TE Vwgh Erkenntnis 2002/7/2 98/14/0223

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Veröffentlicht am 02.07.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §101 Abs3;
BAO §191 Abs3 litb;
BAO §289 Abs1;
BAO §97 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde 1. des H A,

2. des S D und 3. des R L, alle in K, der Drittbeschwerdeführer vertreten durch den Erst- und den Zweitbeschwerdeführer, Rechtsanwälte in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 13. Juli 1998, Zl. RV 42/1-T7/98, betreffend Feststellung von Einkünften für 1993 und 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die drei Beschwerdeführer gründeten im Dezember 1993 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum Zwecke des gewerblichen Handels mit Wertpapieren.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden die für die Jahre 1993 und 1994 erklärten Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von 12,276.217 S und 7,512.130 S mit der Begründung nicht anerkannt, dass die Tätigkeit dem Bereich der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen sei.

Mit "Bescheid vom 3. März 1997" traf das Finanzamt die Feststellung, dass die Einkünfte hinsichtlich der Jahre 1993 und 1994 nicht gemäß § 188 BAO festgestellt werden. Einen Hinweis gemäß § 101 Abs. 3 BAO enthielt die an die "Firma Dr. A. und Mitges., z. Hd. (Steuerberater)" gerichtete Erledigung nicht.

Gegen diesen "Bescheid" wurde vom steuerlichen Vertreter namens der Gesellschaft Berufung erhoben, in welcher dargelegt wurde, aus welchen Gründen die Tätigkeit im Beschwerdefall doch als gewerblicher Wertpapierhandel anzusehen sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 3. Februar 1998 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid war wiederum an die "Firma Dr. A. und Mitges., z.H. (Steuerberater)" gerichtet, enthielt aber den Hinweis, dass mit der Zustellung dieses Bescheides an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen gelte (§ 101 Abs. 3 BAO).

"Im Namen und Auftrag der Dr. A. und Mitges." stellte der steuerliche Vertreter den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen an "Dr. A. (Erstbeschwerdeführer), Dr. D. (Zweitbeschwerdeführer) und L. (Drittbeschwerdeführer),

z. Hd. (Steuerberater)" gerichteten Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den "Bescheid des Finanzamtes ... mit dem Ausfertigungsdatum 3.3.1997" als unbegründet ab. Der angefochtene Bescheid bleibe unverändert. Auf die Bestimmungen des § 191 Abs. 3 lit. b BAO und die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO werde hingewiesen. Zur Sache selbst führte die belangte Behörde aus, dass die Tätigkeit der Gesellschaft, gemessen an deren Art und Umfang, kein Bild erzeuge, das jenem entspräche, welches mit einem Gewerbebetrieb nach der Verkehrsauffassung verbunden sei. Die 18 An- und 4 Verkäufe im Jahr 1993 sowie die 37 An- und 27 Verkäufe von Wertpapieren im Jahr 1994 seien jeweils über Banken abgewickelt worden, eine Handelstätigkeit für Dritte habe die Gesellschaft nicht entfaltet. Der Umstand, dass Wertpapiere mit Fremd- und nicht mit Eigenkapital angeschafft worden seien, stelle lediglich ein - gegenständlich aber nicht ins Gewicht fallendes - Indiz für die Gewerblichkeit der Tätigkeit dar.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird unter anderem die Unzuständigkeit der belangten Behörde mit dem Vorbringen geltend gemacht, die belangte Behörde hätte angesichts der rechtlichen Unwirksamkeit der erstinstanzlichen Erledigung vom 3. März 1997 über die Berufung nicht meritorisch entscheiden dürfen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 191 Abs. 3 lit. b BAO wirken Feststellungsbescheide im Sinne des § 188 BAO gegen alle, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Damit ein Feststellungsbescheid die ihm nach § 191 Abs. 3 lit. b BAO zukommende Wirksamkeit äußern kann, muss er nach § 97 Abs. 1 BAO auch seinem Adressaten zugestellt sein oder als zugestellt gelten. Das ergibt sich aus der Regelung des § 101 Abs. 3 BAO, die für bestimmte Feststellungsbescheide eine Zustellfiktion normiert. Zu diesen Bescheiden zählen auch solche, mit denen ausgesprochen wird, dass die genannten Feststellungen zu unterbleiben haben.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder an eine Personengemeinschaft gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird

Die Erledigung des Finanzamtes vom 3. März 1997 ist an die "Dr. A. und Mitges." zu Handen ihres Steuerberaters - als vertretungsbefugter Person im Sinne der Bestimmung des § 81 BAO - zugestellt worden. Da der "Bescheid" keinen Hinweis nach § 101 Abs. 3 BAO enthielt, entfaltete er in seinem Abspruch über die Feststellung (bzw. das Unterbleiben einer Feststellung) von Einkünften nach § 188 BAO im Hinblick auf das durch die Einheitlichkeit einer solchen Feststellung geprägte Wesen insgesamt keine Wirkung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1991, 91/13/0002).

Die belangte Behörde räumt in ihrer Gegenschrift die Unwirksamkeit des "Bescheides vom 3. März 1997" ein, vertritt jedoch die Ansicht, dies schade im Beschwerdefall deshalb nicht, weil die Berufungsvorentscheidung vom 3. Februar 1998 einen Hinweis gemäß § 101 Abs. 3 BAO enthalten habe. Ungeachtet seiner Bezeichnung als "Berufungsvorentscheidung" sei der Bescheid "so zu werten, als ob die Abgabenbehörde erster Instanz einen Bescheid gleichen Inhalts betreffend Nichtfeststellung von Einkünften 1993 und 1994 erlassen hätte".

Damit übersieht die belangte Behörde, dass nach dem eindeutigen normativen Abspruch über eine Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes "mit dem Ausfertigungsdatum 3.3.1997" abgesprochen wurde.

Entscheidet die Abgabenbehörde zweiter Instanz - ungeachtet des Umstandes, dass die angefochtene Erledigung keine Wirksamkeit erlangt hat - über eine bei ihr anhängige Berufung in der Sache, tut sie dies außerhalb ihrer Zuständigkeit, sodass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 2. Juli 2002

Schlagworte

Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998140223.X00

Im RIS seit

18.11.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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