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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §9 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, in der Beschwerdesache des am 29. August 1995 geborenen A, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Aufenthaltsbewilligung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Ein Kostenausspruch findet nicht statt.
Begründung
Der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter, beantragte am 25. September 1995 beim Landeshauptmann von Wien die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seinem namentlich angeführten Vater.
Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. November 1995 gemäß § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 AufG abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hob diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 97/19/0095, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Dieses Erkenntnis wurde den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens jeweils am 22. Mai 1997 zugestellt.
Am 9. Dezember 1997 überreichte der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof die vorliegende Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG gegen den Bundesminister für Inneres.
Nach Einleitung des Vorverfahrens mit hg. Verfügung vom 16. Dezember 1997 legte die belangte Behörde mit Note vom 31. August 1998 - ohne nähere Erklärung - die Akten des Verwaltungsverfahrens "zur weiteren Veranlassung" vor.
Mit hg. Verfügung vom 11. März 2002 wurde die belangte Behörde aufgefordert, u.a. mitzuteilen, ob bzw. wann im Jahr 1997 die Quote für den Aufenthaltzweck "Familiengemeinschaft mit Fremden" im Bundesland Wien erschöpft war.
Die belangte Behörde teilte mit Note vom 16. April 2002 dem Verwaltungsgerichtshof u.a. mit, dass die genannte Quote bereits am 2. Juli 1997 "geschlossen" gewesen sei.
Dem Beschwerdeführer wurde mit hg. Verfügung vom 25. April 2002 Gelegenheit gegeben, zu dieser Mitteilung der belangten Behörde Stellung zu nehmen. Eine Äußerung langte nicht ein.
Für die Beurteilung der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung maßgeblich.
Die einschlägigen jeweils am 31. Dezember 1997 durch das Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997, außer Kraft getretenen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes - AufG lauteten (auszugsweise):
"§ 2. (1) Die Bundesregierung hat, im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates, für jeweils ein Jahr mit Verordnung die Anzahl der Bewilligungen festzulegen, die höchstens erteilt werden dürfen. ...
§ 4. (1) Eine Bewilligung kann Fremden unter Beachtung der gemäß § 2 erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes erteilt werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. Auf die Verlängerung von Bewilligungen finden die gemäß § 2 erlassenen Verordnungen keine Anwendung.
§ 9. ...
(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG ist in diesem Fall nicht anzuwenden."
§ 1 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, lautete (auszugsweise):
"§ 1. (1) Im Jahr 1997 dürfen ... höchstens 17.320 Bewilligungen erteilt werden.
(2) Die Anzahl dieser Bewilligungen wird in folgendem
Verhältnis auf die Länder aufgeteilt:
...
Wien: insgesamt höchstens 5.400 Bewilligungen, aufgeteilt auf
...
höchstens 2.600 Bewilligungen für den Familiennachzug (§ 1 Abs. 1 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 395/1995),"
§ 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Aufenthaltszwecke und die Form der Aufenthaltsbewilligung, BGBl. Nr. 395/1995, lautete (auszugsweise):
"§ 1. (1) Aufenthaltsbewilligungen können für folgende Aufenthaltszwecke erteilt werden:
...
3. Familiengemeinschaft mit Fremden
..."
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer über keine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet verfügt hat. Sein Antrag war daher nach der Rechtslage, wie sie bis zur Einbringung der Säumnisbeschwerde galt, als solcher auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu werten.
Zu prüfen war, ob die Sechsmonatsfrist des § 27 VwGG im vorliegenden Fall am 9. Dezember 1997, dem Tag des Einlangens der Säumnisbeschwerde, verstrichen war. Dies setzte voraus, dass eine Hemmung dieser Frist infolge "Quotenerschöpfung" aus dem Grund des § 9 Abs. 3 AufG nicht eingetreten ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Beschlüsse vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208, und vom 13. Februar 1998, Zl. 96/19/3271, tritt die Hemmung der Frist des § 27 VwGG unabhängig davon ein, ob ein Grund für die Versagung einer quotenabhängigen Bewilligung vorliegt oder nicht.
Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1997, Zl. 97/19/0095, langte nach der Aktenlage am 22. Mai 1997 bei der belangten Behörde ein. Die Entscheidungsfrist nach § 27 VwGG begann mit diesem Tag (wieder) zu laufen. Die Säumnisbeschwerde wäre zulässig, wenn der belangten Behörde für ihre Berufungsentscheidung insgesamt sechs Monate während offener Quote zur Verfügung gestanden wären (vgl. den hg. Beschluss vom 15. Mai 2002, Zl. 2002/12/0028).
Der Verwaltungsgerichtshof legt seiner rechtlichen Beurteilung die unbedenkliche Mitteilung der belangten Behörde, der der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, zu Grunde, dass die im Beschwerdefall maßgebliche Quote nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997 per 2. Juli 1997 bereits erschöpft war.
Rechtlich folgt daraus, dass die belangte Behörde vom Zeitpunkt dieser "Quotenerschöpfung" bis zur Erlassung einer nachfolgenden Quotenverordnung (hier: der entsprechenden, am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Niederlassungsverordnung 1998, BGBl. II Nr. 371/1997) keine Entscheidungspflicht traf. Die Zeiten der geschlossenen Quote (vom 2. Juli 1997 bis 31. Dezember 1997) waren auf die Frist des § 27 VwGG nicht anzurechnen. Die mit Einlangen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes am 22. Mai 1997 in Gang gesetzte Frist des § 27 VwGG war daher im Zeitpunkt der Quotenerschöpfung für das Jahr 1997 noch nicht abgelaufen.
Die am 9. Dezember 1997 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Säumnisbeschwerde erweist sich demnach als verfrüht. Sie war mangels Berechtigung zur ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Ein Kostenausspruch konnte entfallen, weil die gemäß § 51 VwGG obsiegende belangte Behörde keinen Antrag auf Aufwandersatz im Sinne des § 59 VwGG gestellt hat.
Wien, am 2. Juli 2002
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002120060.X00Im RIS seit
19.09.2002