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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ASVG §111;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Dr. F in W, vertreten durch Dr. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Habsburgergasse 6-8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. Jänner 1999, Zl. UVS-06/13/724/98, betreffend Übertretung des § 111 ASVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk, vom 12. August 1998 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, es unterlassen zu haben, seiner Verpflichtung als Dienstgeber insoweit nachzukommen, als er zwölf namentlich genannte ausländische Staatsangehörige, "die Sie am 13.01.1998 in dem Betrieb der Firma (K. GmbH) in Wien (Adresse) beschäftigt haben, von 26.1.1998 bis 4.8.1998 nicht als versichert gemeldet haben." Der Beschwerdeführer habe dadurch § 111 iVm § 33 ASVG verletzt. Gemäß § 111 ASVG wurden über ihn zwölf Geldstrafen zu je S 10.000,-- (zwölf Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen) verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt. Nach der Begründung sei der im Spruch näher ausgeführte und dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund der Anzeige des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten und der zusätzlichen Erhebung durch die Wiener Gebietskrankenkasse als erwiesen anzusehen.
Der gegen dieses Straferkenntnis vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung in allen zwölf Punkten. In der Begründung gab die belangte Behörde zunächst den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wieder und stellte nach geraffter Darstellung des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen fest, der Berufungswerber sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der N. GmbH, die über keine Gewerbeberechtigung für Arbeitskräfteüberlassung verfüge. Mitte des Jahres 1997 habe er der K. GmbH angeboten, ihr "diese Arbeitskräfte für das Ausräumen von Containern zur Verfügung zu stellen". In der Folge sei zwischen beiden Gesellschaften eine Vereinbarung zur Arbeitskräfteüberlassung ab September 1997 zu Stande gekommen. Nach einer Darstellung der näheren Umstände der Überlassung stellte die belangte Behörde weiter wörtlich fest: "Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses wurden am 13.1.1998 die 12 im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses genannten ausländischen Arbeitskräfte im Auftrag des (Beschwerdeführers) entgeltlich der (K. GmbH) überlassen, wo sie wiederum Transportgüter zu schlichten, zu stapeln und zu verladen hatten. Hiebei wurden sie gegen 11.05 Uhr in (Adresse) durch die Erhebungsorgane des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten betreten".
Rechtlich beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt dahin, dass der Beschwerdeführer "in seiner Firma" Leiharbeitskräfte beschäftigt und an die K. GmbH vermittelt habe. Im Gesamtbild liege ein Arbeitskräfteüberlassungsvertrag zwischen dem Beschwerdeführer bzw. der N. GmbH einerseits und der K. GmbH andererseits vor. Der Beschwerdeführer hätte daher für die Anmeldung der Beschäftigten zur Krankenversicherung sorgen müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die erkennbar Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses u. a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dies hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch Angabe von Tatort, Tatzeit sowie des wesentlichen Inhaltes des Tatgeschehens zu erfolgen. Der Spruch eines Straferkenntnisses muss so gefasst sein, dass die Subsumption einer als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung zugleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, zitierten E 1 ff, 10a, zu § 44a VStG).
Tatbildlich im Sinne des § 111 iVm § 33 ASVG ist u.a. die Unterlassung der bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich vorzunehmenden Anmeldung eines Beschäftigten durch den Dienstgeber.
Der Beschwerdeführer gesteht in seiner Beschwerde zu, dass die im erstinstanzlichen Bescheid genannten Personen am 13. Jänner 1998 bei der K. GmbH Tätigkeiten verrichtet hätten, bestreitet jedoch deren Beschäftigung in dem im Spruch des (erstinstanzlichen) Straferkenntnisses genannten Zeitraum vom 26. Jänner bis 4. August 1998. Dieser Spruch wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid übernommen.
Was es mit dem Zeitraum vom 26. Jänner bis 4. August 1998 auf sich hat, bleibt aber offen. Der Wortlaut des Spruches lässt darauf schließen, dass sich - nach einer Beschäftigung der Genannten lediglich am 13. Jänner 1998 - die Tathandlung über den gesamten erwähnten Zeitraum erstreckt hätte; für dieses Verständnis finden sich aber in der Bescheidbegründung ebenso wenig Anhaltspunkte wie für eine Beschäftigung durch die N. GmbH nach dem 13. Jänner 1998; vielmehr soll es bereits ab September 1997 zu einer Arbeitskräfteüberlassung durch die N. GmbH gekommen sein, sodass auch eine allfällige - einer Berichtigung zugängliche - Verwechslung der Jahreszahlen (1997 statt 1998) ausscheidet.
Insoweit sich somit weder aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides allein noch in Verbindung mit der Begründung ergibt, was die erstinstanzliche und mit ihr die belangte Behörde mit dem in Frage stehenden Zeitraum meinte, somit Tatzeit und Tatgeschehen nicht deutlich gemacht wurden, ist der Spruch nicht näher begründet. Die belangte Behörde hat auch nicht ausgeführt, auf welchen Tatbestand des § 111 ASVG sie ihren Bescheid stützt; dabei reicht auch die Verbindung mit § 33 ASVG nicht aus, weil auch diese Bestimmung mehrere Verpflichtungen des Dienstgebers enthält. Dadurch belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Kostenmehrbegehren auf Stempelgebührenersatz war wegen der bestehenden sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) ebenso abzuweisen wie das Begehren auf Ersatz der bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthaltenen Mehrwertsteuer.
Wien, am 7. August 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999080061.X00Im RIS seit
29.11.2002