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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §77 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde 1.) des F und
2.) der B, beide in S im W, beide vertreten durch Proksch & Parnter OEG, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Am Heumarkt 9/1/11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. Jänner 2000, Zl. WST1-BA-9127/16, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei:
F reg. Gen.m.b.H. in S im W, vertreten durch Dr. Walter Prüfling, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Schönbrunner Schloßstraße 46), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 934,16 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 9. September 1998, Zl. 96/04/0022, verwiesen.
Im fortgesetzten Verfahren erging der (nunmehr) vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid, mit dem wie folgt abgesprochen wurde:
"I.
Der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 6. Juni 1995, 12-B-9011/151, wird wie folgt abgeändert:
Die unter Spruchteil A des zitierten Bescheides aufgenommene Betriebsbeschreibung wird wie folgt präzisiert und das Projekt in diesem Punkt ergänzt:
Es werden lediglich 10 Zu- und Abfahrten (bezogen auf eine Ladekapazität der zuliefernden Kraftfahrzeuge von 2,5 bis 3 Tonnen pro Fahrt) stattfinden. Bei größerer Tragkraft der Kraftfahrzeuge werden 1 bis 2 Zu- und Abfahrten täglich stattfinden.
II.
Der Berufung der Berufungswerber F und B vertreten durch die Proksch & Partner OEG, 1010 Wien, Am Heumarkt 9/1/11, wird abgewiesen.
Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, in der geltenden Fassung (AVG 1991)."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es (soweit es für den Beschwerdefall von Bedeutung ist):
"...
Bezüglich der Einwendungen betreffend die Beeinträchtigung durch vermehrte Fahrbewegungen wird auf die Projektsergänzung im Spruchteil I dieses Bescheides verwiesen. Diese Einwendung ist daher gegenstandslos. Grundsätzlich ist nach herrschender Rechtsprechung von der Behörde das vorgelegte Projekt zu beurteilen. Hält die Konsenswerberin die Einschränkungen im Projekt nicht ein, so ist nach den entsprechenden Bestimmungen der Gewerbeordnung (§ 360 GewO 1994, einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen; § 367 ff Gewerbeordnung 1994, Strafbestimmungen) vorzugehen. Die Befürchtung, dass die Konsenswerberin die genehmigte Anlage entgegen dem Projekt betreibt oder Auflagen nicht einhält, berechtigt die Behörde nicht zu einer Versagung der Genehmigung. Von der Berufungsbehörde konnte auch nicht erkannt werden, dass das Projekt an sich 'absurd' bzw. technisch nur mit einer vermehrten Durchführung von Fahrten möglich wäre, zumal vom Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik, Ing. K, in den ergänzenden Gutachten ausgeführt wurde, dass lediglich die Anfahrzeit des Stützbrenners durch die erhöhte kW-Leistung von 350 kW von 3 Stunden auf eine halbe Stunde verkürzt wird. Zusätzliche Fahrbewegungen bzw. Manipulationen auf dem Betriebsgelände ergeben sich daraus nicht notwendigerweise.
...
Der Amtssachverständige für Luftreinhaltetechnik, Ing. K, hat in seinen Gutachten vom 13. August 1999 und 4. November 1999 ausgeführt, dass die vorliegenden Messgutachten repräsentativ seien. Ebenfalls hat er ausgeführt, dass die Schwefeldioxidmassenströme, wenn man die beiden Brenner vergleicht, als in etwa gleich hoch anzusetzen sind (110 kW Brenner: Schwefeldioxidmassenstrom bei einem 3-stündigen Anfahrbetrieb ca. 0,0507 kg, 350 kW Brenner:
Schwefeldioxidmassenstrom ca. 0,0504 kg bei einer Anfahrphase von ca. 30 Minuten).
Die Maximalimmissionen seien in einer Entfernung von ca. 80 m vom Emittenten gegeben. Es ergeben sich zwar Zusatzimmissionen zum bisherigen Bescheidstatus, diese Zusatzimmissionen seien allerdings lediglich rechnerisch erfassbar und liegen unter der Nachweisgrenze der zur Zeit am Markt befindlichen Immissionsmessgeräte für Schwefeldioxid von 0,005 mg/m3 und seien daher messtechnisch nicht erfassbar.
Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen, Ing. K, vom 04.01.2000 ergibt sich einerseits, dass die gemessenen Emissionswerte unter den bescheidmäßig vorgeschriebenen Werten zu liegen kommen (vgl. Ersatzbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 01.06.1994, 314.324/9- III/A/2a/94).
Weiters ergibt sich aus diesem Gutachten, dass eine Immissionsmessung nicht möglich ist; da eine Trennung nach Immissionsbeiträgen der Konsenswerberin und anderen Emittenten nicht einwandfrei möglich ist.
Da die Immissionsmessungen, wie oben dargestellt, nicht möglich waren bzw. das andere Ergebnis messtechnisch nicht nachweisbar wäre, konnte eine derartige Messung entfallen. Welchen Sinn eine derartige Messung dann noch hätte haben sollen, konnte aus der Stellungnahme der Berufungswerber vom 13.01.2000 nicht erschlossen werden. Die Berufungswerber sind sich auch offenbar der Differenz zwischen den Begriffen 'Emission' und 'Immission' nicht bewusst. So wird z.B. auch in der genannten Stellungnahme ausgeführt, dass vom Verwaltungsgerichtshof die Emissionsmessung verlangt wurde (richtig muss es unter Bezug auf das in dieser Sache ergangene Erkenntnis vom 09. September 1998, Zl. 96/04/0022- 8, Immission lauten).
Da die Zusatzimmissionen messtechnisch nicht erfassbar sind, erschien die Einholung zusätzlicher Gutachten auf den Gebieten der Meteorologie und der Medizin entbehrlich, da sich aus den Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik nicht ergab, dass es (bei ordnungsgemäßem Betrieb und ordnungsgemäßer laufender Wartung der Anlage) zu Überschreitungen der berechneten Werte und der vorgeschriebenen Grenzwerte komme. Es konnten daher die bisherigen Gutachten im Verfahren (Gutachten des Amtssachverständigen für Meteorologie vom 31. August 1995 und Gutachten der medizinischen Amtssachverständigen vom 5. Dezember 1994), die den Bescheidstatus vor Durchführung der nunmehr bewilligten Änderung behandeln, Bezug genommen werden. Vom meteorologischen Amtssachverständigen wurde ausgeführt, dass die berechneten Immissionswerte so gering sind, dass auf die Berücksichtigung von ungünstigen Wetterlagen, wie
z. B. Inversionswetterlagen, die ÖNORM-gemäß maximal eine Verdoppelung der berechneten Werte bewirken können, bei weitem nicht das Erreichen der Grenzwerte für den vorsorgenden Immissionsschutz erwarten lässt. Aus den Messungen hat sich ergeben, wie vom Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik, Ing. K, in seinen Gutachten vom 4. November 1999 und vom 13. August 1999 ausgeführt, dass diese Grenzwerte tatsächlich nicht erreicht werden.
..."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer machen im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren geltend:
"...
Die Berufungsbehörde hat in der Folge Gutachten eingeholt, und diese am 30.12.1999 im Telefax-Wege zur Verfügung gestellt, dies gleichzeitig mit der Äußerung hiezu binnen 2 Wochen eine Stellungnahme zu verfassen.
Abgesehen davon, dass die Übermittlung von umfangreichen Gutachten in den Weihnachtsferien unter gleichzeitiger Setzung einer Frist von 14 Tagen insoferne für die Parteien eine Zumutung ist, als sie nicht einmal ordnungsgemäß Kontakt herstellen können, schien die diesbezügliche Übermittlung der Gutachten ohnehin eine Farce zu sein, zumal die mitbeteiligte Partei bereits vor Weihnachten, also vor Versendung der Gutachten, ihren Mitgliedern und Anschlusswerbern mitgeteilt hat, dass Herr Landeshauptmann persönlich die Betriebsbewilligung versprochen, und bei der zuständigen Dienststelle - Frau Mag. D - eingefordert hat. Mit anderen Worten, die Äußerung, die ohnehin in unangemessener Frist und unter Verletzung des Parteiengehörs offenbar nur scheinbar eingeholt wurde, war ganz zweifellos bei der Beurteilung des Sachverhaltes außer Acht gelassen worden.
