TE Vwgh Beschluss 2002/9/4 2002/04/0111

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Veröffentlicht am 04.09.2002
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art119a Abs5;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, in der Beschwerdesache der S KEG in S, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in 3910 Zwettl, Landstraße 52, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 11. Juni 2002, Zl. WST1-B-0171, betreffend Sperrstunde (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Stetten, 2100 Stetten, Schulgasse 2), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 6. April 2001 hinsichtlich des näher bezeichneten Gastgewerbebetriebes der beschwerdeführenden Partei nach § 152 Abs. 6 GewO 1994 die Vorverlegung der Sperrstunde auf 24.00 Uhr angeordnet.

Der gegen diesen Bescheid von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Oktober 2001 keine Folge gegeben.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde wie folgt abgesprochen:

"Über die rechtzeitig eingebrachten Vorstellungen der S KEG,

S Straße 8, S, vertreten durch Herrn RA Mag. Johann Juster, Landstraße 52, 3910 Zwettl,

a) gegen den Bescheid des Gemeinderates Stetten vom 4. Oktober 2001, Zl. 450/2001 - womit der Gemeinderat der Gemeinde Stetten als Berufungsbehörde den Bescheid des Bürgermeister der Gemeinde Stetten vom 6. April 2001, GZ. 636, gerichtet auf die Vorschreibung einer früheren Sperrstunde mit 24.00 Uhr für den Gastgewerbebetrieb ('S') der nunmehrigen Vorstellungswerberin in S, S Straße 8, gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG bestätigt hat,

b) gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Stetten vom 28. Februar 2002, Zl. 72/2002 - womit der Gemeinderat der Gemeinde Stetten gemäß §§ 56 ff Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, den Antrag der S KEG auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen hat, wird wie folgt entschieden:

Spruch

Sowohl der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Stetten vom 4. Oktober 2001, Zl. 450/2001, als auch der Bescheid des Gemeinderates Stetten vom 28. Februar 2002, Zl. 72/2002, werden behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Gemeinde Stetten verwiesen.

Rechtsgrundlage: § 7 Abs. 5 Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 12/1967 i.d.g.F."

In der Begründung dieses Bescheides kommt die belangte Behörde (u.a.) zum Schluss, dass das lärmtechnische Gutachten (des Dipl.-Ing. R.) schlüssig und nachvollziehbar und sohin als eine taugliche Entscheidungsgrundlage anzusehen gewesen sei.

Das dem Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde zu Grunde liegende Gutachten des Gemeindearztes erfülle (jedoch) nicht die Voraussetzungen eines Gutachtens im Sinne des § 52 AVG. Im Gutachten des Amtsarztes würden keine Feststellungen darüber gemacht, ab welchem Zeitpunkt des Messzeitraumes (22.00 Uhr bis 02.00 Uhr), Auswirkungen auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen aus ärztlicher Sicht eintreten würden, welche eine Gesundheitsgefährdung bzw. unzumutbare Belästigung indizieren würden.

Weshalb die Sperrstunde mit 24.00 Uhr festgesetzt worden sei, sei für die Vorstellungsbehörde nicht nachvollziehbar. Dabei werde darauf hingewiesen, dass der Grenzwert des vorbeugenden Gesundheitsschutzes laut WHO bei 45 dB liege und die sensible Zeit, ab welcher ein gesteigertes Ruhebedürfnis anzunehmen sei, ab 22.00 Uhr vorliege. Die gemessenen Spitzenpegel, welche einen Höchstwert von 81 dB (nach dem Gutachten des Dipl.-Ing. R.) erreichten, erforderten eine nähere Befassung bezüglich der Auswirkungen in einem neuerlich einzuholenden ärztlichen Gutachten.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es an anderer Stelle auch, dass zu den Feststellungen der beschwerdeführenden Partei, wonach der Gemeinderat auf die mit FAX vom 3. Oktober 2001 eingebrachten Gründe und Einwendungen bzw. Beweisanträge hätte eingehen müssen, festgestellt werde, dass die Berufungsfrist am 24. April 2001 geendet habe und die beschwerdeführende Partei mit dem über die Berufung vom 24. April 2001 hinausgehenden Einwendungen präkludiert sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Die beschwerdeführende Partei ist zwar insofern im Recht, als Rechte einer Partei, über deren Vorstellung der Bescheid der höchsten Gemeindeinstanz durch die Vorstellungsbehörde aufgehoben wurde (Art. 119a Abs. 5 B-VG), durch die Begründung dieses aufhebenden Erkenntnisses insofern verletzt werden können, als dadurch Rechtsansichten auf die Gemeindebehörde überbunden werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht jedoch eine Bindung an die - einem kassatorischen aufsichtsbehördlichen Vorstellungsbescheid beigegebene - Begründung nur insoweit, als die Begründung für die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften gemeindebehördlichen Bescheides tragend ist. Dem entsprechend ist auch der obsiegende Vorstellungswerber berechtigt, den aufhebenden Vorstellungsbescheid deswegen vor dem Verwaltungsgerichtshof anzufechten, weil jene Gründe, die die Aufhebung tragen, seiner Ansicht nach unzutreffend sind. Die Teile der Begründung des aufhebenden Bescheides, die darlegen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Rechte des Vorstellungswerbers nicht verletzt worden sind, haben hingegen keinerlei bindende Wirkung. Derartige Begründungselemente (mit denen die Vorstellungsbehörde etwa der Rechtsansicht der Gemeindebehörden in Teilbereichen beigetreten ist), die (ohne das Hinzutreten von Aufhebungsgründen hinsichtlich anderer Begründungselemente) zu einer Abweisung der Vorstellung führen hätten müssen, stellen keinen tragenden Grund für die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides dar (vgl. zu all dem den hg. Beschluss vom 28. Jänner 2002, Zl. 2001/17/0189, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Die von der beschwerdeführenden Partei vertretene (und näher ausgeführte) Auffassung, die belangte Behörde hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass dem weiteren Verfahren das Gutachten des Dipl.-Ing. R. zu Grunde gelegt werden könne, richtet sich nicht gegen die mit dem oben wiedergegebenen Begründungsteil erfolgte Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Oktober 2001. Gleiches hat zu gelten, wenn in der Beschwerde weiters vorgebracht wird, es sei unrichtig, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertrete, die Frist zur Erhebung der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Stetten habe am 24. April 2001 geendet und die beschwerdeführende Partei könne danach kein weiteres Vorbringen bzw. keine weiteren Beweisanträge erstatten.

Jener Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides aber, welcher - als die Begründung für die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften gemeindebehördlichen Bescheides tragend - Bindungswirkung entfaltet, wird von der beschwerdeführenden Partei nicht bekämpft.

Da sich somit die Beschwerde gegen jene Teile der Begründung des angefochtenen kassatorischen Bescheides richtet, die keine Bindungswirkung entfalten, fehlte es (im vorliegenden Rechtsgang) an der Möglichkeit einer Rechtsverletzung der beschwerdeführenden Partei. Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. September 2002

Schlagworte

Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002040111.X00

Im RIS seit

05.12.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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