeiten ebenfalls um einen Teil des ersten Stadiums des starkstromwegerechtlichen Verfahrens handelt, in dem der Projektwerber ein Detailprojekt in der Natur ausarbeiten kann. Der Projektant muß dazu die Möglichkeit haben, vor Ort Vermessungsarbeiten durchführen zu können. Es ist nicht von vornherein auszuschließen, daß bei der Durchführung von Vorarbeiten in keinem Fall schutzwürdige rechtliche Interessen von Grundeigentümern bestehen können. Es ist jedoch davon auszugehen, daß es zu einer solchen Beeinträchtigung nur im Ausnahmefall kommen und dies nicht den Regelfall darstellen wird.

2. Wie bereits unter Punkt A ausgeführt wurde, obliegt es dem Gesetzgeber innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes, ob und inwieweit er Personen durch Einräumung von Parteistellung rechtlichen Schutz gewährt. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, G1355/95 vom 18. Juni 1996 zu §359b Abs2 der Gewerbeordnung 1994 hinzuweisen, in dem er festgestellt hat, daß es durchaus sachlich gerechtfertigt ist, ein vereinfachtes Verfahren (ohne Beteiligung der Nachbarn als Parteien) zur Genehmigung solcher Betriebsanlagen aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung vorzusehen, bei denen aufgrund ihrer Beschaffenheit eine Beeinträchtigung subjektiver Rechte im Regelfall nicht zu erwarten ist. 'Daß eine Beteiligung der Nachbarn als Parteien gemäß §8 AVG im vereinfachten Verfahren nicht vorgesehen ist, verletzt mit Rücksicht auf den Zweck der Verfahrensbeschleunigung angesichts der regelmäßigen Genehmigungsfähigkeit der betreffenden Betriebsanlagen nicht den Gleichheitssatz.'

3. Überdies ist auf folgendes hinzuweisen: Da in diesem Stadium des Verfahrens noch nicht endgültig geklärt ist, welche Bereiche von der Trasse berührt sein werden, sind die betroffenen Grundstücke weder im Bewilligungsansuchen noch in der Berechtigung zur Vornahme der Vorarbeiten im einzelnen anzuführen. Der Adressatenkreis ist nur nach generellen Merkmalen (100 m bis 120 m breiter Streifen) zu bestimmen, ohne daß feststeht, welche Personen tatsächlich derartige Vorarbeiten zu dulden haben werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher den auf der Grundlage von §5 Starkstromwegegesetz zu erlassenden Verwaltungsakt im Hinblick sowohl auf dessen inhaltlichen Aspekt (generelle Wirkung) als auch auf die Publikation als Verordnung qualifiziert (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1996, 94/05/0021).

Dies entbindet die Behörde jedoch keineswegs von der Verpflichtung, die Interessen der (voraussichtlich) betroffenen Grundeigentümer zu berücksichtigen und wahrzunehmen. Der Gesetzgeber kommt dieser Verpflichtung im konkreten Fall dadurch nach, daß er in §5 Abs2 des Starkstromwegegesetzes vorschreibt, daß die Vorarbeiten auf fremden Grundstücken mit tunlichster Schonung und Ermöglichung des bestimmungsgemäßen Gebrauches der betroffenen Grundstücke vorzunehmen sind. Die Behörde muß daher von amtswegen auf die schutzwürdigen Interessen der Grundeigentümer Bedacht nehmen. Weiters ist in §5 Abs4 leg. cit. normiert, daß dem Grundstückseigentümer und den an den Grundstücken dinglich Berechtigten für alle mit den Vorarbeiten verbundenen Beschränkungen eine angemessene Entschädigung zu leisten ist.

Nach Ansicht der Bundesregierung hat der Gesetzgeber mit der vorliegenden Regelung den ihm im Rahmen des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

C. Zu Punkt 3. des Antrages:

(...) Die Bundesregierung beschränkt sich in diesem Zusammenhang darauf, auf das zu Punkt 4 Gesagte zu verweisen."

