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23/01 Konkursordnung;Norm
BAO §133 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des Dr. P, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 4. Juni 1996, Zl 313/7-10/F-1996, betreffend Haftung für Abgabenschulden, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über das Vermögen der M GmbH wurde am 21. Dezember 1989 der Konkurs eröffnet und der Beschwerdeführer als Masseverwalter bestellt. Auf Antrag des Beschwerdeführers wurde am 7. März 1991 eine Liegenschaft um 4,520.000 S kridamäßig versteigert. Mit Beschluss vom 31. Oktober 1991 wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben.
Im Zug einer abgabenbehördlichen Prüfung bei den Erwerbern der Liegenschaft stellte der Prüfer fest, die Versteigerung der Liegenschaft habe bei der M GmbH sowohl zu einer umsatzsteuerpflichtigen Lieferung von beweglichem Inventar als auch zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzuges gemäß § 12 Abs 10 UStG 1972 geführt, woraus sich insgesamt eine Abgabenschuld von rund 304.000 S ergebe.
Mit Bescheid vom 18. Juli 1995 nahm das Finanzamt den Beschwerdeführer für die aushaftende Abgabenschuld der M GmbH samt Säumniszuschlag von insgesamt rund 310.000 S als Haftenden unter Hinweis auf §§ 9 und 80 BAO mit der Begründung in Anspruch, er habe es als Masseverwalter verabsäumt, die nunmehr bei der M GmbH uneinbringlichen, anlässlich der kridamäßigen Versteigerung der Liegenschaft angefallenen Abgaben (Umsatzsteuer für die Lieferung von beweglichem Inventar, Berichtigung des Vorsteuerabzuges) zu entrichten.
In der Berufung wandte der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, das Finanzamt hätte von Amts wegen die Abgabenschuld bei der Meistbotsverteilung anmelden müssen. Abgesehen davon, dass er bis zur kridamäßigen Versteigerung der Liegenschaft keine Kenntnis von einer möglichen Berichtigung des Vorsteuerabzuges gehabt habe, wäre es ihm auf Grund der mangelhaften Unterlagen unmöglich gewesen, die Höhe des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges zu ermitteln.
Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer vor, wie sich aus dem ihm am 18. November 1991 zugestellten Schreiben des Steuerberaters der Erwerber der Liegenschaft ergebe, habe er über Unterlagen verfügt, aus denen die Höhe des zu berichtigenden Vorsteuerabzug anlässlich der kridamäßigen Versteigerung der Liegenschaft ermittelbar gewesen wäre. Es wäre ihm daher möglich gewesen, die aushaftende Abgabenschuld der M GmbH bei der Meistbotsverteilung als Sondermassekosten anzumelden. Die unterlassene Prüfung der ihm zur Verfügung gestandenen Unterlagen, somit der wirtschaftlichen Lage der M GmbH, stelle eine Verletzung der ihm als Masseverwalter auferlegten Pflichten dar.
In der Vorhaltsbeantwortung führte der Beschwerdeführer - soweit für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof von Relevanz - aus, es sei zwischen der Umsatzsteuer für die Lieferung von beweglichem Inventar und der Berichtigung des Vorsteuerabzuges zu unterscheiden. Das bewegliche Inventar sei ihm bekannt gewesen. Von der vorzunehmenden Berichtigung des Vorsteuerabzuges habe er erst nach Aufhebung des Konkurses über das Vermögen der M GmbH am 31. Oktober 1991 erfahren, weswegen die Ausführungen im Vorhalt, es wäre ihm möglich gewesen, die aushaftende Abgabenschuld bei der Meistbotsverteilung als Sondermassekosten anzumelden, ins Leere gingen. Es treffe ihn daher kein Verschulden an der Nichtentrichtung von bei der M GmbH angefallenen Abgaben.
Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer daraufhin eine schriftliche Zeugenaussage des Steuerberaters der Erwerber der Liegenschaft vor, in der dieser bestätigte, er habe den Beschwerdeführer bereits am 19. August 1991 auf die erforderliche Berichtigung des Vorsteuerabzuges aufmerksam gemacht. Der Beschwerdeführer habe sich jedoch trotz der ihm zur Verfügung gestandenen Unterlagen geweigert, die Höhe des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges zu ermitteln. Auf sein Ersuchen habe ihm der Beschwerdeführer fünf Ordner übermittelt, worauf er die Höhe des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges berechnet und mit Schreiben vom 31. Dezember 1991 dem Beschwerdeführer mitgeteilt habe.
In der Vorhaltsbeantwortung bestätigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit der Zeugenaussage des Steuerberaters der Erwerber der Liegenschaft, behauptete jedoch, die ihm zur Verfügung gestandenen Unterlagen seien mangelhaft gewesen, weswegen er sich nicht in der Lage gesehen habe, diese "durchzuschauen oder durchzurechnen".
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie zunächst auf die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld bei der M GmbH und die Zulässigkeit der Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Masseverwalter der M GmbH als Haftenden für Abgabenschulden der Masse hinwies. Zur Begründung führte sie - soweit für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof von Relevanz - aus, die Berichtigung des Vorsteuerabzuges führe zu Sondermassekosten. Durch die unterlassene Anmeldung dieser Kosten bei der Meistbotsverteilung habe der Beschwerdeführer die Nichtentrichtung der Abgabenschuld in Kauf genommen, womit er die Forderung des Bundes als Abgabengläubiger hinsichtlich des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges benachteiligt habe. Diese Benachteilung sei Ursache für die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld gewesen, weil die M GmbH nach Veräußerung der Sondermasse und Verteilung der allgemeinen Masse völlig vermögenslos geworden sei, was zur Aufhebung des Konkurses mangels Kostendeckung und zur Löschung der M GmbH im Firmenbuch geführt habe. Überdies habe es der Beschwerdeführer als Masseverwalter der M GmbH schuldhaft unterlassen, eine Umsatzsteuervoranmeldung für März 1991 beim Finanzamt einzureichen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es wäre ihm auf Grund der mangelhaften Unterlagen unmöglich gewesen, die Höhe des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges zu ermitteln, gehe ins Leere. Es habe dem Beschwerdeführer nachgewiesen werden können, dass er über Unterlagen verfügt habe, aus denen die Höhe des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges anlässlich der kridamäßigen Versteigerung der Liegenschaft ermittelbar gewesen wäre. Mit dem Hinweis, er habe sich nicht in der Lage gesehen, diese Unterlagen "durchzuschauen oder durchzurechnen", gebe der Beschwerdeführer die Verletzung der ihm als Masseverwalter gemäß § 81 Abs 1 KO auferlegten Pflichten zu. Der Beschwerdeführer hätte sich spätestens anlässlich der von ihm beantragten kridamäßigen Versteigerung der Liegenschaft informieren müssen, ob es zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzuges kommen werde. Wenn der Beschwerdeführer die ihm zur Verfügung gestandenen Unterlagen nicht einmal durchgeschaut habe, so habe er unter Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zumindest fahrlässig in Kauf genommen, dass die Berichtigung des Vorsteuerabzuges bei der Meistbotsverteilung nicht berücksichtigt werde. Dem Einwand, das Finanzamt hätte von Amts wegen die Abgabenschuld bei der Meistbotsverteilung anmelden müssen, sei entgegen zu halten, dass es dem Finanzamt mangels Einreichung einer Umsatzsteuervoranmeldung für März 1991 gar nicht möglich gewesen wäre, den zu berichtigenden Vorsteuerabzug bei der Meistbotsverteilung anzumelden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Zu den gesetzlichen Vertretern iSd § 80 Abs 1 BAO gehören auch die Masseverwalter (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 29. Jänner 1998, 96/15/0196).
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist nur mehr strittig, ob der Beschwerdeführer zu Recht als Masseverwalter der M GmbH als Haftender für den zu berichtigenden Vorsteuerabzug in Anspruch genommen worden ist.
