TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/17 99/18/0211

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Veröffentlicht am 17.09.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §36 Abs2 Z8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, geboren 1954, vertreten durch Dr. Aleksa Paunovic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 17, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. April 1999, Zl. SD 938/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. April 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 und 8 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 2. November 1998 von Kroatien kommend sichtvermerksfrei in Österreich eingereist (vgl. den erstinstanzlichen Bescheid vom 6. November 1998, auf dessen Begründung im angefochtenen Bescheid verwiesen wird) und am 3. November 1998 von Sicherheitswachebeamten in Wien (13. Gemeindebezirk) beim Verlegen von Bodenfliesen betreten worden. Den Sicherheitswachebeamten gegenüber habe der Beschwerdeführer (sinngemäß) angegeben, dass er wüsste, dass er in Österreich nicht arbeiten dürfte, er aber Hunger hätte und sich sein Essen verdienen müsste. Bei seiner niederschriftlichen Vernehmung vor der Bundespolizeidirektion Wien (der Erstbehörde am selben Tag) habe er im Beisein einer Dolmetscherin angegeben, am

12. oder 13. Oktober 1998 mit dem Bus nach Österreich gekommen zu sein und seither bei verschiedenen Bekannten übernachtet zu haben. Hingegen habe er bestritten, in Österreich gearbeitet zu haben. Am 6. November 1998 habe er dann jedoch vor der Erstbehörde zu Protokoll gegeben, dass er zuletzt am 2. November 1998 nach Österreich gekommen wäre und lediglich "ausgeholfen" hätte. Erst in seiner Berufung habe er ergänzt, einem hier lebenden Verwandten unentgeltlich geholfen zu haben. In Anbetracht der Tatsache, dass der Beschwerdeführer von Sicherheitswachebeamten beim Verlegen von Bodenfliesen betreten worden sei und erklärt habe, dass er wüsste, dass er in Österreich nicht arbeiten dürfte, er sich aber sein Essen verdienen müsste, müssten seine späteren Behauptungen als Schutzbehauptungen gewertet und die unerlaubte Beschäftigung als erwiesen angesehen werden. Unter Berücksichtigung der Mitteilung des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten vom 6. November 1998 sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 8 iVm Abs. 4 FrG erfüllt.

Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer bei seiner Anhaltung lediglich S 452,-- bei sich gehabt. Dieser Betrag sei nicht geeignet, einen Nachweis für die erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt darzustellen, zumal dieser Betrag keinesfalls ausreiche, den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auch nur für einen kurzen Zeitraum zu finanzieren. Daran vermöge auch die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Verpflichtungserklärung des S. nichts zu ändern. Zur Darlegung, dass ein Fremder über die erforderlichen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfüge, sei es erforderlich, dass dieser von sich aus (initiativ) einen diesbezüglichen Nachweis erbringe. Dazu wäre es jedoch geboten gewesen, die Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse, allfällige Unterhaltspflichten und sonstige finanzielle Verpflichtungen der Person, die bereit sei, für den Beschwerdeführer eine Verpflichtungserklärung abzugeben, der Behörde bekannt zu geben. Nur dann sei eine verlässliche Beurteilung dahingehend, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers nicht zu einer finanziellen Belastung der Republik Österreich führe, möglich. Der Beschwerdeführer sei somit seiner erhöhten Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, sodass auch der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 7 FrG erfüllt sei.

Im Hinblick darauf, dass dem öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Arbeitsmarktes aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zukomme, seien die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer, der dieses maßgebliche öffentliche Interesse durch sein Fehlverhalten beeinträchtigt habe, jedenfalls auch im Grund des § 36 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 leg. cit. - gegeben.

Den Angaben des Beschwerdeführers vom 6. November 1998 zufolge sei er verheiratet und für zwei Kinder sorgepflichtig. Alle Familienangehörigen lebten in Kroatien. In seiner Berufung führe er zwar allgemein aus, dass er in Österreich Verwandte hätte, ohne jedoch genauere Angaben dazu zu machen. In Anbetracht der Tatsache, dass keine familiären Bindungen konkretisiert worden seien, und vor allem wegen des kurzen und unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet sei mit dem Aufenthaltsverbot kein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Die Bestimmungen des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG stünden daher der Erlassung dieser Maßnahme nicht entgegen.

In Anbetracht des aufgezeigten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen der festgesetzten Gültigkeitsdauer erwartet werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.

Gemäß § 36 Abs. 2 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen, oder (Z. 8) von einem Organ der Arbeitsinspektorate, der regionalen Geschäftsstellen oder der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht ausüben hätte dürfen.

Nach § 36 Abs. 4 leg. cit. kommt einer Betretung die Mitteilung eines Arbeitsinspektorates oder einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Unzulässigkeit der Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gleich, sofern der Fremde bei dieser Beschäftigung von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten worden ist.

