TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/5 2002/21/0113

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Veröffentlicht am 05.09.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §40 Abs1;
FrG 1997 §94 Abs5;
VwGG §34 Abs1 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des AM in F, geboren am 15. September 1980, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schillerstraße 17, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 18. März 2002, Zl. Fr-4250a-131/01, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes und Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich und wies seine Berufung gegen die Versagung eines längeren als den erstinstanzlich mit drei Wochen zugesprochenen Durchsetzungsaufschubes ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus: Der Beschwerdeführer sei mit seinen Eltern im Jahr 1992 nach Österreich eingereist. Er habe die Hauptschule und anschließend eine Lehre absolviert. Er sei ledig; in Österreich lebten seine Lebensgefährtin, seine Eltern und sein Bruder. Er habe vor seiner Inhaftierung bei seinen Eltern gelebt und sei einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Bereits im Jahr 1995 habe der Beschwerdeführer Ladendiebstähle begangen; das Verfahren sei gemäß den §§ 6 und 7 Jugendgerichtsgesetz "zurückgelegt" worden.

Von Juli bis September 1996 habe er mit Mittätern mehrere Automaten in verschiedenen Gasthöfen und Hotels aufgebrochen und das darin befindliche Bargeld entnommen. Wegen seines jugendlichen Alters und weil er geständig und bisher unbescholten gewesen wäre, sei gegen ihn vorerst nur eine Verwarnung ausgesprochen worden.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 28. Dezember 1999 sei er wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei ein näher bezeichneter Verkehrsunfall zu Grunde gelegen.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 29. Dezember 2000 sei er wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 1 StGB zu einer zur Hälfte bedingt nachgesehenen Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden. Er habe mit Mittätern eine namentlich genannte Person geschlagen und dieser Fußtritte versetzt, wobei die Tat einen Rippenbruch sowie eine verschobene Nasenbeinfraktur zur Folge gehabt habe, und weiters mit einem Mittäter eine weitere Person geschlagen, wodurch diese einen Bluterguss im Bereich des linken Auges erlitten habe.

Unter Bedachtnahme auf das letztgenannte Urteil sei er in der Folge mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 20. Februar 2001 wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2, 130 zweiter Satz zweiter Fall und § 15 StGB zu einer Zusatzstrafe, nämlich einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten, verurteilt worden. Diesem Urteil seien vollendete und versuchte Diebstähle - mit Ausnahme einer Tathandlung durch Einbruch - zu Grunde gelegen, die in der Absicht verübt worden seien, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Der Beschwerdeführer habe in (konkret dargestellten) 55 Tatbegehungen fast S 500.000,-- erbeutet.

Weiters sei der Beschwerdeführer verwaltungsrechtlich rechtskräftig bestraft worden, und zwar zwei Mal wegen Lärmstörungen, ein Mal nach § 20 Abs. 2 StVO und ein Mal nach § 33 Abs. 1 KFG 1967 und § 108 Abs. 1 Z. 2 FrG. Die letztgenannte Bestrafung sei als schwerwiegend zu bezeichnen.

Der Tatbestand einer Aufenthaltsverfestigung komme dem Beschwerdeführer nicht zu Gute.

Mit dem Aufenthaltsverbot sei ein Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden. Diese Maßnahme sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte Anderer dringend erforderlich. Die Dringlichkeit der Maßnahme ergebe sich aus der in den Straftaten zum Ausdruck kommenden Neigung des Fremden, die körperliche Unversehrtheit Anderer krass zu missachten sowie aus der "Unbelehrbarkeit" des Fremden. Da das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers über viele Jahre angedauert und er sich noch bis vor kurzem im Justizvollzug befunden habe, könne keine positive Zukunftsprognose gestellt werden. Daran ändere die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug nichts. Der Beschwerdeführer sei in einem Alter, in dem er auf seine Eltern als Bezugspersonen nicht mehr direkt angewiesen sei. Die Situation in seinem Heimatland könne bei einem Aufenthaltsverbot nicht berücksichtigt werden. Ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erscheine wegen der wiederholten Rechtsverletzungen des Beschwerdeführers und der dahinterstehenden kriminellen Energie auch unter Berücksichtigung seiner persönlichen Interessen erforderlich, um den angestrebten Verwaltungszweck, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie die Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zu erreichen.

Da das öffentliche Interesse an einer sofortigen Ausreise das Interesse des Beschwerdeführers zur Regelung seiner persönlichen Verhältnisse überwiege, könne der Durchsetzungsaufschub nicht verlängert werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die beim Verfassungsgerichtshof erhobene, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 10. Juni 2002, B 899/02, abgetretene und vom Beschwerdeführer ergänzte Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und wendet sich auch nicht gegen die behördliche Ansicht, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und die in Abs. 1 leg. cit. genannte Annahme gerechtfertigt sei. Er meint, dass angesichts der Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation und die seiner Familie und unter Bedachtnahme auf seine Integration und seine Situation im Heimatland die belangte Behörde bei der von ihr vorzunehmenden Interessenabwägung zur Auffassung hätte gelangen müssen, dass das Aufenthaltsverbot nicht dringend geboten und daher unverhältnismäßig sei.

Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Die belangte Behörde sprach dem Beschwerdeführer wegen seines langen inländischen Aufenthaltes und seiner familiären Beziehungen eine Integration in Österreich und damit verbunden ein beträchtliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu. Diesem persönlichen Interesse stellte sie das Fehlverhalten des Beschwerdeführers gegenüber und listete konkret die strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers auf. Da der Beschwerdeführer bereits in den Jahren 1995 und 1996 straffällig wurde, in der Folge gegen zwei Personen gewalttätig vorgegangen ist und vor allem gewerbsmäßig an insgesamt 55 Diebstählen - 54 davon durch Einbruch - beteiligt war, wodurch ein Schaden von fast S 500.000,-- entstanden ist, hat die belangte Behörde zu Recht dem öffentlichen Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes - um der Begehung weiterer strafbarer Handlungen gegen die körperliche Unversehrtheit Anderer und gegen fremdes Eigentum entgegenzuwirken - einen sehr hohen Stellenwert zugesprochen. Angesichts der Vielzahl der strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers und dessen gegen verschiedene Rechtsgüter gerichteten beträchtlichen kriminellen Energie ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass sie dem öffentlichen Interesse am Aufenthaltsverbot größeres Gewicht zuschrieb als dem gegenläufigen privaten Interesse des Beschwerdeführers. Sie hat dabei zutreffend den Umstand hervorgehoben, dass der Beschwerdeführer wegen seines Alters nicht mehr auf eine elterliche Betreuung angewiesen ist; weiters ist er ledig und hat keine Sorgepflichten.

Ebenso zutreffend wies sie darauf hin, dass mit dem Aufenthaltsverbot nicht darüber abgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder (dorthin) abgeschoben werde, weshalb auf die Situation im Heimatland des Beschwerdeführers nicht Bedacht genommen werden kann.

Gemäß § 40 Abs. 1 FrG kann die Behörde den Eintritt der Durchsetzbarkeit eines Aufenthaltsverbotes auf höchstens drei Monate hinausschieben. Gemäß § 94 Abs. 5 FrG ist gegen die Versagung oder den Widerruf eines Durchsetzungsaufschubs eine Berufung nicht zulässig. Dadurch, dass die belangte Behörde die unzulässige Berufung diesbezüglich nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen hat, wurde der Beschwerdeführer nicht in Rechten verletzt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 5. September 2002

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Spruch Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002210113.X00

Im RIS seit

07.11.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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