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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Hausmaninger Herbst Wietrzyk, Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 16. September 1998, Zl. RV/202- 16/01/98, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erklärte im Jahr 1995 Einkünfte aus der Vermietung einer Liegenschaft (B.-Gasse 26, Wien) zur Einkommensteuer. An dieser Liegenschaft bestand zunächst Miteigentum mit dem Vater und dem Bruder des Beschwerdeführers. Durch Schenkung (2/8 Anteil vom Vater im Juni 1995) und Kauf (3/8 Anteil vom Bruder im August 1995) hat der Beschwerdeführer das Alleineigentum an der gegenständlichen Liegenschaft erlangt. In den Beiblättern zur Einkommensteuererklärung 1995 war neben einer Einkünfteermittlung betreffend Vermietung und Verpachtung für den Zeitraum Jänner bis August 1995 (mit einem Miteigentumsanteil von 3/8 für den Beschwerdeführer) eine Einkünfteermittlung für den Zeitraum September bis Dezember 1995 (Alleineigentum des Beschwerdeführers) ausgewiesen.
Das Finanzamt veranlagte den Beschwerdeführer mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von insgesamt 65.632 S (in der Bescheidbegründung wurde u.a. auf die Entscheidungsgründe einer Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 18. September 1997 betreffend die einheitliche und gesonderte Einkünftefeststellung für die Jahre 1994 und 1995 verwiesen).
In der Begründung zur Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1995 brachte der Beschwerdeführer u.a. vor:
"1. Aufgrund der Berufungsentscheidung vom 18 09 1997 besteht für den Zeitraum 01-08/95 ein Gewinn von
S 77.808,--
Gemäß Erklärung 09-12/95
Ertrag
139.882,18
- Hypothekarzinsen
56.571,15
- Erhaltungsausgaben
22.941,50
-Sonstige Werbungskosten
134.748,49
-AFA 2/8 fiktiv
18.375,--
-AFA 3/8 Anschaffungskosten
19.128,--
Verlust
-111.881,96
Differenz anerkannter
Verlust lt. Bescheid
- 17.325,--
- S 94.556,96
VERLUST
-S 16.748,96
Ich ersuche um Anerkennung der nicht berücksichtigten Ausgabeni
n Höhe von S 94.556,96.
... "
In einem Vorhalt vom 8. Juli 1998 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass er nach der Aktenlage mit Kaufvertrag vom 24. August 1995 3/8 der gegenständlichen Liegenschaft um 2,437.000 S von seinem Bruder erworben habe. Im September 1995 sei an diesem Haus Wohnungseigentum begründet worden. In der Folge habe der Beschwerdeführer mit Kaufvertrag vom 15. Dezember 1995 "48/1115 an dem Haus verbunden mit der Nutzung der Wohnung Nr. 15" an Dr. T. um 1,395.000 S veräußert. Da zwischen dem Ankauf und dem Verkauf weniger als zehn Jahre lägen, sei hinsichtlich von 3/8 des Verkaufserlöses ein Spekulationsgewinn zu ermitteln. Dabei seien 3/8 der Anschaffungskosten zuzüglich der anteiligen mit dem Verkauf der Eigentumswohnung in Zusammenhang stehenden Werbungskosten (WK) 3/8 des Verkaufserlöses gegenüberzustellen. Der Spekulationsgewinn sei wie folgt zu berechnen:
"Anschaffungspreis
2.437.000,00
Grunderwerbssteuer
85.295,00
Grundbuchseintragung
24.370,00
3/8
2.546.665,00
8/8
6.791.106,67
Dr. St. (WK)
11.380,00
Dr. B. (WK)
21.000,00
Parifizierung (WK)
36.000,00
Nachparifizierung (WK)
9.000,00
Summe
6.868.486,67
davon 48/1115
295.683,73
davon 3/8
110.881,00
gerundet
111.000,00
Dieser Summe ist der anteilige Kaufpreis (3/8 von S 1,395.000,00), das sind gerundet S 523.000,00 gegenüberzustellen. Daraus ergibt sich ein Spekulationsgewinn von S 412.000,00. Dieser ist der Einkommensteuer zu unterziehen."
