TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/5 2000/02/0023

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Veröffentlicht am 05.09.2002
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §34 Abs2 impl;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2000/02/0024 E 5. September 2002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des HÖ in K, vertreten durch Dr. Michael Mülner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Lidmanskygasse 9/1, gegen den Bescheid des Berufungssenates am Sitz der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (vertreten durch Dr. Wolf-Dieter Arnold, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10) vom 23. November 1998, Zl. 50/88, betreffend Verletzung von Berufspflichten sowie des Standesansehens nach der WTBO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom "23. November 1998" wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, durch näher angeführte Handlungen die Berufspflichten nach § 27 der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung (WTBO) verletzt sowie das Standesansehen nach § 47 Abs. 1 WTBO beeinträchtigt zu haben; es wurde eine Geldbuße verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist ihre Bezeichnung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 VwGG ausreichend: Wohl wurde im Rubrum der Beschwerde die "Kammer der Wirtschaftstreuhänder" als belangte Behörde angeführt, doch ist in der Folge in der Beschwerde von einem "Erkenntnis des Berufungssenates der Kammer der Wirtschaftstreuhänder" die Rede; für eine Zurückweisung der Beschwerde (oder einen Verbesserungsauftrag nach § 34 Abs. 2 VwGG) bestand im Hinblick auf die der Beschwerde beigelegte Ausfertigung des angefochtenen Bescheides - aus der die belangte Behörde einwandfrei hervorgeht - kein Raum (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0044).

Auch vermag der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde nicht dabei zuzustimmen, dass durch die Formulierung des Beschwerdepunktes (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) die dem Beschwerdeführer vorgeworfene "Berufspflichtverletzung (nach § 27 WTBO)" nicht erfasst sei: Die belangte Behörde übersieht, dass der Beschwerdeführer bei der diesbezüglichen Formulierung ausdrücklich auch auf § 47 Abs. 1 WTBO Bezug nimmt, wo aber sowohl von der Verletzung von Berufspflichten als auch der Beeinträchtigung des Standesansehens die Rede ist. Ob aber die "Berufspflichtverletzung" Gegenstand der Berufung war, kann im Hinblick auf den Spruch des angefochtenen Bescheides dahinstehen; weshalb die Beschwerde "zu diesem Punkt" zurückzuweisen sei, ist nicht erkennbar.

Der Beschwerde ist auch Erfolg beschieden:

Das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG), BGBl. I Nr. 58/1999, trat am 1. Juli 1999 in Kraft (vgl. dessen § 227 Abs. 1); gleichzeitig traten die WTBO und die Wirtschaftstreuhänder-Disziplinarordnung außer Kraft (vgl. § 228 Z. 1 und 2 WTBG).

Die diesbezüglichen Übergangsbestimmungen des § 229 WTBG lauten:

(19) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind auch auf strafbare Handlungen oder Unterlassungen und disziplinär zu verfolgende Handlungen und Unterlassungen anzuwenden, die vor seinem Inkrafttreten begangen worden sind, sofern diese dadurch nicht einer strengeren Behandlung unterliegen als nach den bisher geltenden Vorschriften.

...

(21) Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits anhängigen oder bis 31. Dezember 1999 anhängig gemachten ehrengerichtlichen Verfahren sind nach den Vorschriften der Wirtschaftstreuhänder-Disziplinarordnung, BGBl. Nr. 63/1962, zuletzt geändert durch die Kundmachung BGBl. Nr. 654/1988, durchzuführen.

Der angefochtene Bescheid wurde zwar entsprechend der am 23. November 1998 durchgeführten nichtöffentlichen Sitzung datiert, jedoch erst nach dem Inkrafttreten des WTBG (dem Beschwerdeführer unbestritten am 6. Dezember 1999) zugestellt.

Da ein Bescheid erst mit seiner "Erlassung" rechtliche Existenz erlangt (vgl. dazu Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Aufl., Rz 426 f), wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, nur einen solchen Bescheid zuzustellen, welcher in der zitierten Übergangsbestimmung des § 229 Abs. 19 WTBG seine Deckung findet, was eine entsprechende Prüfung der Rechtslage vorausgesetzt hätte.

Eine solche Prüfung hat die belangte Behörde offenbar in Verkennung der Rechtslage unterlassen, sodass der angefochtene Bescheid - ohne dass in das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden müsste - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 501/2001.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, da Ersatz von Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht gebührt; unter den vom Beschwerdeführer verwendeten Begriff "Barauslagen" kann im Beschwerdefall nur der Ersatz der Eingabengebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG subsumiert werden (vgl. auch § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG). Wien, am 5. September 2002

Schlagworte

Behördenbezeichnung BehördenorganisationMängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000020023.X00

Im RIS seit

07.11.2002

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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