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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31989L0665 Rechtsmittel-RL;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der P GmbH in K, vertreten durch Dr. Robert Mogy, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 41, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 29. Jänner 2002, Zl. KUVS-K2-1/7/2002, betreffend Nachprüfungsverfahren nach dem Kärntner Auftragsvergabegesetz (mitbeteiligte Partei:
Landeskrankenstalten-Betriebsgesellschaft mbH in 9020 Klagenfurt, St. Veiter Straße 34), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 31. Dezember 2001 auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens in der Vergabesache "Krankenhausinformationssystem" KABEG 2001/02 gemäß §§ 80 ff Kärntner Auftragsvergabegesetz 1997 - K-VergG 1997, LGBl. 65/1997, als unzulässig zurückgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es im Wesentlichen, Gegenstand des Nachprüfungsantrages sei die Anzeige der mitbeteiligten Partei in der "Kronen Zeitung" vom 11. Dezember 2001 "einheitliche EDV für alle". Aus dem Inhalt der Anzeige vermeine die beschwerdeführende Partei eine Ausweitung des Auftrages im Zusammenhang mit der Ausschreibung des Krankenhausinformationssystems zu erkennen. Dem sei entgegenzuhalten, dass in dieser Anzeige auf das gegenständliche Vergabeverfahren nicht Bezug genommen werde. Dem Inhalt der Anzeige sei eine Auftragserweiterung in der Vergabesache "Krankenhausinformationssystem" nicht zu erkennen. Das Inserat der mitbeteiligten Partei sei als "Anzeige" gekennzeichnet. Es liege die berechtigte Annahme nahe, dass es sich hiebei um eine bezahlte (Werbe-)Einschaltung handle. Die Anzeige stelle auch keine "Bekanntmachung" im Sinne des K-VergG 1997 dar, mit welcher eine etwaige Auftragserweiterung im gegenständlichen Vergabeverfahren erfolgt sein könne. Die Anzeige sei keine Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren "Krankenhausinformationssystem" KABEG 2001/02. Sie sei somit keine nach den Bestimmungen des K-VergG 1997 bekämpfbare Entscheidung der mitbeteiligten Partei. Die Anzeige stelle auch keine taugliche und bekämpfbare Grundlage für ein Nachprüfungsverfahren nach dem K-VergG 1997 dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 80 Abs. 1 K-VergG 1997 kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines Vertrages im Sinne des § 1 Abs. 5 mit einem Auftraggeber behauptet, die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftragsgebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, wenn ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Über einen solchen Antrag entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten.
Die beschwerdeführende Partei vertritt die Auffassung, dass auch Unterlassungen grundsätzlich dem Begriff "Entscheidung" zu unterstellen seien. Eine derartige Unterlassung sei auch im Nachprüfungsantrag bezeichnet worden, nämlich der Umstand, dass der Auftraggeber den Anbietern keine Informationen darüber erteilt habe, dass das angebotene System nicht nur für das Landeskrankenhaus Klagenfurt, sondern für fünf Landeskrankenhäuser bestimmt sei. Die Unterlassung der Information des Auftraggebers, die den Verfahrensgegenstand bilde, sei daher nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei eine Entscheidung des Auftraggebers im Sinne des Gesetzestextes. Die Unterlassung sei nach außen wirksam geworden, weil eben die Anbieter aus dem Ausschreibungsunterlagen den beschränkten Leistungsumfang ersehen hätten können.
In der Beschwerde wird weiters näher dargelegt, dass die Anzeige in der Kronen Zeitung "nicht wirklich Verfahrensgegenstand, sondern Beweismittel zum Nachweis der rechtswidrigen Unterlassung" sei.
Schließlich führt die beschwerdeführende Partei aus, weshalb die unterlassene Information ihrer Meinung nach rechtswidrig sei und ihr dadurch ein konkreter Nachteil erwachsen sei.
Die beschwerdeführende Partei vermag damit nicht aufzuzeigen, dass sie durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt wurde:
Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 2. März 2002, B 691/01 u.a., zur Rechtslage nach dem Bundesvergabegesetz 1997 (BVergG) dargelegt, dass nach dem Konzept des BVergG nur nach außen in Erscheinung tretende Willenserklärungen "Entscheidungen" des Auftraggebers seien, die für nichtig erklärt werden könnten und damit tauglicher Gegenstand eines entsprechenden Antrages vor dem Bundesvergabeamt sein könnte. Soweit in der Spruchpraxis des Bundesvergabeamtes (vgl. etwa vom 13. November 1998, Zl. N-33/98) und in der Literatur (etwa von Öhler, Rechtsschutz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in der Europäischen Union 1997, 80, und Holoubek, Vergaberechtsschutz im Spiegel der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, ÖZW 1998, 75 (82)) auf Unterlassungen des Auftraggebers dem Rechtsbegriff der "Entscheidung(en)" nach § 113 Abs. 2 Z. 2 bzw. § 115 Abs. 1 BVergG unterstellt und somit als zulässiger Anfechtungsgegenstand angesehen würden, dürfe damit nicht beliebiges Untätigsein des Auftraggebers zum Gegenstand einer Nichtigerklärung gemacht werden. Vom Standpunkt der Rechtsmittelrichtlinie im Verein mit dem diese in innerstaatliches Recht umsetzenden 2. Hauptstück des 4. Teiles des BVergG kämen Unterlassungen des Auftraggebers als anfechtbare "Entscheidungen" nur insofern in Betracht, als jene Unterlassungen einen solchen Erklärungswert besäßen, dass sie als selbstständige Teilakte des Vergabeverfahrens nach außen in Erscheinung treten und ein dementsprechendes Rechtsschutzbedürfnis auslösen würden. Rechtswidriges Unterlassen des Auftraggebers werde daher vielfach mangels eigenständigen Erklärungswertes nach außen erst im Zuge entsprechender, darauf beruhender nachfolgender Teilakte als "Entscheidungen" in Erscheinung treten und im Zuge der Anfechtung dieser Teilakte einen zureichenden Rechtsgrund für deren Nichtigkeit bilden.
Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Rechtsmeinung des Verfassungsgerichtshofes an und vermag auch keinen Grund zu finden, dass dies nicht für die Rechtslage nach dem K-VergG 1997 zu gelten habe.
Worin im Beschwerdefall eine Unterlassung - auch unter Berücksichtigung des § 863 Abs. 1 ABGB, wonach der Wille nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend durch Handlungen erklärt werden kann, die mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen, sodass auch Unterlassungen des Auftraggebers zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden können, sofern sie einen entsprechenden Erklärungswert nach außen besitzen - als nach außen in Erscheinung tretende Willenserklärung (als selbstständiger Teilakt des Vergabeverfahrens) gelegen sein soll, ist für den Verwaltungsgerichtshof auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht nachvollziehbar. Wenn in der Beschwerde die Anzeige in der "Kronen Zeitung" (bloß) als Beweismittel zum Nachweis der rechtswidrigen Unterlassung dargestellt wird, so wird nicht dargelegt, für welchen selbstständigen Teilakt des Vergabeverfahrens (in Form einer Unterlassung) dieses Beweismittel dienen soll. Lege die behauptete rechtswidrige Unterlassung in der Ausschreibung für das LKH Klagenfurt, so ist diese Ausschreibung unzweifelhaft vom verfahrensgegenständlichen Antrag nicht erfasst; wird in diesem doch sogar darauf hingewiesen, dass diesbezüglich bei der belangten Behörde bereits ein Verfahren anhängig sei.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 4. September 2002
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002040074.X00Im RIS seit
29.10.2002