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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §103 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, in der Beschwerdesache des H in L, vertreten durch Dr. Klaus Reisch und Dr. Anke Reisch, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 10. April 2002, Zl. RV 472/1-5/01, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Aus der vorgelegten Ablichtung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerde und des Mängelbehebungsschriftsatzes lässt sich Folgendes entnehmen:
Das Finanzamt habe davon Kenntnis erlangt, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1989 bis 1999 von einer näher bezeichneten GmbH für die Benutzung von Grundstücken Entschädigungszahlungen erhalten und in den Jahren 1989 bis 1993 Einkünfte aus Vermietung erzielt habe. Der Beschwerdeführer habe diese Einkünfte dem Finanzamt nicht bekannt gegeben. Die daraufhin ergangene Abgabenfestsetzung für die Jahre 1989 bis 1999 sei in Rechtskraft erwachsen.
Das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz habe mit Bescheid vom 10. Oktober 2001 gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass er im Bereich des Finanzamtes vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe von Steuererklärungen (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) Abgabenverkürzungen an Einkommensteuer für die Jahre 1989 bis 1999 von insgesamt S 316.307,-- bewirkt und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen habe.
Der Beschwerdeführer habe durch seine ausgewiesenen Vertreter eine Administrativbeschwerde nach § 152 FinStrG erhoben.
Mit dem angefochtenen Bescheid ist diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden. Die belangte Behörde hat ausgeführt, auf Grund des geschilderten Sachverhaltes sei von der Verwirklichung der objektiven Tatseite auszugehen. Zur subjektiven Tatseite sei auf die Beilage E 25 zur Einkommensteuererklärung für nichtbuchführende Land- und Forstwirte zu verweisen. Darin werde ausdrücklich darauf hingewiesen, das Servitutsentschädigungen und die Privatzimmervermietung nicht mit den Durchschnittssätzen abgegolten seien. Es bestehe daher der Verdacht, dass der Beschwerdeführer davon Kenntnis gehabt habe, dass Einkünfte aus nichtlandwirtschaftlicher Nutzung dem Finanzamt bekannt zu geben seien.
Auf Grund der vorliegenden Tatsachen sei der Verdacht der Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs. 1 FinStrG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht ausreichend begründet. Die Einleitung des Finanzstrafverfahrens durch die Finanzstrafbehörde erster Instanz sei daher zu Recht erfolgt.
Die belangte Behörde hat ihre Beschwerdeentscheidung laut Zustellverfügung an den Beschwerdeführer adressiert.
Die Beschwerdeentscheidung ist dem Beschwerdeführer laut den Angaben in der Beschwerde am 17. April 2002 zugestellt worden. Der Beschwerdeführer hat am folgenden Tag seinem ausgewiesenen Vertreter per Fax eine Ablichtung zukommen lassen. Dem im Verwaltungsverfahren ausgewiesenen Vertreter des Beschwerdeführers wurde die Beschwerdeentscheidung nicht zugestellt. Nach dem Beschwerdevorbringen sei davon auszugehen, "dass eine wirksame Zustellung des bekämpften Bescheides bisher überhaupt noch nicht vorliegt".
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren bestimmt § 26 Abs. 2 VwGG, dass Beschwerde auch erhoben werden kann, bevor der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt oder verkündet worden ist. Für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gilt in diesem Falle der Bescheid als an dem Tage zugestellt, an dem der Beschwerdeführer von seinem Inhalt Kenntnis erlangt hat.
Voraussetzung für die Erhebung einer Beschwerde nach § 26 Abs. 2 VwGG ist aber, dass der angefochtene Bescheid überhaupt erlassen, also einer Partei zugestellt oder verkündet worden ist. Dies ist aber nur bei einem im Mehrparteienverfahren erlassenen Bescheid denkbar, und zwar dann, wenn einer Partei der Bescheid weder zugestellt noch verkündet worden ist, sie aber von der Erlassung desselben und von seinem wesentlichen Inhalt durch eine andere Partei Kenntnis erlangt hat (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 34).
Bei einem Verfahren über die Einleitung des Finanzstrafverfahrens handelt es sich nicht um ein Mehrparteienverfahren, sodass im Beschwerdefall § 26 Abs. 2 VwGG nicht zur Anwendung kommen kann.
Nach § 56 Abs. 3 FinStrG gelten für Zustellungen das Zustellgesetz und sinngemäß die Bestimmungen des dritten Abschnittes der BAO.
§ 9 Abs. 1 Zustellgesetz sieht vor:
"Ist eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt, so hat die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."
Ab dem Vorliegen einer Zustellungsbevollmächtigung im Sinne dieser Gesetzesstelle - somit jedenfalls ab Vorliegen einer einem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht - hat die Behörde - soweit nicht ein Anwendungsfall des § 103 Abs. 2 BAO vorliegt - nur mehr an den Zustellungsbevollmächtigten und nicht mehr an den Vertretenen selbst zuzustellen. Wird stattdessen an den Vertretenen selbst zugestellt, dann ist diese Zustellung unwirksam. Eine Heilung dieses Zustellmangels tritt aber trotz falscher Bezeichnung des Empfängers dann ein, wenn die Sendung dem Zustellungsbevollmächtigten "tatsächlich zukommt" (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 14. September 1992, 91/15/0044, und vom 19. Mai 1993, 93/09/0041).
Für die Heilung eines solchen Zustellmangels ist es erforderlich, dass das Schriftstück dem (richtigen) Empfänger tatsächlich zukommt; in der Übermittlung einer Fotokopie per Fax ist kein 'tatsächliches Zukommen' gelegen (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2.Auflage, § 9 Zustellgesetz E Nr. 62 ff referierte hg. Judikatur).
Im Beschwerdefall ist vor diesem rechtlichen Hintergrund davon auszugehen, dass die am 17. April 2002 an den Beschwerdeführer und nicht an seinen Vertreter erfolgte Zustellung rechtsunwirksam war. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde, mit der die Beschwerdevertreter eine Kopie des angefochtenen Bescheides vorgelegt haben, war ihnen nach ihrem Vorbringen zwar der Inhalt des angefochtenen Bescheides über den Beschwerdeführer aber nur in Fotokopie (per Fax) zur Kenntnis gebracht worden. Der Bescheid ist den Vertretern daher nicht tatsächlich zugekommen. Da der angefochtene Bescheid damit keine Rechtswirksamkeit erlangt hat, erweist sich die Beschwerde als unzulässig. Sie war
daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
Wien, am 12. September 2002
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002150090.X00Im RIS seit
23.12.2002Zuletzt aktualisiert am
15.05.2013