TE Vwgh Erkenntnis 2002/8/12 2000/17/0045

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Veröffentlicht am 12.08.2002
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Index

E1N;
E3R E03103000;
E3R E03705000;
E6J;
55 Wirtschaftslenkung;
59/04 EU - EWR;

Norm

11994N149 EU-Beitrittsvertrag Akte Art149;
31994R3108 Übergangsmassnahmen Handel mit landw Erzeugnissen;
62000CJ0179 Weidacher VORAB;
EWR-Abk Art8 Abs3;
ÜberschußbestandsV 1995 §5;
ÜberschußbestandsV 1995 §8;
ÜberschußbestandsV 1995 §9;
ÜberschußbestandsV 1995;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der S-AG in S, vertreten durch Preslmayr & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 21. Februar 2000, Zl. 66.424/48- VI/6/99, betreffend Abgabe auf Überschussbestände an Reis, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Der Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA) schrieb mit Bescheid vom 7. Jänner 1997 der beschwerdeführenden Partei gemäß den §§ 105 und 114 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210, idF der Novelle BGBl. Nr. 664/1994 (MOG), iVm den §§ 2 und 9 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die Einhebung einer Abgabe auf bestimmte Überschussbestände (Überschussbestands-Verordnung, in der Folge: ÜB-V), BGBl. Nr. 1103/1994, eine Abgabe für Überschussbestand an Reis des KN-Codes 1006 in der Höhe von S 6,721.276,35 binnen einem Monat zur Zahlung vor. Auf Grund der Meldung der beschwerdeführenden Partei vom 8. März 1995 und der Ergebnisse der am 16. Februar 1996 von Kontrollorganen der AMA im Betrieb der beschwerdeführenden Partei durchgeführten Kontrolle ergebe sich ein Überschussbestand von 971.647 kg Reis. Nach dem Spruch ihres Bescheides ging die Behörde erster Instanz von einem Bestand an Reis bei der beschwerdeführenden Partei per 1. Jänner 1993 von 460.496 kg und per 1. Jänner 1994 von

509.788 kg, somit von einem Durchschnitt von 485.142 kg aus; der Bestand per 1. Jänner 1995 habe 1,456.789 kg betragen, was einen Überschussbestand von 300,3 % entspreche.

Die beschwerdeführende Partei habe als Umstand für den Aufbau eines Überschussbestandes angegeben, dass sämtlicher im Jahr 1994 importierter und von inländischen Lieferanten bezogener Reis ausschließlich im Rahmen des normalen Geschäftsganges geliefert worden sei; die zum 1. Jänner 1995 auf Lager gehaltene Menge an Reis betrage bezogen auf den Gesamtjahresbedarf nur 31,7 %, was einer "Reichweite" von 3,8 Monaten entspreche. Unter Berücksichtigung der im Zuge des EU-Beitritts aufgetretenen Probleme und der Verpflichtung der beschwerdeführenden Partei als Nahversorger sei die zum 1. Jänner 1995 gehaltene Lagermenge an Reis nicht als Überbestand zu werten. Dieses Vorbringen vermöchte jedoch - nach Ansicht der Behörde - die Steigerung des Lagerbestandes auf 300,3 %, gerechnet zum Mittelwert der Lagerbestandsmengen der Jahre 1993 und 1994 nicht zu erklären.

In der Folge legte die Behörde in der Begründung ihres Bescheides näher dar, wie sie - ausgehend von den Bestandsmeldungen der beschwerdeführenden Partei - zum vorgeschriebenen Abgabenbetrag der Höhe nach gelange.

1.2. In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 6. Februar 1997 führte die beschwerdeführende Partei unter anderem aus, bei Reis der Code 1006 3092 (ca. 413 t) und 1006 3094 (ca. 231 t) handle es sich um Ware aus Italien, somit um "EU-Gemeinschaftsware"; für diese sei der Erstattungssatz bereits in einem verminderten Ausmaß festgesetzt worden, um Ende 1994 Spekulationen und Verkehrsverlagerungen Einhalt zu gebieten. Dieser verminderte Erstattungssatz müsse auch bei der Berechnung der Abgabe herangezogen werden. Weiters habe sich der Gesamtumsatz der beschwerdeführenden Partei erhöht, von 1993 auf 1994 um ca. 19 %. Entsprechend dieser Entwicklung erscheine jedenfalls ein um ca. 19 % höherer Lagerstand an Reis zum 1. Jänner 1995 gegenüber dem Stichtag 1. Jänner 1994 als wirtschaftlich gerechtfertigt. Sowohl für ihr Vorbringen betreffend den Import aus Italien als auch die allgemeine Umsatzsteigerung wurde ein namentlich näher genannter Zeuge als Beweismittel angeboten.

Weiters verwies die beschwerdeführende Partei vor allem auf die ihrer Ansicht nach aus rechtlichen Erwägungen unrichtige Berechnung der Abschöpfung sowie die gleichfalls aus rechtlichen Erwägungen unrichtig vorgenommene Ermittlung des Überbestandes und äußerte grundsätzlich verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegen die Überschussbestandsregelung.

1.3. Mit seiner Berufungsvorentscheidung vom 30. Juni 1998 änderte der Vorstand für den Geschäftsbereich II der AMA den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, dass die Beschwerdeführerin zu einer Abgabe für ihren am 1. Jänner 1995 bestehenden Überschussbestand an Reis des KN-Codes 1006 im Ausmaß von

971.645 kg in der Höhe von S 5,422.881,-- verhalten wurde. Absatzsteigerungsmöglichkeiten, die den Lagerbestand zum 1. Jänner 1995 rechtfertigen könnten, seien von der beschwerdeführenden Partei zwar behauptet, jedoch nicht glaubhaft gemacht worden. Der unterschiedliche Abgabenbetrag beruht im Wesentlichen auf einer anderen Gewichtung des Herkunftslagerbestandes infolge des Berufungsvorbringens der beschwerdeführenden Partei.

1.4.1. Über Vorlageantrag der beschwerdeführenden Partei legte die Behörde erster Instanz die Berufung der belangten Behörde vor. In ihrem Vorlageantrag verwies die beschwerdeführende Partei auf ihr ergänzendes - direkt an die belangte Behörde gerichtetes - Vorbringen vom 7. März 1997, wo sie ausführlich dargelegt und unter Beweis gestellt habe, dass für eine Reismenge von 198.626 kg und eine weitere von 329.648 kg, beide mit Ursprung in der EU, überhaupt keine Erstattung gewährt worden sei, weshalb auch keine Abgabe zu entrichten sei. Im Übrigen wiederholte und vertiefte die beschwerdeführende Partei ihre rechtliche Argumentation.

1.4.2. Die beschwerdeführende Partei erstattete mit Schriftsatz vom 11. Jänner 2000 ein (weiteres) ergänzendes Vorbringen. In diesem brachte sie vor, aus den mit dem Schriftsatz vorgelegten Urkunden ergebe sich, dass eine Menge von 461.480 kg des vorhandenen Bestandes zum 31. Dezember 1994 aus aus einem EU-Mitgliedstaat nach Österreich importierten Lieferungen eines näher genannten Unternehmens stammten; diese Bestände seien daher nicht mit einer Überschussbestandsabgabe zu belegen. Weiters führte die beschwerdeführende Partei aus, dass sie für das Jahr 1994 eine Steigerung des Großhandelsumsatzes von 19,3 % dargelegt habe; es sei ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht (mehr) möglich, Umsatzsteigerungen für einzelne Produkte oder Reissorten zu erheben und darzulegen.

1.4.3. Die belangte Behörde schrieb der beschwerdeführenden Partei mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 21. Februar 2000 in Abänderung des Spruches der Behörde erster Instanz eine Abgabe in der Höhe von S 4,585.558,-- binnen einem Monat zur Zahlung vor. Sie ging dabei (nach dem Wortlaut des Spruches) von einem Überschussbestand zum 1. Jänner 1995 im Ausmaß von 785.566 kg aus.

1.5. Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachtet sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht verletzt, die ihr vorgeschriebene Abgabe mangels gesetzlicher Grundlage nicht entrichten zu müssen.

1.6. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Zur anzuwendenden Rechtslage sowie zu den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich einer von ihr vertretenen verfassungskonformen Auslegung der ÜB-V sowie zu den gemeinschaftsrechtlichen Bedenken kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2002, Zl. 98/17/0249, verwiesen werden.

2.2. Die beschwerdeführende Partei vertritt vor dem Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, aus Artikel 149 der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge, ABl Nr. C 241 vom 29. August 1994, ergebe sich, dass keine (Überschussbestands)Abgabe mehr vorgeschrieben werden dürfe. Diese Bestimmung der unter BGBl. Nr. 45/1995 kundgemachten Beitrittsakte lautet wie folgt:

"Artikel 149

(1) Sind Übergangsmaßnahmen notwendig, um die Überleitung von der in den neuen Mitgliedstaaten bestehenden Regelung zu der Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der gemeinsamen Marktorganisationen nach Maßgabe dieses Titels ergibt, so werden diese Maßnahmen nach dem Verfahren des Artikels 38 der Verordnung Nr. 136/66/EWG oder der entsprechenden Artikel der anderen Verordnungen über gemeinsame Agrarmarktorganisationen getroffen. Diese Maßnahmen können während eines Zeitraums, der am 31. Dezember 1997 endet, getroffen werden; sie sind nur bis zu diesem Zeitpunkt anwendbar.

(2) Der Rat kann einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments den in Absatz 1 genannten Zeitraum verlängern."

Aus dem letzten Satz des Absatzes 1, insbesondere aus dessen letztem Halbsatz, leitet die beschwerdeführende Partei ab, dass eine Maßnahme, wie die Abgabe auf Überschussbestände an Reis, nach dem 31. Dezember 1997 nicht mehr durchgeführt, die Abgabe somit nicht mehr eingehoben werden dürfte.

Der Verwaltungsgerichtshof kann dieser Ansicht nicht folgen:

Art. 149 Abs. 1 erster Satz der Beitrittsakte spricht von den Übergangsmaßnahmen, die nach dem Verfahren des Art. 38 der Verordnung Nr. 136/66/EWG oder der entsprechenden Artikel der anderen Verordnungen über gemeinsame Agrarmarktorganisationen getroffen werden können; der hier zu interpretierende zweite Satz des Art. 149 Abs. 1 der Beitrittsakte bestimmt den 31. Dezember 1997 als Endtermin, bis zu dem die Setzung derartiger Maßnahmen möglich sein soll. Demzufolge wäre etwa die Erlassung einer Verordnung durch die Kommission bis Ende des Jahres 1997 zulässig. Schon daraus folgt, dass eine Maßnahme, die noch bis zum 31. Dezember 1997 ergriffen werden kann, nicht in dem von der beschwerdeführenden Partei vertretenen Sinn nur bis zum 31. Dezember 1997 anwendbar sein kann, bedeutete dies doch einen Widerspruch der Norm in sich selbst. Nahe liegend wäre, dass Übergangsmaßnahmen nur auf Sachverhalte anwendbar sein sollten, die sich bis zum 31. Dezember 1997 verwirklicht hätten, doch braucht dies nicht mehr untersucht zu werden.

Selbst dann nämlich, wenn man zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei davon ausginge, dass die getroffene Maßnahme sich durch konkrete Anwendungsschritte gegenüber dem einzelnen Normunterworfenen vor dem 31. Dezember 1997 verwirklicht haben müsste, wäre dies - ebenso wie die Verwirklichung des Abgabentatbestandes - im Beschwerdefall gegeben, ist doch unstrittig jedenfalls der erstinstanzliche Bescheid vor dem 31. Dezember 1997, nämlich am 14. Jänner 1997, der beschwerdeführenden Partei zugestellt worden. Auf den Umstand, dass bereits vorher Erhebungen durch die AMA vorgenommen wurden, braucht daher im gegebenen Zusammenhang ebenso wenig eingegangen zu werden, wie darauf, ob auch nach dem 31. Dezember 1997 ein entstandener Abgabenanspruch geltend gemacht werden könnte und bis wann dies zulässig wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich in diesem Zusammenhang auch nicht veranlasst, ein Vorlageverfahren im Sinne des Artikels 234 EG einzuleiten, da die Rechtslage seiner Ansicht nach klar ist; auch hat der Europäische Gerichtshof in seinem die Auslegung des Artikels 149 Abs. 1 der Beitrittsakte betreffenden Urteil vom 15. Jänner 2002, C-179/00, Weidacher (Thakis), in keiner Weise darauf Bezug genommen, dass die gemeinschaftsrechtliche Grundlage für die Einhebung einer Abgabe auf Überschussbestände nicht mehr anwendbar wäre.

2.3. Die beschwerdeführende Partei vertritt weiters die Ansicht, die Überschussbestandsregelung verstoße gegen das "EWR-Abkommen"; dieses - am 1. Jänner 1994 in Kraft getretene Abkommen -

bilde einen integrierenden Bestandteil des Gemeinschaftsrechtes. Sein Artikel 10 bestimme, dass Ein- und Ausfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung zwischen den Vertragsparteien verboten seien. Unbeschadet der Regelung des Protokolls 5 gelte dieses Verbot auch für Fiskalzölle. Die EU-Verordnung, die die in Österreich nicht gewonnenen landwirtschaftlichen Produkte mit einer Abgabe belege, erhebe daher im Verhältnis zu Drittstaaten (Nicht-EU-Staaten) einen einseitigen Außenzoll, im Verhältnis zwischen EU und Österreich einer EWR-internen Zoll bzw. eine Abgabe mit zollgleicher Wirkung. Dies verstoße gegen das EWR-Abkommen, insbesondere dessen Art. 10, an das als dessen Partei auch die Europäische Gemeinschaft gebunden sei. Infolge der unmittelbaren Anwendbarkeit des "EWR-Abkommens" sei daher die Beibehaltung alter und die Einführung neuer Zölle oder Abgaben gleicher Wirkung verboten. Waren aus Drittstaaten, die sich im freien Verkehr befänden, stünden Waren aus Mitgliedstaaten gleich. Die (gemeinschaftsrechtliche) Überschussbestandsregelung betreffe aber Waren, die sich im neuen Mitgliedstaat Österreich bereits im freien Verkehr befunden hätten, sodass eine Abgabe, ein neuer "Zoll", in der Höhe der Differenz zwischen der in der EG am 31. Dezember 1994 anzuwendenden Einfuhrabgabe und der in Österreich anzuwendenden Abschöpfung bzw. in Höhe der Erstattung bei der Ausfuhr aus der EU dem EWR-Abkommen widerspreche.

Nach Art. 10 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen), BGBl. Nr. 909/1993, sind Ein- und Ausfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung zwischen den Vertragsparteien verboten. Unbeschadet der Regelungen des Protokolls 5 gilt dieses Verbot auch für Fiskalzölle.

Die Art. 8 und 9 Abs. 1 des EWR-Abkommens lauten wie folgt:

"Artikel 8

(1) Der freie Warenverkehr zwischen den Vertragsparteien wird nach Maßgabe dieses Abkommens verwirklicht.

(2) Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Art. 10 bis 15, 19, 20, 25, 26 und 27 nur für Ursprungswaren der Vertragsparteien.

(3) Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Bestimmungen dieses Abkommens lediglich für

a) Waren, die unter die Kapitel 25 bis 97 des Harmonisierten Systems zur Bezeichnung und Codierung der Waren fallen, mit Ausnahme der in Protokoll 2 aufgeführten Waren;

b) Waren, die im Protokoll 3 aufgeführt sind, vorbehaltlich der dort getroffenen Sonderregelungen.

Artikel 9

(1) Die Ursprungsregeln sind im Protokoll 4 niedergelegt. Sie gelten unbeschadet der internationalen Verpflichtungen, die die Vertragsparteien im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens eingegangen sind oder eingehen werden."

Aus der erwähnten Bestimmung des Art. 8 Abs. 3 des EWR-Abkommens ergibt sich, dass Reis vom sachlichen Geltungsbereich des Abkommens nicht erfasst ist; schon deshalb kommen die diesbezüglichen Überlegungen der beschwerdeführenden Partei nicht zum Tragen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich daher der Ansicht der beschwerdeführenden Partei nicht anzuschließen, wobei noch darauf hinzuweisen ist, dass die Überschussbestandsregelung nach ihrem Wortlaut und der Auslegung durch den EuGH in dem bereits erwähnten Urteil vom 15. Jänner 2002 nur "Besitzer" betrifft, also Rechtssubjekte, die der Überschussbestandsregelung unterliegende Waren nach dem 1. Jänner 1995 auf den Markt im Bereich der EU bringen können.

Auch in diesem Bereich erscheint die Rechtslage derart klar, dass sich der Verwaltungsgerichtshof nicht zu einer Vorlage im Sinne des Art. 234 EG veranlasst sieht.

2.4. Wenn sich die beschwerdeführende Partei gegen die Höhe des vorgesehenen Abgabensatzes wendet (Punkt 5.1.7. c der Beschwerde) so ist ihr darin beizupflichten, dass die Abgabe nicht - wie die belangte Behörde im bekämpften Bescheid aussprach - einen "Strafcharakter" aufweist. Im Hinblick auf den Zweck der Überschussbestandsregelung, nämlich die Abschöpfung von Wettbewerbsvorteilen zum 1. Jänner 1995, erscheint es jedoch nicht unsachlich, wenn die Überschussbestandsregelung auf die Erstattungssätze zum 31. Dezember 1994 abstellte. Diese - zweifellos die Abgabenerhebung erleichternde - Regelung nimmt dabei - wie die beschwerdeführende Partei zutreffend aufzeigt - in Kauf, dass frühere, niedrigere Erstattungssätze unberücksichtigt bleiben; dies erscheint jedoch im Hinblick auf den einem inländischen Wettbewerber zum Zeitpunkt des Beitritts zukommenden Nutzen vertretbar, zumal die Beschwerdeführerin nicht darlegt, dass sie infolge anderer Erstattungssätze ein (allenfalls ziffernmäßig ausgedrückter) unverhältnismäßiger Nachteil getroffen hätte.

2.5. Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden:

Die belangte Behörde hat ihren Bescheid - wie erwähnt (Punkt 1.4.3.) - nach ihrem Spruch auf das Vorliegen eines Überschussbestandes zum 1. Jänner 1995 im Ausmaß von 785.566 kg gestützt. In der Begründung des angefochtenen Bescheides (Seiten 51 f) führt die belangte Behörde hiezu wie folgt aus:

"... Als vom Lagerstand zum 1.1.1995 als nicht die GMO für

Reis stören könnende Verkehrsverlagerungen, da ohne Inanspruchnahme einer Exporterstattung aus Italien exportiert und nach Österreich importiert, waren demnach folgende Mengen an Rundkorn- und Mittelkornreis zum Abzug zu bringen: 93.920 kg Rundkornreis ... und 92.160 kg Mittelkornreis...

Unter Berücksichtigung der o.a. Ausführungen errechnet sich die für den gegenständlichen Überschussbestand vorzuschreibende Abgabe wie folgt:

Ausgehend von den durch die erstinstanzliche Abgabenbehörde auf Seite 4 ihrer Berufungsvorentscheidung vom 30.06.1998 aufgelisteten Reislagerständen, verbleibt nach Abzug von den als erstattungsfrei anerkannten 93.920 kg Rundkornreis vom Lagerstand an dieser Reissorte zum 1.1.1995 in der Höhe von 494.240 kg ein Restrundkornlagerstand zu diesem Stichtag von 400.320 kg. Bringt man vom Lagerstand an Mittelkornreis zum 1.1.1995 in der Höhe von

297.800 kg die als erstattungsfrei anerkannten 92.160 kg zum Abzug, verbleibt ein Lagerstand an Mittelkornreis zum 1.1.1995 im Ausmaß von 205.640 kg. Unter Zugrundelegung dieser neuen Lagerstandszahlen errechnet sich für Rundkornreis ein Überschussbestand von 335.690 kg (= 400.320 kg minus 64.630 kg). An Mittelkornreis lagen hingegen am 1.1.1995 ein 152.883 kg (= 205.640 kg minus 52.757 kg) überschüssig auf Lager. Multipliziert man nun diese Werte mit den in der o.a. Berufungsvorentscheidung aufgelisteten jeweiligen Erstattungssätzen ergibt sich für Rundkornreis eine Abgabe von 1,495.901, 78 ÖS, die Überschussbestandsabgabe betreffend Mittelkornreis beträgt 681.277,20 ÖS. Eine Multiplikation des auf Reis des KN-Codes 1006 3096 aus Indien am 31.12.1994 anzuwendenden Einfuhrabschöpfung in der Höhe von 291,44 ECU mit dem am 1.1.1995 gültigen landwirtschaftlichen Umrechnungskurs (1 ECU = 16,5658 ÖS, und der am 1.1.1995 als überschüssig auf Lager liegenden Menge von

1.550 kg ergibt eine Abgabe in der Höhe von 7.483,29 ÖS. Eine Addition der für einzelnen KN-Codes entfallenden Abgabenbeträge ergibt dann einen Gesamtbetrag von 4,585.557,97 ÖS, welcher der Berufungswerberin bescheidmäßig vorzuschreiben war."

Ausgehend von dieser Begründung kann der Verwaltungsgerichtshof den spruchmäßig festgestellten Überschussbestand im Ausmaß von 785.566 kg nicht nachvollziehen. Der angefochtene Bescheid leidet daher an einem Begründungsmangel, der die Überprüfung auf seine Rechtmäßigkeit hinderte. Der bekämpfte Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

2.6. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG Abstand genommen werden.

2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Der Ersatz für den Stempelgebührenaufwand war für die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, in Höhe von EUR 181,68 zuzusprechen.

2.8. Soweit Entscheidungen der Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes

nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 12. August 2002

Gerichtsentscheidung

EuGH 62000J0179 Weidacher VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000170045.X00

Im RIS seit

05.12.2002

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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