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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Helmut Grubmüller, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weyrgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 28. Dezember 2000, Zl. E 019/05/1999.020/014, betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 21. Juni 1999, mit welchem dem Beschwerdeführer vorgeworfen worden war, drei namentlich genannte slowakische Staatsangehörige in der Zeit vom 27. Februar bis 3. März 1999 im Revier der von ihm gepachteten Urbarialjagd mit der Errichtung von Hochständen ohne die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen beschäftigt zu haben und er habe dadurch die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG verletzt und sei nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG mit drei Geldstrafen zu je S 10.000,-- zu bestrafen gewesen, erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen und das bekämpfte Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in seiner Eigenschaft als Jagdleiter der Urbarialpacht H. begangen habe.
Nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der in Anwendung gebrachten Rechtslage ging die belangte Behörde begründend davon aus, dass die drei betretenen ausländischen Staatsangehörigen Arbeiten des Bau- und Baunebengewerbes, insbesondere Zimmermannsarbeiten, während fünf Arbeitstagen mit fremdem Werkzeug und Material verrichtet hätten. Solche Arbeiten würden typischerweise regelmäßig in Arbeitsverhältnissen erbracht. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ausgehend von der persönlichen und wirtschaftlichen Lebenslage der Ausländer diese einen bloßen Gefälligkeitsdienst als Jagdkollegen hätten erweisen wollen. Der Beschwerdeführer habe auch außer der bloßen Behauptung nicht dargestellt, welcher Art, Dauer und insbesondere Intensität die Beziehungen zu diesen "Jagdkollegen" gewesen seien. Auch das zeitliche Ausmaß der verrichteten Arbeiten spreche gegen die Erbringung eines bloßen Freundschaftsdienstes. Wenn die betretenen Arbeiter angegeben hätten, kein Geld erhalten zu haben, bedeute dies noch nicht die ausbedungene Unentgeltlichkeit, stehe doch jedenfalls ein Anspruch nach § 1152 ABGB - auch als Naturallohn - zu. Die interne Aufgabenteilung zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Jagdkollegen V. H., entbinde ihn nicht von seiner strafrechtlichen Verantwortung als Jagdleiter.
Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafzumessungsgründe dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, lediglich wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf richtige Anwendung des § 5 VStG sowie des § 2 Abs. 2 AuslBG verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 2 Abs. 2 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 - ausgehend vom angeblichen Tatzeitpunkt - in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 78/1997, gilt als Beschäftigung die Verwendung
a)
in einem Arbeitsverhältnis,
b)
in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
d)
nach den Bestimmungen des § 18 oder
e)
überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.
Nach Abs. 4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Tatbestand bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und 4c) ausgestellt wurde.
Im Beschwerdefall ist auf Grund des - zwar nicht ausdrücklich, aber erkennbar - der Entscheidung der belangten Behörde zugrundegelegten Sachverhaltes davon auszugehen, dass die betretenen Ausländer in dem im erstinstanzlichen Straferkenntnis umschriebenen Zeitraum Arbeitsleistungen, wie sie typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, für die vom Beschwerdeführer nach außen vertretene (vgl. Pkt. 8 des Gesellschaftsvertrages vom 22. Dezember 1998) Jagdgesellschaft erbracht haben, und dass diese Tätigkeiten ohne Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung, einer Arbeitserlaubnis, einer Anzeigebestätigung oder eines Befreiungsscheines ausgeübt wurden.
Strittig ist - neben der Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit - die Frage, ob die genannten Ausländer von der vom Beschwerdeführer vertretenen Jagdgesellschaft im Sinne des § 2 AuslBG "beschäftigt" worden sind.
Dies hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren stets unter Hinweis auf die vereinbarte Unentgeltlichkeit bestritten und in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass der unmittelbare Auftraggeber der slowakischen Staatsangehörigen, V. H., im Rahmen der sie verbindenden Jagdkameradschaft auch bereits Arbeiten in deren Revier unentgeltlich durchgeführt habe und zu diesen auch ein freundschaftliches Verhältnis pflege, wie sich aus zwei, dem Akt beigelegten Fotografien ergebe.
Dem hält die belangte Behörde ohne näheres Eingehen auf dieses mit Fotos belegte Vorbringen lediglich - und insofern aktenwidrig - entgegen, der Beschwerdeführer habe "außer der bloßen Behauptung nicht dargestellt", welcher Art, Dauer und Intensität die Beziehungen des V. H. zu diesen "Jagdkollegen" (Apostrophierung durch die belangte Behörde) gewesen seien. Es widerspreche "der allgemeinen Lebenserfahrung", dass ausgehend von der - im Übrigen von der belangten Behörde nicht näher festgestellten - "persönlichen und wirtschaftlichen Lage der Ausländer diese einen Gefälligkeitsdienst als Jagdkollegen erweisen wollten".
Diese Beurteilung ist unschlüssig und entbehrt einer ausreichenden sachverhaltsmäßigen Grundlage. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 1998, Zl. 98/09/0290, und vom 3. Juli 2000, Zl. 99/09/0037, mit weiteren Hinweisen) wiederholt dargelegt hat, fallen Gefälligkeitsdienste nicht unter die bewilligungspflichtige Beschäftigung des AuslBG.
Als Gefälligkeitsdienste können kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht werden. Der Übergang zwischen Gefälligkeitsdienst und kurzfristiger Beschäftigung im Sinne des AuslBG ist fließend. Es ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, um einen Gefälligkeitsdienst annehmen zu können. Wesentlich ist in einem solchen Fall die Freiwilligkeit der Leistung. Die Beurteilung der belangten Behörde, eine solche freiwillige unentgeltliche Leistung sei nach der "allgemeinen Lebenserfahrung" nicht anzunehmen, kann jedenfalls ohne nähere Begründung nicht geteilt werden. Dies auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Leistung nicht im Rahmen eines Gewerbebetriebes erbracht wurde.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage entscheidungswesentliche Feststellungen nicht getroffen und damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat. Dieser war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 3. September 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001090033.X00Im RIS seit
22.10.2002