TE Vwgh Erkenntnis 2002/7/9 2000/01/0476

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Veröffentlicht am 09.07.2002
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §6 Z1;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2000/01/0467 E 9. Juli 2002 2000/01/0468 E 9. Juli 2002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schimetits, über die Beschwerde der am 24. Mai 1959 geborenen DK in S, vertreten durch Dr. Gerhard Othmar Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. September 2000, Zl. 209.451/9-XI/34/00, betreffend § 6 Z 1 und § 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Zunächst beantragte sie für sich und ihre Kinder - bezogen auf ihren Ehemann, den Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2000/01/0436 - die Erstreckung von Asyl. Zu ihrem Antrag auf Erstreckung von Asyl gab sie am 15. September 1998 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, an:

"Das ganze Dorf ist verbrannt, nicht nur unser Haus, ich kann nicht mehr zurück, wenn ich hier keine Chance mehr habe, dann springe ich hier in die Salzach.

Die Serben stechen Augen heraus und liegen die Brüste der Frauen auf der Straße. Was wir gesehen haben, das wünsche ich niemandem.

Ich habe von einer Bosniaken noch heute die Wäsche an. Es wird vergewaltigt und massakriert, ich war in Pristina am 12.8.1998 im Spital. Da habe ich mich medizinisch behandeln lassen. Mein Kind war mit mir. Da sind Serben in den Bus eingestiegen, die waren uniformiert, es waren aber auch Polizisten in Zivil dabei, die sind mit einer Zange so hin vor das Gesicht, quasi als ob man ihr die Augen ausstechen wollte.

Mein Mann war zehn Monate im Gefängnis, da wurde ich in dieser Zeit kontrolliert und sagte man mit, dass mein Mann bei der UCK ist. Ich habe genug von denen."

Am 12. November 1998 brachte die - nunmehr rechtsfreundlich vertretene -Beschwerdeführerin einen Schriftsatz ein, in dem sie - und ihre Kinder - gemäß § 3 Asylgesetz 1997 (AsylG) die Gewährung von Asyl beantragten und die ethnisch motivierte Zerstörung des Dorfes der Beschwerdeführerin und ihre Furcht vor Verfolgung durch serbische Behörden behaupteten.

Im Zuge ihrer weiteren Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 30. Juni 1999 wurde der Beschwerdeführerin eine Niederschrift ihres Mannes vorgehalten. Hiezu erklärte sie, dem nichts mehr anzufügen zu haben. Sie wissen jedoch, dass die erste Frau ihres Mannes mit Benzin übergossen worden sei und auch die Kinder umgebracht worden seien. Dies wisse ihr Mann noch gar nicht. Dem habe sie weiter nichts hinzuzufügen.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 1999 wies das Bundesasylamt (unter anderem) den Asylantrag der Beschwerdeführerin vom 12. November 1998 gemäß § 6 Z 1, 2 und 3 AsylG als offensichtlich unbegründet ab und sprach die Zulässigkeit ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach "BR Jugoslawien Provinz Kosovo" gemäß § 8 AsylG aus.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin auf die ethnisch motivierten Zerstörungen und Verfolgung durch serbische Behörden im Kosovo im Zeitraum 1998 bis Juni 1999.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 6 Z 1 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die autonome Provinz Kosovo der Bundesrepublik Jugoslawien zulässig sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in den für seine Erledigung wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch in Ansehung der zu lösenden Rechtsfrage, dass der Tatbestand nach § 6 Z 1 AsylG nur dann erfüllt ist, wenn sich dem Vorbringen des Asylwerbers offensichtlich nicht die Behauptung entnehmen lässt, ihm drohe im Herkunftsstaat Verfolgung - jenem, der dem den Ehemann der Beschwerdeführerin betreffenden hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/01/0436, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf diese Entscheidung verwiesen.

Aus den dort genannten Erwägungen war auch der vorliegend angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Ein Ersatz von "Barauslagen für Fotokopien" konnte nicht zuerkannt werden, weil dieser bereits vom Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand umfasst ist.

Wien, am 9. Juli 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000010476.X00

Im RIS seit

24.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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