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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31965L0065 idF 31989L0341 Arzneimittel-RL Art1 Nr2 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Mag. pharm. Dieter G in Judenburg, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1014 Wien, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz vom 16. Juni 1999, 332.456/1-VI/B/12a/99, betreffend Untersagung des Inverkehrbringens eines als Verzehrprodukt angemeldeten Produktes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 26. März 1999 meldete der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde das Produkt "Hepaticum-Pascoe Novo" gemäß § 18 LMG als Verzehrprodukt an. Als Verpackungstext sei die Aufschrift "Hepaticum-Pascoe Novo, 100 Filmtabletten N3, Pascoe Pharmazeutische Präparate GmbH, Gebrauchsanleitung:
dreimal täglich eine Tablette ca. 1/2 Stunde vor den Mahlzeiten einnehmen, Zusammensetzung: 1 Filmtablette enthält: Trockenextrakt (20 bis 50 : 1) aus javanischer Gelbwurz 16,2 mg, Trockenextrakt (5,4 bis 6,9 : 1) aus Pfefferminzblättern 32,5 mg, Trockenextrakt (6,3 bis 12,5 : 1) aus Wermutkraut 40,0 mg" vorgesehen.
Der Amtssachverständige für Pharmazie legte dar, das Produkt enthalte auf Grund der vorliegenden Unterlagen an pharmakologisch wirksamen Bestandteilen 16,2 mg Trockenextrakt (20 bis 50 : 1) aus javanischer Gelbwurz, 32,5 mg Trockenextrakt (5,4 bis 6,9 : 1) aus Pfefferminzblättern und 40 mg Trockenextrakt aus Wermutkraut pro Filmtablette. Die Einnahmeempfehlung laute 3 Tabletten täglich. Nach der einschlägigen Fachliteratur (Hoppe: Drogenkunde, Hager's Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Martindale: The Extra Pharmacopeia, Hunnius: Pharmazeutisches Wörterbuch, usw.) kämen den Inhaltsstoffen des Erzeugnisses zweifelsfrei spezifische pharmakologische Wirkungen zu. Kurkuma (Curcumae longae rhizoma) enthalte neben ätherischem Öl den Wirkstoff Curcumin. Die Droge sowie daraus hergestellte Zubereitungen hätten cholagoge, cholezystokinetische und antiphlogistische Wirkungen. Verwendung finde Kurkuma bei dyspeptischen Beschwerden, bei Völlegefühl nach den Mahlzeiten und vermehrtem Meteorismus. Bei längerem Gebrauch oder Überdosierung könne es zu Magenreizungen kommen.Wermutkraut (Herba Absinthii) enthalte als wirksame Inhaltsstoffe ätherisches Öl mit Thujon, Thujol und Pellandren sowie Flavone, Gerbstoffe und Bitterstoffe. Wermut werde als Amarum, Stomachicum, Digestivum bei Dyspepsie, Carminativum und Choleretikum verwendet. Die angeführten pharmakologischen Wirkungen seien auf Grund der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung des Produktes zu erwarten. Der Name "Hepaticum" stehe im Zusammenhang mit Krankheit bzw. krankhaften Beschwerden. Es entstehe somit auch der subjektive Eindruck, dass das Produkt zur Behandlung von Leber- bzw. Gallenbeschwerden geeignet sei. Es sei daher sowohl nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als auch nach der Art und Form des Inverkehrbringens als Arzneimittel und zulassungspflichtige Arzneispezialität zu beurteilen. Eine Zulassung liege nicht vor.
In seiner Stellungnahme legte der Beschwerdeführer dar, nach der Fachliteratur (Wichtel, Teedrogen, Kubelka/Länger, Phytokodex), werde Kurkuma nicht nur als Arzneimittel, sondern auch als Lebensmittel verwendet. Kurkumawurzel sei ein wesentlicher Bestandteil des Currypulvers. Die therapeutische Dosierung liege bei 400 mg. Der Gehalt des in Rede stehenden Produktes an javanischem Gelbwurzelextrakt betrage somit lediglich ein Zehntel der therapeutischen Dosierung. Wermut werde als Lebensmittel verwendet. Er sei in bekannten alkoholischen Getränken enthalten, die ohne Rezept konsumiert werden könnten. Es fehle auch eine Begründung, weshalb 32,5 mg Trockenextrakt aus Pfefferminzblättern arzneiliche Wirkung zukommen sollten.
