TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/3 99/03/0210

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Veröffentlicht am 03.09.2002
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §25 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der R in Wien, vertreten durch Dr. Hermann Geissler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stallburggasse 4, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 7. Mai 1999, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/1998-2359, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 1. Mai 1998 bis 31. Oktober 1998 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und die Beschwerdeführerin gemäß § 38 iVm § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in der Höhe von S 13.124,-- verpflichtet.

Nach Darstellung der maßgeblichen Gesetzesstellen ging die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen davon aus, die Erstbehörde habe die Notstandshilfe widerrufen und den genannten Betrag zurückgefordert, weil die Beschwerdeführerin verspätet die Erhöhung ihrer Witwenpension gemeldet habe. Dagegen habe die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung eingewendet, alles zeitgerecht und ordnungsgemäß gemeldet zu haben. Auf Grund des Ermittlungsverfahrens stehe fest, dass die Beschwerdeführerin am 5. Februar 1998 dem Arbeitsmarktservice Berufliche Rehabilitation einen Bescheid über die Zuerkennung der Witwenpension vom 28. Jänner 1998 übergeben habe, mit welchem ihr eine vorläufige Leistung ab 1. Februar 1998 in der Höhe von S 5.978,70 zuerkannt worden sei. In der Folge sei vom Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste dieses Einkommen auf den zuerkannten Anspruch auf Notstandshilfe angerechnet und die Notstandshilfe im Ausmaß von S 76,30 täglich ausbezahlt worden. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 25. März 1998 sei der Beschwerdeführerin ab 1. Februar 1998 eine Pension in der Höhe von S 8.877,20 und ab 1. März 1998 in der Höhe von S 8.968,10 zugesprochen worden. Voraussetzung für den Bezug der Notstandshilfe sei, dass sich der Arbeitslose in Notlage befinde. Im Zusammenhang mit dieser Bestimmung normiere § 5 Nothilfeverordnung (NH-VO), dass das eigene Einkommen des Arbeitslosen auf seine für das Folgemonat gebührende Notstandshilfe anzurechnen sei. Die Witwenpension sei daher auf die Notstandshilfe anzurechnen gewesen. Da der tägliche Anrechnungsbetrag von S 294,85 (= 8.968,10 x 12/365) den täglichen Anspruch der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe von S 265,50 übersteige, gebühre ihr keine Notstandshilfe und sei diese daher gemäß § 24 Abs. 2 AlVG zu widerrufen. Nachdem die Beschwerdeführerin einerseits in der Berufung ausgeführt habe, alles ordnungsgemäß gemeldet zu haben und andererseits laut den Aufzeichnungen in der EDV am 18. November 1998 gegenüber dem Arbeitsmarktservice Berufliche Rehabilitation angegeben habe, den letzten Bescheid gemeinsam mit einem Krankenentgeltzettel im Juli abgegeben zu haben, sei die Beschwerdeführerin zu einer Vorsprache bei der Berufungsbehörde eingeladen worden. Hier habe sie niederschriftlich angegeben, den endgültigen Bescheid bereits im März beim Arbeitsmarktservice abgegeben zu haben, weiters hätte sie nie behauptet, den Bescheid gemeinsam mit dem Krankenzettel eingebracht zu haben. Das Arbeitsmarktservice Berufliche Rehabilitation sei in diesem Zusammenhang um eine Stellungnahme gebeten worden und führe darin aus, dass alle Belege mit einem Datumsstempel und Handzeichen versehen in Kopie aufbewahrt würden und eine entsprechende Eintragung in der EDV veranlasst werde. Zu dem von der Beschwerdeführerin behaupteten vorgelegten Pensionsbescheid gebe es keine derartigen Aufzeichnungen bzw. Veranlassungen.

Die Berufungsbehörde sei zur Ansicht gekommen, dass die Beschwerdeführerin den Erhalt des Pensionsbescheides dem Arbeitsmarktservice nicht rechtzeitig gemeldet habe, vor allem deshalb, weil sie dazu unterschiedliche, sich widersprechende Angaben gemacht habe. Die zu Unrecht bezogene Notstandshilfe sei daher gemäß § 25 Abs. 1 AlVG auch rückzufordern. Die Rückforderungssumme setze sich aus den seit 1. Mai 1998 ausbezahlten 172 Tagessätzen zu S 76,30 zusammen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2

VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 24 AlVG lautet:

"§ 24. (1) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen.

