Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatpräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des B in Wien, geboren am 23. Februar 1978, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 8. Mai 2002, Zl. SD 686/01, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 8. Mai 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen indischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei seinen Behauptungen zufolge am 25. Jänner 2000 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe wenig später einen Asylantrag gestellt. Das Asylverfahren sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. Oktober 2000 rechtskräftig negativ beendet worden. Wenige Tage danach, am 11. Oktober 2000, habe der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als begünstigter Drittstaatsangehöriger gestellt. Obwohl er im Asylverfahren auch behauptet habe, sein Reisepass wäre ihm vom Schlepper abgenommen worden, habe er anlässlich der Eheschließung den Reisepass vorweisen können. Aus diesem Pass habe sich dann ergeben, dass der Beschwerdeführer vor der Asylbehörde unrichtige Angaben gemacht habe. Er sei nämlich bereits am 21. Dezember 1999 mit einem deutschen Transitvisum (rechtmäßig) nach Österreich eingereist. Während des Niederlassungsbewilligungsverfahrens hätten sich Zweifel "hinsichtlich der Qualität der Ehe" ergeben. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt vom 21. Februar 2002 sei die Ehe schließlich rechtskräftig für nichtig erklärt worden. Dem Urteil liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer die Ehe ausschließlich deshalb geschlossen habe, um eine Arbeits- bzw. Aufenthaltsbewilligung und damit eine Anwartschaft auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zu erlangen. Die Ehe sei über zwei Männer vermittelt worden, die Ehegattin habe für die Eheschließung S 40.000,-- (EUR 2.906,81) erhalten. Es sei besprochen worden, dass die Ehe zumindest eineinhalb Jahre dauern solle.
Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG sei somit erfüllt. Das gesamte Fehlverhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige die öffentliche Ordnung in erheblichem Ausmaß, sodass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.
Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet bestünden nicht. Sofern daher angesichts des etwa zweieinhalbjährigen, zum überwiegenden Teil unrechtmäßigen Aufenthaltes von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen sei, sei dieser Eingriff jedenfalls zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten. Wer seinen unrechtmäßigen Aufenthalt dadurch zu legalisieren versuche, dass er eine Scheinehe eingehe, lasse seine Geringschätzung maßgeblicher fremdenrechtlicher Vorschriften erkennen. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme jedoch ein besonders hoher Stellenwert zu. Es könne daher kein Zweifel bestehen, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbots im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei auf die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen gewesen. Diese erweise sich jedoch als gering, sei der Beschwerdeführer doch nur zum vorübergehenden Aufenthalt auf Grund eines Asylantrages berechtigt gewesen, welcher sich letztlich als unbegründet erwiesen habe. Mangels familiärer Bindungen seien die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet insgesamt als gering zu bezeichnen. Dem stehe die Gefährdung des maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen keinesfalls schwerer als das große öffentliche Interesse an der Erlassung dieser Maßnahme.
Da sonst keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben seien, habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbots auch nicht im Rahmen des der Behörde eingeräumten Ermessens Abstand genommen werden können.
Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots betreffe, erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung auf fünf Jahre gerechtfertigt. In Anbetracht des dargestellten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers und des Mangels jeglicher familiärer Bindungen könne vor Ablauf dieser Frist nicht erwartet werden, dass die für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die Ehe geschlossen, sich für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung auf die Ehe berufen, aber mit der Gattin ein gemeinsames Familienleben nie geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet zu haben. Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG erfüllt sei, ist daher unbedenklich.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stellt der Umstand, dass die belangte Behörde die Geschäftszahl des bezirksgerichtlichen Ehenichtigkeitsurteiles nicht festgestellt hat, keinen Begründungsmangel dar, ist diese Geschäftszahl doch weder für die Information des Beschwerdeführers über die Erwägungen der Behörde, noch für die Überprüfbarkeit des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich.
1.2. Da das dargestellte Fehlverhalten des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung (das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen) erheblich beeinträchtigt, bestehen auch gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keine Bedenken.
2. Bei der - für den Fall des Vorliegens eines Eingriffs in das Privatleben durchgeführten - Interessenabwägung hat die belangte Behörde zu Gunsten des Beschwerdeführers die Dauer des inländischen Aufenthalts seit 21. Dezember 1999 berücksichtigt. Die daraus ableitbaren persönlichen Interessen werden in ihrem Gewicht dadurch erheblich gemindert, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers - nach Einreise mit einem deutschen Transitvisum - zunächst nur auf Grund eines sich schließlich als unberechtigt erweisenden Asylantrages berechtigt war und seit Beendigung des Asylverfahrens nicht rechtmäßig ist. Unstrittig bestehen keine familiären Bindungen im Bundesgebiet.
Den insgesamt somit nur sehr gering ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht die vom Beschwerdeführer auf Grund seines Fehlverhaltens ausgehende erhebliche Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. März 2002, Zl. 99/18/0225), gegenüber. Von daher begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), keinen Bedenken.
3. Der Beschwerdeführer führt ins Treffen, dass ihm "die Gelegenheit zur Äußerung gemäß § 57 FrG zu geben gewesen (wäre), da er asylrelevante Verfolgung behauptete".
Dem ist zu entgegnen, dass die Asylbehörde im Fall der Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers gemäß § 8 Asylgesetz 1997 über die Zulässigkeit der Abschiebung zu entscheiden gehabt hätte. In diesem Fall wäre - ebenso wie bei einer Zurückweisung des Asylantrages wegen Drittstaatsicherheit - ein Antrag gemäß § 75 Abs. 1 FrG nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung unzulässig.
Dem Beschwerdeführer gelingt es mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen schon deshalb nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil er nicht dartut, aus welchen Gründen trotz der unstrittig für ihn negativen Entscheidung über seinen Asylantrag ein Feststellungsantrag gemäß § 75 Abs. 1 FrG zulässig gewesen wäre.
4. Schließlich bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, von ihrem Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen und von der Verhängung des Aufenthaltsverbots abzusehen, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.
5. Da der Beschwerdeführer nicht ausführt, was er bei Einräumung von Parteiengehör Zusätzliches vorgebracht hätte, tut er die Relevanz des diesbezüglich geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dar.
6. Die Beschwerde führt weiter ins Treffen, dass die belangte Behörde die Erlassung des Aufenthaltsverbots für die Höchstdauer von fünf Jahren nicht ausreichend begründet habe.
Gemäß § 39 Abs. 1 FrG kann ein Aufenthaltsverbot in den Fällen des § 36 Abs. 2 Z. 1 und 5 FrG unbefristet, in den Fällen des § 36 Abs. 2 Z. 9 leg. cit. für die Dauer von höchstens fünf Jahren, sonst nur für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer innerhalb dieses Rahmens ist gemäß § 39 Abs. 2 FrG auf die für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Umstände, sohin auch auf die privaten und familiären Interessen im Sinn des § 37 FrG Bedacht zu nehmen. Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist ein befristetes Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird. (Vgl. etwa das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 99/18/0225.)
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist die Begründung des angefochtenen Bescheides, dass in Anbetracht des gesamten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers und des Fehlens familiärer Bindungen im Bundesgebiet ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Grundes nicht vor Ablauf von fünf Jahren erwartet werden könne, ausreichend und zutreffend, zumal auch die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur sehr gering ausgeprägt sind.
7. Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 24. Juli 2002
Schlagworte
Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002180139.X00Im RIS seit
29.10.2002