TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/28 2001/02/0261

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Veröffentlicht am 28.06.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §51g Abs3 Z2;
VStG §51g Abs3;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des CD in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Heufler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Zedlitzgasse 3/4/23, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. Oktober 2001, Zl. UVS- 03/P/26/563/1999/36, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Oktober 2001 (mündlich verkündet am 17. Mai 2000) wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 12. Juni 1998, um ca. 21.15 Uhr, in Wien 19 an einem näher bezeichneten Ort als Lenker eines nach Type und Kennzeichen näher bezeichneten Kombinationskraftwagens

1.) beim Vorbeifahren an einem dort abgestellt gewesenen, der Type und dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeug, einen zu geringen seitlichen Abstand zu diesem abgestellten Kraftfahrzeug eingehalten, wodurch dieses Fahrzeug beschädigt worden sei,

und es sodann als an diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich Beteiligter unterlassen,

3.) die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub hievon zu verständigen.

Er habe dadurch die Rechtsvorschriften zu 1.) § 17 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 4 StVO 1960, zu 3.) § 4 Abs. 5 StVO 1960 verletzt. Es wurden zu 1.) eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden), zu 3.) eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

Die von der Behörde erster Instanz in Punkt 2.) verhängte Strafe wegen Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 wurde aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

Die belangte Behörde führte eine (erstreckte) mündliche Berufungsverhandlung durch. In dieser erklärten die Parteienvertreter laut Verhandlungsprotokoll, dass der erstinstanzliche Akt vollinhaltlich bekannt sei, dieser wurde jedoch (zunächst) nicht verlesen; laut Verhandlungsprotokoll wurde auch der Akt des Bezirksgerichtes Innere Stadt, Zl. x, der zur Verfügung stehe, nicht verlesen. In der Verhandlung vom 2. Mai 2000 hielt der Vertreter des Beschwerdeführers dem Zeugen N ua. "das Gerichtsprotokoll vom 26. November 1999" sowie den Zeugen N und B Auszüge aus dem "Gerichtsprotokoll vom 14. Dezember 1999" wegen Widersprüchen in ihren Aussagen zur Aussage vor dem unabhängigen Verwaltungssenat vor. In der Verhandlung vom 17. Mai 2000 wurde die Aussage der Zeugin S (die trotz Ladung unentschuldigt nicht erschienen war) vor der Behörde erster Instanz vom 13. Jänner 1999 verlesen.

Die belangte Behörde stellte - ausschließlich gestützt auf die Ergebnisse der mündlichen Berufungsverhandlung - als entscheidungsrelevanten Sachverhalt fest:

"Das auf die Gattin des Berufungswerbers zugelassene Fahrzeug Mazda 323 war in 1190 Wien, E-Gasse, links neben dem Fahrzeug des Zeugen N, einem Mercedes, in Schrägparkstellung geparkt. Auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite war eine Schuttmulde abgestellt. Zwischen dieser und dem Fahrzeug des Berufungswerbers stand das Fahrzeug des Zeugen B, ein roter Opel, sodass der Fahrbahnbereich eingeengt war. Am 12.6.1998, etwa um 21.15 Uhr, wollte der Berufungswerber seine Mutter, die Zeugin Dr. D, mit dem Mazda nach Hause bringen. Sie nahm am Beifahrersitz Platz. Der Berufungswerber hupte und versuchte dann mittels mehrerer Lenkmanöver auszuparken. Dabei kam der Mazda so weit nach rechts, dass er den Mercedes des N kontaktierte. Dabei entstanden am Mercedes ein Kratzer im Ausmaß von etwa 5 mm im Quadrat am linken hinteren Kotflügel auf der Radmulde und auf einer Leiste ein schwarzer Abrieb. Dieser Vorfall wurde von Frau S (Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes: Ehefrau des Zeugen B), die aus dem Fenster der Wohnung des Ehepaars B blickte, beobachtet. Der Zeuge B verließ daraufhin seine Wohnung, begab sich auf die Straße und es entwickelte sich wegen der Fahrweise des Berufungswerbers, der (behindernden) Abstellung des Fahrzeuges des Zeugen und des Unfalles ein Disput zwischen dem Berufungswerber und dem Zeugen. Der Zeuge B äußerte sich dabei sehr lautstark, unter anderem auch deswegen, da er Äußerungen des Berufungswerbers als diskriminierend auffasste. B rief auch zur Wohnung des Ehepaares N, deren Fenster auf die E-Gasse weisen, hinauf und teilte diesen den Unfall mit. Herr N begab sich auf die Straße, stellte den Schaden an seinem Fahrzeug fest, und versuchte deswegen, den Berufungswerber am Wegfahren zu hindern. Frau Dr. D, die die Kontaktierung nicht bemerkt hatte, war während dieses Geschehens auf dem Beifahrersitz sitzen geblieben. Die lautstarke Auseinandersetzung wurde sogar von der Zeugin H, die sich in dieser Zeit in der Wohnung des Ehepaares D befand, akustisch wahrgenommen. Etwa zehn bis fünfzehn Minuten nach dem Unfall fuhr der Berufungswerber aus der E-Gasse zur Wohnung seiner Mutter. N erstattete erst am 15.6.1998 Anzeige wegen Fahrerflucht. Der Berufungswerber gab sich in der Lenkerauskunft vom 20.8.1998 als Lenker an. Am 22.10.1998 wurde das Fahrzeug des N von der Behörde erster Instanz besichtigt (Bl. 66).

