TE Vfgh Beschluss 1999/9/28 KI-25/97

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Veröffentlicht am 28.09.1999
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art138 Abs1 litb
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof mangels Vorliegens eines Kompetenzkonfliktes bei Einstellung des Verfahrens wegen Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrags und Zurückweisung einer weiteren in derselben Sache eingebrachten Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof nach Ablehnung der Behandlung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags als aussichtslos

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Einschreiterin beantragt die Feststellung des Vorliegens eines negativen Kompetenzkonflikts zwischen dem Verfassungsgerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof und die kostenpflichtige Aufhebung der "entgegenstehenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1996 (...) sowie vom 10. Dezember 1996 (...)".

Beim Verfassungsgerichtshof war zur Zahl B1009/96 eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesministers für Inneres anhängig, mit dem ein Antrag der Einschreiterin auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung wegen Vorliegens einer Scheinehe abgewiesen wurde.

Mit Beschluß vom 26. Juni 1996 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und nach einem diesbezüglichen Antrag wurde die Beschwerde mit Beschluß vom 14. August 1996 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die Einschreiterin hatte zuvor am 20. März 1996 einen Verfahrenshilfeantrag beim Verwaltungsgerichtshof zur Erhebung einer Parallelbeschwerde eingebracht, und die Verfahrenshilfe ist am 21. Juni 1996 bewilligt worden.

2. Am 4. September 1996 trug der Verwaltungsgerichtshof der Einschreiterin auf, die Beschwerde zu ergänzen und ua. das Recht, in dem die Einschreiterin verletzt zu sein behauptet, bestimmt zu bezeichnen. In diesem Schreiben wurde darauf hingewiesen, daß mit Beschluß vom 21. Juni 1996, ZVH 96/19/0158, bereits ein Verfahrenshelfer bestellt worden sei. Zur Mängelbehebung wurde eine Frist von 6 Wochen eingeräumt und darauf hingewiesen, daß die Versäumung dieser Frist als Zurückziehung der Beschwerde gelte.

3. Am 21. Oktober 1996 stellte die Einschreiterin einen Verfahrenshilfeantrag "aus advokatorischer Vorsicht", da für sie nicht erkennbar sei, ob das Beschwerderecht "durch die mit (...) Beschluß vom 21. Juni bewilligte Verfahrenshilfe und die darauf bezughabende Vorgangsweise des Verfahrenshelfers bereits konsumiert" sei.

Der - mit dem jetzigen Vertreter der Einschreiterin nicht idente - Verfahrenshelfer hatte am 24. Oktober 1996 auch Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben.

4. Mit Beschluß vom 15. November 1996 (zugestellt am 3. Februar 1997) wurde der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe bezüglich der abgetretenen Beschwerde wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, da schon am 21. Juni 1996 die Verfahrenshilfe bewilligt worden war.

Mit Beschluß vom 10. Dezember 1996, ebenfalls zugestellt am 3. Februar 1997, wurde das Verfahren hinsichtlich der abgetretenen Beschwerde wegen Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages eingestellt.

Mit einem weiteren Beschluß vom 10. Dezember 1996 wurde die vom Verfahrenshelfer eingebrachte Beschwerde zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, daß die Einschreiterin "gegen denselben Bescheid schon vor der gegenständlichen Beschwerde die durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 14. August 1996 abgetretene, am 19. August 1996 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte (...) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben (hätte), worüber das Verfahren noch anhängig" sei. Damit hätte die Einschreiterin das Beschwerderecht bereits verbraucht, weshalb sich die gegenständliche Beschwerde als unzulässig erweise.

5. Die Einschreiterin behauptet das Vorliegen eines negativen Kompetenzkonfliktes und bringt ua. vor:

"Ich habe, um eine baldige Klärung meines mit Rechtsunsicherheiten verbundenen aufenthaltsrechtlichen Status herbeizuführen, die Möglichkeit der sogenannten Parallelbeschwerde wahrgenommen. Ich habe vom Verwaltungsgerichtshof über das Schicksal des von meinem Vertreter eingebrachten Verfahrenshilfeantrages nach einer in diesem Verfahren erstatteten Urkundenvorlage vom 7.6.1996 nichts mehr erfahren. Mir war daher zum Zeitpunkt der Zustellung der Ablehnung der Behandlung der Beschwerde mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 26.6.1996 am 8.8.1996 nicht bekannt, ob mir der Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe bewilligt, weswegen auch ich die Abtretung der vom Verfassungsgerichtshof abgelehnten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen mußte, um die bei diesem Gerichtshof gegebenen anders gearteten Möglichkeiten den Bescheid des Bundesministers für Inneres zu bekämpfen, wahrnehmen zu können."

6. Der Verwaltungsgerichtshof erstattete eine Äußerung, in der er die Rechtmäßigkeit seiner Beschlüsse verteidigt und ausführt, daß er im vorliegenden Fall seine Zuständigkeit nicht verneint habe.

II. Ein verneinender (negativer) Kompetenzkonflikt iSd Art138 Abs1 lita B-VG liegt vor, wenn zwei Behörden in derselben Sache angerufen wurden und beide Behörden die Entscheidung in der Sache abgelehnt haben, aber eine zu Unrecht (VfSlg. 2429/1952, 4554/1963, 6046/1969). Die Voraussetzungen für einen verneinenden Kompetenzkonflikt liegen jedoch nicht vor, wenn eine der angerufenen Behörden den gestellten Antrag nicht wegen Unzuständigkeit, sondern deshalb abgewiesen hat, weil dem Antragsteller die Legitimation fehlt, die Aufhebung eines bestimmten ihm gegenüber in Rechtskraft erwachsenen Verwaltungsaktes zu begehren (VfSlg. 383/1925).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Schreiben vom 4. September 1996 die Einschreiterin aufgefordert, die Beschwerde zu ergänzen, und auf die erfolgte Bewilligung der Verfahrenshilfe im anderen Verfahren hingewiesen.

Die Zurückweisung des Verfahrenshilfeantrags und die Einstellung des Verfahrens bedeuten keine Unzuständigkeitsentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Zurückweisung der durch den Verfahrenshelfer eingebrachten Beschwerde ist ebenfalls nicht aus Gründen der Unzuständigkeit erfolgt, sondern wegen des bereits konsumierten Beschwerderechts (der Mängelbehebungsauftrag hinsichtlich der abgetretenen Beschwerde erging am 4. September 1996; der Verfahrenshelfer hat die Beschwerde am 28. Oktober 1996 zur Post gegeben).

Die Frage, ob die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Zurückweisung des Verfahrenshilfeantrages und der Einstellung des Verfahrens und die Zurückweisung der durch den Verfahrenshelfer eingebrachten Beschwerde richtig sind, hat der Verfassungsgerichthof nicht zu beurteilen.

Da somit der Verwaltungsgerichtshof seine Zuständigkeit nicht verneint hat, liegt ein verneinender Kompetenzkonflikt nicht vor. Der Antrag war daher zurückzuweisen.

Da somit die von der Einschreiterin beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof offenbar aussichtslos erscheint, mußte ihr mit der Beschwerde gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe als unbegründet abgewiesen werden (§63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953).

Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Kompetenzkonflikt, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:KI25.1997

Dokumentnummer

JFT_10009072_97K0I025_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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