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41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1996 §25 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des RP in Klosterneuburg, vertreten durch Dr. Heidemarie Wokalik, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ungargasse 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. April 1999, Zl. Wa-266/98, betreffend Entziehung eines Waffenpasses und einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 7. Oktober 1998 verfügte Entziehung der für den Beschwerdeführer ausgestellten waffenrechtlichen Urkunden (Waffenpass und Waffenbesitzkarte). Die Entziehung begründete die belangte Behörde mit der fehlenden Verlässlichkeit des Beschwerdeführers, weil dieser die in seinem Besitz befindlichen genehmigungspflichtigen Schusswaffen nicht sorgfältig verwahre und sie Menschen überlasse, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt seien. Sie ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer habe die in seinem Besitz befindlichen drei genehmigungspflichtigen Schusswaffen im Tresor seines (nicht im Besitz einer waffenrechtlichen Urkunde befindlichen) Schwiegervaters Johann Z. aufbewahrt. Johann Z. sei im Besitz eines Tresorschlüssels gewesen und habe dadurch jederzeit auf die Waffen des Beschwerdeführers zugreifen können. Dem Beschwerdeführer sei jedoch bekannt gewesen, dass seinem Schwiegervater schon 1994 dessen waffenrechtliche Dokumente wegen mangelnder Verlässlichkeit entzogen worden waren.
Den vorgelegten Akten zufolge hat Johann Z. im Zuge der Entziehung seiner waffenrechtlichen Dokumente seine Waffen zum Teil an den Beschwerdeführer verkauft. Im April 1998 beantragte Johann Z. bei der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte und eines Waffenpasses und gab in seinen Anträgen bekannt, dass er selbst drei genehmigungspflichtige Schusswaffen besitze. Bei der daraufhin von Beamten des Gendarmeriepostens Klosterneuburg durchgeführten Überprüfung in dem vom Beschwerdeführer und seiner Gattin sowie deren Vater Johann Z. und dessen Gattin gemeinsam bewohnten Haus in Klosterneuburg wurde festgestellt, dass Johann Z. einen Schlüssel zu dem im Abstellraum im Keller eingebauten Tresor besaß. Johann Z. öffnete den Tresor vor den Beamten und zeigte ihnen die betreffenden genehmigungspflichtigen Faustfeuerwaffen. Bei diesen Faustfeuerwaffen handelte es sich um jene des Beschwerdeführers. Auch bei einer zweiten, einige Tage später (am 4. Mai 1998) stattfindenden Erhebung im Haus in Klosterneuburg war Johann Z. im Besitz des Tresorschlüssels. Der Beschwerdeführer selbst war bei diesen Erhebungen nicht anwesend. Auf die Frage des Gendarmeriebeamten, wer einen Schlüssel zum Tresor besitze, antwortete Z., nur er selbst und seine Frau besäßen einen Schlüssel. Der Tresor gehöre ihm. In der Folge wurden die betreffenden Faustfeuerwaffen gemäß § 143 StPO vorläufig beschlagnahmt.
Die Ehegattin des Beschwerdeführers, die selbst Inhaberin einer Waffenbesitzkarte und dadurch berechtigt ist, genehmigungspflichtige Schusswaffen zu besitzen, gab bei ihrer Einvernahme vor dem Gendarmerieposten Klosterneuburg an, nur sie und ihr Gatte (der Beschwerdeführer) hätten einen Schlüssel zu dem Tresor, in welchem die Faustfeuerwaffen aufbewahrt seien. Sowohl anlässlich der ersten als auch der zweiten Erhebung durch Gendarmeriebeamte habe sie ihrem Vater Johann Z. den Tresorschlüssel ausgehändigt, weil der erhebende Beamte ihren Vater habe sprechen wollen und sie selbst (bei der ersten Erhebung) beschäftigt gewesen sei bzw. (bei der zweiten Erhebung) sich unwohl gefühlt habe. Auf den Vorhalt, dass ihr Vater angegeben habe, er und seine Gattin seien im Besitz des Tresorschlüssels und er habe jederzeit Zugang zum Tresor, gab die Gattin des Beschwerdeführers an:
"Das sagt mein Vater jedem, weil es sein Haus ist, das Haus ist sein und meiner Mutter Besitz. Tatsache aber ist, dass ich den Tresor einbauen ließ und wenn mein Vater daraus etwas benötigt, gebe ich ihm entweder den Schlüssel oder ich sperre ihm persönlich den Tresor auf."