Dass der Berufungswerber weder die nächste Polizeidienststelle verständigte noch dem Geschädigten Name und Adresse nachwies, steht außer Streit."

Die aufgenommenen Beweise würdigte die belangte Behörde folgendermaßen:

"Zur Kernfrage, ob am Fahrzeug des N beim Ausparken durch den Berufungswerber ein Sachschaden entstand, wird den im Wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der Zeugen N und B gefolgt.

Vorweg sei festgehalten, dass sich die Einvernahme des B teils wegen sprachlicher Probleme als schwierig gestaltete, teils deswegen, da dieser Zeuge, vor allem im Zusammenhang mit angeblichen Verbalattacken und einem allfälligen Schaden an dessen eigenem Fahrzeug sehr zurückhaltend aussagte, was wohl darin seinen Grund finden mochte, dass der Berufungswerber gegen ihn und N auch strafgerichtliche Schritte unternommen hatte.

Auch hinsichtlich N gibt es mehrere Diskrepanzen, die die Glaubwürdigkeit des Zeugen scheinbar erschüttern, so zum Schadensausmaß, dass er den Vorfall lt. erstinstanzlichem Akt gesehen habe, zur Farbe des Fahrzeuges des Berufungswerbers (dunkelgrün oder dunkelblau), zur eher späten Anzeige und zum langen Zeitraum bis zur Besichtigung (vier Monate).

Im vorliegenden Fall sind es aber die Nebenumstände, die ein für ein Verfahren der gegenständlichen Art ungewöhnlich deutliches Bild zeichnen. Diese Nebenumstände sind die Auseinandersetzung des Berufungswerbers mit den Zeugen N und B, sowie die Behinderung durch das Fahrzeug des B.

Der Disput zwischen dem Berufungswerber und B hätte auch ohne einen Unfall einen nachvollziehbaren Grund, da der Berufungswerber durch B's Auto beim Ausparken behindert war und sich andererseits B durch Äußerungen des Berufungswerbers (ob zu Recht oder zu Unrecht mag dahingestellt bleiben) diskriminiert fühlte. Diese Motivlage trifft allerdings auf den Konflikt des Berufungswerbers mit N nicht zu. Weder konnte festgestellt werden, dass N sein Fahrzeug behindernd abgestellt hatte, noch kam hervor, dass sich auch N in irgendeiner Weise persönlich angegriffen fühlte. Es wurde auch sonst weder ein Umstand behauptet, noch kam im Verfahren irgendein Motiv - abgesehen von der Sachbeschädigung - hervor, das einen Streit zwischen diesen fremden Personen nachvollziehbar machen könnte.

