TE Vfgh Beschluss 1999/8/24 G102/99

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Veröffentlicht am 24.08.1999
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Index

25 Strafprozeß, Strafvollzug
25/02 Strafvollzug

Norm

ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit
StVG §115

Leitsatz

Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags zur "Überprüfung" des §115 StVG betreffend Nichtanrechnung einer im Hausarrest zugebrachten Zeit in die Strafzeit als offenbar aussichtslos; keine unmittelbare Wirksamkeit der angefochtenen Bestimmung angesichts der durch das Vollzugsgericht zu treffenden Entscheidung über eine Nichtanrechnung; keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Überprüfung von Akten der ordentlichen Gerichtsbarkeit

Spruch

Der Antrag des M V, dzt. Justizanstalt Sonnberg, ..., auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird a b g e w i e s e n .

Begründung

Begründung:

Mit Antrag vom 5. Juli 1999 begehrt der Einschreiter die Bewilligung der Verfahrenshilfe, "um den §115 STVG auf seine Rechtmäßigkeit durch den VFGH - Wien überprüfen zu lassen (Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art4 des 7. ZPEMRK)": Ein Hausarrest, der über ihn für eine "nicht begangene Ordnungswidrigkeit" für die Dauer einer Woche im August 1998 verhängt worden sei, sei aufgrund der genannten Bestimmung nicht in seine Strafzeit eingerechnet worden, worin eine verfassungswidrige Doppelbestrafung gelegen sei.

Gemäß Art144 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof nur über Beschwerden gegen letztinstanzliche Bescheide von Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate. Nach Art139 bzw. Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ferner über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen bzw. die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit (Verfassungswidrigkeit) in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung (das Gesetz) ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Die gegenständliche Nichtanrechnung einer im Hausarrest zugebrachten Zeit in die Strafzeit erfolgt nicht mit Bescheid einer Verwaltungsbehörde, sondern gemäß §16 Abs2 Z6 Strafvollzugsgesetz (StVG) durch die Entscheidung des Vollzugsgerichtes. Zum einen kann daher die vom Einschreiter gerügte Bestimmung des §115 StVG für ihn nicht unmittelbar wirksam werden, wodurch ein - ihm offenbar vorschwebender - Individualantrag gemäß Art140 B-VG ausgeschlossen ist. Der Verfassungsgerichtshof ist zum anderen unzuständig, Akte der ordentlichen Gerichtsbarkeit - und damit auch eine Entscheidung wie die genannte - zu überprüfen. Der Einschreiter wäre darauf beschränkt, im gerichtlichen Verfahren anzuregen, von amtswegen die Aufhebung der als verfassungswidrig erachteten Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen; bliebe eine solche Anregung erfolglos, so unterläge eine solche Gerichtsentscheidung (nach Ausschöpfung des Instanzenzuges der ordentlichen Gerichtsbarkeit, im vorliegenden Fall durch Erhebung einer Beschwerde gemäß §17 Abs4 u. 5 StVG an den Gerichtshof zweiter Instanz) keiner weiteren innerstaatlichen Kontrolle: insbesondere könnte auch die einer solchen Anregung nicht folgende Gerichtsentscheidung vor dem Verfassungsgerichtshof nicht angefochten werden; auch könnte sie die Legitimation zu einem unmittelbaren Gesetzesprüfungsantrag nicht begründen.

Da die vom Einschreiter begehrte Rechtsverfolgung sohin aussichtslos im Sinn des §63 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG erscheint, war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Verfahrenshilfe, Strafvollzug, Ordnungswidrigkeiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:G102.1999

Dokumentnummer

JFT_10009176_99G00102_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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