TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/28 2002/02/0071

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.06.2002
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KDV 1967 §58 Abs1 Z2 litf;
KFG 1967 §102 Abs5 litb;
KFG 1967 §98 Abs1;
StVO 1960 §20 Abs2;
VStG §51e idF 2001/I/137;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des M K in W (Deutschland), vertreten durch Dr. Reinhold Wolf, Mag. Gerhard Mader und Dr. Christian Tschiderer, Rechtsanwälte-Partnerschaft in 6600 Reutte, Claudiastraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 8. Jänner 2002, Zl. uvs- 2001/13/0761-1, betreffend Übertretungen der StVO und des KFG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 725,33 und das Land Tirol solche in der Höhe von EUR 362,67 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Jänner 2002 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 5. Mai 2000 um 18.15 Uhr an einem näher angeführten Ort auf der B 199 einen dem Kennzeichen nach bestimmten LKW gelenkt und 1. die beim Ziehen eines anderen als leichten Anhängers, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht das Eigengewicht des Zugfahrzeuges nicht übersteigt, wenn die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte beider Fahrzeuge 3.500 kg nicht übersteigt, auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten, 2. und in der Folge im Ortsgebiet der Gemeinde Zöblen, B 199, zwischen den Ortstafeln von Zöblen (neue Umfahrung), die gesetzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten sowie 3. dabei die Zulassungsscheine nicht mitgeführt. Er habe dadurch zu 1. eine Übertretung nach § 98 Abs. 1 KFG iVm § 58 Abs. 1 Z. 2 lit. f KDV, zu 2. eine Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO und zu 3. eine Übertretung nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG begangen; über den Beschwerdeführer wurde zu 1. eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 76,31 (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden), zu 2. eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 119,91 (Ersatzfreiheitsstraffe 30 Stunden) und zu 3. eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 36,34 (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Abs. 1 bis 5 des § 51e VStG, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 137/2001, lauten:

"(1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn

1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2.

sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3.

im angefochtenen Bescheid eine 218,-- EUR nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

              4.              sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen.

Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.

(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."

Da der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Berufung beantragt hat, war die belangte Behörde im Beschwerdefall - da kein Fall des § 51e Abs. 4 oder 5 VStG vorliegt - verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, was der Beschwerdeführer zu Recht rügt.

Da - entgegen der von der belangten Behörde in der Gegenschrift geäußerten Ansicht - nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne dass beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 28. Juni 2002

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen Berufungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002020071.X00

Im RIS seit

07.10.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten