TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/5 98/21/0177

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Veröffentlicht am 05.09.2002
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §6 Abs1;
AsylG 1991 §6 Abs2;
AsylG 1991 §7 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 98/21/0240 E 5. September 2002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde der V R, geboren am 21. Juni 1962, vertreten durch Dr. Karl Mayer, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Kaiser Franz-Joseph-Ring 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. November 1997, Zl. Fr 5396/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurden die Beschwerdeführerin, eine albanische Staatsangehörige, als auch ihre am 25. Dezember 1991 geborene Tochter G R gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Nach der Begründung dieses Bescheides reiste die Beschwerdeführerin am 1. April 1997 in einem Kleinbus versteckt und somit unter Umgehung der Grenzkontrolle über einen ihr unbekannten Grenzübergang in das Bundesgebiet ein. Am 3. April 1997 habe die Beschwerdeführerin einen Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Mai 1997 abgewiesen worden sei. Einer gegen den letztgenannten Bescheid erhobenen Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. September 1997 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Auch bei Berücksichtigung dieses Beschlusses komme der Beschwerdeführerin aber keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1991 zu. Die auf dem Landweg nach Österreich gelangte Beschwerdeführerin habe nämlich aus geopolitischen Gründen zwangsläufig zuletzt entweder Slowenien oder Ungarn passieren müssen, wo sie bereits vor Verfolgung sicher gewesen sei. Da der Beschwerdeführerin auch mangels direkter Einreise nach Österreich im Asylverfahren keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen sei, könne sie eine solche auch nicht aus dem genannten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ableiten. Die Beschwerdeführerin besitze weder eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz noch sei ihr ein Sichtvermerk erteilt worden, sodass sie sich niemals rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe. Obwohl sich der Ehegatte der Beschwerdeführerin, der im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung sei, und das Kind der Beschwerdeführerin in Österreich befänden, sei die Ausweisung auch im Sinne des § 19 FrG zulässig, weil diese zum Schutz der öffentlichen Ordnung, insbesondere im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen, dringend geboten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende (ausschließlich die Beschwerdeführerin Vasilika Ruli betreffende) Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerde wendet sich gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin sei eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinn des § 7 Abs. 1 AsylG 1991 nicht zugekommen. Sie bringt dazu vor, die Beschwerdeführerin habe innerhalb von zwei Tagen ab ihrer Einreise in das Bundesgebiet einen Asylantrag gestellt. Durch die Beschwerde unbestritten bleibt, dass die Beschwerdeführerin aus dem Staat, in dem sie Verfolgung befürchtet (nach den aktenkundigen Aussagen der Beschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt handelte es sich dabei ausschließlich um Albanien) nicht "direkt" in das Bundesgebiet eingereist ist und dass sie damit nicht die Voraussetzung des § 6 Abs. 1 AsylG 1991 erfüllt hat.

Die Beschwerdeführerin wendet in diesem Zusammenhang weiter ein, die belangte Behörde habe nur Vermutungen darüber angestellt, über welche Drittstaaten sie tatsächlich eingereist sei (ohne dass die Beschwerdeführerin aber die von der belangten Behörde zugrunde gelegte Einreise über Ungarn oder Slowenien bestreitet) und in welchem dieser Drittstaaten sie bereits einen Antrag auf Asylgewährung hätte einbringen können. Dass die Beschwerdeführerin mangelnde Verfolgungssicherheit in den Durchreisestaaten im Sinne des § 6 Abs. 2 AsylG 1991 geltend gemacht hätte, wird weder in der Beschwerde behauptet noch finden sich dafür Anhaltspunkte im Verwaltungsakt. Aus dem Gesagten ergibt sich somit, dass die Beschwerdeführerin nicht gemäß § 6 Abs. 1 oder 2 AsylG 1991 eingereist ist, sodass sie die (neben der rechtzeitigen Asylantragstellung erforderlichen, vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1998, Zl. 95/18/0712) Voraussetzungen zur Erlangung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 AsylG 1991 nicht erfüllt hat. Verfügte die Beschwerdeführerin aber schon im Asylverfahren über keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung, so konnte eine solche auch durch den hg. Beschluss vom 22. September 1997 über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an ihre Beschwerde gegen den ihren Asylantrag abweisenden Bescheid nicht zum Tragen kommen.

Das Vorliegen anderer in § 15 FrG genannter Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich wird in der Beschwerde nicht dargetan, sodass der belangten Behörde nicht entgegenzutreten ist, wenn sie die Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG als erfüllt ansah.

Aber auch gegen die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, § 19 FrG stehe der vorliegenden Ausweisung nicht entgegen, besteht kein Einwand. Ein Eingriff in das Familienleben mit dem minderjährigen Kind der Beschwerdeführerin erfolgt durch die Ausweisung schon deshalb nicht, weil, wie erwähnt, durch den angefochtenen Bescheid sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihr Kind ausgewiesen werden. Hingegen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid entgegen dem Beschwerdevorbringen berücksichtigt, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin im Bescheiderlassungszeitpunkt in Österreich wohnhaft und im Besitze einer gültigen Aufenthaltsbewilligung war und ist daher unter diesem Gesichtspunkt zu Recht von einem Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführerin durch die Ausweisung ausgegangen. Diesem Eingriff steht der mehrmonatige unrechtmäßige Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich gegenüber. Nach der hg. Rechtsprechung kommt der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1998), sodass gegen die Ansicht der belangten Behörde, die Ausweisung sei im vorliegenden Fall im Sinn des § 19 FrG dringend geboten, beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken bestehen.

Dem angefochtenen Bescheid haftet somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Wien, am 5. September 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998210177.X00

Im RIS seit

07.11.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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