TE Vfgh Beschluss 1999/9/28 B2752/97, B2971/97, B2976/97, V230/97

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Veröffentlicht am 28.09.1999
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation

Leitsatz

Prüfungsbeschluß betreffend eine Flächenwidmungsplanänderung; zugleich Zurückweisung der Beschwerde eines Anrainers gegen den die Flächenwidmungsplanänderung genehmigenden aufsichtsbehördlichen Bescheid mangels Legitimation (vgl zB VfSlg 15141/1998) und Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der Flächenwidmungsplanänderung infolge Umwegzumutbarkeit

Spruch

1. Gemäß Art139 Abs1 B-VG wird die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Stadt St. Veit an der Glan (Beschluß des Gemeinderates vom 1. Dezember 1987, genehmigt mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 16. Dezember 1987, Z Ro-108/16/1987, kundgemacht in der Kärntner Landeszeitung vom 17. Dezember 1987), soweit damit die Parzellen Nr. 1304/2, 1309/3, 1310 und 1311, KG St. Donat, in Leichtindustriegebiet festgelegt wurden, von Amts wegen geprüft.

Die Beschwerdeverfahren B2752/97 und B2971/97 werden nach Abschluß des Verordnungsprüfungsverfahrens fortgesetzt werden.

2. Die Beschwerde (B2976/97) des beschwerdeführenden Anrainers gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 16. Dezember 1987, Z Ro 108/16/1987, sowie sein Antrag (V230/97) auf Aufhebung der in Prüfung gezogenen Verordnung werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Am 1. Februar 1988 beantragte die beschwerdeführende Bauwerberin die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines neuen Produktionsgebäudes (Werk III) zur Herstellung von melaminharzgetränkten Papieren und einer dazugehörigen Energiezentrale mit Gleisanschluß und Zufahrt von der B 83 Kärntner Straße auf den Grundstücken Nr. 1299, 1311 und 1803/1, KG St. Donat.

Der Bürgermeister der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan erteilte die Bewilligung am 19. Februar 1988 unter Vorschreibung von Auflagen.

1.2. Die Rechtsvorgängerin des beschwerdeführenden Anrainers hatte die Zuerkennung der Parteistellung im Baubewilligungsverfahren beantragt. Dieser Antrag wurde vom Bürgermeister der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan abgewiesen; die dagegen erhobene Berufung wurde ebenfalls abgewiesen. Die Vorstellungsbehörde hob den Berufungsbescheid am 8. August 1989 auf, da der Rechtsvorgängerin des beschwerdeführenden Anrainers doch Parteistellung zukomme. Der Baubewilligungsbescheid wurde ihr am 17. Oktober 1989 zugestellt. Die Rechtsvorgängerin des beschwerdeführenden Anrainers hatte gegen diesen Bescheid Berufung erhoben. Im Zuge der am 22. September 1997 durchgeführten Bauverhandlung wies der beschwerdeführende Anrainer darauf hin, daß er entgegen einem Aktenvermerk das Rechtsmittel der Berufung nicht zurückgezogen hätte und nur über die Möglichkeit einer Zurückziehung gesprochen worden sei.

1.3. Der Stadtrat der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan gab schließlich mit Bescheid vom 24. September 1997 der Berufung keine Folge.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die beschwerdeführerende Bauwerberin als auch der beschwerdeführende Anrainer Vorstellung. Die beschwerdeführende Bauwerberin brachte vor, daß der beschwerdeführende Anrainer die Berufung zurückgezogen hätte, während der beschwerdeführende Anrainer sich weiterhin gegen die Zulässigkeit des Bauvorhabens aussprach.

1.4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 24. Oktober 1997 wurden beide Vorstellungen als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhoben sowohl die Bauwerberin als auch der Anrainer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

1.4.1. Die beschwerdeführende Bauwerberin erachtet sich in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) verletzt und behauptet, daß der beschwerdeführende Anrainer seine Berufung zurückgezogen hätte, weshalb schon der Stadtrat der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch genommen hätte.

1.4.2. Der beschwerdeführende Anrainer erachtet sich in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) sowie in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm, nämlich des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan (Beschluß des Gemeinderates vom 1. Dezember 1987, genehmigt mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 16. Dezember 1987, Z Ro-108/16/1987, kundgemacht in der Kärntner Landeszeitung vom 17. Dezember 1987), soweit damit die Parzellen Nr. 1304/2, 1309/3, 1310 und 1311, KG St. Donat, in Leichtindustriegebiet festgelegt wurden, verletzt und beantragt die Aufhebung des Bescheides der Kärntner Landesregierung vom 24. Oktober 1997, Z8 B-BRM-121/1/1997 (Vorstellungsbescheid), des Bescheides der Kärntner Landesregierung vom 16. Dezember 1987, Z Ro 108/16/1987 (aufsichtsbehördlicher Genehmigungsbescheid betreffend den Flächenwidmungsplan), sowie der in Prüfung gezogenen Verordnung.

