TE Vwgh Erkenntnis 2002/7/31 2002/13/0075

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.07.2002
beobachten
merken

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §212a Abs5;
BAO §212a Abs8;
BAO §238 Abs3 litb;
BAO §294;
BAO §302 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der L in W, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer, Dr. Andreas Peyrer-Heimstätt und Dr. Leonhard Romig, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Mahlerstraße 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. Februar 2002, Zl. RV/268 - 10/01, betreffend Ablauf der Aussetzung der Einhebung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Wie der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides entnommen werden kann, war die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft, deren Einkünfte für die Jahre 1985 bis 1988 in einem nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung wieder aufgenommenen Verfahren mit einem Ergebnis neu festgestellt worden waren, welches zu einer Erhöhung der Einkommensteuerschuld der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin in den Jahren 1985 und 1988 geführt hatte. Einer gegen den neu erlassenen Einkünftefeststellungsbescheid von der Kommanditgesellschaft erhobenen Berufung war mit einem Bescheid der Berufungsbehörde vom 28. Oktober 1993 für die Kalenderjahre 1986 und 1987, nicht jedoch für die Kalenderjahre 1985 und 1988  Folge gegeben worden. Im Zusammenhang mit der Berufung gegen die Feststellungsbescheide hatte die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin auch die Aussetzung der Einhebung für die Nachforderungen an Einkommensteuer 1985 und 1988 beantragt, welche Aussetzung mit Bescheid vom 17. Jänner 1991 bewilligt worden war.

Eine Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung aus Anlass der Erledigung der Berufungen der KG gegen die Feststellungsbescheide für die Jahre 1985 und 1988 durch den Bescheid der Berufungsbehörde vom 28. Oktober 1993 unterblieb zunächst und wurde vom Finanzamt erst mit Bescheid vom 9. Mai 2001 unter gleichzeitiger Festsetzung von Aussetzungszinsen vorgenommen.

Einer gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung blieb mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid ein Erfolg mit der Begründung versagt, die dem nunmehr verfügten Ablauf der Aussetzung der Einhebung entgegen gesetzte Einhebungsverjährung könne zufolge der Bestimmung des § 238 Abs. 3 lit. b BAO nicht eingetreten sein. Erkenne die Abgabenbehörde, dass der Ablauf der Aussetzung der Einhebung bescheidmäßig trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen noch nicht verfügt worden war, dann habe sie die Ablaufverfügung zu erlassen, weil eine aufrechte Aussetzung der Einhebung nur durch einen den Ablauf aussprechenden Bescheid beendet werden könne. Der Beschwerdeführerin sei es unbenommen gewesen, das Finanzamt über das Vorliegen der Voraussetzung für die Erlassung eines Bescheides über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung aufmerksam zu machen, worauf das Finanzamt gewiss umgehend reagiert hätte.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer über die Berufung (Abs. 1) ergehenden

a)

Berufungsvorentscheidung oder

b)

Berufungsentscheidung oder

c)

anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen.

Nach § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

Nach § 238 Abs. 3 BAO ist die Verjährung gehemmt, solange

              a)              die Einhebung oder zwangsweise Einbringung einer Abgabe innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist, oder

              b)              die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt ist.

Nur gegen die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung wendet sich die Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen, dem behördlichen Abspruch stehe die Einhebungsverjährung entgegen. Da § 302 Abs. 1 BAO bestimme, dass Maßnahmen nach § 294 BAO und damit auch ein Widerruf der Aussetzung der Einhebung, wie er in § 212a Abs. 5 BAO vorgesehen sei, nur bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zulässig seien, würde mit der durch die belangte Behörde vorgenommenen Interpretation der Bestimmung des § 238 Abs. 3 lit. b BAO der Norm des § 302 Abs. 1 BAO jeder normative Gehalt genommen, weil bei aufrechter Wirkung einer Hemmung der Verjährung durch das Andauern einer Aussetzung der Einhebung deren Widerruf auch noch nach Jahrzehnten möglich wäre. Ein solches Verständnis des § 238 Abs. 3 lit. b BAO entspreche weder rechtsstaatlichen Grundsätzen, noch könne es in der Absicht des Gesetzgebers gelegen sein, weshalb der Wortlaut der Bestimmung des § 238 Abs. 3 lit. b BAO teleologisch dahin zu reduzieren sei, dass der Abgabenbehörde ab rechtskräftiger Erledigung des der Aussetzung zu Grunde liegenden Berufungsverfahrens nur die restliche Verjährungsfrist für den zu verfügenden Ablauf der Aussetzung der Einhebung offen stehe.

