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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §25 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch Dr. Ernst Zauner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Edisonstraße 2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 1. Februar 1999 (richtig: 1. Februar 2000), Zl. 4/1289/Nr. 1273/00-11, betreffend Widerruf bzw. Berichtigung und Rückforderung von vorschussweise gewährter Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 2. Dezember 1999 wurde der Bezug der Notstandshilfe der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Oktober 1999 gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und die Beschwerdeführerin gemäß § 38 iVm § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von S 682,-- verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin den Familienzuschlag für ihren Sohn S. für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Oktober 1999 zu Unrecht bezogen habe, da sie die Arbeitsaufnahme ihres Sohnes nicht gemeldet habe.
In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, es sei ihr nicht bekannt, dass sie zu Unrecht zu viel Notstandshilfe oder Familienzuschlag bezogen hätte. Ihr Sohn befinde sich in keinem dauerhaften Dienstverhältnis. Es sei auch aktenkundig, dass er durch ein Konkursverfahren den Kündigungsschutz und den Entlassungsschutz nach Leistung des Präsenzdienstes verloren habe. Die Beschwerdeführerin habe auch keine unwahren Angaben gemacht und nichts verschwiegen. Ihr Sohn sei für 3. Jänner 2000 zum Bundesheer einberufen worden. Seine derzeitige Tätigkeit diene der Weiterbildung. Es bestehe auch kein Arbeitsvertrag. Am 6. Dezember 1999 habe ihr Sohn den Bescheid bekommen, "dass Insolvenz-Ausfall zugesprochen" werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin, im Bezug der vorschussweisen Gewährung von Notstandshilfe gemäß § 23 AlVG stehend, dem Arbeitsmarktservice am 16. November 1999 mitgeteilt habe, dass ihr Sohn seit September 1999 bei einem Unternehmen "schnuppere" und möglicherweise über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt werde. Das Unternehmen N. habe in der daraufhin angeforderten Lohnbescheinigung vom 26. November 1999 dargelegt, dass der Sohn der Beschwerdeführerin im August 1999 ein Bruttoentgelt von S 3.945,-- bei Abzügen von S 844,60, im September 1999 ein Bruttoentgelt von S 15.002,22 bei Abzügen von S 3.622,15 und im Oktober 1999 ein Bruttoentgelt von S 22.849,51 bei Abzügen von S 7.097,03 bezogen habe. Nach Anführung gesetzlicher Bestimmungen führte die belangte Behörde weiter aus, die Beschwerdeführerin habe im Zuge der letzten Antragstellung die Mitteilung des Finanzamtes W. vom 29. Juli 1999 vorgelegt, in welcher bestätigt werde, dass sie für ihren Sohn Anspruch auf Familienbeihilfe bis November 1999 habe. Da der Sohn der Beschwerdeführerin zum damaligen Zeitpunkt keiner Beschäftigung nachgegangen sei, sei der Beschwerdeführerin der Familienzuschlag vorerst gemäß § 20 AlVG im täglichen Ausmaß von S 22,-- zuerkannt worden. Nach dem Hinweis der Beschwerdeführerin vom November 1999, dass ihr Sohn seit September 1999 bei dem Unternehmen N. "schnuppere", habe die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine Überprüfung durchgeführt und auf Grund der im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Daten festgestellt, dass der Sohn der Beschwerdeführerin mit 23. August 1999 voll versicherungspflichtig als Angestellter von dem Unternehmen N. angemeldet worden sei. Von einem "Schnuppern" könne daher nicht die Rede sein. Das Unternehmen N. habe dem Sohn der Beschwerdeführerin laut Bestätigung dieses Unternehmens im August 1999 einen Nettobetrag von S 3.100,40, im September 1999 von S 11.380,07 und im Oktober 1999 einen solchen von S 15.752,48 ausbezahlt. Da der Sohn der Beschwerdeführerin mit dieser im gemeinsamen Haushalt lebe, sie für ihn Familienbeihilfe bis November 1999 zugesprochen bekommen habe und sie daher unbestritten wesentlich zu seinem Unterhalt beitrage, sei zu überprüfen gewesen, ob ein gegebenenfalls vom Sohn der Beschwerdeführerin erzieltes Einkommen den für 1999 festgelegten Grenzbetrag von S 3.899.- überstiegen habe. Für den Zeitraum vom 23. August 1999 bis 31. August 1999 sei ihm ein Nettoentgelt von S 3.100,40 ausbezahlt worden. Da dieser Betrag unter der Geringfügigkeitsgrenze liege, gebühre der Beschwerdeführerin für September 1999 der tägliche Familienzuschlag von S 22,-- für ihren Sohn zu recht. Im September 1999 habe der Verdienst des Sohnes der Beschwerdeführerin nachweislich S 11.380,07 betragen und sei somit erheblich über der Geringfügigkeitsgrenze gelegen, sodass der Beschwerdeführerin für Oktober 1999 kein Anspruch auf Familienzuschlag zustehe. Die Beschäftigung ihres Sohnes bei dem Unternehmen N. sei dem Arbeitsmarktservice erst im Zuge des Telefonates mit der Beschwerdeführerin vom 16. November 1999 bekannt geworden, sodass erst mit diesem Zeitpunkt die für die Beurteilung des Anspruches auf Familienzuschlag notwendigen Schritte hätten eingeleitet werden können. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Beschwerdeführerin das mit 23. August 1999 begonnene Dienstverhältnis ihres Sohnes gegenüber dem Arbeitsmarktservice nicht erwähnt und somit verschwiegen. Der zuerkannte und bereits zur Auszahlung gelangte Familienzuschlag für Oktober 1999 sei daher mit dem erstinstanzlichen Bescheid zu Recht aberkannt und der Betrag von S 682,-- (S 22,-- mal 31) zurückgefordert worden. Auf Grund des nachweislichen Einkommens des Sohnes der Beschwerdeführerin für Oktober 1999 von S 15.752,48 gebühre aus den genannten Gründen ebenso kein Anspruch auf Familienzuschlag. Nachweise für die folgenden Monate seien von der Beschwerdeführerin nicht beigebracht worden. Eine Beurteilung habe daher diesbezüglich nicht stattfinden können.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 25. September 2000, B 612/00, deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In ihrer Beschwerdeergänzung erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Bezug von Familienzuschlag gemäß § 20 Abs. 2 AlVG verletzt. Sie habe mit ihrem Sohn im gemeinsamen Haushalt gelebt und für ihn Familienbeihilfe bis November 1999 zugesprochen bekommen, somit unbestritten wesentlich zu seinem Unterhalt beigetragen. Ihr Sohn sei minderjährig und nicht selbst erhaltungsfähig. Er sei seit 28. Februar 2000 beim Bundesheer, wohnungslos, mittellos und habe wegen eines Konkursverfahrens seine Arbeit verloren. Mit 23. August 1999 habe er bei dem Unternehmen N. zu arbeiten begonnen und zuerst seinen Probemonat absolviert, habe jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits den Einberufungsbefehl vom Bundesheer erhalten und sei daher nur vorübergehend beschäftigt gewesen. Der Verdienst ihres Sohnes zwischen 1. Oktober 1999 und 31. Oktober 1999 sei unterhalb des in § 20 AlVG normierten Einkommens gewesen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des § 20 AlVG
in der Fassung BGBl. I Nr. 139/1997 lauten:
"Ausmaß des Arbeitslosengeldes
§ 20. (1) Das Arbeitslosengeld besteht aus dem Grundbetrag und den Familienzuschlägen.
(2) Familienzuschläge sind für Ehegatten (Lebensgefährten), Kinder und Enkel, Stiefkinder, Wahlkinder und Pflegekinder (zuschlagsberechtigte Personen) zu gewähren, wenn der Arbeitslose zum Unterhalt dieser Personen tatsächlich wesentlich beiträgt und
1. für den Angehörigen ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht und dieser kein Arbeitseinkommen, ausgenommen die Lehrlingsentschädigung, erzielt, das die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG übersteigt, oder
2. für den Angehörigen kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht und dieser kein Einkommen erzielt, das die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG übersteigt.
Der Familienzuschlag gebührt nicht, wenn den zuschlagsberechtigten Personen zugemutet werden kann, den Aufwand für ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften, insbesondere durch eigene Arbeit, zu bestreiten. Der Familienzuschlag gebührt nur für Angehörige, die ihren Hauptwohnsitz (§ 1 Abs. 7 des Meldegesetzes 1991, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Hauptwohnsitzgesetzes, BGBl. Nr. 505/1994) in Österreich haben, soweit nicht zwischenstaatliche Abkommen oder internationale Verträge anderes bestimmen.
...
(4) Der Familienzuschlag beträgt für jede zuschlagsberechtigte Person 20,30 S täglich. Dieser Betrag ist mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem Anpassungsfaktor des Kalenderjahres (§ 108f ASVG) zu vervielfachen. Der vervielfachte Betrag ist auf volle zehn Groschen zu runden: hiebei sind Beträge unter fünf Groschen zu vernachlässigen und Beträge von fünf Groschen und mehr auf volle zehn Groschen zu ergänzen.
..."
Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG in der Fassung BGBl. Nr. 609/1977 ist die Zuerkennung von Arbeitslosengeld zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt.
§ 25 Abs. 1 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 179/1999 sieht u. a. vor, dass bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten ist, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Gemäß § 38 AlVG gelten die genannten Bestimmungen für die Notstandshilfe sinngemäß.
Gemäß Art. I § 1 der Notstandshilfeverordnung idF BGBl. Nr. 240/1996 gebühren zuzüglich zur Notstandshilfe Familienzuschläge gemäß § 20 AlVG.
Im Beschwerdefall ist der tatsächliche wesentliche Beitrag der Beschwerdeführerin zum Unterhalt ihres Sohnes und ihr Anspruch auf Familienbeihilfe unbestritten. Strittig ist jedoch, ob der Sohn der Beschwerdeführerin ein Arbeitseinkommen erzielte, welches die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG überstiegen hat.
Die belangte Behörde stützt sich bei der Feststellung des Arbeitseinkommens des Sohnes der Beschwerdeführerin auf die Lohnbescheinigung des Unternehmens N. Danach überschritt das Arbeitseinkommen in den Monaten September 1999 und Oktober 1999 entgegen dem Beschwerdevorbringen eindeutig die Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von S 3.899,--. Diese Geringfügigkeitsgrenze ergibt sich aus § 5 Abs. 2 ASVG iVm der Kundmachung BGBl. II Nr. 455/1998. Dadurch, dass die belangte Behörde in der Bescheidbegründung als Basis der Geringfügigkeitsgrenze § 5 Abs. 1 erster Satz des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannt hat, konnte die Beschwerdeführerin in keinem Recht verletzt werden, zumal die Höhe der Geringfügigkeitsgrenze von der belangten Behörde zutreffend angenommen wurde.
Im Übrigen kann es dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführerin, wie von der belangten Behörde dargelegt, auf Grund des Einkommens ihres Sohnes im September 1999 kein Anspruch auf Familienzuschlag im Oktober 1999 gebührte, oder ob dafür das Einkommen des Oktobers 1999 heranziehen gewesen wäre. Da der Sohn der Beschwerdeführerin in beiden Fällen ein Einkommen erzielte, welches die Geringfügigkeitsgrenze jedenfalls überschritten hat, wurde die Beschwerdeführerin durch die Vorgangsweise der belangten Behörde in keinen Rechten verletzt.
Die Rückforderung der Leistung gemäß § 25 Abs. 1 AlVG durch die belangte Behörde erfolgte rechtmäßig, da die Beschwerdeführerin durch ihr Verhalten eine Verletzung der Meldepflicht gemäß § 50 Abs. 1 AlVG gesetzt hat. Gemäß dieser Bestimmung idF BGBl. I Nr. 139/1997 ist, wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, u.a. verpflichtet, jede für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen (wofür beim Bezug eines Familienzuschlages auch das Einkommen des Familienangehörigen von Bedeutung ist, vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1952, Zl. 1182/51, Slg.Nr. 2770/A) der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen. Die - im Übrigen unbestimmt gehaltene - Mitteilung der Beschwerdeführerin vom 16. November 1999, dass ihr Sohn bei einem Unternehmen "schnuppere", ist jedenfalls nicht zeitgerecht erfolgt. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, rechtfertigt die Verletzung der Meldepflicht des § 50 Abs. 1 AlVG die Annahme einer Verschweigung maßgebender Tatsachen im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG und somit die Rückforderung des unberechtigt Empfangenen (vgl.
z. B. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 96/08/0117).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als
unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm
der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 7. August 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002080049.X00Im RIS seit
29.11.2002