In Kenntnis der diesbezüglichen hg Rechtsprechung vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, bei der anlässlich der Berichtigung des Vorsteuerabzuges entstandenen Abgabenschuld handle es sich nicht um eine Masse-, sondern um eine Konkursforderung. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, 98/14/0143, - auf dessen Entscheidungsgründe iSd § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird - ausführlich begründet, dass die Berichtigung des Vorsteuerabzuges als Masseforderung anzusehen ist, weil diese Berichtigung erst durch die (zwangsweise) Verwertung einer Liegenschaft durch den Masseverwalter ausgelöst wird. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht veranlasst, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen.
Mit den umfangreichen Ausführungen, das Finanzamt hätte die Höhe des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges berechnen und diese bei der Meistbotsverteilung anmelden können, weswegen ihn kein Verschulden an der Uneinbringlichkeit der aushaftenden Abgabenschuld treffe, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Beschwerdeführer ist unbestritten seiner abgabenrechtlichen Verpflichtung, als Masseverwalter für die M GmbH eine Umsatzsteuervoranmeldung für März 1991 beim Finanzamt einzureichen, nicht nachgekommen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 3. März 1987, 86/14/0130, Slg Nr 6197/F, ausgeführt hat, trifft einen Masseverwalter, der sich auf die mangelnde Fähigkeit, Abgabenerklärungen zu erstellen, beruft, die persönliche Verpflichtung, für den Gemeinschuldner Abgabenerklärungen beim Finanzamt einzureichen. Aus dieser persönlichen Pflicht des Masseverwalters, die gleicher Art ist wie die des von ihm Vertretenen (des Gemeinschuldners als Abgabepflichtigen), folgt, dass der Masseverwalter der Pflicht zur Abgabe von Abgabenerklärungen gleich dem Abgabepflichtigen unabhängig davon nachzukommen hat, ob er eines Steuerberaters bedarf. Ebenso wie für den Abgabepflichtigen besteht die Erklärungspflicht des Masseverwalters auch unabhängig davon, ob die Tätigkeit eines Steuerberaters finanziert werden kann. Hiebei ist § 80 BAO bezüglich der abgabenrechtlichen Pflichten des Masseverwalters die Spezialnorm im Verhältnis zu § 81 KO. Ob der Beschwerdeführer, wie im Administrativverfahren behauptet, die Höhe des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges nicht habe ermitteln können oder wollen (der Beschwerdeführer hat im Administrativverfahren ausgeführt, er habe sich nicht in der Lage gesehen, die fünf Ordner "durchzuschauen oder durchzurechnen") mag selbst unter dem Aspekt, dass es dem Steuerberater der Erwerber der Liegenschaft ohne Schwierigkeit möglich gewesen ist, die Höhe des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges aus den ihm vom Beschwerdeführer übermittelten fünf Ordnern in gleicher Höhe wie das Finanzamt zu berechnen, dahingestellt bleiben. Durch die unterlassene Einreichung einer Umsatzsteuervoranmeldung für März 1991 beim Finanzamt trifft den Beschwerdeführer bereits ein Verschulden an der Uneinbringlichkeit des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges. Wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, war es dem Finanzamt mangels Einreichung einer solchen Umsatzsteuererklärung gar nicht möglich, den zu berichtigenden Vorsteuerabzug bei der Meistbotsverteilung anzumelden. Es wäre überdies Pflicht des Beschwerdeführers als Masseverwalter der M GmbH gewesen, den zu berichtigenden Vorsteuerabzug bei der Meistbotsverteilung als Sondermassekosten anzumelden, um zumindest so für die Entrichtung der angefallenen Abgabe zu sorgen. Durch die unterlassene Anmeldung des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges bei der Meistbotsverteilung trifft den Beschwerdeführer ebenfalls ein Verschulden an der Uneinbringlichkeit des zu berichtigenden Vorsteuerabzuges.
Mit der nicht konkretisierten Behauptung, der Sachverhalt bedürfe in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung, zeigt der Beschwerdeführer keine Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.
Wien, am 30. Juli 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1996140105.X00Im RIS seit
18.11.2002Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013