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L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;Norm
B-VG Art140;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. H. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch Dr. Eugen Wiederkehr und Dr. Werner Loos, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Kärntner Straße 49, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 6. September 2000, Zl. MD-VfR-G 24/2000, betreffend Vergnügungssteuer samt Säumniszuschlag nach dem Wiener Vergnügungssteuergesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anlässlich einer Überprüfung im Betrieb der Beschwerdeführerin in W wurde am 27. Juli 1998 vom Revisionsbeamten hinsichtlich eines Spielapparates, welches u. a. das Programm "Breakers" enthielt, festgestellt:
"Es handelt sich um ein Videospiel, bei dem sich zwei Kämpfer gegenüber stehen. Nach Auswählen eines vom Spieler gewählten Kämpfers (beim Probespiel ein mit einem Stock bewaffneter Mann) wird wahlweise gegen einen Mitspieler oder gegen den Computer gespielt.
In der Spielebene, in der der Rev. Beamte sich in das Spiel einklinkte, war ein ganz normaler Platz zu sehen, auf dem sein Kämpfer einem Unbewaffneten gegenüberstand. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Bewegungsabläufen (hinsichtlich Mechanismus) konnte der Kämpfer so bewegt werden, dass der Gegner entweder mit den Händen, Füßen oder mit dem Stock am Körper getroffen werden konnte.
Beim Treffen des Körpers durch die oben angeführten Körperteile bzw. durch den Stock war jedesmal ein typisches Schlaggeräusch zu hören.
Mit der Fortdauer des Spieles wuchs die Geschicklichkeit des Spielers und erhöhte dessen Aggressivität, welches darin zum Ausdruck kam, dass der Gegner immer mehr Körpertreffer hinnehmen musste, bis er so getroffen wurde, dass er zu Boden ging und dort auch k.o. liegen blieb.
Das Spiel zieht eindeutig auf die Verletzung des Gegners ab, um diesen zu besiegen."
Mit Bescheid vom 11. November 1998 schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin gemäß §§ 1 Abs. 1 Z 3, 6 Abs. 4 und 13 Abs. 1 Wiener Vergnügungssteuergesetz 1987 (VGSG), LGBl. für Wien Nr. 43/1987 in der geltenden Fassung, sowie gemäß § 149 Abs. 2 der Wiener Abgabenordnung (WAO), LGBl. für Wien Nr. 21/1962 in der geltenden Fassung, für das Halten eines Spielapparates mit u. a. dem Programm "Breakers" während des Monates Juli 1998 in ihrem Betrieb Vergnügungssteuer im Betrag von S 18.000,-- (zuzüglich Säumniszuschlag in Höhe von S 300,--) vor.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und brachte u.a. vor, dass die gegenständlichen Automaten keine aggressiven Kampfhandlungen zeigten, sondern die gesetzlich anerkannten, in Regeln definierten Sportarten Taek Won Do und Kendo, die von jedermann (und sogar von Kindern!) erlernt und aktiv betrieben würden. Sportler würden bei der realen Ausübung dieser Sportart üblicherweise nicht verletzt. Dem werde bei den gegenständlichen Automaten dadurch Rechnung getragen, als die Spielfiguren beispielsweise nach einem Schlag, den sie bekämen, unverletzt und sogleich wieder aufstünden und weiterspielten. Die Behörde hätte bei Durchführung eines mängelfreien Verfahrens zweifellos zu den Feststellungen gelangen müssen, dass die auf dem Bildschirm gezeigten Darstellungen den anerkannten Regeln der genannten Sportart entsprächen.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde u.a. festgestellt, dass Taek Won Do eine im Bundesland Wien anerkannte Sportart sei (Kundmachung der Wiener Landesregierung vom 11. Juli 1995, LGBl. für Wien Nr. 59/1995). Die dargestellten Kampfhandlungen würden jedoch allenfalls nach der grundsätzlichen Methodik bzw. Taktik, nicht aber nach den für die Sportart Taek Won Do maßgeblichen und verbindlichen Regeln und Vorschriften (Ringgeviert, Ringmatte, Kampfrichter, Punkterichter und schiedsrichterliches Eingreifen bei Regelverletzungen) abgewickelt. Es stünde fest, dass das im Spielprogramm "Breakers" dargestellte Attackieren von Menschen mittels Faust- und Handkantenschlägen, sowie Fußtritten und Schlagstöcken üblicherweise deren Verletzung, eventuell sogar deren Tötung zur Folge habe. Dass der "Getroffene" in der Spieldarstellung anschließend wieder aufstehe und weiterkämpfe, erscheine insofern ohne Belang, als dies in der Lebensrealität mit hoher Wahrscheinlichkeit ("üblicherweise") nicht der Fall wäre.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies erfolgte im Wesentlichen mit der Begründung, die vom Spieler während des Spieles zu beachtende Einhaltung bestimmter Regeln, wie etwa in den sportlichen Disziplinen Taek Won Do oder Kendo, sei weder von der Erstbehörde festgestellt noch von der Berufungswerberin behauptet worden. Die von der Erstbehörde ermittelte und von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellte Kulisse für diese Kämpfe könne eine sportliche Arena nicht ersetzen. Die "virtuelle Umgebung", in der die Kämpfe ausgetragen würden, lasse keinen Schluss auf einen sportlich fairen Wettkampf zu. Durch Schläge und Tritte auf den menschlichen Körper sei üblicherweise und nach der allgemeinen Lebenserfahrung zumindest mit Verletzungen zu rechnen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 6 Abs. 4 VGSG, LGBl. Nr. 43/1987, i.d.F. LGBl. Nr. 41/1992, lautet auszugsweise:
"Für das Halten von Apparaten, oder von Apparaten (...) durch deren Betätigung optisch bzw. akustisch eine aggressive Handlung, wie beispielsweise die Verletzung oder Tötung von Menschen oder die Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist, dargestellt wird, beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat S 18.000,--."
