TE Vwgh Beschluss 2002/9/17 2002/01/0118

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Veröffentlicht am 17.09.2002
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Index

L10018 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
ErmächtigungsV BH Vorstellungen Vlbg 1985 §1 Abs1;
GdG Vlbg 1985 §83;
GdG Vlbg 1985 §92 Abs2;
GemeindegutG Vlbg 1998 §12 Abs1;
GemeindegutG Vlbg 1998 §12 Abs2;
GemeindegutG Vlbg 1998 §17;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde der S, vertreten durch ihren Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. Stefan Müller, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8, gegen die Vorarlberger Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem (Vorarlberger) Gesetz über das Gemeindegut, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit ihrer am 2. Jänner 2002 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten, zur hg. Zl. 2002/01/0029 protokollierten (ersten) Säumnisbeschwerde machte die Beschwerdeführerin geltend, die Bezirkshauptmannschaft Bludenz - als zuständige Aufsichtsbehörde über die Beschwerdeführerin - habe über die Vorstellung von 24 Nutzungsberechtigten nach dem Gesetz über das Gemeindegut, LGBl. (für Vorarlberg) Nr. 49/1998, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Stadt Bludenz vom 15. Mai 2001, mit dem das Nutzungsrecht der Vorstellungswerber für das Weidejahr 2001 festgestellt worden sei, nicht fristgerecht entschieden.

Mit Beschluss vom 19. Februar 2002, Zl. 2002/01/0029, wies der Verwaltungsgerichtshof diese Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurück, weil es an der nach § 27 Abs. 1 leg. cit. vorausgesetzten Säumnis der Landesregierung als oberste Behörde, die vor Erhebung einer Säumnisbeschwerde im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht anzurufen gewesen wäre, mangelte.

Mit der vorliegenden, am 15. April 2002 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin nunmehr geltend, die Vorarlberger Landesregierung (die belangte Behörde) habe als zuständige Aufsichtsbehörde über die eingangs genannte Vorstellung nicht fristgerecht entschieden. Betreffend die Zuständigkeit der belangten Behörde bringt die Beschwerdeführerin vor, dem Verwaltungsgerichtshof sei bei der Beschlussfassung über die Zurückweisung der Beschwerde am 19. Februar 2002 nicht bekannt gewesen, dass die Bezirkshauptmannschaft Bludenz die Auffassung vertrete, die sachliche Zuständigkeit zur Entscheidung über die Vorstellung liege bei der belangten Behörde. Die Bezirkshauptmannschaft Bludenz habe daher die Vorstellung unter Anschluss des Verwaltungsaktes bereits am 18. Juni 2001 an das Amt der Vorarlberger Landesregierung weitergeleitet. Sie stütze ihre Rechtsauffassung, wonach die belangte Behörde zur Entscheidung über Vorstellungen gegen Bescheide in Vollziehung des Gemeindegutgesetzes berufen sei, darauf, dass gemäß § 17 des Gesetzes über das Gemeindegut "Behörde" die Landesregierung sei. Diese Behörde sei auch gemeint, wenn im § 12 Abs. 1 leg. cit. im Zusammenhang mit der Aufsicht von "der Behörde" die Rede sei. Da der belangten Behörde spätestens am 20. Juni 2001 die Vorstellung tatsächlich zugegangen sei, habe sie seit dem 20. Dezember 2001 ihre Entscheidungspflicht verletzt.

Mit Verfügung vom 26. April 2002 forderte der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdeführerin gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Behebung des Mangels der Säumnisbeschwerde auf, und zwar im Hinblick auf § 28 Abs. 3 leg. cit. durch Glaubhaftmachung, dass auch unter Bedachtnahme auf § 12 Abs. 2 des Gesetzes über das Gemeindegut die im § 27 VwGG bezeichnete Frist abgelaufen sei. Der Nachweis, dass die belangte Behörde als oberste (Aufsichts-)Behörde durch sechs Monate untätig geblieben sei, könne durch die bloße Behauptung, dass die Bezirkshauptmannschaft Bludenz die Akten an das Amt der Vorarlberger Landesregierung weitergeleitet hätte, nicht erbracht werden.

In ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 16. Mai 2002 brachte die Beschwerdeführerin vor, aus - dem Schriftsatz angeschlossenen - Urkunden gehe hervor, dass die Bezirkshauptmannschaft Bludenz die Vorstellung unter Anschluss des Verwaltungsaktes am 18. Juni 2001 an das Amt der Vorarlberger Landesregierung als zuständige Vorstellungsbehörde übermittelt habe. Der zuständige Sachbearbeiter im Amt der Vorarlberger Landesregierung habe gegenüber dem Stadtamtsdirektor der Beschwerdeführerin den Eingang mit 20. Juni 2001 auch fernmündlich bestätigt. Somit sei der Umstand, dass die belangte Behörde als oberste zur Entscheidung über die Vorstellung verpflichtete Behörde durch mehr als sechs Monate untätig geblieben sei, nicht bloß behauptet, sondern durch unbedenkliche Urkunden und Zeugenaussagen belegbar.