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat über den - zulässigen - Antrag der Steiermärkischen Landesregierung erwogen:

Die Bedenken der Antragstellerin hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit des §4 Abs2 des Starkstromwegegesetzes 1968 teilt der Verfassungsgerichtshof aus folgenden Gründen nicht:

Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß - abgesehen von Einzelfällen wie Art119a Abs9 B-VG - keine Verfassungsnorm besteht, die Parteirechte in einem Verfahren überhaupt oder in einem bestimmten Umfang garantiert. Den Umfang der Parteirechte in einem Verwaltungsverfahren bestimmt der einfache Gesetzgeber. Das die Parteirechte bestimmende Gesetz könnte allerdings aus einem anderen Grund, etwa wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot, verfassungswidrig sein (VfSlg. 6664/1972, 6808/1972, 8279/1978). In seiner Vorjudikatur hat der Verfassungsgerichtshof stets im Einzelfall geprüft, ob die Differenzierung der Parteirechte einerseits in bezug auf die Regelung wesentlich und andererseits im Hinblick auf die im jeweiligen Verwaltungsverfahren zu berücksichtigenden Interessen durch Unterschiede im Tatsächlichen begründet ist.

Der Verfassungsgerichtshof geht zunächst davon aus, daß es sachlich gerechtfertigt ist, einem Grundeigentümer oder sonst dinglich Berechtigten Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren, das die Bewilligung von Starkstromleitungen zum Gegenstand hat, nur dort einzuräumen, wo seine durch die Rechtsordnung geschützte Rechtssphäre bei Verwirklichung des Leitungsvorhabens beeinträchtigt werden könnte. Umgekehrt scheint dem Verfassungsgerichtshof die Einräumung einer Parteistellung dann nicht erforderlich, wenn die Frage der Beeinträchtigung in der Rechtssphäre von Grundeigentümern oder sonst dinglich Berechtigten (noch) nicht Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens ist.

Zweck eines Vorprüfungsverfahrens im Sinne des §4 leg. cit. ist es, eine erste Überprüfung von möglichen Konflikten einer noch nicht im Detail festgelegten Trasse für eine geplante elektrische Leitungsanlage auf die im Starkstromwegegesetz zu beurteilenden öffentlichen Interessen vorzunehmen. In den Erläuternden Bemerkungen (RV 625, XI GP) wird zu §4 leg. cit. festgehalten:

"Um unnötigen Zeit- und Arbeitsaufwand aller Beteiligten zu vermeiden, soll die Behörde dann, wenn durch beabsichtigte elektrische Leitungsanlagen öffentliche Interessen im besonderen Umfang berührt erscheinen, die Möglichkeit haben, in einem eigenen Vorprüfungsverfahren durch Anhörung der diese öffentlichen Interessen vertretenden Behörden und öffentlichrechtlichen Körperschaften zunächst festzulegen, ob und unter welchen Bedingungen durch das geplante Vorhaben den berührten öffentlichen Interessen nicht widersprochen wird. Durch eine solche vorweg erfolgte Festlegung soll es dem Bauwerber ermöglicht werden, schon von Anfang an auf diese öffentlichen Interessen entsprechend Bedacht zu nehmen. Die Ermöglichung eines solchen Verfahrens liegt im Interesse sowohl der öffentlichen Elektrizitätsversorgung wie auch der durch die Leitungsführungen betroffenen Stellen."

Der Gleichheitssatz setzt dem Gesetzgeber insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht gerechtfertigte Regelungen zu treffen (vgl. VfSlg. 13743/1994). Eine sachliche Rechtfertigung für den Ausschluß der Grundeigentümer von der Parteistellung im Vorprüfungsverfahren ergibt sich nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes aus den vom Gesetzgeber verfolgten rechtspolitischen Zielsetzungen. Wie aus den Erläuternden Bemerkungen ersichtlich ist, dient das Vorprüfungsverfahren zunächst dazu festzustellen, ob und unter welchen Bedingungen das geplante Vorhaben - bei dem zu befürchten ist, daß öffentliche Interessen wesentlich beeinträchtigt werden - den berührten öffentlichen Interessen nicht widerspricht. Das Vorprüfungsverfahren soll es dem Bauwerber ermöglichen, seine Detailplanung an die im Vorprüfungsverfahren festgestellten öffentlichen Interessen anzupassen und die Leitungstrasse entsprechend festzulegen. Daraus ergibt sich aber, daß im Stadium des Vorprüfungsverfahrens die letztendlich tatsächlich betroffenen Grundstücke noch nicht feststehen müssen. Unter diesem Gesichtspunkt hat der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber den Grundeigentümern nicht bereits im Vorprüfungsverfahren, sondern erst im elektrizitätsrechtlichen Baubewilligungsverfahren (und nicht (erst) im Enteignungsverfahren - vgl. VwSlg. 13237/1990) Parteistellung einräumt.