Mit dem angefochtenen Bescheid untersagte die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 2 LMG das Inverkehrbringen des Produktes "Hepaticum-Pascoe Novo Tabletten" als Verzehrprodukt. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage sowie der Wiedergabe der Ausführungen des Amtssachverständigen dargelegt, den Inhaltsstoffen des Erzeugnisses kämen spezifische pharmakologische Wirkungen zu. Zubereitungen aus javanischer Geldwurz hätten cholagoge, cholezystokinetische und antiphlogistische Wirkungen. Wermut werde als Amarum, Stomachicum und Digestivum verwendet. Im Hinblick auf den Namen "Hepaticum" entstehe der subjektive Eindruck, das Produkt sei zur Behandlung von Leber- bzw. Gallenbeschwerden geeignet. Das Produkt sei daher sowohl nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als auch nach Art und Form des Inverkehrbringens als Arzneimittel und als zulassungspflichtige Arzneispezialität zu beurteilen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Nichtuntersagung eines gemäß § 18 Abs. 1 LMG angemeldeten Verzehrproduktes verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Verzehrprodukte sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen gegessen, gekaut oder getrunken zu werden, ohne überwiegend Ernährungs- oder Genusszwecken zu dienen oder Arzneimittel zu sein (§ 3 LMG).
§ 3 LMG setzt nach seinem letzten Halbsatz für die Verzehrprodukteigenschaft voraus, dass es sich nicht um ein Arzneimittel handelt.
Die Frage, ob ein Arzneimittel vorliegt, ist anhand der durch
§ 1 Abs. 1 AMG gegebenen Definition zu lösen.
Danach sind "Arzneimittel"
"Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung an oder im menschlichen oder tierischen Körper
1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen,
2. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,
3. vom menschlichen oder tierischen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen,
4. Krankheitserreger, Parasiten oder körperfremde Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen oder
5. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen."
Nach § 1 Abs. 3 Z. 2 AMG sind Verzehrprodukte im Sinne des LMG, sofern sie nach Art und Form des Inverkehrbringens nicht dazu bestimmt sind, die Zweckbestimmungen des Abs. 1 Z. 1 bis 4 zu erfüllen, keine Arzneimittel.
§ 1 Abs. 1 AMG stellt für das Vorliegen eines "Arzneimittels" somit - alternativ - auf zwei verschiedene Kriterien ab, nämlich darauf, ob Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen "nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen" (objektive Zweckbestimmung) oder "nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind" (subjektive Zweckbestimmung), bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper die in den Z. 1 bis 5 beschriebenen Wirkungen hervorzurufen bzw. Funktionen zu erfüllen. Das Vorliegen des subjektiven Kriteriums bedingt unabhängig davon, ob auch die objektive Zweckbestimmung bejaht werden kann, schon für sich allein die Einstufung eines Produkts als Arzneimittel. Aus § 1 Abs. 3 Z. 2 AMG folgt allerdings, dass ein Produkt, auf das die Voraussetzungen des § 3 LMG zutreffen, und das nach seiner subjektiven Zweckbestimmung (nur) dazu bestimmt ist, Wirkungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 5 AMG zu erzielen, kein Arzneimittel ist. Hingegen kann eine Ware nicht als Verzehrprodukt beurteilt werden, wenn sie objektiv geeignet oder subjektiv dazu bestimmt ist, die in § 1 Abs. 1 Z. 1 bis 4 AMG genannten Wirkungen zu erfüllen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. Februar 2001, 97/10/0210, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Im Zusammenhang mit der "subjektiven Zweckbestimmung" stellt das Gesetz auf die Verkehrsauffassung ab; es ist der Gesamteindruck der Mitteilung maßgeblich (vgl. die Erkenntnisse vom 15. November 1999, Zl. 96/10/0219, und vom 23. Oktober 1995, Zl. 93/10/0235).
