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L34004 Abgabenordnung Oberösterreich;Norm
FleischUG 1982 §47 idF 1994/118;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der H GmbH & Co KG, vertreten durch Spohn Richter & Partner Rechtsanwälte OEG in 4020 Linz, Altstadt 17, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. Juli 1997, Zl. VetR-330190/3-1997-A/Ga, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf (Neu-)Festsetzung von Fleischuntersuchungsgebühren für den Zeitraum vom 1. November 1994 bis zum 29. August 1995, Abweisung eines Antrages auf Rückzahlung von für den Zeitraum vom 1. November 1994 bis zum 29. August 1995 entrichteten Fleischuntersuchungsgebühren sowie Abweisung einer gegen "Abrechnungen" der Fleischuntersuchungsgebühren für den Zeitraum vom 1. November 1994 bis zum 29. August 1995 gerichteten Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
1. Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Abweisung der gegen die erstinstanzlichen "Abrechnungen" gerichteten Berufungen) wird wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
2. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Abweisung der Berufung gegen die Zurückweisung des Antrages auf (Neu-)Festsetzung der für den Zeitraum vom 1. November 1994 bis zum 29. August 1995 entrichteten Fleischuntersuchungsgebühren und die Abweisung des Antrages auf Rückzahlung der für den Zeitraum vom 1. November 1994 bis zum 29. August 1995 entrichteten Fleischuntersuchungsgebühren) wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erledigungen des Bürgermeisters der Marktgemeinde Schwertberg vom 19. Dezember 1994, 12. Jänner 1995, 2. März 1995, 30. März 1995, 4. Mai 1995, 11. Mai 1995, 2. Juli 1995, 26. Juli 1995, 3. September 1995 und 27. September 1995 erhielt die Beschwerdeführerin "Abrechnungen" über die von ihr zu entrichtenden Fleischuntersuchungsgebühren für jeweils einen Monat zwischen 1. November 1994 und 29. August 1995 in der Höhe von S 373.893,84, S 377.971,74, S 358.139,07, S 333.699,03, S 373.100,40, S 325.379,79, S 382.491,36, S 390.224,52, S 428.597,55 und S 466.904,16.
Mit Schreiben vom 30. Juli 1996 beantragte die Beschwerdeführerin die bescheidmäßige Festsetzung der Fleischuntersuchungsgebühren für den Zeitraum vom 1. Jänner 1994 bis zum 29. August 1995 sowie die Rückzahlung der für den selben Zeitraum zu Unrecht entrichteten Fleischuntersuchungsgebühren. Die Bestimmungen, auf Grund derer die gegenständlichen Gebühren eingehoben worden seien, verstießen einerseits gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Äquivalenzprinzip, da sie unzulässigerweise die Umsatzsteuer für die Tätigkeit der Fleischuntersuchungsorgane enthielten, und sähen andererseits eine rechtswidrige Rückwirkung vor. Gemäß § 149 Abs. 2 O.ö. LAO habe die Abgabenbehörde die Abgabe mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabenpflichtige die Einreichung der Erklärung unterlasse oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstbemessung als nicht richtig erweise. Die Erlassung solcher Festsetzungsbescheide liege nicht im Ermessen der Abgabenbehörde. Werde der Abgabenbehörde die Unrichtigkeit der Selbstbemessung bekannt, so sei sie verpflichtet, einen solchen Bescheid zu erlassen. Weiters seien nach der Judikatur bei Selbstbemessungsabgaben Bescheide bei Meinungsverschiedenheiten über die Richtigkeit der Selbstbemessung zu erlassen. Ein hierauf gerichtetes Anbringen der Partei unterliege der Entscheidungspflicht.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Schwertberg vom 6. September 1996 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf bescheidmäßige Festsetzung der Fleischuntersuchungsgebühren für den Zeitraum vom 1. November 1994 bis zum 29. August 1995 gemäß §§ 70 ff O.