Dennoch war dieser Streit - gerade aus der Sicht des Berufungswerbers - nicht gerade harmlos. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Berufungswerber gegen N Anzeige wegen Nötigung und gefährlicher Drohung erstattete. Die erkennende Behörde gewann vom Zeugen N keineswegs den Eindruck, dass es sich bei diesem um eine Person handelt, die ihre Wohnung verlässt, um mit einem Fremden völlig grundlos einen Streit vom Zaun zu brechen. Vielmehr hinterließ dieser Zeuge durchaus den Eindruck einer besonnenen Person im reiferen Alter.

Somit verbleibt für die Auseinandersetzung mit N als einziges nachvollziehbares Motiv der Umstand, dass N von einer Beschädigung seines Fahrzeuges durch den Berufungswerber ausging. N hatte zwar den Kontakt zwischen den Fahrzeugen nicht selbst wahrgenommen, es muss jedoch nach den Regeln der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass sich N - nachdem er seine Wohnung verlassen hatte - zunächst um sein Fahrzeug kümmerte und dabei einen Schaden wahrnahm. Mit anderen Worten: Denkt man sich die Feststellung eines Schadens durch N weg, könnte das weitere Verhalten dieser Person nur mehr als absurd gedeutet werden, wofür sich - wie bereits oben gesagt - gerade im Hinblick auf den Eindruck, den der Zeuge hinterließ, keinerlei Anhaltspunkte bietet.

Damit ist zwar für sich genommen noch nicht gesagt, dass der von N wahrgenommene Schaden durch ein Verhalten des Berufungswerbers verursacht sein musste. Nun wurde dieses Touchieren aber von Frau S, deren Aussage vor der Behörde erster Instanz in der Berufungsverhandlung verlesen wurde, beobachtet.

Der Umstand, dass die örtlichen Verhältnisse durch das von B abgestellte Fahrzeug beengt waren, bietet zum einen einen nachvollziehbaren Grund für ein riskantes Fahrmanöver des Berufungswerbers, zum anderen macht dieser Umstand auch einen Kontakt des Fahrzeuges des Berufungswerbers mit dem N's wahrscheinlich, zumal davon auszugehen ist, dass sich der Berufungswerber beim Ausparken nicht nur auf das neben dem seinen abgestellten Fahrzeug, sondern auch auf das behindernde Fahrzeug B's konzentrieren musste.

Die Zeugenaussagen liefern somit vollen Beweis, zumal die Aussagen der Belastungszeugen - soweit sie sich auf die Kernfragen in diesem Verfahren bezogen - lebensnah und nachvollziehbar waren. Dem Berufungswerber ist zwar recht zu geben, dass der Zeuge B offensichtlich nicht in allen Details bei der Wahrheit blieb, insbesondere leugnete er die Heftigkeit der Auseinandersetzung mit dem Berufungswerber und versuchte er, sein eigenes Verhalten zu beschönigen sowie ein allfälliges verbales Fehlverhalten des Berufungswerbers hervorzukehren. Allein diese Umstände reichen nicht aus, die Aussage dieses Zeugen in ihrem Kern zu verwerfen.

Somit sind auch in der Frage der konkreten Täterschaft des Berufungswerbers Beweis- und Indizienketten so dicht, dass kein vernünftiger Grund verbleibt, an der Richtigkeit der Aussage S zum den Mercedes N beschädigenden Kontakt durch den vom Berufungswerber gelenkten Mazda zu zweifeln. Die Zeugin S erschien nicht zur Verhandlung und konnte daher zu den Vorfällen nicht vernommen werden. Der erkennenden Behörde erschien jedoch eine abermalige Ladung bzw. eine allfällige zwangsweise Vorführung als entbehrlich, da sie bereits nach den Aussagen der Zeugen N und B ein klares Bild vom Sachverhalt hatte. Überdies wurde die erstinstanzliche Aussage dieser Zeugin in der Verhandlung verlesen und ergab sich, dass diese Aussage mit dem oben festgestellten Sachverhalt im Wesentlichen übereinstimmt.

Schließlich sprach auch der persönliche Eindruck, den der Berufungswerber in der Berufungsverhandlung hinterließ, gegen die Glaubwürdigkeit seiner Angaben: Er nahm in der Berufungsverhandlung sein Fragerecht gegenüber den Zeugen nämlich so eindringlich und temperamentvoll wahr, dass der Verhandlungsleiter mehrmals mäßigend eingreifen musste. Andererseits befinden sich im erstinstanzlichen Akt mehrere Eingaben des Berufungswerbers, in denen er seine überdurchschnittliche Bildung, seine Bedeutung im Berufsleben und seine Gesinnung hervorhebt. Diese Selbsteinschätzung im Zusammenhalt mit der Fähigkeit zu scharfer verbaler Auseinandersetzung lässt eine Disposition des Berufungswerbers zu riskantem Verhalten auch im Straßenverkehr als nicht unwahrscheinlich erscheinen. Dazu sei auch erwähnt, dass der Berufungswerber wegen Verletzungen des EGVG vorgemerkt ist, was ebenfalls erhöhte Risikobereitschaft wahrscheinlich macht.

Die Einholung eines Gutachtens eines Amtssachverständigen war - nachdem der Schaden am Fahrzeug des N im Zeitpunkt der Verhandlung bereits repariert war - nicht mehr möglich und wäre angesichts der klaren Sachverhaltslage auch nicht erforderlich gewesen.

Was schließlich die Aussage der Zeugin Dr. D betrifft, ist zu sagen, dass diese während des Vorfalles am Beifahrersitz sitzen blieb. Ein wesentlicher Teil des Geschehens spielte sich also hinter ihrem Rücken ab. Es ist auch durchaus vorstellbar, dass ihr der Kontakt zwischen den beiden Fahrzeugen entging, da das Schadensausmaß eher geringfügig war.

Den vom Berufungswerber vorgelegten Lichtbildern kommt angesichts der oben dargestellten Zeugenaussagen keine entlastende Beweiskraft zu."

Die belangte Behörde leitete daraus die Erfüllung der objektiven Tatseite in den Punkten 1.) und 3.) ab. Es liege "konkretes Wissen vom Unfall vor".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt zunächst Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes der §§ 51g und 51i VStG durch Verlesung der Aussage der Zeugin S aus dem Verfahren erster Instanz.

Gemäß § 51g Abs. 3 VStG dürfen Niederschriften über die Vernehmung von Zeugen sowie die Gutachten der Sachverständigen nur verlesen werden, wenn

1.) die Vernommenen in der Zwischenzeit gestorben sind, ihr Aufenthalt unbekannt ist oder ihr persönliches Erscheinen wegen ihres Alters, wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit oder wegen entfernten Aufenthaltes oder aus anderen erheblichen Gründen nicht verlangt werden kann oder

2.) die in der mündlichen Verhandlung Vernommenen in wesentlichen Punkten von ihren früheren Aussagen abweichen oder

3.) Zeugen, ohne dazu berechtigt zu sein, oder Beschuldigte die Aussage verweigern oder

4.) alle anwesenden Parteien zustimmen.

Wie der Beschwerdeführer richtig ausführt, lag keiner dieser Gründe vor. Die geladene Zeugin S ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Im Protokoll über die fortgesetzte mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2000 wird festgestellt, dass der Ladungsbescheid an die Zeugin S "durch Hinterlegung zugestellt" worden sei. Ein Grund für das Nichterscheinen der in Wien wohnhaften Zeugin ist nicht dokumentiert, es findet sich auch kein Hinweis darauf, dass alle anwesenden Parteien der Verlesung der Niederschrift über die Aussage der Zeugin S vom 13. Jänner 1999 vor der Behörde erster Instanz zugestimmt hätten.