Diese Auslegung des Arzneimittelbegriffs steht mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang. Auszugehen ist von der mehrfach geänderten Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Jänner 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel. Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie definiert als Arzneimittel in Abs. 1 alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet sind und nach Abs. 2 alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, im oder am menschlichen oder tierischen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder zur Beeinflussung der menschlichen oder tierischen Körperfunktion angewandt zu werden. Sie unterscheidet damit das Arzneimittel "nach Bezeichnung" (Abs. 1) vom Arzneimittel "nach Funktion" (Abs. 2). Der Begriff des "Arzneimittels nach Bezeichnung" ist nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 30. November 1983, Van Bennekom, Slg. 1983, 3883, Rn 17; vom 21. März 1991, Delattre, Slg. 1991, I 1487, Rn 39; vom 21. März 1991, Monteil und Samanni, Slg. 1991, I 1547, Rn 23; vom 16. April 1991, Upjohn, Slg. 1991, I 1703, Rn 6) schon wegen des Zwecks, die Verbraucher gegen das Inverkehrbringen von Erzeugnissen zu schützen, die keine heilenden Eigenschaften haben oder nicht die, die ihnen zugeschrieben werden, weit auszulegen. Wird ein Erzeugnis als Mittel zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet, was nicht nur dann der Fall ist, wenn es ausdrücklich als solches "bezeichnet" oder "empfohlen" wird, sondern auch dann, wenn bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass dieses Erzeugnis in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsste, so handelt es sich bei diesem Erzeugnis um ein Arzneimittel "nach der Bezeichnung" im Sinne des Art. 1 Nr. 2 Abs. 1 der Richtlinie 65/65/EWG (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 1999, Zl. 97/10/0100, unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 28. Oktober 1992, Ter Voort, Slg. 1992, 1-5485). Zur Bezeichnung gehört auch die Form. Unter "Form" ist nicht nur die Form des Erzeugnisses selbst (Tabletten, Pillen oder Pastillen) zu verstehen, sondern auch die Aufmachung des Erzeugnisses, mit der möglicherweise aus geschäftspolitischen Gründen eine Ähnlichkeit des Erzeugnisses mit einem Arzneimittel angestrebt wird. Die einem Erzeugnis gegebene äußere Form ist zwar nicht das allein ausschlaggebende Indiz, da andernfalls bestimmte Nahrungsmittel erfasst würden, die herkömmlicherweise in ähnlicher Form wie Arzneimittel aufgemacht sind; die äußere Form (Kapseln udgl.) ist aber ein wichtiges Indiz für die Absicht des Verkäufers oder Herstellers, das Erzeugnis als Arzneimittel in den Handel zu bringen. Entscheidend ist der Gesamteindruck. Ein Erzeugnis kann als Arzneimittel nach der Bezeichnung angesehen werden, wenn es auf Grund seiner Form und seiner Aufmachung einem Arzneimittel genügend ähnelt (vgl. das oben erwähnte Urteil des EuGH vom 21. März 1991, Delattre, Slg. 1991, I 1487, Rn 41).
Es ist zweckmäßig, zunächst auf jene Darlegungen der Beschwerde einzugehen, mit denen die Auffassung der belangten Behörde bekämpft wird, es liege ein Arzneimittel nach subjektiver Zweckbestimmung bzw. nach Bezeichnung vor. Die Beschwerde vertritt die Auffassung, die Bezeichnung "Hepaticum-Pascoe Novo" sei eine Phantasiebezeichnung, die keine Rückschlüsse auf die "Beschaffenheit" der Ware zulasse. Gesundheitsbezogene Angaben oder "vermeintliche Indikationen", die Hinweise in Richtung arzneilicher Wirkungen geben würden, kämen nicht vor. Es würden lediglich Inhaltsstoffe verwendet, die dem Verbraucher als Lebensmittel oder dessen Bestandteile bekannt seien. Dies gelte jedenfalls für die Zutaten Pfefferminzblätter und Wermutkraut, die an ein "lebensmittelähnliches" Produkt denken ließen; auch Kurkuma sei mittlerweile als Gewürz bekannt. Die Annahme der Behörde, der Name "Hepaticum" stehe im Zusammenhang mit Krankheit bzw. krankhaften Beschwerden, sei nicht nachvollziehbar begründet. Es sei nicht ersichtlich, wie der Verbraucher aus der Bezeichnung "Hepaticum" den Eindruck gewinnen solle, das Produkt sei zur Behandlung von Leber- bzw. Gallenbeschwerden geeignet.