Dem weiteren Bedenken der Antragstellerin, es widerspreche dem Sachlichkeitsgebot, einer Gemeinde die Stellung als Formalpartei zur Wahrnehmung der Interessen der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft zu verweigern, ist folgendes zu entgegnen:

Wenn die antragstellende Landesregierung auf die Parteistellung der Gemeinde im Grundsatzgenehmigungsverfahren nach §111a WRG (§102 Abs1 litd WRG) und gemäß §19 Abs3 UVP-G verweist, so ist ihr zu entgegnen, daß sich aus der Regelung der Parteistellung in anderen Rechtsmaterien kein Argument für die Sachlichkeit der Parteistellung im Vorprüfungsverfahren nach dem Starkstromwegegesetz gewinnen läßt, da es dem einfachen Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes freisteht, den Umfang der Parteirechte in einem Verwaltungsverfahren zu bestimmen. Daß der Gesetzgeber des Starkstromwegegesetzes im Vorprüfungsverfahren "nur" ein Anhörungsrecht und keine Formalparteistellung der Gemeinde vorgesehen hat, kann ihm unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht zum Vorwurf gemacht werden, geht es doch im Vorprüfungsverfahren - wie bereits dargestellt - darum festzustellen, ob und unter welchen Bedingungen das geplante Vorhaben - bei dem zu befürchten ist, daß öffentliche Interessen wesentlich beeinträchtigt werden - den berührten öffentlichen Interessen nicht widerspricht. Diesen Intentionen wird ein Anhörungsrecht sämtlicher Behörden und öffentlich-rechtlicher Körperschaften, welche die durch die geplante elektrische Leitungsanlage berührten öffentlichen Interessen vertreten, gerecht.

2. Wenn die Antragstellerin weiters die Verfassungswidrigkeit des §5 Starkstromwegegesetz 1968 mit dem Argument behauptet, es sei unsachlich, den Grundstückseigentümern im Verfahren zur Erlassung des Bewilligungsbescheides keine Möglichkeit einzuräumen, die öffentlichen Interessen und die Notwendigkeit eines Eingriffs in Frage zu stellen und sie erst bei der Festlegung der Höhe der Entschädigung einzubinden, so ist ihr folgendes zu entgegnen:

Entgegen der Behauptung der antragstellenden Landesregierung nimmt der Gesetzgeber auch im Verfahren zur Bewilligung von Vorarbeiten auf die Interessen des Grundstückseigentümers Bedacht, wenn er im §5 Abs2 leg. cit. anordnet, daß die zur Vorbereitung des Bauentwurfes erforderlichen Bodenuntersuchungen und sonstigen technischen Arbeiten "mit tunlichster Schonung und Ermöglichung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der betroffenen Grundstücke vorzunehmen" sind. Der Verfassungsgerichtshof geht daher davon aus, daß die Behörde bei Erteilung der Bewilligung von Vorarbeiten verpflichtet ist, auf die schutzwürdigen Interessen der Grundeigentümer Bedacht zu nehmen. Dazu kommt, daß gemäß §5 Abs4 leg. cit. der zur Vornahme von Vorarbeiten Berechtigte den Grundstückseigentümer und die an den Grundstücken dinglich Berechtigten für alle mit den Vorarbeiten unmittelbar verbundenen Beschränkungen ihrer zum Zeitpunkt der Bewilligung ausgeübten Rechte angemessen zu entschädigen hat.

