TE Vfgh Erkenntnis 1999/6/24 B2548/97

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Veröffentlicht am 24.06.1999
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des Ausdrucks "(Pensionisten)" in §4 Abs3 Z3 der Richtlinien des Hauptverbandes der österr Sozialversicherungsträger betr Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung vom 19.12.94 mit E v 12.06.99, V7/99.

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Die Beschwerdeführerin bezieht als Hinterbliebene nach einem Rechtsanwalt ab 1.1.1997 von der Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich eine Witwenrente von S 13.455,-- monatlich. Mit diesem Pensionsbezug ist keine gesetzliche Krankenversicherung verbunden.

Mit Einspruchsbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. August 1997, wurden - in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse - für die Selbstversicherung der Beschwerdeführerin in der Krankenversicherung ab 1. Jänner 1997 eine Beitragsgrundlage von monatlich S 18.600,-- und ein monatlicher Beitrag von S 1.264,80 festgestellt. Die belangte Behörde stützte sich zur Begründung ihres Bescheides auf gemäß §31 Abs5 Z9 ASVG erlassene Richtlinien des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, insbesondere auf deren §4 Abs3 Z3, welche Bestimmung - so der Sache nach die Begründung des angefochtenen Bescheides - eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage zur Selbstversicherung in der Krankenversicherung unter dem im Bescheid festgestellten Betrag nicht zulasse.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, mit welcher mit näherer Begründung die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte infolge Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung (nämlich des §4 Abs3 der genannten Richtlinien) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt wird.

3. Der Landeshauptmann von Niederösterreich als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er die angefochtene Entscheidung verteidigt und die behauptete Gesetzwidrigkeit der genannten Richtlinien des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger bestreitet.

Die beteiligte Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat eine Äußerung erstattet, in welcher auch sie die angegriffene Bestimmung verteidigt.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat am 10. Dezember 1998 beschlossen, aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung des Ausdrucks "(Pensionisten)" in §4 Abs3 Z3 der Richtlinien des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger über die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung und über Form und Inhalt diesbezüglicher Anträge gemäß §31 Abs5 Z9 ASVG vom 19. Dezember 1994, kundgemacht in Soziale Sicherheit, Amtliche Verlautbarung Nr. 6/1995 (SoSi 1995, 78 f), in der Fassung der Änderung vom 1. Juli 1996, kundgemacht in Soziale Sicherheit, Amtliche Verlautbarung Nr. 93/1996 (SoSi 1996, 801 f) einzuleiten.

5. Mit Erkenntnis vom 12. Juni 1999, V7/99, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß dieser Ausdruck gesetzwidrig war.

Die belangte Behörde hat bei ihrer Entscheidung über den bekämpften Bescheid die in Rede stehende Bestimmung des §4 Abs3 Z3 der genannten Richtlinien des Hauptverbandes, insbesondere den als gesetzwidrig erkannten Ausdruck "(Pensionisten)", somit eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.

Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (vgl. zB VfSlg. 10303/1984, 10515/1985).

6. Der Bescheid war daher schon deshalb aufzuheben, ohne daß darauf eingegangen werden mußte, ob in dem Umstand, daß dem angefochtenen Bescheid (wie auch dem erstinstanzlichen Bescheid) keine Begründung für die von der belangten Behörde festgesetzte Beitragsgrundlage von S 18.600,-- entnommen werden kann, eine Rechtsverletzung erblickt werden könnte.

7. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B2548.1997

Dokumentnummer

JFT_10009376_97B02548_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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