Damit ist die Beschwerde nicht im Recht. Auszugehen ist vom Gesamteindruck, den das Produkt - in der Aufmachung, die in der Anzeige umschrieben wird - beim Verbraucher erzeugt. Dieser ist im vorliegenden Fall gekennzeichnet durch eine bei Arzneimitteln häufig verwendete Darreichungsform (Tabletten), Hinweise auf (wenigstens auch) arzneilich verwendete Drogen, eine Einnahmeanleitung, durch die Bezeichnung "Hepaticum-Pascoe Novo" und durch das Fehlen eines Hinweises auf den Verwendungszweck oder einen für den Verbraucher mit der Einnahme verbundenen Nutzen. Bei dieser Sachlage fällt für die Einordnung des Produkts durch den Verbraucher mangels anderer eindeutiger Hinweise vor allem die Bezeichnung ins Gewicht. Der Begriff "Pascoe" (offenbar die Bezeichnung des Herstellers) ist im vorliegenden Zusammenhang nicht aussagekräftig, ebenso die Bezeichnung "Novo", die allenfalls mit dem - hinsichtlich der Zweckbestimmung ebenfalls nicht aussagekräftigen - Begriff "neu" assoziiert werden kann. Anzusetzen ist daher beim Bezeichnungsbestandteil "Hepaticum", der - entgegen der Auffassung der Beschwerde - beim durchschnittlich informierten Verbraucher ohne komplizierte Überlegungen zur Gedankenverbindung mit einem Mittel zur Behandlung von Erkrankungen der Leber führt. Dass es sich bei "Hepar" um die in der Medizin verwendete (griechische) Bezeichnung der Leber handelt, ist - nicht zuletzt auf Grund der in die Umgangssprache eingegangenen Bezeichnung "Hepatitis" für entzündliche Prozesse im Bereich der Leber - als allgemein bekannt vorauszusetzen, ebenso die Verwendung der abschließenden Silbenfolge "...ticum" als Wortbestandteil bei Bezeichnungen von Gruppen von Heilmitteln (z.B. Analgetikum, Diuretikum, Narkotikum, usw.). Ob diese nahe liegende Assoziation - etwa aus "geschäftspolitischen" Gründen, weil mangels Angabe eines Verwendungszwecks sonst jeder Kaufanreiz für den Konsumenten fehlt - vom Hersteller bzw. Importeur beabsichtigt ist, ist im vorliegenden Zusammenhang aber ebenso ohne Bedeutung wie der Umstand, dass es sich bei der Bezeichnung nicht um einen in Fachkreisen verwendeten Namen handelt. Ebenso wenig ist für den Standpunkt der Beschwerde etwas aus dem Umstand zu gewinnen, dass das Produkt jene Wirkung, die der Verbraucher angesichts der Bezeichnung vermuten könnte, nämlich eine Beeinflussung von Erkrankungen der Leber, gar nicht hat.
