TE Vwgh Erkenntnis 2002/7/2 2001/14/0056

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Veröffentlicht am 02.07.2002
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der E Gesellschaft mbH in T, vertreten durch Dr. Margit Stüger und Dr. Adolf Brandl, Rechtsanwälte in 4890 Frankenmarkt, Hauptstraße 102, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 27. August 1999, Zl. RV 407/1-8/1998, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1995 bis 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für den genannten Zeitraum Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz und Beträge an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben. Begründend wurde u.a. ausgeführt, anlässlich einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Lohnsteuerprüfung sei festgestellt worden, dass die Vergütungen des zu 100 % an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführers nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien. Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, dass die jährliche Geschäftsführervergütung von S 485.000,-- in unregelmäßigen Raten ausbezahlt würde. Bei dieser Gestaltung der Geschäftsführerentlohnung in Form eines erfolgsunabhängigen Jahresbezuges trage aber - so die belangte Behörde - der Geschäftsführer mit dieser Tätigkeit kein Unternehmerrisiko. Es sei unerheblich, in welchen Teilbeträgen die Vergütung ausbezahlt werde. Da ein schriftlicher Geschäftsführervertrag nicht vorhanden sei, könnten die entscheidungswesentlichen Feststellungen nur nach den tatsächlichen und objektiv nachprüfbaren Gegebenheiten getroffen werden. Mangels einer Vereinbarung über eine Auflösung des Geschäftsführerverhältnisses sei der Vertrag als Dauerschuldverhältnis und nicht als Zielschuldverhältnis gestaltet. Im Übrigen lasse auch der tatsächliche persönliche Arbeitseinsatz, den der Geschäftsführer leiste, darauf schließen, dass die persönliche Arbeitsleistung im Vordergrund stehe. Auf Grund der Art der Tätigkeit des Geschäftsführers werde eine faktische Eingliederung in den betrieblichen Ablauf gefordert, und zwar in zeitlicher, örtlicher und organisatorischer Hinsicht. Wenn auch die Weisungsgebundenheit hier auf Grund des Beteiligungsausmaßes fehle, sei als betrieblicher Organismus in diesem Sinn nicht der vom Gesellschafter bestimmte, sondern der von der Gesellschaft verwirklichte zu verstehen; andernfalls würde die Gesellschaft als Steuersubjekt negiert. Die freie Gestaltungsmöglichkeit von Urlaub und Arbeitszeit seien Ausfluss aus dem Beteiligungsverhältnis.

Somit weise die Tätigkeit des Geschäftsführers unter Außerachtlassung der Weisungsgebundenheit die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, sodass die Vergütungen als Einkünfte im Sinn des § 22 Z. 2 EStG 1988 in die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u.a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren würden und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar seien. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gezeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, würden vor allem folgende gehören: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2001, Zl. 2001/14/0194).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen eines Unternehmerwagnisses ab.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2001/14/0194).

Entgegen der Beschwerdeansicht ist die zivilrechtliche Einordnung des Leistungsverhältnisses eines wesentlich Beteiligten einer Kapitalgesellschaft zu dieser für die Beurteilung des Vorliegens von Einkünften nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 irrelevant (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2002, Zl. 2001/14/0073). Dass die Tätigkeit des Geschäftsführers "frei von persönlicher Abhängigkeit" ausgeübt werden dürfe, versteht sich angesichts der Weisungsungebundenheit von selbst.

Eine Tätigkeit im Sinn des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 kann auch dann gegeben sein, wenn auf sie arbeitsrechtliche Vorschriften, wie etwa die Abfertigungs- oder die Urlaubsregelung oder die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, keine Anwendung finden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2001, Zl. 2001/14/0077).

Die Beschwerde tritt der behördlichen Ansicht nicht entgegen, dass der Geschäftsführer die Aufgaben der Geschäftsführung faktisch wahrnimmt. Daher ist - wie oben ausgeführt - von einer Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin auszugehen. Dabei kommt dem Umstand, dass der Geschäftsführer sich vertreten lassen kann - wie gleichfalls bereits ausgeführt wurde -, keine Bedeutung zu. Auf Grund der Weisungsungebundenheit gilt dies auch für die von der Beschwerde angesprochene "Unterwerfung unter die betrieblichen Ordnungsvorschriften" und "Unterwerfung unter die betriebliche Kontrolle". Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass dies an der grundsätzlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft nichts ändert.

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung.

Unbestritten bezog der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin eine erfolgsunabhängige jährliche Vergütung. Soweit mit der Auszahlung des Geschäftsführungsbezuges die Liquiditätslage der Gesellschaft angesprochen wird, ist dem zu entgegnen, dass das Liquiditätsrisiko auch andere Gläubiger der Gesellschaft trifft. Im Übrigen kommt es - wie bereits dargelegt - auf die tatsächlichen Verhältnisse an; dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich ein Unternehmerwagnis getragen hätte, kann weder den behördlichen Feststellungen noch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin entnommen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof kann somit zusammenfassend nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche im Sinn des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen habe.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 2. Juli 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001140056.X00

Im RIS seit

18.11.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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