Dazu kommt, dass, wie in dieser Äußerung ersichtlich, zwar die Sachverständigen ausgeführt haben, dass die am Markt befindlichen Emissionsmessgeräte Schwefeldioxidkonzentrationen von 0,005 mg je m3 nicht feststellen könnten, weil diese messtechnisch nicht erfassbar wären, dadurch aber nicht gesagt wurde, dass tatsächlich nur solche Emissionen tatsächlich erzielt würden. Wenn solche feinen Messgeräte nicht vorhanden sind, dann wären eben die weniger feinen einzusetzen gewesen, um die tatsächlichen Emissionen zu messen. Nur so kann die Entscheidung des VwGH verstanden werden.
Soweit der angefochtene Bescheid ausführt, es würden lediglich '10 Zu- und Abfahrten bezogen auf eine Ladekapazität der zuliefernden Kraftfahrzeuge' stattfinden, ist dem entgegenzuhalten, dass diese Ausführung weder Bescheidinhalt wurde noch sonst Rechtswirkungen entfaltet - folgt man dem Rundschreiben des Obmannes der mitbeteiligten Partei, dann ist dies ja offenbar auch gar nicht notwendig - es ist ja ohnehin alles mit der bescheidverfassenden Behörde 'vereinbart bzw. vom Landeshauptmann persönlich versprochen'. Daraus ergibt sich aber, dass offensichtlich eine befangene Behörde den Bescheid erlassen hat, da Vereinbarungen zwischen den Parteien und der Behörde wohl nur so auszulegen sind, dass sie vorweg das Verfahrensergebnis konterkarieren."
Die Beschwerdeführer vermögen damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.
Es trifft zwar zu, dass den Parteien für ihre Stellungnahme eine ausreichende Frist einzuräumen ist (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1990, Zl. 89/10/0250). Mit der bloß allgemein gehaltenen Behauptung, innerhalb der gesetzten Frist von 14 Tagen (in den Weihnachtsferien) hätten die Beschwerdeführer "nicht einmal ordnungsgemäß Kontakt herstellen können", vermag aber die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan zu werden, zumal - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist - von den Beschwerdeführern die Einräumung einer Frist zur Einholung des Rates eines Sachverständigen bzw. zur Vorlage eines Gegengutachtens gar nicht begehrt wurde (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 90/05/0234, wonach die Behörde nicht verpflichtet ist, aus "eigenem" eine angemessene Frist zur Erbringung eines Sachverständigengutachtens festzusetzen, wenn aus der Sicht der Behörde eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens gar nicht erforderlich ist).
Die Beschwerdeführer vermögen aber auch nicht mit der Beschwerdebehauptung - unabhängig von der Frage deren Zutreffens (nach der Gegenschrift der belangten Behörde seien weder vom Landeshauptmann von Niederösterreich noch vom zuständigen Landesrat gegenüber der zuständigen Sachbearbeiterin Weisungen erteilt worden) -, der Landshauptmann von Niederösterreich habe "persönlich die Betriebsbewilligung versprochen, und bei der zuständigen Stelle ... angefordert", durchzudringen, weil die Wesentlichkeit eines allfälligen Verfahrensmangels nicht aufgezeigt wird.
Die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde vermag auch nicht mit dem Beschwerdevorbringen aufgezeigt zu werden, wenn so feine Messgeräte, die Schwefeldioxidkonzentrationen von 0,005 mg je m3 feststellen könnten, nicht vorhanden seien, "dann wären eben die weniger feinen einzusetzen gewesen, um die tatsächlichen Emissionen zu messen". Für den Verwaltungsgerichtshof ist nicht nachvollziehbar, welchen Aussagewert derartige Messungen mit "weniger feinen" Messgeräten haben sollen, wenn nach der nicht als unschlüssig zu erkennenden Annahme der belangten Behörde, die errechnete Mehrbelastung an Immissionen nicht einmal mit dem feinsten Messgerät gemessen werden könne.
Schließlich ist im Hinblick auf Spruchteil I des angefochtenen Bescheides nicht nachvollziehbar, weshalb - nach der Beschwerdebehauptung - die Ausführung, es würden lediglich "10 Zu- und Abfahrten bezogen auf eine Lagekapazität der zuliefernden Kraftfahrzeuge" stattfinden, weder Bescheidinhalt geworden sei, noch sonst Rechtswirkungen entfalte (vgl. dazu etwa auch das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0275, wonach es nicht der Vorschreibung von Auflagen im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1994 bedarf, soweit die Errichtung und der Betrieb der Betriebsanlage bereits durch die Betriebsbeschreibung vorherbestimmt ist).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 4. September 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000040063.X00Im RIS seit
07.11.2002