Zur Relevanz des Verfahrensmangels bringt der Beschwerdeführer vor, dass er der Zeugin für den Fall, dass sie bei ihrer ersten Aussage verblieben wäre, Fotos bzw. das Sachverständigengutachten des im Gerichtsverfahren Zl. x des Bezirksgerichtes Innere Stadt (Verhandlung vom 21. März 2000) zum Zwecke der Darlegung der Unrichtigkeit ihrer ersten Aussage vorhalten hätte können. Zu dem hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst die verlesenen Aussagen der Zeugin S als "eklatant" im Widerspruch zu anderen Zeugenaussagen stehend gerügt, wobei u.a. auf den in den Verhandlungen nicht verlesenen, jedoch vom Beschwerdeführer anderen einvernommenen Zeugen auszugsweise vorgehaltenen Gerichtsakt des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien Zl. x hingewiesen wurde. Da sich die belangte Behörde aber trotz der Aussage in der Begründung des angefochtenen Bescheides, dass es der Zeugenaussage gar nicht bedurft hätte, dennoch - sogar sehr wesentlich - auch auf die erstinstanzliche Aussage dieser Zeugin stützte (siehe aus der oben wörtlich wiedergegebenen Beweiswürdigung: "...Touchieren von Frau S...

beobachtet"; "... dass kein vernünftiger Grund verbleibt, an der

Richtigkeit der Aussage S zum den Mercedes N beschädigenden

Kontakt durch den vom Berufungswerber gelenkten Mazda zu

zweifeln"; "... ergab sich, dass diese Aussage mit dem oben

festgestellten Sachverhalt im Wesentlichen übereinstimmt"), ist der unterlaufene Verfahrensmangel relevant.

Der Beschwerdeführer rügt u.a. auch die Beweiswürdigung mit dem Vorbringen, dass das Beweisverfahren durch die Unterlassung der Verlesung des "präjudiziellen" Aktes Zl. x des Bezirksgerichtes Innere Stadt unvollständig geblieben sei. In diesem Verfahren sei sowohl ein Sachverständiger beigezogen als auch die verfahrensgegenständlichen Zeugen einvernommen worden. Auf Grund der im Gerichtsverfahren zu Tage getretenen Unrichtigkeiten und Widersprüche sei dort zu Gunsten des Beschwerdeführers entschieden worden.

Auf Grund der Besonderheiten des gegenständlichen Falles (Meldung des Verkehrsunfalles vom 12. Juni 1998 erst am 16. Juni 1998, objektive Schadensfeststellung erst Monate danach, Widersprüche in den belastenden Zeugenaussagen nicht nur zwischen den Aussagen der belastenden Zeugen untereinander, sondern auch Abweichungen der in der mündlichen Verhandlung Vernommenen in wesentlichen Punkten von ihren früheren Aussagen) wäre die belangte Behörde im Sinne des § 51g Abs. 3 Z. 2 VStG nicht nur berechtigt, sondern, um zu einer schlüssigen Beweiswürdigung gelangen zu können, auch verpflichtet gewesen, die in diesem Gerichtsakt enthaltenen Aussagen zu verlesen und in ihre Beweiswürdigung einzubeziehen.

Insoferne der Beschwerdeführer die Unterlassung der Beiziehung eines Dolmetschers zur Einvernahme des Zeugen B rügt und sich diesbezüglich offenbar auf die Passage der Beweiswürdigung "... teils wegen sprachlicher Probleme als schwierig ..." stützt, so zeigt er damit angesichts des Umstandes, dass in der mündlichen Verhandlung sowohl vom Beschwerdeführer als auch dessen Vertreter Fragen an den Zeugen B gerichtet, diese beantwortet wurden, und der Beschwerdeführer bei dieser Gelegenheit keinen Zweifel daran geäußert hat, dass der Zeuge im Sinne des § 39a Abs. 1 AVG der deutschen Sprache hinreichend kundig sei, nicht die Notwendigkeit der Beiziehung eines Dolmetschers auf.

Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren in der Höhe von EUR 0,41 beruht offenkundig auf Umrechnungsdivergenzen bei der Gesamtsumme des begehrten Schriftsatzaufwandes und war abzuweisen, da nach der genannten Verordnung als Schriftsatzaufwand EUR 908,00 zu ersetzen sind.

Wien, am 28. Juni 2002

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen Berufungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001020261.X00

Im RIS seit

07.10.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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