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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litb;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2001/03/0426 E 3. September 2002 2001/03/0425 E 3. September 2002 2001/03/0424 E 3. September 2002Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. Brigitte Weirather, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 34/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 25. Oktober 2001, Zl. UVS-5/11132/8-2001, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 23 Abs. 1 Z 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 in Verbindung mit Art. 1 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über verfahrenstechnische Einzelheiten im Zusammenhang mit dem System von Transitrechten (Ökopunkten) für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich schuldig erkannt, er habe als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bezeichneten LKW zwischen dem 26. Februar 2001 und dem 27. Februar 2001 in der Zeit von 21.52 Uhr bis 00.35 Uhr eine Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich auf der Strecke zwischen dem Grenzübergang S, der Tauernautobahn A 10 und dem Grenzübergang A durchgeführt, ohne dabei die gesetzlich vorgeschriebene Ökokarte mit der erforderlichen Anzahl von geklebten und entwerteten gültigen Ökopunkten oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte (Ecotag) ermöglicht hätte, mitzuführen. Hiefür wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt.
In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, dass die erforderliche Anzahl von Ökopunkten auf die Ökokarte zu kleben seien und entwertet werden müssten, sofern ein Fahrzeug keinen Umweltdatenträger benutze. Es sei bekannt, dass an einem im Fahrzeug angebrachten Ecotag-Gerät der aktuelle Stand der Ökopunkte nicht aufscheine und von diesem Gerät aus auch nicht abgefragt werden könne. Dies entschuldige den Beschwerdeführer aber nicht, weil er verpflichtet sei, sich vor Abfahrt zu vergewissern, ob für die geplante Fahrt eine ausreichende Anzahl von Ökopunkten vorhanden sei. Eine direkte Abfragemöglichkeit des Ökopunkteguthabens bei der K-AG in Österreich beziehungsweise bei der nationalen Abfragestelle bestehe nur für den jeweiligen Güterbeförderungsunternehmer, dem die Ökopunkte auch gutgeschrieben würden, nicht aber für den einzelnen Lenker. Es sei diesem aber zumutbar, sich vor Antritt der Transitfahrt bei seinem Arbeitgeber über den aktuellen Ökopunktestand des von ihm zu lenkenden Fahrzeuges zu informieren. Der gegenständlichen Anzeige liege die Auswertung der so genannten "black list" zu Grunde, was bedeute, dass es zu keiner Anhaltung des Beschwerdeführers gekommen sei. Für die gegenständlichen Fahrten sei der Frächter aber "gesperrt" gewesen, d.h. dass es keine Ökopunkte mehr gegeben habe. Es bestehe aber für den Fahrer keine Möglichkeit zu überprüfen, ob noch genügend Ökopunkte vorhanden seien. Die einzige Möglichkeit dies festzustellen sei es, sich beim Frächter selbst zu erkundigen. Dass der Beschwerdeführer dies getan hätte, bringe er weder in seiner Rechtfertigung noch in der Berufung vor.
Da es sich bei der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handle, habe er initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spreche. Dies habe insbesondere durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln beziehungsweise die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichten hiefür nicht aus. Da der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme selbst angegeben habe, das Ecotag-Gerät auf "Transit" gestellt zu haben und er nachweislich die oben beschriebene Reiseroute befahren habe, erübrige sich die Einvernahme seines Arbeitgebers.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 23 Abs. 1 Z 8 des Güterbeförderungsgesetzes begeht abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 S zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.
Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über verfahrenstechnische Einzelheiten im Zusammenhang mit dem System von Transitrechten (Ökopunkten) für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich, idF der Verordnung (EG) 1524/1996, hat folgenden Wortlaut:
"Artikel 1
(1) Der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs hat die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder
c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist.
Die zuständigen österreichischen Stellen geben die Ökokarte gegen Entrichtung der bei der Herstellung und Verteilung der Ökopunkte und Ökokarten anfallenden Kosten aus und errichten an geeigneten Stellen die erforderlichen Einrichtungen zum Lesen der Umweltdatenträger."
Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, dass die belangte Behörde keine Beweise darüber aufgenommen habe, ob der im gegenständlichen Fahrzeug angebrachte Ecotag im Zeitpunkt der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung funktionstauglich gewesen sei, lässt aber die Feststellung unbekämpft, dass der Frächter gesperrt gewesen sei, d.h. dass es keine Ökopunkte mehr gegeben habe. Damit kommt es aber auf die Funktionstauglichkeit des Ecotag nicht mehr an, hätten doch auch bei ordnungsgemäßem Funktionieren des Gerätes keine Ökopunkte abgebucht werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0120); der behauptete Verfahrensmangel erscheint daher schon aus diesem Grund nicht wesentlich.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war es auch seine Sache, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, und sein Vorbringen durch Beibringung von Beweismitteln bzw. durch die Stellung von konkreten Beweisanträgen zu untermauern, weil die ihm angelastete Tat ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/03/0354), bei dem der Täter glaubhaft zu machen hat, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Für die Verwirklichung der vorliegenden Verwaltungsübertretung reicht gemäß § 5 Abs. 1 VStG bereits Fahrlässigkeit aus. Fahrlässigkeit ist gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn - wie im vorliegenden Fall - zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, hat sich der Lenker eines Kraftfahrzeuges bei einer Transitfahrt bereits vor der Einreise in das Hoheitsgebiet Österreichs im Falle der Benutzung eines Umweltdatenträgers auf geeignete Weise davon zu überzeugen, dass mit diesem eine automatische Abbuchung von Ökopunkten auch möglich ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/03/0262). Daraus folgt u.a. die Verpflichtung des Lenkers bei beabsichtigter Transitfahrt durch das Gebiet Österreichs, sich bereits vor der Einreise umfassend nicht nur hinsichtlich der Funktionstüchtigkeit des Gerätes zu informieren, sondern auch darüber, ob nicht etwa mangels gedecktem Ökopunktekonto bzw. Sperre des Frächters eine Abbuchung von Ökopunkten unmöglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, Zl. 2001/03/0243).
Der Beschwerdeführer hat jedoch nach den (diesbezüglich unbestritten gebliebenen) Feststellungen des angefochtenen Bescheides bei seinem Dienstgeber keine Auskunft über die Verfügbarkeit von "Ökopunkten" eingeholt. Damit fällt ihm eine als Verschulden zu qualifizierende Sorgfaltsverletzung zur Last.
Der Beschwerdeführer führt weiters aus, für die belangte Behörde hätte die Verpflichtung bestanden, ihn und seinen Arbeitgeber im Rechtshilfeweg einvernehmen zu lassen, unterlässt es jedoch in der Folge, die Wesentlichkeit dieser behaupteten Verfahrensverstöße darzutun, sodass auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen nicht näher einzugehen ist.
Im Übrigen liegt jedoch eine - vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende - inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor. Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/2001 u. a., kundgemacht am 8. Februar 2002 im BGBl. I Nr. 37, stellte der Verfassungsgerichtshof nämlich fest, dass die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Der Verfassungsgerichtshof sprach in diesem Erkenntnis gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG weiters aus, dass diese Bestimmung "insofern nicht mehr anzuwenden" ist, "als sie sich auf Z. 8 bezieht". Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diese Bestimmung daher nicht mehr anzuwenden, sodass eine maßgebliche gesetzliche Grundlage für die Bestrafung des Beschwerdeführers im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren weggefallen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/03/0002, mwN).
Der angefochtene Bescheid war sohin hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die Kosten des Strafverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 3. September 2002
Schlagworte
"zu einem anderen Bescheid" Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001030423.X00Im RIS seit
18.10.2002