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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des J (geboren 1982), vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. Juli 2002, Zl. SD 518/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 9. Juli 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Sierra Leone, gemäß § 36 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am 8. September 2000 illegal nach Österreich eingereist und habe am 11. September 2000 einen Asylantrag gestellt, welcher im Instanzenzug vom unabhängigen Bundesasylsenat am 22. Jänner 2001 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Mit Schreiben vom 30. Jänner 2002 habe der Beschwerdeführer der Erstbehörde mitgeteilt, dass sein richtiger Name Benson Uwhumiakpo, am 1. Juni 1969 in Vari, Nigeria, geboren, lauten würde. Gleichzeitig habe er eine Kopie seines nigerianischen Reisepasses vorgelegt. Den Namen John Ahmed hätte er lediglich aus Angst vor seiner Abschiebung angegeben. Nunmehr würde er beabsichtigen, eine österreichische Staatsbürgerin zu heiraten. Am 3. Juni 2002 sei der Beschwerdeführer von Kriminalbeamten der Erstbehörde wegen des Verdachts des unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet gemäß § 110 Abs. 3 FrG festgenommen worden. Den einschreitenden Beamten gegenüber habe er angegeben, keine Reise- bzw. Ausweisdokumente zu besitzen, und habe sich mit einer Bestätigung des Bundesasylamtes Wien vom 25. September 2001, lautend auf Victor Evughe, am 11. März 1977 geboren, ausgewiesen. Der Beschwerdeführer habe bei seiner Anhaltung keine Barmittel bei sich gehabt. Er sei daher nicht in der Lage, seinen Unterhalt für einen Aufenthalt in Österreich zu bestreiten. Die Erstbehörde sei daher zu Recht vom Nichtvorhandensein der erforderlichen Mittel zum Unterhalt des Beschwerdeführers ausgegangen. Ein Fremder habe die ihm zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel aus eigenem (initiativ) darzulegen. Auch in seiner Berufung habe der Beschwerdeführer dies unterlassen. Er habe daher nicht nachweisen können, dass ihm die erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt aus eigenem Einkommen oder Vermögen zur Verfügung stünden, und auch nicht belegen können, dass eine andere Person auf Grund einer tragfähigen Verpflichtungserklärung seinen erforderlichen Unterhalt sicherstellen könnte. Er sei somit weiterhin als mittellos anzusehen, weshalb der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei. Diese Mittellosigkeit des Beschwerdeführers sowie sein unrechtmäßiger Aufenthalt beeinträchtigten die öffentliche Ordnung in hohem Maß, sodass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - auch im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt erweise.
Auf Grund des kurzen, knapp zweijährigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und im Hinblick auf das Fehlen familiärer Bindungen könne von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers keine Rede sein. Es sei daher weder zu überprüfen gewesen, ob die gegen den Beschwerdeführer gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch sei eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen gewesen. Auf Grund der erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und durch die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden. Dies umso weniger, als der Beschwerdeführer über keine Aufenthaltsberechtigung verfüge, aber der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens ein sehr hoher Stellenwert zukomme.
Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betreffe, so erscheine nach Auffassung der erkennenden Behörde eine Herabsetzung der von der Erstbehörde mit zehn Jahren festgelegten Dauer des Aufenthaltsverbotes auf fünf Jahre als ausreichend. In Anbetracht des Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nach einem Ablauf von fünf Jahren erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist. Gemäß Abs. 2 des § 36 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, und entsprechend zu belegen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint, wobei Unterstützungsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, zur Dartuung ausreichender Unterhaltsmittel nicht geeignet sind. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2001, Zl. 2001/18/0175, m.w.H.).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er bei der Anhaltung am 3. Juni 2002 keine Barmittel bei sich gehabt und ferner im Verwaltungsverfahren nicht nachgewiesen habe, dass ihm die erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt zur Verfügung stünden. Ferner lässt sich weder dem angefochtenen Bescheid noch der Beschwerde ein Hinweis darauf entnehmen, dass der Beschwerdeführer rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. Von daher begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei, keinen Bedenken. Der Hinweis des Beschwerdeführers, dass früher, nämlich in Anbetracht seines Asylverfahrens "zumindest bis 22.01.2001" für seinen Unterhalt gesorgt gewesen sei, vermag daran nichts zu ändern. Angesichts der nach der hg. Rechtsprechung aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierenden Gefahr strafbarer Handlungen und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich (vgl. das schon zitierte Erkenntnis Zl. 2001/18/0175), wozu noch kommt, dass er sich - wie sich aus der von ihm nicht in Abrede gestellten Darstellung im angefochtenen Bescheid ergibt - jedenfalls seit der rechtskräftigen negativen Beendigung seines Asylverfahrens zu Jahresbeginn 2001 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, bestehen auch gegen die weitere Auffassung der belangten Behörde, dass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keine Bedenken. Der (im Übrigen völlig unsubstantiierte) Beschwerdehinweis, dass "nach Primärrecht ein Aufenthaltsverbot wegen Mittellosigkeit in sämtlichen übrigen Mitgliedstaaten (der Europäischen Union) nicht existent" sei, vermag an diesem Ergebnis schon deshalb nichts zu ändern, weil es sich beim Beschwerdeführer nicht um einen Bürger eines solchen Mitgliedstaates handelt.
2. Der Beschwerdeführer bringt nicht vor , dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Licht des § 37 FrG unzulässig sei, und bestreitet auch nicht, dass er über keine familiären Beziehungen im Bundesgebiet verfügt. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass das Ergebnis der behördlichen Beurteilung, dass § 37 FrG dem vorliegenden Aufenthaltsverbot nicht entgegenstehe, rechtswidrig wäre. Zwar kann - entgegen der belangten Behörde - im Hinblick auf den nach den unbestrittenen Feststellungen immerhin etwa ein Jahr und zehn Monate dauernden Aufenthalt des Beschwerdeführers nicht davon gesprochen werden, dass diesem in Österreich keine privaten Interessen im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK zukommen. In Anbetracht der obgenannten, mit der Mittellosigkeit eines Fremden verbundenen Gefahr sowie ferner des im Licht des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegebenen großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, gegen die der Beschwerdeführer durch einen unrechtmäßigen Aufenthalt jedenfalls in der Dauer von etwa eineinhalb Jahren verstoßen hat, einerseits und dem unstrittigen Fehlen familiärer Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt andererseits überwiegt gemäß § 37 FrG das besagte allgemeine Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet.
3. Das weitere Vorbringen, die belangte Behörde hätte im Beschwerdefall lediglich mit einer Ausweisung vorgehen dürfen, führt die Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg. Unter dem Blickwinkel des § 33 Abs. 2 Z. 4 FrG ist es bereits deshalb nicht zielführend, weil der Umstand der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers unstrittig nicht innerhalb eines Monats nach seiner Einreise festgestellt wurde. Soweit dieses Vorbringen aber (auch) auf die Bestimmung des § 33 Abs. 1 leg. cit. abzielt, ist ihm zu erwidern, dass die belangte Behörde gehalten war, den Mangel des Nachweises von Unterhaltsmitteln durch den Beschwerdeführer einer rechtlichen Beurteilung zu unterziehen. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. November 2001, Zl. 99/18/0310.)
4. Schließlich wendet sich die Beschwerde auch gegen die Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes. Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2000/18/0249) ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird. Die Ansicht der belangten Behörde, dass im Fall des Beschwerdeführers ein Wegfall der von ihm ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung nicht vor Ablauf von fünf Jahren erwartet werden könne, begegnet keinen Bedenken, ist doch die dem Aufenthaltsverbot zu Grunde liegende vom Beschwerdeführer angesichts seiner Mittellosigkeit und seines unrechtmäßigen Aufenthaltes ausgehende Gefahr entgegen der Beschwerde keineswegs als "sehr gering anzusehen". Auch hat sich der Beschwerdeführer - entgegen seinem Vorbringen - angesichts seines Aufenthalts bis zur Abweisung seines Asylantrages mit Bescheid vom 22. Jänner 2001 in der Dauer von etwa vier Monaten keineswegs "sehr lange bis zur rechtskräftigen Abweisung" seines Asylantrags in Österreich aufgehalten. Sein Hinweis, dass die belangte Behörde Aufenthaltsverbote lediglich entweder für fünf Jahre, für zehn Jahre oder unbefristet erlassen würde und eine solche "Abstufung" aus dem Gesetz nicht ableitbar sei, vermag vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 17. September 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002180159.X00Im RIS seit
21.11.2002