TE Vwgh Beschluss 2002/8/6 AW 2002/17/0020

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Veröffentlicht am 06.08.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

AMA-Gesetz 1992 §21a;
BAO §212a;
VwGG §30 Abs2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): AW 2002/17/0018 B 13. August 2002 AW 2002/17/0022 B 13. August 2002 AW 2002/17/0023 B 13. August 2002 AW 2002/17/0039 B 13. August 2002 AW 2002/17/0040 B 13. August 2002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der S GmbH, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 17. Mai 2002, Zl. 17.450/118-I/7/02, betreffend Agrarmarketingbeitrag Dezember 2001, Aussetzung gemäß § 212a BAO, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. Februar 2002 schrieb der Vorstand für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria (AMA) der antragstellenden Partei Marketingbeiträge in der Höhe von EUR 14.768,74 für die Schlachtung von Rindern und Kälbern betreffend den Beitragsmonat Dezember 2001 gemäß den §§ 21a ff AMA-Gesetz, BGBl. Nr. 376/1992 in der geltenden Fassung, vor.

Die antragstellende Partei bekämpft mit ihrer zur hg. Zl. 2002/17/0213 protokollierten Beschwerde die Abweisung ihrer Berufung betreffend ihren Antrag gemäß § 212a BAO auf Aussetzung der Einhebung des bescheidmäßig vorgeschriebenen Marketingbeitrages für den genannten Beitragszeitraum.

Mit der Beschwerde ist der Antrag verbunden, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründet wird dieser Antrag - neben einem allgemeinen Hinweis auf das Beschwerdevorbringen - damit, dass der Bescheid erster Instanz "ein Leistungsgebot für eine parafiskalische Abgabe" enthalte. Zwingende öffentliche Interessen stünden der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Insbesondere dürften infolge der unmittelbar anwendbaren Bestimmung des Art. 88 Abs. 3 EG keine Agrarmarketingbeiträge vorgeschrieben werden. Der antragstellenden Partei entstehe ein unverhältnismäßiger Nachteil; das Angebot ihrer Mitbewerber, insbesondere bei Lieferungen in das Ausland werde gefördert, während sie ihre Werbung selbst finanzieren müsse. Diese Beeinträchtigung sei täglich im laufenden Geschäft wirksam, sodass auch ein unwiederbringlicher Schaden vorliege. Die Nachteile könnten zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausgeglichen werden. Die Umstände machten das Wesen der als Rechtswidrigkeit des Bescheides geltend gemachten Wettbewerbsverfälschung und der Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft aus. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung habe im vorliegenden Fall auch die Funktion eines einstweiligen Rechtsschutzes zur Durchsetzung von Gemeinschaftsrecht; es handle sich um eine vorläufige Maßnahme, die geeignet sei, die Interessen der beschwerdeführenden Partei zu schützen.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, VwSlg. 10.381 A/1981). Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem eben zitierten Beschluss ausgesprochen hat, wird er nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter - tunlichst ziffernmäßiger - Angaben über die Einkunfts- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers (unter Einschluss seiner Schulden, jeweils nach Art und Ausmaß) überhaupt in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides, d.h. im Beschwerdefall die wegen der Nichtstattgabe des Antrages auf Aussetzung der Einhebung des bescheidmäßig vorgeschriebenen Marketingbeitrages allenfalls drohende zwangsweise Einbringung der auferlegten Geldleistung, für die antragstellende Partei einen angesichts des glaubhaft gemachten Sachverhaltes unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 23. April 2002, Zl. AW 2002/17/0006). Auf Grund der Angaben im Antrag ist ein derartiger unverhältnismäßiger Nachteil nicht im Sinne der dargelegten Rechtsprechung konkret ersichtlich, insbesondere ist ein durch den behaupteten Wettbewerbsnachteil eintretender angeblich unwiederbringlicher Schaden nicht näher dargelegt und beziffert; dass er aber in Geld ausdrückbar ist, folgt schon aus dem Vorbringen, wonach der antragstellenden Partei Kosten für die Finanzierung ihrer Werbung entstünden.

Die antragstellende, beschwerdeführende Partei beruft sich zur Begründung ihres Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung weiter auf Art. 88 Abs. 3 EG. Diese Bestimmung lautet:

"(3) Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben nach Artikel 87 mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Abs. 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat."

Die beschwerdeführende Partei bekämpft mit ihrer dem vorliegenden Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung zu Grunde liegenden Beschwerde die Ansicht der belangten Behörde, die Aussetzung der Einhebung des vorgeschriebenen Agrarmarketingbeitrages sei - gemeinschaftsrechtlich zulässiger Weise - nicht zu gewähren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. nur die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 256 wiedergegebenen Rechtsprechungshinweise) hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu überprüfen. Es ist insoweit vorläufig von der Rechtsansicht der belangten Behörde auszugehen, weil das in der Beschwerde selbst erstattete Vorbringen der beschwerdeführenden (antragstellenden) Partei nach der Aktenlage nicht von vornherein als zutreffend zu erkennen ist. Die Erteilung der aufschiebenden Wirkung aus den von der beschwerdeführenden (antragstellenden) Partei dargelegten rechtlichen Überlegungen kommt daher nicht in Betracht.

Aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben. Es konnte deshalb ungeprüft bleiben, ob gemeinschaftsrechtliche Erwägungen eine Ausnahme von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Dolp, a.a.O., 258) erforderten, wonach die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde gegen einen Bescheid, mit dem ein Ansuchen - wie hier gemäß § 212a BAO - abgewiesen wurde, ausgeschlossen ist.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen. Wien, am 6. August 2002

Schlagworte

Begriff der aufschiebenden Wirkung Besondere Rechtsgebiete Finanzrecht Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung Begründungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:AW2002170020.A00

Im RIS seit

18.10.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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