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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Heinz Wille, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Ferstelgasse 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 16. November 2000, Zl. 10.301/0064-1.4/00, betreffend Feststellung, dass kein Kriegsmaterial im Sinne des § 5 des Waffengesetzes 1996 vorliegt, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit als "Ansuchen" bezeichnetem Schreiben vom 31. Juli 1980 ersuchte der Beschwerdeführer um Feststellung, ob "unten genannte Kfz unter das Kriegswaffengesetz" fallen. Falls dies der Fall sein sollte, ersuche er um Genehmigung zum Besitz und Führen derselben. In der beigelegten umfangreichen Liste von Fahrzeugen ist u.a. von einem "Traktor M 26" sowie einem "Daimler Dingo Scout Car" die Rede.
Der Bundesminister für Landesverteidigung richtete daraufhin an den Beschwerdeführer eine mit 1. Dezember 1980 datierte schriftliche Erledigung, deren Betreff mit "Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Besitz von Kriegsmaterial; Mitteilung" angegeben ist. Das Schreiben lautet (anonymisiert) wörtlich:
"Sehr geehrter Herr R."
Unter Bezugnahme auf Ihren Antrag vom 31.7.1980, auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Besitz von Kriegsmaterial (diverse Fahrzeuge und sonstige Gegenstände) beehrt sich das BMLV mitzuteilen, dass die gegenständlichen Fahrzeuge und sonstige Gegenstände nicht mehr als Kriegsmaterial im Sinne der Verordnung der Bundesregierung vom 22.11.1977 BGBl. Nr. 624 anzusehen sind, sodass zum Besitz der in Ihrem Antrag angeführten Fahrzeuge und sonstigen Gegenstände keine Ausnahmebewilligung gemäß § 28a des Waffengesetzes 1967, erforderlich ist.
Mit vorzüglicher Hochachtung"
Mit schriftlicher Eingabe vom 1. Dezember 1994 begehrte der Beschwerdeführer die Feststellung, ob es sich bei näher bezeichneten, in seinem Besitz befindlichen Gegenständen um Kriegsmaterial handle, und gegebenenfalls die Erteilung einer Bewilligung zu deren Besitz. In seiner Stellungnahme vom 24. Juni 1996 zu einem vom Bundesminister für Landesverteidigung eingeholten Gutachten eines waffentechnischen Sachverständigen, in welchem die Objekte als Kriegsmaterial eingestuft wurden, vertrat der Beschwerdeführer die gegenteilige Auffassung. Dementsprechend sei für deren Besitz eine Ausnahmebewilligung nach dem Waffengesetz 1986 nicht erforderlich. Er stellte abschließend den Antrag festzustellen, dass es sich bei diesen Objekten nicht um Kriegsmaterial im Sinne dieses Gesetzes handle.
Mit Note vom 16. Februar 1999 räumte der Bundesminister für Landesverteidigung dem Beschwerdeführer Parteiengehör zu seiner Auffassung ein, bei näher angegebenen Fahrzeugen, darunter den beiden oben erwähnten, handle es sich um Kriegsmaterial.
Mit Schriftsatz vom 26. April 2000 beantragte der Beschwerdeführer die bescheidmäßige Feststellung, dass es sich bei allen jenen Gegenständen, die in der Note des Bundesministers für Landesverteidigung vom 16. Februar 1999 angeführt sind, nicht um Kriegsmaterial handle. Ein gleich lautender Antrag wurde mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2000 gestellt.
Mit Bescheid vom 16. November 2000 stellte der Bundesminister für Landesverteidigung auf Grund der Anträge des Beschwerdeführers vom 24. Juni 1996, 26. April 2000 und 25. Oktober 2000 fest, dass es sich bei näher genannten Fahrzeugen und Gegenständen, darunter auch dem gepanzerten schweren Zugfahrzeug M 26 und dem britischen Panzerspähwagen Daimler Modell "Dingo", nicht um Kriegsmaterial im Sinne des § 5 des Waffengesetzes 1996 in Verbindung mit § 2 der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial BGBl. Nr. 624/1977 handle. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, der Amtssachverständige für Kriegsmaterialwesen habe bei einer neuerlichen Überprüfung all jener Fahrzeuge und Waffen am 13. Juli 2000 festgestellt, dass die "Demilitarisierungsmaßnahmen" auftragsgemäß ausgeführt worden seien, weshalb es sich bei den genannten Gegenständen nicht mehr um Kriegsmaterial handle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich ausschließlich dadurch verletzt, dass die belangte Behörde ihre Feststellung hinsichtlich der beiden oben erwähnten Fahrzeuge getroffen habe, obwohl diesbezüglich bereits ein rechtskräftiger Feststellungsbescheid, nämlich derjenige vom 11. November 1980, vorliege.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides - im Anfechtungsumfang - darin, dass hinsichtlich der beiden oben erwähnten Fahrzeuge bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. November 1980 ausgesprochen wurde, dass es sich dabei nicht um Kriegsmaterial handle. Die dem Beschwerdevorbringen zugrunde liegende Annahme, bei dem oben wiedergegebenen Schreiben des Bundesministers für Landesverteidigung vom 1. Dezember 1980 handle es sich um einen Bescheid, erweist sich jedoch als verfehlt.
Die in Rede stehende Erledigung ist weder ausdrücklich als Bescheid bezeichnet, noch ist sie in Spruch und Begründung gegliedert. Sie enthält auch keine Rechtsmittelbelehrung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung einer Erledigung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung ergeben.
Mangelt es - wie im vorliegenden Fall - an der für einen Bescheid vorgesehenen Form, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den - objektiv erkennbaren - Willen hatte, mit der Erledigung gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. Bringt die sprachliche Gestaltung einen normativen Inhalt nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, so liegt kein Bescheid vor (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, Zl. 99/11/0269, und den Beschluss vom 26. Februar 2002, Zlen. 2002/11/0010, 0011, jeweils mwN).
Das oben wiedergegebene Schreiben des Bundesministers für Landesverteidigung vom 11. November 1980 enthält nicht zweifelsfrei einen normativen Inhalt. Es stellt sich sprachlich vielmehr, wie auch der Betreff zeigt, als bloße Mitteilung über eine rechtliche Einschätzung der belangten Behörde dar. Nach dem oben Gesagten handelt es sich daher bei dieser Erledigung um keinen Bescheid. Daraus folgt, dass vor Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides kein rechtskräftiger Abspruch über die Kriegsmaterialeigenschaft der beiden in Rede stehenden Fahrzeuge erfolgt ist.
Somit wurde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem von ihm ausschließlich geltend gemachten Recht auf Nichtwiederholung eines bereits rechtskräftigen Abspruches nicht verletzt.
Die Beschwerde war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.
Wien, am 4. Juli 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000110346.X00Im RIS seit
20.09.2002