Soweit die Bewilligung von Vorarbeiten in die Rechtsposition des von den Vorarbeiten betroffenen Grundeigentümers eingreift, steht er diesen Eingriffen, entgegen der Behauptungen der antragstellenden Landesregierung, jedoch nicht schutzlos gegenüber:

Adressat des Bescheides, mit dem gemäß §5 Starkstromwegegesetz die Inanspruchnahme fremden Grundes zur Vornahme von Vorarbeiten für die Errichtung einer elektrischen Leitungsanlage bewilligt wird, ist der zur Vornahme der Vorarbeiten Berechtigte und nicht auch der betroffene Grundeigentümer. Aus der Berechtigung des Bescheidadressaten folgt aber die Verpflichtung eines Personenkreises, die Vornahme von Vorarbeiten auf ihrem Grundstück zu dulden, wobei dieser Kreis der Verpflichtungen in dem gemäß §5 Abs3 leg. cit. durch Anschlag kundzumachenden Bewilligungsbescheid nicht individuell bestimmt ist. Die Bewilligung wirkt daher gegenüber den zur Duldung der Vorarbeiten verpflichteten Grundeigentümern als Verordnung (vgl. VwGH vom 23.4.1996, 94/05/0021). Gegen einen unmittelbar durch eine Verordnung bewirkten Eingriff in ihre Rechte können sich die betroffenen Grundeigentümer mit einem Antrag beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG direkt zur Wehr setzen. In einem derartigen Verfahren können die Grundeigentümer Fragen sowohl des öffentlichen Interesses an den Vorarbeiten für die Errichtung der elektrischen Leitungsanlage als auch des Umfangs der Inanspruchnahme ihrer Grundstücke an den Verfassungsgerichtshof herantragen.

3. Schließlich hegt die antragstellende Landesregierung Bedenken gegen §7 Abs1 letzter Satz des Starkstromwegegesetzes 1968, weil den Gemeinden im Verfahren zur Erteilung der Bau- und Betriebsbewilligung keine Parteistellung zukomme. Diesen Bedenken ist folgendes entgegenzuhalten:

Zunächst ist festzustellen, daß der Gemeinde als Trägerin von Privatrechten im starkstromwegerechtlichen Baubewilligungsverfahren volle Parteistellung zukommt (vgl. VwGH vom 15. Dezember 1987, Z87/05/0192).

Wenn die antragstellende Landesregierung meint, das im §7 Abs1 letzter Satz leg. cit. normierte Anhörungsrecht reiche zur Wahrung der Interessen der Gemeinde nicht aus; es müsse der Gemeinde vielmehr eine Parteistellung eingeräumt sein, so ist ihr zu entgegnen, daß Gegenstand des Ermittlungsverfahrens gemäß §7 Abs1 leg. cit. die Abstimmung der öffentlichen Interessen an der Leitungsanlage mit anderen öffentlichen Interessen, unter anderem mit den Interessen der Raumplanung, des öffentlichen Verkehrs und der öffentlichen Versorgung ist. Wie bereits zu §5 leg. cit. bemerkt, wird diesen Intentionen ein Anhörungsrecht sämtlicher Behörden und öffentlich-rechtlicher Körperschaften, welche die durch die geplante elektrische Leitungsanlage berührten öffentlichen Interessen vertreten, gerecht.

Im übrigen ist anzumerken, daß Starkstromwege gemäß Art10 Abs1 Z10 B-VG mit einer Spannung von über 110 kV nach dem Anhang 1 Z48 UVP-pflichtige Anlagen sind. In einem derartigen Genehmigungsverfahren über solche Anlagen wird den unmittelbar angrenzenden Gemeinden gemäß §19 Abs3 UVP-G ausdrücklich Parteistellung eingeräumt.

Die Bedenken der antragstellenden Landesregierung treffen daher nicht zu.

Der Antrag ist abzuweisen.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden (§19 Abs4 Satz 1 VerfGG 1953).

Schlagworte

Energierecht, Elektrizitätswesen, Verwaltungsverfahren, Parteistellung Elektrizitätswesen, Anhörungsrecht, Formalpartei, Gemeinderecht, VfGH / Prüfungsgegenstand, Verordnungsbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:G427.1997

Dokumentnummer

JFT_10009376_97G00427_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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