An dem durch die Bezeichnung erzeugten Eindruck vermag auch der von der Beschwerde hervorgehobene Umstand nichts zu ändern, dass dem Verbraucher Wermutkraut und Pfefferminzblätter, allenfalls auch Kurkuma, als Gewürze bzw. Bestandteile von Gewürzen bekannt sein mögen. Die Beschwerde, die an anderer Stelle einräumt, dass die Inhaltsstoffe des Produkts (abhängig von der Dosierung) auch arzneilich verwendet werden, übersieht, dass im konkreten Fall weder ein für den Verbraucher erkennbarer Anhaltspunkt in Richtung Nahrungsergänzung vorliegt, wie dies etwa bei Präparaten, die Vitamine, Mineralstoffe oder Spurenelemente in geringer Dosierung enthalten, der Verkehrsauffassung entsprechen mag; sie übersieht, dass für den durchschnittlich informierten Verbraucher nicht erkennbar ist, dass die Inhaltsstoffe des Produkts in der vorliegenden Dosierung - der Behauptung der Beschwerde zufolge - keine arzneiliche Wirkungen entfalten, und schließlich übersieht sie, dass der Verbraucher bei einer Darreichung in Tablettenform zu allerletzt daran denken wird, es handle sich um ein Produkt, das zum Würzen von Speisen oder zum Hinzufügen zu oder Zubereiten von Getränken bestimmt ist. Soweit die Beschwerde darauf hinweist, dass auch Kurkuma als Gewürzbestandteil bekannt sei, übersieht sie weiters, dass nach der Aufmachung des Produkts nicht Kurkuma, sondern Trockenextrakt aus javanischer Gelbwurz als Inhaltsstoff bezeichnet wird; es liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, dass aus der Sicht des durchschnittlich informierten Verbrauchers die erwähnten Begriffe als Synonyme bekannt sind.
Es besteht kein Zweifel, dass es sich bei Leber- und Gallenerkrankungen um Störungen der Körperfunktionen handelt, die dem § 1 Abs. 1 Z. 1 AMG zuzuordnen sind (vgl. hiezu allgemein das Erkenntnis vom heutigen Tag, 99/10/0134). Im Zusammenhang mit der subjektiven Zweckbestimmung des Produktes ist nicht von Bedeutung, dass dieses die Eigenschaften, die ihm durch die Bezeichnung zugeschrieben werden, nicht hat. Es kann daher auf sich beruhen, ob die Auffassung der Beschwerde zutrifft, bei den im angefochtenen Bescheid festgestellten Wirkungen der Inhaltsstoffe des Produktes handle es sich (objektiv) um Wirkungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 5 AMG.
Die Beschwerde zeigt somit keine Rechtswidrigkeit der Beurteilung auf, wonach es sich bei dem Produkt um ein Arzneimittel nach der subjektiven Zweckbestimmung handle.
Die Beschwerde bringt vor, die Inhaltsstoffe des Produktes fänden in erster Linie als Gewürz Verwendung. Arzneiliche Wirkungen hätten sie erst in weitaus höherer Konzentration als im vorliegenden Produkt. Selbst die bei entsprechender Konzentration den Inhaltsstoffen zuzuschreibenden arzneilichen Wirkungen seien solche, die dem § 1 Abs. 1 Z. 5 AMG zuzuordnen seien. Daraus folge eine inhaltliche Rechtswidrigkeit, aber auch ein Begründungsmangel, weil die belangte Behörde nicht dargelegt habe, ab welcher Konzentration an den in Rede stehenden Inhaltsstoffen die festgestellten arzneilichen Wirkungen zu erwarten seien.
Es erübrigt sich, auf diese Darlegungen, mit denen sich die Beschwerde gegen die Einstufung des Produktes als Arzneimittel nach objektiver Zweckbestimmung wendet, einzugehen; denn das Vorliegen des subjektiven Kriteriums bedingt unabhängig davon, ob auch die objektive Zweckbestimmung bejaht werden kann, schon für sich allein die Einstufung des Produkts als Arzneimittel. Die belangte Behörde hat im Hinblick auf die Arzneimitteleigenschaft des Produkts nach subjektiver Zweckbestimmung dessen Inverkehrbringen als Verzehrprodukt nach § 18 Abs. 2 iVm § 3 LMG zu Recht untersagt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 27. August 2002
Gerichtsentscheidung
EuGH 61982J0227 van Bennekom VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8 Arzneimittels nach BezeichnungDefinition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 ArzneimittelGemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8 FormDefinition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Arzneimittel nach BezeichnungGemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8 ArzneimittelDefinition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 FormEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999100176.X00Im RIS seit
14.10.2002Zuletzt aktualisiert am
21.11.2011