Dieser Argumentation bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erfolgreich aufzuzeigen. Die Beschwerdeführerin übersieht nämlich mit ihrer Überlegung, dass § 212a Abs. 5 BAO das Ende des Zahlungsaufschubes an den Eintritt zweier alternativ formulierter Tatbestände knüpft. Der eine ist der Ablauf der Aussetzung und der andere ist ihr Widerruf mit dem in Klammer gesetzten Hinweis auf die Bestimmung des § 294 BAO. Ob der von der Beschwerdeführerin erhobenen Forderung nach teleologischer Reduzierung der Vorschrift des § 238 Abs. 3 lit. b BAO mit dem von ihr gesehenen Auslegungsergebnis dieser Norm für den Fall eines Widerrufs der Aussetzung der Einhebung zu folgen wäre, bedarf im Beschwerdefall, in welchem die Aussetzung der Einhebung eben nicht widerrufen, sondern ihr Ablauf verfügt worden war, keiner Untersuchung. Der Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung liegen mit den in § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO normierten Voraussetzungen aber Tatbestandsvoraussetzungen gänzlich anderer Art zu Grunde als solche, die die Abgabenbehörde zu einer Maßnahme nach § 294 BAO auch im Sinne eines Widerrufs einer Aussetzung der Einhebung berechtigten (siehe hiezu auch die bei Ritz, Kommentar zur Bundesabgabenordnung2, Tz 7 zu § 294 wiedergegebene Judikatur).

Dass die Abgabenbehörde zur Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung bei Vorliegen eines der Tatbestände des § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO verpflichtet ist, trifft gewiss zu (siehe hiezu etwa das in der Berufung der Beschwerdeführerin zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1996, 94/13/0266, 95/13/0020). Es hat der Verwaltungsgerichtshof aber ebenso auch schon klar gestellt, dass der Gesetzesauftrag, anlässlich einer der in § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO genannten Erledigungen den Ablauf einer bewilligten Aussetzung der Einhebung zu verfügen, nicht dadurch erlischt, dass die Abgabenbehörde dieser Anordnung im zeitlichen Nahebereich der Erledigung des Berufungsverfahrens nicht nachkommt (siehe das hg. Erkenntnis vom 31. März 1998, 93/13/0225). Bedarf doch der Ablauf der Aussetzung eines konstitutiven Aktes, zu dessen Setzung die Abgabenbehörde auch dann verpflichtet bleibt, wenn sie ihn nicht schon anlässlich der Berufungserledigung im Sinne der in § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO genannten Akte vorgenommen hatte (siehe auch das hg. Erkenntnis vom 11. September 1997, 96/15/0173). Die von der Beschwerdeführerin gesehene Kollision der Vorschrift des § 302 Abs. 1 BAO zur Bestimmung des § 238 Abs. 3 lit. b BAO besteht im Beschwerdefall deswegen nicht, weil der durch die Aussetzung der Einhebung gewährte Zahlungsaufschub nicht durch eine unter die Vorschrift des § 294 BAO zu subsumierende Maßnahme, sondern durch den, wenn auch verspätet, verfügten Ablauf der Aussetzung endete. Die Folgen der verspäteten Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung hätte die Beschwerdeführerin auf dem Wege der in § 212a Abs. 8 BAO vorgesehenen Tilgung in einfacher Weise von sich abwenden können (siehe auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 11. September 1997, 96/15/0173). Die von der Beschwerdeführerin eingewendete Einhebungsverjährung stand zufolge deren Hemmung im Sinne des § 238 Abs. 3 lit. b BAO dem mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug verfügten Ablauf der Aussetzung der Einhebung demnach nicht entgegen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

Wien, am 31. Juli 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002130075.X00

Im RIS seit

07.11.2002

Zuletzt aktualisiert am

20.01.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten