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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FSG 1997 §1 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des BA in D, vertreten durch Mag. Klaus Pichler, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schillerstraße 17, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 27. Juni 2001, Zlen. 1-0005/01/E6 und 1-0006/01/E6, betreffend Übertretungen des Führerscheingesetzes und der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 83,-- und dem Land Vorarlberg EUR 249,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem nach Durchführung einer erstreckten mündlichen Verhandlung ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Juni 2001 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 22. Oktober 1998 um 01.00 Uhr ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug
1. in Dornbirn auf diversen Straßen zwischen der Schillerstraße und dem Grabenweg ohne gültige Lenkberechtigung für die Klasse, in die das Kraftfahrzeug falle, gelenkt, da ihm die Lenkberechtigung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 11. Dezember 1997, Zl. ..., gemäß § 73 Abs. 1 KFG entzogen worden sei;
2. beim Einbiegen von der S-Straße in die ST-Straße als Wartepflichtiger trotz entsprechender Verkehrszeichen (Vorschriftszeichen "Vorrang geben") den Vorrang nicht beachtet, wodurch ein bevorrangter Verkehrsteilnehmer (Gendarmeriefahrzeug) zu unvermitteltem Abbremsen und zum Ablenken seines Fahrzeugs genötigt worden sei;
3. bei der Kreuzung der Z-Gasse mit dem A-Weg das auf der Z-Gasse angebrachte Vorschriftszeichen "HALT" dadurch missachtet, dass Fahrzeug nicht an der Haltelinie angehalten worden sei; er sei ohne anzuhalten, durch die Kreuzung durchgefahren;
4. beim Einfahren von der Z-Gasse in die B-Straße als Wartepflichtiger trotz entsprechender Verkehrszeichen (Vorschriftszeichen "Vorrang geben"), einem im Vorrang befindlichen Fahrzeug den Vorrang nicht eingeräumt und dieses dadurch zu unvermitteltem Abbremsen genötigt.
Er habe Verwaltungsübertretungen zu 1. gemäß § 37 Abs. 1 iVm Abs. 4 Z. 1 iVm § 1 Abs. 3 FSG; zu 2. gemäß § 19 Abs. 7 iVm § 19 Abs. 4 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO; zu 3. gemäß § 52 lit. c Z. 24 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO; und zu 4. gemäß § 19 Abs. 7 iVm § 19 Abs. 4 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO begangen.
Es wurden zu 1. eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 300 Stunden) und zu 2. bis
4. Geldstrafen von jeweils S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 30 Stunden) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Insoweit sich die beschwerdeführende Partei gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. zB. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen weder Verfahrenmängel erkennen noch Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde detailliert dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung aufkommen.
Der Beschwerdeführer rügt Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil die belangte Behörde seinen Antrag auf Anberaumung eines Lokalaugenscheines nicht stattgegeben habe. Dieser Antrag, gestellt in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2001, lautete:
"Anberaumung eines Lokalaugenscheines zu Nachtzeiten zwecks Überprüfung der Sichtverhältnisse an der Kreuzung S-Straße mit der ST-Straße und zum Nachweis, dass die angegebenen Geschwindigkeiten in der Praxis nicht möglich sind. Insbesondere auch die Endlage der vom Zeugen aufgezeichneten Pkw's (Gendarmeriedienstfahrzeug und Pkw F ...). Es war auch nicht möglich, dass der Zeuge K den Beschuldigten 'Auge in Auge' ansehen hat können und anhand seiner markanten Gesichtszüge wiedererkennen konnte."
Zur "Überprüfung der Lichtverhältnisse" übersieht der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde eine Ermittlung zu diesem Teil des Antrages durch Einsichtnahme in ein Lichtbild (siehe Foto 1, Anlage zur mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2001) ohnehin durchgeführt hat. Dass die auf diesem Foto ersichtliche Anordnung der Beleuchtungskörper an der Kreuzung zur Tatzeit anders gewesen sei, oder die Beleuchtung nicht geleuchtet habe, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Zu den Geschwindigkeiten und der "Endlage" der Pkw's übersieht der Beschwerdeführer, dass im Verwaltungsverfahren nicht konkret hervorgekommen ist, mit welcher Ausgangsgeschwindigkeit die beiden Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Einleitung des Bremsmanövers gefahren sind (hinsichtlich des Gendarmeriefahrzeuges wird eine Geschwindigkeit von ca. 50 km/h angegeben. Die Geschwindigkeit des vom Beschwerdeführer gelenkten Fahrzeuges ist ziffernmäßig unbekannt; die genaue Position der Fahrzeuge zu Beginn der Bremsung ist ebenfalls nicht bekannt), weshalb eine Rekonstruktion im Sinne des Antrages des Beschwerdeführers nicht möglich ist.
Zu dem zeigt der Beschwerdeführer nicht konkret auf, wieso die "angegebene Geschwindigkeiten ... in der Praxis nicht möglich" seien, ebenso wenig aus welchen Gründen die vom Zeugen K angegebene Position, in der die beiden Fahrzeuge neben einander annähernd parallel zum Stillstand gekommen seien, nicht möglich gewesen sei. Der Beschwerdeführer zeigt auch nicht auf, aus welchem Grund der vom Zeugen K ausgeführte gegenseitige Blickkontakt zwischen diesem als Beifahrer des links vom angezeigten Kraftfahrzeuges annähernd parallel stehenden Gendarmeriekraftfahrzeuges und dem Fahrer des angezeigten Kraftfahrzeuges auf eine Entfernung von ein bis zwei Meter nicht möglich gewesen sein solle. Er liefert auch keine ausreichenden Anhaltspunkte, warum es einem Gendarmeriebeamten bei Beleuchtung der gegenständlichen Kreuzung, selbst unter Berücksichtigung der Beschattung durch das Dach des angezeigten Kraftfahrzeuges, auf derart kurze Distanz nicht möglich sein solle, sich die Gesichtszüge des Lenkers des neben ihm stehenden Kraftfahrzeuges derart einzuprägen, dass er ihn einige Tage später wieder erkennen konnte. Denn selbst der Beschwerdeführer geht nicht von absoluter Dunkelheit aus, sondern lediglich von "schwacher Straßenbeleuchtung und Abblendlicht der angeblich beteiligten Fahrzeuge. Dass von den am Rand bzw. in der Mitte der gegenständlichen Kreuzung postierten Beleuchtungskörpern (siehe Foto 1, Anlage zur mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2001) überhaupt kein Licht in das Innere des angezeigten Fahrzeuges fallen konnte, wurde vom Beschwerdeführer weder behauptet, noch entspräche dies den Erfahrungen des täglichen Lebens. Der gerügte Verfahrensmangel liegt demnach nicht vor.
Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde kein kraftfahrzeugtechnisches Sachverständigengutachten eingeholt habe, das ergeben hätte, dass "das vom Zeugen K geschilderte Fahrmanöver mit den angegebenen Geschwindigkeiten und der Straßenführung ... technisch nicht möglich ist, weil es auf Grund dessen zwingend zu einer Kollision hätte kommen müssen", ist der Beschwerdeführer auf die obigen Ausführungen hinsichtlich der unbekannten Ausgangsparameter zu verweisen. Die Erstellung des geforderten Gutachten ist schon aus diesem Grund nicht möglich. Überdies zeigt der Beschwerdeführer keine konkreten Umstände für seine Annahmen auf.
Insoferne der Beschwerdeführer die unvollständige Verwertung der Aussage der Ehefrau des Beschwerdeführers (der Zeugin S) rügt, weil die belangte Behörde die Aussage, dass "ihr Mann am 21.10.1998 zu Hause war" unberücksichtigt gelassen habe, so übersieht er, dass der gegenständliche Vorfall am 22. Oktober 1998 stattfand. Eine unrichtige Protokollierung des Datums "21.10.1998" wurde nicht gerügt. Aus der Aussage, dass "sie an den 22.10.1998 heute keine speziellen Erinnerungen mehr hat", ist in Verbindung mit ihren anderen Aussagen nicht der vom Beschwerdeführer gezogene Schluss, dass "ihr aufgefallen wäre, wenn ihr Mann am Abend des
21. (gemeint wohl: 22.) 10.1998 zu später Stunde ausgegangen wäre" abzuleiten.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Juli 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002020006.X00Im RIS seit
07.10.2002