Der Gesetzgeber hat in dieser Bestimmung zwei Beispiele für die optische oder akustische Darstellung einer aggressiven Handlung im Sinne des § 6 Abs. 4 VGSG gegeben, wobei er ausdrücklich auch die Verletzung oder Tötung von Menschen nennt. Er hat damit den Maßstab für die Art und Intensität des aggressiven Verhaltens im Sinne dieser Gesetzesbestimmung festgelegt. Zum Beispiel werden aggressives, lautes Schreien, drohende Gesten, aggressive, jedoch regelgebundene Sportarten allein den gesetzlichen Tatbestand nicht erfüllen. Geht man von diesem Maßstab aus, dann fällt unter den gesetzlichen Tatbestand auch die Darstellung von Handlungsweisen, mit denen üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1993, 93/17/0269). Dies ist bei den dargestellten Kämpfen, bei denen der Gegner so lange attackiert wird, bis er am Boden liegt, der Fall.
Der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass die vorliegenden Spielautomaten sportliche Wettkämpfe - nämlich Taek Won Do bzw. Kendo - und nicht aggressive Handlungsweisen zeigen, kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:
In beiden Sportarten gelten Regeln, beispielsweise über die Beschaffenheit der Kampffläche. Weiters sollen die Teilnehmer durch jeweils vorgeschriebene Schutzausrüstungen (welche unterschiedlichen Anforderungen genügen muss) vor ernsthafter Verletzung geschützt werden. Die Wertung des Kampfgeschehens erfolgt in jeder der beiden Sportarten durch Schiedsrichter, welche die qualitative und quantitative Beurteilung des Kampfgeschehens zur Aufgabe haben. Ihnen obliegt es auch, zur Vermeidung schwer wiegender Verletzungen der Akteure Verstöße gegen die jeweiligen Regeln sofort zu ahnden (Punkteverluste für den Verursacher, Kampfunterbrechungen etc.). Es handelt sich dabei (laut Beschwerdevorbringen) um zwei - nach Technik, Austragungsmodus der Wettkämpfe und Schutzbekleidung - verschiedene Sportarten. Während bei Kendo ausschließlich mit Bambusschwertern gekämpft wird, ist die Verwendung von Waffen, Stöcken und dergleichen im Taek Won Do nicht vorgesehen. Die Beschwerdeführerin hat es unterlassen, darzulegen, welcher der beiden Sportarten das Spiel "Breakeres" konkret entsprechen würde.
Laut der der Berufung beigelegten Spielbeschreibung werden die Kämpfe vor verschiedenem Hintergrund (Westernstadt, buddhistisches Kloster, Diskothek usw.) ausgeführt. Dass die Spieler bestimmte - entweder dem Taek Won Do oder dem Kendo entsprechenden - Regeln einhalten müssten, wurde von der Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch im Beschwerdevorbringen behauptet. Dasselbe gilt auch für die schiedsrichterliche Wertung des Kampfgeschehens, die Schutzbekleidung bzw. die Kampffläche. Nicht einmal die Bezeichnung des gegenständlichen Spieles "Breakers" lässt auf das Vorliegen einer der genannten Sportarten schließen. Dass bei dem gegenständlichen Spiel der Gegner mit der Hand bzw. mit einem Stock geschlagen oder mit den Füßen getreten wird, vermag bei einem Spieler keineswegs den Eindruck zu erzeugen, dass es sich hier um die Darstellung eines Wettkampfes handelt, der nach den Regeln von Taek Won Do bzw. Kendo ausgeführt wird. Vielmehr handelt es sich um die Darstellung aggressiver Handlungsweisen, welche üblicherweise zumindest Verletzungen nach sich ziehen (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 2002, 2000/15/0181).
Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, sich mit den von ihr im bisherigen Verfahren vorgebrachten Argumenten ausreichend auseinander zu setzen sowie ihren Beweisanträgen nachzukommen bzw. diese zu erledigen. Hätte die belangte Behörde (oder aber die erstinstanzliche Behörde) selbst eine Besichtigung der Apparate vorgenommen und sich von den Inhalten und vor allem den grafischen Darstellungen überzeugt, hätte sie zweifellos festgestellt, dass die gezeigten Handlungen den realen Sportarten Taek Won Do bzw. Kendo vergleichbar und daher nicht aggressiv seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass - wie bereits oben ausgeführt - die Beschwerdeführerin weder mit diesem Vorbringen noch mit den in dem vorliegenden Verwaltungsakt enthaltenen Ausführungen dargelegt hat, welche der beiden Sportarten ihres Erachtens vorliegen sollte, worin die von ihr behauptete Übereinstimmung mit Taek Won Do bzw. Kendo konkret gelegen wäre bzw. wodurch die belangte Behörde dies hätte erheben können. Auch ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung zur Gestaltung bzw. zum Ablauf des Spieles "Breakers" nicht entgegen getreten ist.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht überdies keine Veranlassung, der Anregung der Beschwerdeführerin, die Bestimmung des § 6 Abs. 4 VGSG, insbesondere den Begriff "aggressive Handlung" auf deren Verfassungskonformität durch den Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen, Folge zu leisten, da der genannte Gesetzesbegriff schon im Hinblick auf die in der Gesetzesstelle genannten Beispielsfälle hinreichend bestimmbar ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 2002, 2000/15/0181).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 12. September 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000150180.X00Im RIS seit
13.12.2002