Bezüglich der Angaben des Z. in dessen Antrag auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte und eines Waffenpasses sagte die Gattin des Beschwerdeführers, dass ihr Vater deshalb angegeben habe, er sei im Besitz von zwei Faustfeuerwaffen, "weil sie ihm einmal gehört haben und weil sie in seinem Haus sind. (...) Aber Zugriff haben nur ich und mein Mann."
Der Beschwerdeführer selbst gab bei seiner ersten Befragung am 5. Mai 1998 an, dass die Kellerräume des gemeinsamen Hauses sowohl von der Familie seines Schwiegervaters als auch von ihm und seiner Gattin gemeinsam benützt würden. Die Schlüssel zum Tresor "besitzen mein Schwiegervater und meine Frau. Mein Schwiegervater Herr Z. besitzt deshalb einen Schlüssel zu diesem Tresor, weil er wertvollen Schmuck und einen größeren Bargeldbetrag im Tresor aufbewahrt. Mein Schwiegervater hat damit leider jederzeit Zugang zu den in diesem Tresor aufbewahrten drei Stück Faustfeuerwaffen. Es ist der Stolz meines Schwiegervaters, wenn er die Waffen pflegen und putzen kann und sie dann wieder in den Tresor legen kann. Zugang zu den Faustfeuerwaffen hat mein Schwiegervater mit meinem Wissen, ich wollte ihm seinen Stolz nicht nehmen. Mein Schwiegervater benutzt diese Waffen auf Grund seines doch schon hohen Alters sowieso nicht mehr." Im Anschluss an diese Vernehmung berichtigte der Beschwerdeführer nach Rücksprache mit seiner Gattin seine Aussage dahin, dass sein Schwiegervater keinen Schlüssel zu dem Tresor habe, vielmehr verwahre die Gattin des Beschwerdeführers beide Schlüssel, was er "nicht gewusst" habe. Nunmehr habe ihn seine Gattin darüber aufgeklärt, dass sie die beiden einzigen Schlüssel habe.
Johann Z. gab bei seiner Befragung durch einen Beamten des Gendarmeriepostens Klosterneuburg am 5. Mai 1998 an, die Schlüssel zum Tresor hätten sein Schwiegersohn und seine Tochter. Er selbst besitze keinen Schlüssel. Über Vorhalt, dass er am Vortag gesagt habe, er selbst und seine Gattin seien im Besitz der Tresorschlüssel, gab Z. an: "Dies ist nicht so, wie ich gestern gesagt habe. Die Schlüssel hat mein Schwiegersohn und meine Tochter."
Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung nach § 57 Abs. 1 AVG vom 6. Mai 1998 wurden dem Beschwerdeführer der Waffenpass und die Waffenbesitzkarte entzogen. Dies wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer seine Faustfeuerwaffen nicht ordnungsgemäß verwahre und sie einer nicht berechtigten Person überlassen habe, sodass er nicht mehr als verlässlich im Sinne des Waffengesetzes 1996 (im Folgenden: WaffG) anzusehen sei.
Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers wurden die bei den waffenrechtlichen Überprüfungen im Haus des Beschwerdeführers anwesenden Gendarmeriebeamten und neuerlich Johann Z. von der erstinstanzlichen Behörde einvernommen.