ö. LAO zurückgewiesen und ihr Antrag auf Rückzahlung der für den selben Zeitraum zu Unrecht entrichteten Fleischuntersuchungsgebühren "entsprechend den einschlägigen Bestimmungen des Fleischuntersuchungsgebührengesetzes" abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 23. September 1996 Berufung und brachte vor, dass den erstinstanzlichen "Abrechnungen" des Bürgermeisters kein Bescheidcharakter zukomme, da diesen wesentliche Bescheidmerkmale (Bezeichnung als Bescheid, Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung) fehlten. Zudem habe die erstinstanzliche Behörde im bekämpften Bescheid vom 6. September 1996 selbst die Ansicht vertreten, dass eine bescheidmäßige Festsetzung von Gebühren nicht vorgesehen sei; daraus sei erkennbar, dass die Behörde selbst nicht der Meinung gewesen sei, mit den ausgestellten Abrechnungen Bescheide zu erlassen. Die belangte Behörde möge daher mitteilen, auf welcher Grundlage die Einhebung der gegenständlichen Fleischuntersuchungsgebühren erfolgt sei. Insbesondere seien diese um den Betrag der Mehrwertsteuer, der der Gemeinde von den Tierärzten zurückerstattet worden sei, zu hoch bemessen worden, weshalb gegen den Gesetzeswortlaut des § 47 Fleischuntersuchungsgesetz sowie gegen das Äquivalenzprinzip verstoßen worden sei. Ebenso erwiesen sich das "Oberösterreichische Fleischuntersuchungsgesetz" (richtig wohl: Fleischuntersuchungsgebührengesetz) und die gegenständliche Verordnung des Landeshauptmannes als rechtswidrig.
Mit Bescheid vom 3. Juli 1997 (dem angefochtenen Bescheid) wies die Oberösterreichische Landesregierung unter Spruchpunkt I. die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Schwertberg vom 6. September 1996 erhobene Berufung und unter Spruchpunkt II. die Berufung gegen die "Abrechnungen" des Bürgermeisters der Marktgemeinde Schwertberg ab und bestätigte diese mit der Maßgabe, dass als Rechtsgrundlage das Oberösterreichische Fleischuntersuchungsgebührengesetz, LGBl. Nr. 125/1994, zu zitieren sei.
Dazu führte die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass die Anzahl der durchgeführten Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, Trichinenschauen, Kontrolluntersuchungen sowie sonstigen Untersuchungen, Überprüfungen und Kontrollen nach dem Fleischuntersuchungsgesetz, sowie die rechnerische Richtigkeit der Gebührenvorschreibungen von der Beschwerdeführerin unbestritten geblieben seien, weshalb auf diese nicht näher einzugehen gewesen sei. Die gegenständlichen Fleischuntersuchungsgebühren seien von der Beschwerdeführerin auch schon entrichtet worden.
Die Begründung des angefochtenen Bescheides deckt sich in der Folge völlig mit jener, die in dem zur hg. Zl. 98/17/0281 angefochtenen Bescheid enthalten ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die Sachverhaltsdarstellung in dem Erkenntnis vom heutigen Tag zu dieser Zahl hingewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 8. Juni 1998, B 2205/97-6, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG die Behandlung der Beschwerde ablehnte und gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Mit der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall (für den gegenständlichen Abgabenzeitraum) maßgebliche Rechtslage war die Folgende:
§ 47 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl. Nr. 522/1982 idF BGBl. Nr. 118/1994, lautet:
"§ 47. (1) Die Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung, die Auslandsfleischuntersuchung und die sich aus diesem Bundesgesetz ergebenden, sonstigen Untersuchungen und Kontrollen sind ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben.
(2) (Grundsatzbestimmung) Die Höhe der Gebühren ist unter Bedachtnahme auf die Art der Tiere in einem solchen Ausmaß festzusetzen, daß der den Ländern und Gemeinden durch die Vollziehung dieses Gesetzes entstehende Aufwand voll ersetzt wird.
(3) (Grundsatzbestimmung) Die Erträge der Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung und für die sich aus diesem Bundesgesetz ergebenden sonstigen Untersuchungen und Kontrollen, aus deren Durchführung den Gemeinden ein Aufwand erwächst, sind - außer in Wien - zwischen dem Land und den Gemeinden so zu teilen, daß den Gemeinden der entstehende Aufwand voll ersetzt wird.
(4) Die Kosten der in mittelbarer Bundesverwaltung durchzuführenden Schlachttier- und Fleischuntersuchung, Auslandsfleischuntersuchung und der sich aus diesem Bundesgesetz ergebenden sonstigen Untersuchungen und Kontrollen (wie von bakteriologischen, chemischen, physikalischen, serologischen und sonstigen Untersuchungen) sowie die Kosten der Fortbildung der Fleischuntersuchungsorgane sind - abgesehen vom Personal- und Amtssachaufwand der Gemeinden - vom Land zu tragen.
(5) Vor Erlassung von landesrechtlichen Regelungen gemäß Abs. 1 hat die Landesregierung die gesetzlichen Interessenvertretungen der gewerblichen Wirtschaft, der Landwirtschaft, der Arbeitnehmer und der Tierärzte anzuhören.''
Mit der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Dezember 1988 über die Festsetzung der Höhe der Gebühren und Kosten nach dem Fleischuntersuchungsgesetz, LGBl. Nr. 86/1988 idF LGBl. Nr. 93/1994 (im Folgenden: Fleischuntersuchungsgebührenverordnung), wurden für die Durchführung von Fleischuntersuchungen nach dem Fleischuntersuchungsgesetz bestimmte Gesamtgebühren festgelegt, die sich aus einer Grundgebühr (Entgelt für das Fleischuntersuchungsorgan), einem Gemeindezuschlag und einem Ausgleichskassenzuschlag zusammensetzten, wobei bei dem Gemeinde- und Ausgleichskassenzuschlag danach unterschieden wurde, ob die Untersuchung durch ein freiberuflich tätiges oder durch ein in einem Dienstverhältnis der Gemeinde stehendes Fleischuntersuchungsorgan durchgeführt wurde; von dieser Unterscheidung blieb jedoch die Höhe der vom Abgabenpflichtigen zu entrichtenden Gesamtgebühr unberührt.
§ 7 Abs. 5 der Fleischuntersuchungsgebührenverordnung (Stammfassung) bestimmte, dass die bei einer Untersuchung durch ein freiberuflich tätiges Fleischuntersuchungsorgan anfallende Umsatzsteuer von der Gemeinde aus dem Gemeindezuschlag zu entrichten sei.
Das Landesgesetz vom 13. Oktober 1994 über die Einhebung von Gebühren für Untersuchungen und Kontrollen nach dem Fleischuntersuchungsgesetz
(O.ö. Fleischuntersuchungsgebührengesetz), LGBl. Nr. 125/1994,
lautete:
"Artikel I
Die Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Dezember 1988 über die Feststellung der Höhe der Gebühren und Kosten nach dem Fleischuntersuchungsgesetz, LGBl. Nr. 86/1988, in der am 31. Oktober 1994 geltenden Fassung, tritt mit 1. November 1994 als Landesgesetz in Kraft.
Artikel II
Dieses Landesgesetz tritt (rückwirkend) mit 1. November 1994
in Kraft."
Aus diesen Rechtsvorschriften ergibt sich insbesondere, dass für den hier maßgeblichen Zeitraum von November 1994 bis August 1995 für die Einhebung der Fleischuntersuchungsgebühren die durch das Landesgesetz BGBl. Nr. 125/1994 auf Gesetzesstufe gehobene Verordnung LGBl. Nr. 86/1988 in der Fassung der Verordnungen LGBl. Nr. 111/1990 und 93/1994 maßgeblich war.
§ 6 dieser Verordnung lautete:
"(1) Die Gebühren werden mit den Untersuchungen fällig.
(2) Die Gebühren- und Kostenverrechnung hat durch die Gemeinde zu erfolgen, in deren Gebiet die Untersuchung durchgeführt wurde."
Eine Regelung, der zufolge die Fleischuntersuchungsgebühren Selbstbemessungsabgaben wären, besteht nicht.
2. Zur Abweisung der Berufung gegen die "Abrechnungen" und gegen die Zurückweisung des Antrags auf bescheidmäßige Festsetzung der Gebühren:
2. 1. Zur Bescheidqualität der "Abrechnungen" des Bürgermeisters der Marktgemeinde Schwertberg:
Bescheide sind individuelle, hoheitliche Erledigungen einer Verwaltungsbehörde, durch die in einer Verwaltungssache in förmlicher Weise über Rechtsverhältnisse materiell-rechtlicher oder formellrechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 1986, Zl. 86/08/0143, mwH). Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber - wie der Verwaltungsgerichtshof auch für die Erlassung von Bescheiden nach der BAO und den Landesabgabenordnungen ausgesprochen hat - nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde einen normativen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat. Wenn der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1997, Zl. 93/17/0173, vom 27. September 1999, Zl. 99/17/0221, vom 17. April 2000, Zl. 95/17/0499, vom 18. Oktober 2000, Zl. 95/17/0180, und vom 27. November 2000, Zl. 2000/17/0231).
Die gegenständlichen erstinstanzlichen Erledigungen des Bürgermeisters der Marktgemeinde Schwertberg sind mit dem Titel "Abrechnung der Vieh- und Fleischbeschaugebühr auf Grund der Vieh- und Fleischbeschaugebührenverordnung vom 20. Okt. 1960/LGBl. Nr. 22/1969 für den Monat (...)" überschrieben und enthalten eine Aufschlüsselung der im angegebenen Monat angefallenen Gebühren sowie folgenden Hinweis: "Sie werden ersucht, den Betrag von öS (...) innerhalb von zwei Wochen bei der (...) Bank in Schwertberg auf ein Konto der Gemeinde Schwertberg zur Einzahlung zu bringen." Sie enthalten keine Rechtsmittelbelehrung. Die Normativität dieser Erledigung erweist sich daher zumindest als zweifelhaft. Die Verwendung des Begriffes "Abrechnung" deutet nicht auf den Willen zur bescheidmäßigen Erledigung hin.
Da daher der Inhalt dieser Erledigungen nach deren sprachlicher Fassung jedenfalls Zweifel über deren Bescheidcharakter entstehen lässt, wäre ihre ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid erforderlich gewesen, um tatsächlich vom Vorliegen von Bescheiden ausgehen zu können (vgl. ähnlich zu Erledigungen eines Bürgermeisters einer anderen oberösterreichischen Gemeinde betreffend Fleischuntersuchungsgebühren für den Zeitraum vor November 1994 das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zl. 98/11/0264).
2.2. Für den Beschwerdefall folgt daraus zunächst, dass die Berufungen der Beschwerdeführerin gegen die "Abrechnungen" mangels Vorliegens eines erstinstanzlichen Bescheides zurückzuweisen gewesen wären.
Indem die belangte Behörde dies verkannte und im Spruchpunkt II. eine Sachentscheidung über die Berufung traf, nahm sie eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch; dies ist vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmen. Der angefochtene Bescheid war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
2.3. Für die Erledigung des Antrages auf Festsetzung der Abgabe bedeutet dies weiters, dass die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Festsetzung der Abgabe erstinstanzliche Abgabenbescheide vorgelegen seien.
Im Hinblick auf die Rückwirkung der vorstehend begründeten Aufhebung der abweisenden Berufungsentscheidung betreffend die Abgabenfestsetzung (§ 42 Abs. 3 VwGG) kann auch nicht argumentiert werden, dass die belangte Behörde etwa in "Bindung" an ihre eigene Entscheidung über die Berufung gegen die "Abrechnungen" das Vorliegen von Bescheiden annehmen konnte.
Die Aufhebung des abweisenden Spruchpunktes II. der Berufungsentscheidung wirkt auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde zurück. Die Rechtslage ist daher bei Prüfung der Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Berufungsbescheides, soweit darin die Berufung gegen die erstinstanzliche Zurückweisung des Antrags auf bescheidmäßige Abgaben(neu)festsetzung abgewiesen wurde, so zu betrachten, als ob zu diesem Zeitpunkt keine bescheidförmige Abgabenfestsetzung vorgelegen wäre.
Lagen jedoch keine erstinstanzlichen Bescheide vor, hätte die belangte Behörde den genannten Antrag nicht mit der Begründung zurückweisen dürfen, es lägen Bescheide betreffend die Festsetzung der Abgabe vor. Zur Vermeidung einer sich aus der Begründung dieser Zurückweisung ergebenden Bindungswirkung hinsichtlich des Bestehens erstinstanzlicher Abgabenbescheide, welche rechtskräftig werden könnten, ist daher auch im Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der angefochtene Bescheid war insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
3. Zum Antrag auf Rückzahlung der gegenständlichen Fleischuntersuchungsgebühren:
Die §§ 146, 162, 185 und 186 der Oberösterreichischen
Landesabgabenordnung 1996, LGBl. Nr. 107, lauten:
"2. Abschnitt
Festsetzung der Abgaben
§ 146
(1) Wenn in Abgabenvorschriften nichts anderes vorgeschrieben ist, hat die Abgabenbehörde die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.
(2) Der Abgabepflichtige kann die nach den Abgabenvorschriften für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen zu entrichtenden Gebühren (§ 15 Abs. 3 Z. 5 FAG 1989) und Steuern auf Grund einer bloßen schriftlichen Mitteilung der Behörde über die Höhe der Gebühr (Steuer) und über den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit entrichten (§ 158). Abgabenbescheide sind jedoch zu erlassen, wenn der Abgabepflichtige die ihm mitgeteilte Abgabenschuld in irgendeinem Punkt bestreitet, die Zahlung von der Zustellung eines Abgabenbescheides abhängig macht oder den mitgeteilten Abgabenanspruch der Gemeinde nicht binnen 14 Tagen nach Fälligkeit erfüllt.
(3) Abgabenbescheide haben im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschulden entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuld bereits vor deren Festsetzung eingetreten, erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuld.
§ 162
(1) Guthaben des Abgabepflichtigen sind zur Tilgung fälliger Schulden zu verwenden. § 161 Abs. 2 letzter Satz ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Wenn Guthaben nicht gemäß Abs. 1 zu verwenden sind, sind sie gemäß § 185 zurückzuzahlen.
7. Abschnitt
Rückzahlung
§ 185
(1) Die Rückzahlung von Guthaben (§ 162 Abs. 2) kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 57 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.
(2) Die Abgabenbehörde kann den Rückzahlungsbetrag auf jenen Teil des Guthabens beschränken, der die der Höhe nach festgesetzten Abgabenschulden übersteigt, die der Abgabepflichtige nicht später als drei Monate nach der Stellung des Rückzahlungsantrages zu entrichten haben wird.
§ 186
(1) Wurde eine Abgabe zu Unrecht entrichtet, abgeführt oder zwangsweise eingebracht, ist der zu Unrecht entrichtete Betrag auf Antrag zurückzuzahlen. Dies gilt auch für Abgaben, hinsichtlich derer die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung zulassen, wenn die Abgabe noch nicht durch die Abgabenbehörde festgesetzt wurde (§ 150 Abs. 2).
(2) Wurden Wertzeichen in der Absicht verwendet, eine Abgabe zu entrichten, ist der entrichtete Betrag, wenn eine Abgabenschuld nicht besteht, von der zur Verwaltung der Abgabe zuständigen Abgabenbehörde auf Antrag zurückzuzahlen.
(3) Anträge nach Abs. 1 und 2 können bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres gestellt werden, das auf das Jahr folgt, in dem der Betrag zu Unrecht entrichtet wurde."
Das Rückzahlungsbegehren der beschwerdeführenden Partei könnte sich insbesondere auf § 186 O.ö. LAO stützen.
Eine Rückzahlung gemäß § 185 Abs. 1 O.ö. LAO 1996 setzt nämlich das Vorliegen eines Guthabens voraus. Ein solches entsteht auf dem Steuerkonto des Abgabepflichtigen dann, wenn die Summe aller Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteigt. Wurde hingegen etwa eine Abgabe, die nicht auf Grund einer Selbstbemessung abzuführen ist (vgl. § 150 O.ö. LAO), vom Abgabepflichtigen im Hinblick auf eine Zahlungsaufforderung (einer nicht bescheidmäßigen "Vorschreibung") entrichtet, ohne dass jedoch die nach § 146 O.ö. LAO iVm der betreffenden materiellrechtlichen Abgabenvorschrift erforderliche bescheidmäßige Festsetzung erfolgt ist, läge der Fall einer zu Unrecht entrichteten Abgabe vor. Gemäß § 146 Abs. 1 O.ö. LAO 1996 hat die Abgabenbehörde nämlich die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen, wenn in Abgabenvorschriften nichts anderes vorgeschrieben ist. Die Fleischuntersuchungsgebühren sind keine Gebühren gemäß § 15 Abs. 3 Z 5 FAG, sodass § 146 Abs. 2 LAO nicht eingreift.
Eine nicht bescheidmäßige Vorschreibung löst daher bei der hier vorliegenden Abgabe keine Zahlungsschuld des als Abgabepflichtigen Behandelten aus. Die dennoch erfolgte Zahlung (ohne Zahlungsschuld) erfolgte "zu Unrecht" im Sinne des § 186 O.ö. LAO. Im vorliegenden Fall enthält die materielle Abgabenvorschrift, die auf Gesetzesstufe gehobene Verordnung LGBl. Nr. 86/1988 idF der Verordnungen LGBl. Nr. 111/1990 und 93/1994, in § 6 lediglich eine Vorschrift über den Zeitpunkt der Fälligkeit und die örtliche Zuständigkeit. Eine Vorschrift, der zufolge abweichend von § 146 Abs. 1 O.ö. LAO eine bescheidmäßige Vorschreibung zu entfallen hätte (und etwa die Entrichtung auf Grund einer Selbstbemessung iSd § 150 O.ö. LAO zu erfolgen hätte), enthält die genannte Verordnung nicht.
Dem Abgabenpflichtigen kommt in einem solchen Fall gemäß §§ 70 Abs. 1 in Verbindung mit 186 Abs. 1 O.ö. LAO 1996 ein subjektives Recht auf Rückzahlung der von ihm entrichteten Abgaben, die nicht bescheidmäßig vorgeschriebenen waren, zu. Es liegt nämlich dabei nicht der Fall vor, dass die Abgabe bescheidmäßig vorgeschrieben und die Vorschreibung mit Rechtsmitteln zu bekämpfen wäre.
Da eine bescheidmäßige Vorschreibung der gegenständlichen Fleischuntersuchungsgebühren nach den obigen Ausführungen zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde nicht vorlag (vgl. Punkt 2.), hatte die Beschwerdeführerin die in Rede stehenden Fleischuntersuchungsgebühren zu Unrecht entrichtet. Dem Rückzahlungsantrag wäre daher stattzugeben gewesen.
Indem die belangte Behörde dies verkannte und die Abweisung des auf Rückzahlung gerichteten Antrages der Beschwerdeführerin bestätigte, belastete sie den angefochtenen Bescheid auch insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Dieser war daher auch in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
4. Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze aufzuheben, und zwar zum einen, soweit damit in Spruchpunkt II. die Berufungen der Beschwerdeführerin gegen die "Abrechnungen" des Bürgermeisters der Marktgemeinde Schwertberg abgewiesen wurden, gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, zum anderen aber (hinsichtlich seines Spruchpunktes I.) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001. Dabei war die von der Beschwerdeführerin in der Höhe von S 2.500,-- entrichtete Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, mit EUR 181,68 zuzusprechen.
Wien, am 18. September 2002
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998170283.X00Im RIS seit
23.01.2003Zuletzt aktualisiert am
11.07.2010