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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
FSG 1997 §7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. Gerold Haßlinger, Dr. Brigitte Haßlinger und Mag. Christian Planinc, Rechtsanwälte in 8530 Deutschlandsberg, Obere Schmiedgasse 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 16. April 2002, Zl. FA13B- 39-1759/02-1, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung sowie Anordnung einer Nachschulung und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens unter Berücksichtigung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und den ihr beiliegenden Ablichtungen des angefochtenen Bescheides und des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Radkersburg vom 31. Jänner 2002 ergibt sich Folgendes:
Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Radkersburg vom 31. Jänner 2002 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 2 und § 25 Abs. 1 des Führerscheingesetzes - FSG die Lenkberechtigung für die Klassen B, C, E, F und G für die Dauer von zwölf Monaten, gerechnet ab der am 21. Oktober 2001 erfolgten vorläufigen Abnahme des Führerscheines, entzogen. Weiters wurde die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens (unter Berücksichtigung einer vom Beschwerdeführer gemäß § 17 FSG-GV vorzulegenden verkehrspsychologischen Stellungnahme) und die Absolvierung eines Einstellungs- und Verhaltenstrainings für alkoholauffällige Lenker angeordnet. In der Begründung dieses Bescheides nahm die Behörde als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer am 21. Oktober 2001 um
19.45 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Lkw auf einer näher bezeichneten Straßenstelle in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, in einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verwickelt gewesen sei, Fahrerflucht begangen und um
20.10 Uhr des genannten Tages den Alkotest verweigert habe. Der Beschwerdeführer habe ferner am 18. April 1999 seinen dem Kennzeichen nach bestimmten Kombi einer namentlich genannten Person zum Lenken überlassen, obwohl er gewusst habe, dass sich diese Person in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Der Alkotest bei dieser Person habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,73 mg/l ergeben. Der Beschwerdeführer sei deshalb wegen der Übertretung des § 7 VStG i. V.m. § 99 Abs. 1a StVO 1960 rechtskräftig bestraft worden. Auf Grund der geschilderten Umstände sei eine Entziehungsdauer von zwölf Monaten zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit erforderlich.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab und führte im Wesentlichen aus, nach dem Akteninhalt sei der Beschwerdeführer als verkehrsunzuverlässig anzusehen. Das dem Entziehungsverfahren zu Grunde liegenden Strafverfahren sei mittlerweile rechtskräftig abgeschlossen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die für den Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG lauten (auszugsweise):
"Verkehrszuverlässigkeit
§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherhit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;
...
(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
...
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
...
(3) Bei der Entziehung kann die Behörde auch zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung oder Driver Improvement mit oder ohne Fahrprobe, Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar) anordnen. Sie hat eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt.
...
Dauer der Entziehung
§ 25 (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
...
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.
Sonderfälle der Entziehung
§ 26. (1) ...
(2) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.
...
(8) Bei einer Entziehung nach Abs. 1 Z. 3 oder Abs. 2 hat die Behörde begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 anzuordnen, bei einer Entziehung gemäß Abs. 2 zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8."
Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides mehr als dürftig ist, doch kann ihm zweifelsfrei entnommen werden, dass die belangte Behörde die dem Bescheid der Erstbehörde zu Grunde liegenden Sachverhaltsfeststellungen, die vom Beschwerdeführer nicht bestritten werden, übernommen hat. Davon ausgehend erweist sich aber der angefochtene Bescheid im Ergebnis als nicht rechtswidrig. Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes kann es nämlich nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Beschwerdeführer als verkehrsunzuverlässig angesehen und die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf von zwölf Monaten (ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines) angenommen hat. Dem Beschwerdeführer fällt nämlich nicht nur die am 21. Oktober 2001 begangene - zu den schwersten Alkoholdelikten zählende und eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG darstellende - Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 zur Last, sondern er hat an diesem Tag darüber hinaus noch nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden Fahrerflucht begangen. Auch die am 18. April 1999 begangene Übertretung nach § 7 VStG i.V.m. § 99 Abs. 1a StVO 1960 war zu Lasten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Auch wenn diese Übertretung keine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG darstellt, weil der Beschwerdeführer damals nicht selbst ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat, unterstreicht doch diese (vorsätzlich begangene) Übertretung, derentwegen der Beschwerdeführer rechtskräftig bestraft wurde, dass beim Beschwerdeführer eine Sinnesart gemäß § 7 Abs. 1 FSG besteht, deren Überwindung erst nach einem längeren Wohlverhalten angenommen werden kann.
Den Ausführungen des Beschwerdeführers, vor der Entziehung der Lenkberechtigung hätte eine Untersuchung durch den ärztlichen Amtssachverständigen in Bezug auf die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers durchgeführt werden müssen, ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, dass die Frage der Verkehrszuverlässigkeit von der Behörde gemäß § 7 FSG ohne Heranziehung von Sachverständigengutachten auf Grund der vom Betreffenden begangenen strafbaren Handlungen und deren Wertung zu beurteilen ist (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 24. April 2001, Zl. 2001/11/0104, m.w.N.).
Soweit der Beschwerdeführer eine Begründung zur Frage der Verkehrszuverlässigkeit gemäß § 7 Abs. 2 FSG vermisst, geht sein Vorbringen ins Leere, weil es in seinem Fall nicht um die Verkehrszuverlässigkeit nach dieser Gesetzesstelle, sondern um die nach § 7 Abs. 1 FSG geht.
Der Beschwerdeführer macht schließlich geltend, in dem wegen des Vorfalles vom 18. April 1999 seinerseits geführten Verwaltungsstrafverfahrens habe er geltend gemacht, nicht gewusst zu haben, dass seine Begleiterin mehr als die erlaubte Menge Alkohol getrunken habe. Sein Verhalten dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen. Die belangte Behörde habe sich damit nicht auseinander gesetzt.
Zur Erwiderung darauf genügt es darauf hinzuweisen, dass auf Grund der von der rechtskräftigen Bestrafung des Beschwerdeführers ausgehenden Bindungswirkung die belangte Behörde davon auszugehen hatte, dass der Beschwerdeführer die Tat, derentwegen er bestraft wurde, tatsächlich begangen hat. Eine selbständige Beurteilung diesbezüglich war der belangten Behörde verwehrt. Sie musste daher als erwiesen annehmen, dass der Beschwerdeführer vorsätzlich seiner Begleiterin die Begehung der Übertretung nach § 99 Abs. 1a StVO 1960 erleichtert hat.
Zu den weiteren im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen und von der belangten Behörde bestätigten Aussprüchen führt die Beschwerde nichts aus. Der Verwaltungsgerichtshof kann diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit erkennen.
Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 4. Juli 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002110122.X00Im RIS seit
19.09.2002