Aus den Angaben der Beamten ergab sich, dass sich der Schlüssel zum Tresor auf einem Schlüsselbund befunden hatte, den Johann Z. in seiner Hosentasche verwahrt hatte. Vor der ersten waffenrechtlichen Überprüfung sei der Frau des Beschwerdeführers nicht mitgeteilt worden, dass die Gendarmeriebeamten die Waffen sehen wollten. Die zweite Überprüfung sei gänzlich unangemeldet erfolgt. Z. habe den Beamten geöffnet und sie direkt zum Tresor in den Keller geführt, den er wiederum mit einem an seinem Schlüsselbund befindlichen Schlüssel geöffnet habe. Johann Z. gestand bei seiner Einvernahme nunmehr zu, dass er einen Schlüssel zum Tresor besessen habe und dass die Waffen im Tresor nicht von den anderen Gegenständen getrennt verwahrt gewesen seien. Er habe damit "zwar theoretisch die Möglichkeit (gehabt), zu den Waffen zu gelangen, habe sie jedoch (seit der Entziehung seiner waffenrechtlichen Dokumente im Jahr 1994) nicht mehr angerührt".
Am 6. Oktober 1998 wurde dem Beschwerdeführer von der Behörde erster Instanz Akteneinsicht gewährt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Über Vorhalt der Zeugenaussage des Johann Z. gab der Beschwerdeführer an, dass die Aussagen des Z. den Tatsachen entsprächen. Z. habe über einen längeren Zeitraum Zugang zum Tresor, in dem sich die Faustfeuerwaffen des Beschwerdeführers befanden, gehabt.
Mit Bescheid vom 7. Oktober 1998 "bestätigte" die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung den am 6. Mai 1998 im Mandatsverfahren erlassenen Entziehungsbescheid.
Der Berufung gegen diesen Bescheid wurde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 8 Abs. 1 Z. 2 und 3 WaffG keine Folge gegeben.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 25 Abs. 3 WaffG hat die Behörde dem Inhaber waffenrechtlicher Urkunden diese Urkunden zu entziehen, wenn der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist.
Nach § 8 Abs. 1 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er
1.
Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
2.
mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
Soweit die Beschwerde geltend macht, dass Johann Z., der Schwiegervater des Beschwerdeführers, keinen Tresorschlüssel besessen habe, geht der Beschwerdeführer nicht von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt aus. Dass die erstinstanzliche Behörde, wie vom Beschwerdeführer schon in der Berufung geltend gemacht, den Sachverhalt nicht ausreichend erhoben hätte, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zutreffend. Die Erstbehörde hat die ihrem Bescheid zu Grunde gelegten Sachverhaltsfeststellungen auf Grund von Gendarmerieberichten und Zeugenaussagen getroffen, aus denen sich -
wie die oben wiedergegebenen Aussagen zeigen - ein klares Bild des zu beurteilenden Sachverhalts ergeben hat. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass die von der Erstbehörde vorgenommene Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung unschlüssig wäre. Da die Behörde erster Instanz den entscheidungsrelevanten Sachverhalt mängelfrei und in schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt hat, hat die belangte Behörde diesen Sachverhalt ihrer Entscheidung zurecht zu Grunde gelegt.
Auf Grund dieser Feststellungen ist davon auszugehen, dass Johann Z. im Einverständnis mit dem Beschwerdeführer im Besitz der Schlüssel des Tresors war, in dem die vom Beschwerdeführer von Johann Z. zuvor gekauften Waffen aufbewahrt waren. Der Beschwerdeführer hat Johann Z. damit bewusst das jederzeitige Hantieren mit den Waffen ermöglicht, wobei dem Beschwerdeführer auch bewusst war, dass Johann Z. die Waffen tatsächlich (wenn auch nur, damit er diese Waffen "pflegen und putzen kann") an sich nahm. Damit hat der Beschwerdeführer seine genehmigungspflichtigen Schusswaffen einem Menschen überlassen, der zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt war (vgl. zum Begriff des "Überlassens" im insoweit gleich lautenden § 6 Abs. 1 Z. 3 WaffG 1986 das hg. Erkenntnis vom 25. April 1990, Zl. 90/01/0033). Ob die Waffen im Tresor ungeladen oder ohne Munition verwahrt wurden, spielt dabei keine Rolle.
Die gegen die Entziehung des Waffenpasses und der Waffenbesitzkarte gerichtete Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 18. Juli 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999200306.X00Im RIS seit
07.10.2002