2.1. Die Beschwerde bringt vor, dass sich die Ehefrau und die zwei minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers in Kroatien aufhielten, er jedoch in Wien Verwandte habe, die er öfters besuche und denen er bei Bedarf helfe, wofür er kein Entgelt beziehe. Ferner habe die belangte Behörde Feststellungen darüber unterlassen, wer den Beschwerdeführer beschäftigt und ihm ein Entgelt gezahlt haben sollte. Der Vorwurf der Schwarzarbeit sei daher unberechtigt. Auch sei der Beschwerdeführer nicht als mittellos anzusehen, weil eine Verpflichtungserklärung vorliege, und sei er als Tourist lediglich kurzfristig zu Besuch nach Österreich gekommen. Darüber hinaus sei das Verwaltungsverfahren mangelhaft geblieben, weil die belangte Behörde trotz des diesbezüglichen Antrages des Beschwerdeführers keine Berufungsverhandlung durchgeführt habe und er in der Verhandlung den Vorwurf der Schwarzarbeit hätte erschüttern können.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer - wie im angefochtenen Bescheid festgestellt - am 3. November 1998 von Sicherheitswachebeamten in Wien beim Verlegen von Bodenfliesen betreten wurde und den Beamten gegenüber angab, er wisse, dass er in Österreich nicht arbeiten dürfe, er habe jedoch Hunger und müsse sich sein Essen verdienen. Ferner lässt die Beschwerde unbestritten, dass der Beschwerdeführer bei einer späteren Vernehmung (am 3. November 1998), bei der er in Abrede stellte, in Österreich gearbeitet zu haben, angab, am 12. oder 13. Oktober 1998 nach Österreich gekommen zu sein, während er - dazu in Widerspruch - am 6. November 1998 zu Protokoll gab, zuletzt am 2. November 1998 eingereist zu sein und lediglich "ausgeholfen" zu haben, und dass er erstmals in der Berufung vom 19. November 1998 behauptete, (lediglich) einem Verwandten unentgeltlich geholfen zu haben. Wenn die belangte Behörde die ersten Angaben des Beschwerdeführers vor den Sicherheitswachebeamten, denen gegenüber er zugegeben hatte, zwecks Bestreitung seines Unterhaltes gearbeitet zu haben, ihrer Sachverhaltsannahme zugrundelegte und seine nachfolgenden, teilweise in wesentlichen Punkten zueinander widersprüchlichen Angaben als Schutzbehauptungen wertete und ihnen keinen Glauben schenkte, so begegnet diese Beweiswürdigung im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken, zumal die Beschwerde auf die beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde im Einzelnen nicht eingeht.

Unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes begegnet somit deren Auffassung, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 8 FrG verwirklicht habe, keinem Einwand.

Im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Schwarzarbeit (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 20. Juni 2002, Zl. 2002/18/0110, mwN) bestehen auch gegen die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keine Bedenken.

Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Sachverhaltsannahme bedurfte es - entgegen der Beschwerdeansicht - keiner weiteren Feststellungen darüber, wer der Arbeitgeber des Beschwerdeführers war, sodass die diesbezüglichen, in der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge nicht zielführend ist. Ebenso zeigt die Beschwerde in Bezug auf das Unterbleiben einer Berufungsverhandlung schon deshalb keinen Verfahrensmangel auf, weil die Durchführung einer Berufungsverhandlung im fremdenrechtlichen Administrativverfahren nicht verpflichtend ist und der Beschwerdeführer Gelegenheit hatte, in der Berufung auf den Vorwurf der Schwarzarbeit einzugehen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2001, Zl. 99/18/0341, mwN).

3. Unter dem Blickwinkel des § 37 FrG macht die Beschwerde lediglich geltend, dass der Beschwerdeführer ein Recht habe, seine in Österreich lebenden Verwandten zu besuchen. Auf dem Boden der unbestrittenen Feststellungen, dass der in Kroatien lebende Beschwerdeführer erst am 2. November 1998 in Österreich eingereist ist und alle Mitglieder seiner Familie in Kroatien leben, begegnet die - im Übrigen unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes kein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei, keinen Bedenken. Die Bestimmung des § 37 Abs. 1 und 2 FrG steht der Erlassung dieser Maßnahme daher nicht entgegen.

4. Im Hinblick auf die vorstehenden Erwägungen kann es dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer auch den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 7 FrG verwirklicht hat.

5. Das weitere Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer das Recht auf Freizügigkeit "innerhalb der EU" habe, ist schon deshalb nicht zielführend, weil er kein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union ist.

6. Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 17. September 2002

Schlagworte

Verfahrensgrundsätze außerhalb des Anwendungsbereiches des AVG VwRallg10/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999180211.X00

Im RIS seit

20.01.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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