1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde gegen den Vorstellungsbescheid, die Zurückweisung der Beschwerde gegen den aufsichtsbehördlichen Genehmigungsbescheid und die Zurückweisung des Individualantrages beantragt.

1.6. Die Stadtgemeinde St. Veit an der Glan erstattete eine Äußerung, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

1.7. Der beschwerdeführende Anrainer erstattete eine Replik, in der er den Argumenten der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan und der Kärntner Landesregierung entgegentritt.

II. Aus den Akten betreffend das Zustandekommen der am 1. Dezember 1987 vom Gemeinderat St. Veit an der Glan beschlossenen Flächenwidmungsplanänderung ergibt sich folgender Sachverhalt:

1. Am 13. Oktober 1987 wurde gemäß §§7 und 8 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1982, LGBl. 51/1982, die geplante "Änderung des Flächenwidmungsplanes bzw. Erlassung eines neuen Flächenwidmungsplanes" kundgemacht. Darin wurde ua. mitgeteilt, daß beabsichtigt sei, "(5/87) die als landwirtschaftliches Grünland gewidmeten Parzellen 1309/3, 1299, 1311, 1304/2, 1301/1 und Bauflächen 155 und 156, KG St. Donat, in Leichtindustriegebiet (§2 Abs8 GPG 1982)" umzuwidmen.

2. §2 Abs8 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz, LGBl. 51/1982, lautet:

"(8) Als Leichtindustriegebiete sind jene Flächen festzulegen, die vornehmlich für Betriebsgebäude bestimmt sind, die zur Aufnahme von Betrieben dienen, durch welche die Umgebung nicht erheblich durch Lärm, Ruß, Geruch oder Erschütterung belästigt und nicht durch Explosivstoffe oder brennbare Flüssigkeiten gefährdet wird; sowie für die dazugehörigen Geschäfts- und Verwaltungsgebäude und für landwirtschaftliche Produktionsstätten industrieller Prägung."

3. In der Gemeinderatssitzung vom 1. Dezember 1987 wurde zunächst eine Stellungnahme des Bundesdenkmalamtes vom 10. November 1987 verlesen, in der der Landeskonservator mitteilte, daß die geplanten Umwidmungen vom Standpunkt des Denkmalschutzes abzulehnen seien. Die Verbauung des in Rede stehenden Bereiches mit Leichtindustrie würde zu einer Zerstörung des Kulturraumes (frühchristliche Kirchen mit Bedeutung für die Mittelalterforschung Kärntens) führen.

Weiters wurde der Amtsvortrag des Bauamtes der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan vom 20. November 1987 verlesen, aus dem hervorgeht, daß die Kärntner Landesregierung bisher gefaßte Umwidmungsbeschlüsse des Gemeinderates negativ beurteilt hätte und eine Baulandwidmung der gesamten Fläche im Hinblick auf den Hochwasserabflußbereich der Glan nicht möglich sei. Einwendungen gegen die beabsichtigte Umwidmung seien seitens der Bevölkerung nicht eingelangt. Das geplante Leichtindustriegebiet liege im Überschwemmungsgebiet und das Wasserbauamt Klagenfurt hätte am 16. November 1987 in einer Stellungnahme ausgeführt, daß das Gebiet zu einer Bebauung nicht geeignet sei. Das Bauamt rege daher an, nach Gesprächen mit der Kärntner Landesregierung die Umwidmung gemäß der Kundmachung zu beschließen, "jedoch begrenzt auf eine Fläche mit einer Länge von 240 m im Süden, 380 m im Norden, westlich angrenzend an die Zollfelder Landesstraße, sodaß das gesamte Flächenausmaß ca. 100.000 m2 beträgt".

Dem Sitzungsprotokoll zur Gemeinderatssitzung vom 1. Dezember 1987 liegt weiters eine nicht datierte Stellungnahme der Abteilung Landesplanung der Kärntner Landesregierung bei, aus der hervorgeht, daß in Zukunft ein erweiterungsfähiges Industriegebiet geschaffen werden solle und daß im betroffenen Gebiet kein Konflikt mit sonstigen Funktionsgebieten bestehe und die vorgesehenen Grundstücke größtenteils außerhalb des Hochwasserabflußbereiches liegen. Aus dem Sitzungsprotokoll ergibt sich, daß Ziel der geplanten Umwidmung insbesondere die Verhinderung der Abwanderung und die Vermeidung des Verlustes von Arbeitsplätzen war. Schließlich wurde folgender Beschluß gefaßt:

"Über Antrag des Umwelt-, Bau- und Planungsausschusses wird einstimmig beschlossen,

a) aus den als landwirtschaftliches Grünland gewidmeten Parz. 1309/3, 1299, 1310, 1311, 1304/2 und 1301/1, des Landes Kärnten, sämtliche KG. St. Donat, eine Fläche mit einer Länge von 240 m im Süden, 380 m im Norden, westlich angrenzend an die Zollfelder Landesstraße, insgesamt ca. 10 ha (laut beiliegendem Lageplan), in Bauland-Leichtindustriegebiet (§2 Abs8 GPG 1982) umzuwidmen und

b) den Einspruch des Bundesdenkmalamtes, datiert mit 10.11.1987, Zl. 2386/87 (Hb-Ha) abzulehnen und

c) die als Aufschließungsgebiet in Aussicht genommenen Flächen im nördlichen Anschluß, mit einem Ausmaß von ca. 12 ha, für Erweiterungszwecke der Firma Funder Industriegesellschaft vorzubehalten."

4. Am 16. Dezember 1987, Z Ro - 108/16/1987, erließ die Kärntner Landesregierung den Genehmigungsbescheid mit folgendem Spruch:

"Der Beschluß des Gemeinderates der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan vom 1. Dezember 1987, mit welchem der Flächenwidmungsplan insofern geändert wurde, als

5/87 die als landw. Grünland gewidmeten östlichen Teile der Parzellen Nr. 1304/2, 1309/3, sowie die Parzellen Nr. 1310 und 1311, im Gesamtausmaß von 10 ha, KG. St. Donat, in Leichtindustriegebiet (§2 Abs7 GPG 1982)

festgelegt wurden, wird gemäß §7 Abs4 in Verbindung mit §9 Abs3 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 genehmigt."

Die Flächenwidmungsplanänderung wurde am 17. Dezember 1987 in der Kärntner Landeszeitung kundgemacht.

III. Der Verfassungsgerichtshof

geht vorläufig davon aus, daß die Beschwerden zulässig sind und daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung die Verordnung des Gemeinderates der Stadt St. Veit an der Glan (Beschluß des Gemeinderates vom 1. Dezember 1987, genehmigt mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 16. Dezember 1987, Z Ro-108/16/1987, kundgemacht in der Kärntner Landeszeitung vom 17. Dezember 1987), soweit damit die Parzellen Nr. 1304/2, 1309/3, 1310 und 1311, KG St. Donat, in Leichtindustriegebiet festgelegt wurden, angewendet hat. Diese Verordnung dürfte daher insoweit auch vom Verfassungsgerichtshof in den vorliegenden Beschwerdeverfahren (B2752/97 und B2971/97) anzuwenden sein.

Gegen die gegenständliche Änderung des Flächenwidmungsplanes bestehen jedoch aus folgenden Gründen Bedenken ob ihrer Gesetzmäßigkeit:

1. Während gemäß dem Beschluß des Gemeinderates vom 1. Dezember 1987 ua. die Parzellen 1299 und 1301/1 in Bauland-Leichtindustriegebiet umgewidmet werden, erstreckt sich der aufsichtsbehördliche Genehmigungsbescheid nicht auf diese Parzellen. Schon in VfSlg. 13633/1993 betreffend eine bloß teilweise Genehmigung einer Umwidmung im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Krumpendorf am Wörther See hat der Verfassungsgerichtshof folgendes ausgesprochen:

" An sich steht es der Gemeindeaufsichtsbehörde grundsätzlich frei, auch nur Teile eines Flächenwidmungsplanes zu genehmigen (vgl. VfSlg. 7949/1976, S 437). Dies aber immer nur unter der Voraussetzung, daß es sich um Teilbares handelt, ohne daß dadurch die vom Gemeinderat getroffene Entscheidung als solche verändert wird. Gemäß Art118 Abs3 Z9 B-VG obliegt der Gemeinde die örtliche Raumplanung zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich. Wie der VfGH mehrfach (vgl. zB VfSlg. 8227/1977, 12169/1989) ausgesprochen hat, fällt die Erlassung des Flächenwidmungsplanes als eine Angelegenheit der örtlichen Raumplanung in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Die Gemeinde hat somit die Flächenwidmungsplanung, 'im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen' (Art118 Abs4 B-VG) zu besorgen. Daher ist es verfassungsrechtlich ausgeschlossen, daß das Land auf den Inhalt eines Flächenwidmungsplanes Einfluß nimmt, soweit es nicht im Wege des Aufsichtsrechtes gemäß Art119a B-VG die Rechtmäßigkeit der örtlichen Raumplanung und unter Umständen auch die Durchsetzung überörtlicher Interessen sicherzustellen hat (so VfSlg. 12169/1989, S 203). Der in §7 Abs4 GemeindeplanungsG 1982 iVm. Art119a Abs8 B-VG vorgesehene Genehmigungsvorbehalt ermächtigt die Landesregierung nur dazu, einen Beschluß des Gemeinderates zu genehmigen oder nicht zu genehmigen, nicht jedoch dazu, irgendeine inhaltliche Änderung bezüglich des Beschlossenen herbeizuführen (in diesem Sinne auch VfGH 2.12.1992, V15/92)."