(2) Wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, ist die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen."

§ 25 Abs. 1 erster Satz AlVG lautet:

"§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. ..."

§ 50 Abs. 1 AlVG lautet:

"§ 50. (1) Wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, ist verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen. ..."

Die Beschwerdeführerin stellt sich nicht auf den Standpunkt, sie hätte Anspruch auf die mit dem angefochtenen Bescheid widerrufene und zurückgeforderte Notstandshilfe gehabt, sie bringt jedoch im Wesentlichen vor, sie habe jede Änderung in ihren "sonstigen Bezügen" sofort und rechtzeitig gemeldet. Sonst wäre es nicht zu ihrer Abmeldung von der Notstandshilfe schon im März 1998 gekommen. Hätte die Beschwerdeführerin den Bescheid über die Erhöhung der Witwenpension nicht ordnungsgemäß vorgelegt, so hätte das Arbeitsmarktservice sie nicht schon im März 1998 abmelden können. Sie habe die ausbezahlte Notstandshilfe jedenfalls gutgläubig empfangen und verbraucht. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rückzahlungsverpflichtung seien nicht gegeben, da die Beschwerdeführerin weder unwahre Angaben gemacht habe noch maßgebende Tatsachen verschwiegen habe.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei schon im März 1998 von der Notstandshilfe abgemeldet worden, ist auszuführen, dass der Bezug der Notstandshilfe der Beschwerdeführerin nach der Aktenlage erst mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 23. November 1998 widerrufen wurde. Dies geht auch aus einem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 21. Dezember 1998 hervor, in dem sie selbst angibt, dass Auszahlungen bis 6. November 1998 stattfanden. Es ist also auf Grund der Aktenlage und der eigenen Angaben der Beschwerdeführerin davon auszugehen, dass sie, entgegen ihrem Vorbringen, nicht schon im März 1998 von der Notstandshilfe "abgemeldet" wurde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der Frage der Beweiswürdigung die Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in der Richtung eingeschränkt, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Wenn die belangte Behörde nach Einholung einer Stellungnahme des Arbeitsmarktservice Berufliche Rehabilitation entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 25. März 1998 "ordnungsgemäß", somit unverzüglich, abgegeben, nach Würdigung dieser Stellungnahme und der Angaben der Beschwerdeführerin und aufgrund der Aktenlage zum Ergebnis gelangte, dass diese den fraglichen Bescheid erst bei der Antragstellung auf Sonderunterstützung abgegeben und erst damit die Änderung gemeldet habe, begegnet diese Beweiswürdigung in dem oben dargestellten Rahmen keinen Bedenken. Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt worden wäre oder die von der belangten Behörde angestellten Erwägungen unschlüssig seien, ergeben sich aus den Verwaltungsakten nicht.

Im Übrigen ist die Beschwerdeführerin aber bezüglich ihres Vorbringens zum gutgläubigen Verbrauch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, dass es der Verpflichtung zum Rückersatz nicht entgegensteht, dass der Empfänger des Arbeitslosengeldes seiner Behauptung nach das Arbeitslosengeld in der Zwischenzeit verbraucht habe. Denn der Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG differenziert, anders als dies bei Leistungen mit Unterhaltscharakter im Zivilrecht der Fall ist, nicht danach, ob ein gutgläubiger Verbrauch der nicht gebührenden Geldleistung erfolgt ist, sondern nur danach, ob die Leistung gutgläubig empfangen wurde. Ein gutgläubiger Empfang ist aber dann nicht anzunehmen, wenn einer der im § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG angeführten Rückforderungstatbestände gegeben sind. § 25 AlVG enthält eine bereicherungsrechtlich abschließende Regelung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 2000/08/0145).

Auf Grund der nicht als unschlüssig anzusehenden Annahme der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 25. März 1998 nicht umgehend nach dessen Erhalt, sondern erst bei der Antragstellung auf Sonderunterstützung (dieser wurde am 30. Oktober 1998 gestellt) vorgelegt hat, ist sie zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin maßgebende Tatsachen nicht unverzüglich gemeldet und damit diese im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG verschwiegen hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 3. September 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999030210.X00

Im RIS seit

07.11.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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