TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/5 99/21/0157

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Veröffentlicht am 05.09.2002
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des am 16. August 1960 geborenen SG in Wien, vertreten durch Mag. Oliver Ertl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Riemergasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 9. Februar 1999, Zl. Fr 1513/98, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 9. Februar 1999 gerichtet, mit dem der Beschwerdeführer, ein liberianischer Staatsbürger, gemäß § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen wurde.

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer am 22. November 1996, ohne im Besitz eines erforderlichen Reisedokuments bzw. einer Aufenthaltsberechtigung zu sein, illegal in das Bundesgebiet eingereist sei. Am 26. November 1996 habe er einen Asylantrag eingebracht, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27. November 1996 gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen worden sei. Gegen diesen Bescheid habe er fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung erhoben, bis dato sei das Asylverfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz 1997 (AsylG) sei als unzulässig zurückgewiesen worden. Dem Beschwerdeführer sei somit keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Abs. 2 AsylG ausgehändigt worden, was ihm von der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 23. November 1998 an seine zuletzt angegebene Adresse bekannt gegeben worden sei. Ebenso wenig wie eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Abs. 2 AsylG sei dem Beschwerdeführer eine solche gemäß §§ 6 und 7 Asylgesetz 1991 zugekommen.

Dem Beschwerdeführer sei mitgeteilt worden, dass die belangte Behörde beabsichtige, ihn gemäß § 33 Abs. 1 FrG auszuweisen. Trotz Aufforderung sei bis jetzt keine Stellungnahme seinerseits eingelangt, welche Umstände gegen diese Ausweisung sprächen bzw. ob private oder familiäre Interessen iSd § 37 Abs. 1 FrG vorlägen. Im Zuge des Rechtsmittelverfahrens habe festgestellt werden müssen, dass der Beschwerdeführer laut Mitteilung der Bundespolizeidirektion Wien von der zuletzt angegebenen Adresse amtlich abgemeldet wäre und nicht eruierbar sei, wo er sich aufhalte.

Der Beschwerdeführer halte sich seit seiner Einreise und somit mehr als zwei Jahre unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Dies stelle einen schwer wiegenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung, insbesondere gegen die fremdenrechtlichen Bestimmungen über den Aufenthalt Fremder in Österreich, dar. Ein geordnetes Fremdenwesen sei für den österreichischen Staat von eminentem Interesse. Dies umso mehr in einer Zeit, in der, wie in jüngster Vergangenheit unübersehbar geworden, der Zuwanderungsdruck kontinuierlich zunehme. Um den mit diesem Phänomen verbundenen, zum Teil gänzlich neuen Problemstellungen in ausgewogener Weise Rechnung tragen zu können, würden die für Fremde vorgesehenen Rechtsvorschriften zunehmend an Bedeutung gewinnen. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten komme demnach aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu.

Dem fremdenpolizeilichen Akt bzw. den Aussagen des Beschwerdeführers hätten keine maßgeblichen Privat- und Familieninteressen iSd § 37 FrG entnommen werden können, daher sei auch nicht das "Dringend-Geboten-Sein" der Ausweisung zu prüfen gewesen. Doch auch wenn man von einem maßgeblichen Familien- oder Privatleben ausgegangen wäre, wäre die Ausweisung auf Grund des langjährigen illegalen Aufenthaltes und der kontinuierlichen Weigerung, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen, dringend geboten gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte unter Verzicht auf die Abfassung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, wobei auf § 37 leg. cit. Bedacht zu nehmen ist.

Nach § 31 Abs. 1 Z. 4 FrG halten sich Fremde (u.a.) rechtmäßig im Bundesgebiet auf, "solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt". Dafür ist im vorliegenden Zusammenhang die Bestimmung des § 19 AsylG über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung von Bedeutung, welche die vorläufige Aufenthaltsberechtigung von Asylwerbern schlechthin regelt und nicht bloß von solchen, die im zeitlichen Geltungsbereich des AsylG einen Asylantrag gestellt haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 98/21/0373). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. März 2000, Zl. 99/21/0266, ausgesprochen hat, ist aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 AsylG und aus dem vom Gesetzgeber erkennbar mit dieser Bestimmung verfolgten Zweck der Schluss zu ziehen, dass auch unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereisten Asylwerbern eine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung gewährt werden soll, außer es liegt eine Entscheidung darüber vor, dass der Asylantrag unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist. Im Einzelnen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen.

Im vorliegenden Fall wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers weder als unzulässig zurückgewiesen (§§ 4 und 5 Asylgesetz 1997) noch als offensichtlich unbegründet abgewiesen (§ 6 leg. cit.). Nach der im angefochtenen Bescheid enthaltenen - und für dessen Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG maßgeblichen - Feststellung war das Verfahren über den Asylantrag des Beschwerdeführers bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht abgeschlossen. Die belangte Behörde hat sohin die Rechtslage verkannt, indem sie ungeachtet dieser Feststellung mit dem angefochtenen Bescheid die Ausweisung des Beschwerdeführers aussprach, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 5. September 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999210157.X00

Im RIS seit

07.11.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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