2. Auch im vorliegenden Fall hegt der Verfassungsgerichtshof das vorläufige Bedenken, daß die Kärntner Landesregierung nicht bloß die vom Gemeinderat beschlossene Flächenwidmungsplanänderung genehmigt, sondern diese auch inhaltlich verändert, nämlich betreffend Grundstück Nr. 1299 und 1301/1 die Genehmigung versagt hat. Im Ergebnis dürfte die Kärntner Landesregierung die vom Gemeinderat gezogene Grenze verlegt und so auf die Gestaltung des Flächenwidmungsplanes bis ins Detail Einfluß genommen haben.

Damit dürfte die Landesregierung - entgegen §21 Abs1 Kärntner GemeindeplanungsG 1982, aber auch entgegen Art116 und 118 B-VG - gestaltend in den von der Gemeinde in selbständiger Verantwortung wahrzunehmenden eigenen Wirkungsbereich eingegriffen haben.

3. Darüber hinaus hegt der Verfassungsgerichtshof auch vorläufig Bedenken, daß die Umwidmung den in §2 Abs1 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1982 bestimmten Kriterien nicht entspricht. Aus der Stellungnahme der Abteilung Landesplanung der Kärntner Landesregierung geht hervor, daß die in Rede stehenden Grundstücke "größtenteils außerhalb des Hochwasserabflußbereiches" liegen. Andererseits wird in der Stellungnahme des Bauamtes der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan auf die Stellungnahme des Wasserbauamtes Klagenfurt vom 16. November 1987 verwiesen, wonach das geplante Leichtindustriegebiet im Überschwemmungsgebiet liege und derzeit für eine Bebauung nicht geeignet sei.

Der Verfassungsgerichtshof ist daher vorläufig der Meinung, daß die Widmung Leichtindustriegebiet entgegen dem in §2 Abs1 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1982 normierten Verbot der Baulandausweisung von Flächen, die sich wegen Hochwassergefahr nicht zur Bebauung eignen, vorgenommen wurde.

4. Ob die Prozeßvoraussetzungen und die dargelegten Bedenken zutreffen, wird im Verordnungsprüfungsverfahren zu klären sein.

IV. Die Beschwerde des beschwerdeführenden Anrainers gegen den aufsichtsbehördlichen Genehmigungsbescheid der Kärntner Landesregierung vom 16. Dezember 1987 erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist lediglich die Gemeinde Adressat des einen Flächenwidmungsplan genehmigenden Bescheides. Gegenüber den vom Flächenwidmungsplan bzw. seiner Änderung Betroffenen ist die Genehmigung nur ein Teilakt im Verfahren zur Erlassung der Verordnung, der als solcher nicht angefochten werden kann (vgl. zB VfSlg. 8463/1978, 10073/1984, 11331/1987, 13259/1992, 15141/1998).

Die gegen die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung durch die Landesregierung gerichtete Beschwerde ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

V. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrags des beschwerdeführenden Anrainers erwogen:

Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG und Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen der Antragsteller nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art139 Abs1 B-VG und Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11684/1988, 13870/1994).

Ein solcher - die Antragslegitimation ausschließender - zumutbarer Weg besteht grundsätzlich dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren bereits anhängig ist, das den von der generellen Rechtsnorm Betroffenen letztlich Gelegenheit bietet, die Einleitung eines amtswegigen Normenprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof anzuregen; eine Ausnahme besteht nur für den Fall, daß besondere, außergewöhnliche Umstände vorliegen, um der Partei des gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahrens trotz der ihr dort offenstehenden Möglichkeiten das Recht auf Einbringung eines Normenprüfungsantrages einzuräumen (vgl. zB VfSlg. 8312/1978, 8552/1979, 10251/1984, 11684/1988). Mit einem (Individual-) Antrag nach Art139 (und 140) B-VG soll daher keinesfalls eine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes eröffnet werden, die mit dem Charakter des Individualantrages eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht im Einklang stünde (s. etwa VfSlg. 8652/1979, 10356/1985, 11114/1986, 12395/1990).

Dem beschwerdeführenden Anrainer steht daher ein zumutbarer Weg zur Verfügung, nämlich im Rahmen des Bauverfahrens die Frage der Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Im übrigen hat er diesen Weg auch beschritten.

Der Antrag war daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

VI. Der im Spruchteil 1. gefaßte Beschluß konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Gemeinderecht, Aufsichtsrecht, Genehmigung, VfGH / Legitimation, VfGH / Individualantrag, VfGH / Verfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B2752.1997

Dokumentnummer

JFT_10009072_97B02752_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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