Weiters wurde im Vorhalt die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für den Zeitraum September bis Dezember 1995 (Verlust 17.325 S) rechnerisch dargestellt.
In der Vorhaltsbeantwortung vom 10. August 1998 machte der Beschwerdeführer u.a. "einkommensteuerlich nicht berücksichtigte Investitionen für Top 15" geltend (eine dazu angeschlossene Auflistung von Rechnungsbeträgen vom 4. Jänner 1995 bis 22. September 1995 wies einen Gesamtbetrag von 140.393,24 S auf). Der Beschwerdeführer brachte weiters vor, dass mit dem Verkauf von "Top 15" ein Autoabstellplatz mitveräußert worden sei, welcher in der Nutzwertaufstellung nicht berücksichtigt, jedoch beim Kaufpreis der 3/8 Anteile mit 75.000 S berechnet worden sei (gesamt 200.000 S). Dazu verwies der Beschwerdeführer auf den beigeschlossenen Auszug aus dem Kaufvertrag vom 15. Dezember 1995, der als Zusatz folgende Klausel enthielt: "Ergänzend wird vereinbart, dass zur gegenständlichen Wohnung auch ein Autoabstellplatz im Hof gehört, der nicht in der Nutzwertfeststellung zu berücksichtigen ist".
Im angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde aus, die Liegenschaft sei ab Ende August 1995 im Alleinbesitz des Beschwerdeführers gewesen. Mit Bescheid vom 20. September 1995 sei die Parifizierung erfolgt. Die erste Eigentumswohnung sei am 15. Dezember 1995 verkauft worden (Anm.: Ein weiterer Verkauf erfolgte im Jahr 1996). Die Beratungskosten (Dr. St. und Dr. B.) erhöhten die Anschaffungskosten des 3/8 Anteiles und würden antragsgemäß berücksichtigt. Die nachträglich geltend gemachten "Investitionskosten" hätten fast ausschließlich die Hausgemeinschaft (Zahlungen bis 19. Juli 1995) betroffen und wären im Feststellungsverfahren zu berücksichtigen gewesen. Sie erhöhten keinesfalls die Anschaffungskosten der Wohnung Top 15. Lediglich der Rechnungsbetrag eines Handwerkers vom 22. September 1995 in Höhe von 540 S und die Stromabrechnung vom September 1995 könnten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Beschwerdeführers als Werbungskosten abgezogen werden.
Kurz nach der Parifizierung - so die belangte Behörde weiter in der Begründung des angefochtenen Bescheides - habe der Beschwerdeführer als nunmehriger Alleineigentümer 48/1115 der Liegenschaft an Dr. T. verkauft. Damit sei das Recht zur alleinigen Nutzung der Wohnung Top 15 und der Nutzung eines Parkplatzes im Hof verbunden gewesen. Der Kaufpreis habe lt. Kaufvertrag vom 15. Dezember 1995 insgesamt 1,395.000 S betragen. Da zwischen der Anschaffung vom Bruder (3/8 Anteile am 25. August 1995) und der Veräußerung der Eigentumswohnung weniger als zehn Jahre vergangen seien, sei ein Spekulationsgewinn zu berechnen gewesen. Diese Berechnung sei dem Beschwerdeführer im Vorhalt vom 8. Juli 1998 bekannt gegeben worden. Den Ausführungen in der Vorhaltsbeantwortung sei entgegenzuhalten, dass das auf die Nutzung eines Parkplatzes im Hof entfallende Entgelt beim Spekulationsgewinn zu berücksichtigen sei, weil der Beschwerdeführer von seinem Bruder die Anteile an der gesamten Liegenschaft und daher auch vom Hof erworben habe. Zusätzliche diesbezügliche Anschaffungskosten könnten nicht angesetzt werden. Damit ergebe sich ein - bereits im Vorhalt berechneter - Spekulationsgewinn von 412.000 S, der bei der Einkommensteuer als sonstige Einkünfte anzusetzen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften nach § 30 Abs. 1 EStG 1988 sind nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten und den Werbungskosten andererseits anzusetzen. Im Falle der Veräußerung eines angeschafften Gebäudes sind die Anschaffungskosten um Instandsetzungsaufwendungen und Herstellungsaufwendungen zu erhöhen und um die im § 28 Abs. 6 leg.cit. genannten steuerfreien Beträge zu vermindern. Zu den Werbungskosten iSd § 30 Abs. 4 EStG 1988 zählen im Hinblick auf § 16 Abs. 1 EStG 1988 nicht nur Ausgaben (Kosten) verursachende Vorgänge, die unmittelbar mit dem Veräußerungsgeschäft im Zusammenhang stehen, sondern auch solche, die aus der Anschaffung des Spekulationsobjektes und seiner Erhaltung bis zur Veräußerung erwachsen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 1997, 96/14/0165, mwN).
Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer in der Vorhaltsbeantwortung vom 10. August 1998 betreffend die den Gegenstand des Spekulationsgeschäftes bildende Wohnung Top 15 die Berücksichtigung näher aufgelisteter Ausgaben beantragt. Ohne weitere aktenkundige Schritte zur Sachverhaltsaufklärung, etwa zur konkreten Art dieser Aufwendungen (Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen) oder zu deren Kostentragung, zu setzen (vgl. § 115 BAO), ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass diese Kosten bei der Einkünftefeststellung der bis August bestandenen Hausgemeinschaft hätten berücksichtigt werden müssen. Zu Recht wirft die Beschwerde der belangten Behörde eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, deren Wesentlichkeit vor allem durch das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe die Wohnung bereits beginnend mit Jänner 1995 u.a. durch Adaptierung des Bades und der Küche sowie Einbau einer Gasetagenheizung für den vorgesehenen Verkauf vorbereitet, wobei diese Kosten (insgesamt rd. 140.000 S) im Hinblick auf die beabsichtigte Veräußerung allein vom Beschwerdeführer getragen worden seien, auch aufgezeigt wird. Zu dem in der Gegenschrift enthaltenen Vorbringen, der Beschwerdeführer sei mehrmals mündlich zum Nachweis aufgefordert worden, dass die geltend gemachten Werbungskosten die Wohnung Top 15 betroffen hätten und von ihm allein getragen worden wären, ist anzumerken, dass eine derartige Aufforderung aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten nicht nachvollzogen werden kann.
Nicht unbegründet ist auch die weitere Verfahrensrüge, die belangte Behörde sei wegen ebenfalls unterlassener Sachverhaltsklarstellung bzw. missverständlicher Würdigung des Vorbringens in der Vorhaltsbeantwortung zur gesonderten Berechnung des Kaufpreises für den Autoabstellplatz von "zusätzlichen" diesbezüglichen Anschaffungskosten ausgegangen. Tatsächlich sei nämlich das Vorliegen solcher weiterer (im Sinne von "neuen") Anschaffungskosten in der Vorhaltsbeantwortung nicht geltend gemacht, sondern nur das Ausscheiden des auf den - bei der Nutzwertfeststellung nicht zu berücksichtigenden - Parkplatz entfallenden Anschaffungspreises bei der Berechnung der unter Anwendung des Parifizierungsschlüssels ermittelten (hochgerechneten) Anschaffungskosten der Wohnung Top 15 (48/1115) beantragt worden.
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 501/2001.
Wien, am 31. Juli 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998130201.X00Im RIS seit
07.11.2002Zuletzt aktualisiert am
27.02.2009