Betreffend die Darlegung der Rechtslage wird vorerst nach § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf den zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2002 verwiesen.

Das Gesetz über das Gemeindegut, LGBl. (für Vorarlberg) Nr. 49/1998, lautet, soweit für den Beschwerdefall von Relevanz:

"§ 12

Aufsicht

(1) Die Behörde kann, wenn eine den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechende Nutzung und Verwaltung nicht vorliegt, die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen durch die Gemeinde anordnen. Sie kann insbesondere anordnen, dass bestimmte Maßnahmen zur Erhaltung der im öffentlichen Interesse gelegenen Funktionen des Waldes oder im Interesse des Naturschutzes und der Landschaftsentwicklung ergriffen werden.

(2) Im übrigen gelten die Vorschriften des VI. Hauptstückes des Gemeindegesetzes.

...

6. Abschnitt

Behörden, Straf- und Schlussbestimmungen

§ 17

Behörden

Behörde ist die Landesregierung. Sie kann, wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist, die Agrarbezirksbehörde Bregenz, sofern jedoch vorwiegend forstliche Belange berührt sind, die Bezirkshauptmannschaft, allgemein oder fallweise ermächtigen, in ihrem Namen zu entscheiden. Zweite Instanz ist der Unabhängige Verwaltungssenat.

§ 18

Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinden sind

solche des eigenen Wirkungsbereiches.

..."

Mag auch in § 17 des Gesetzes über das Gemeindegut eine Bestimmung des Begriffes der "Behörde" im Sinne dieses Gesetzes liegen, so regelt § 12 des Gesetzes über das Gemeindegut die Aufsicht über die Gemeinde, die die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich vollzieht, differenziert. Während einerseits § 12 Abs. 1 leg. cit. als Mittel der Aufsicht Anordnungen der "Behörde" an die Gemeinde vorsieht, verweist andererseits § 12 Abs. 2 leg. cit. im Übrigen auf die Vorschriften des VI. Hauptstückes des Gemeindegesetzes. Wie bereits im zitierten Beschluss vom 19. Februar 2002 dargelegt, ist nach § 83 in Verbindung mit § 92 Abs. 2 des Gemeindegesetzes, LGBl. (für Vorarlberg) Nr. 40/1985, die Landesregierung Aufsichtsbehörde für Vorstellungen gegen Bescheide von Gemeindeorganen. Auf der Grundlage des § 92 Abs. 2 des Gemeindegesetzes erließ die (Vorarlberger) Landesregierung die Verordnung über die Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaften zur Entscheidung über Vorstellungen, LGBl. Nr. 70/1985. Nach § 1 Abs. 1 dieser Verordnung sind die Bezirkshauptmannschaften zur Entscheidung über Vorstellungen gegen Bescheide der ihrem Verwaltungsbezirk angehörenden Gemeinden und Gemeindeverbände in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung im Namen der Landesregierung ermächtigt und somit dafür zuständig.

In Anbetracht dieser Rechtslage sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht dazu veranlasst, von der dem zitierten Beschluss vom 19. Februar 2002 zu Grunde gelegten Rechtsansicht, wonach im vorliegenden Fall die Bezirkshauptmannschaft (Bludenz) als Aufsichtsbehörde zur Entscheidung über die Vorstellung gegen den Bescheid der Berufungskommission der Stadt Bludenz vom 15. Mai 2001 zuständig ist, abzugehen, weil es vorliegend nicht um eine Anordnung im Sinn des § 12 Abs. 1 des Gesetzes über das Gemeindegut, sondern um die Ausübung der Aufsicht nach § 12 Abs. 2 leg. cit in Verbindung mit dem VI. Hauptstück des Gemeindegesetzes geht.

Davon ausgehend ist aber auch bei Bedachtnahme auf das nunmehrige Vorbringen, die Bezirkshauptmannschaft Bludenz habe die Vorstellung unter Anschluss des Verwaltungsaktes dem "Amt der Vorarlberger Landesregierung" übermittelt, die in § 27 Abs. 1 VwGG vorausgesetzte Säumnis der belangten Behörde als oberste Behörde in Bezug auf eine ihr obliegende bescheidmäßige Erledigung des Antrages nicht gegeben.

Die dennoch erhobene Säumnisbeschwerde war daher - in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 17. September 2002

Schlagworte

Anrufung der obersten Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002010118.X00

Im RIS seit

18.02.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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