TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/18 2002/07/0080

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Veröffentlicht am 18.09.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. Josef Faulend-Klauser und Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, Kirchengasse 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 19. Juni 2002, Zl. FA13A-30.40 117-02/4, betreffend wasserrechtliche Überprüfung (mitbeteiligte Partei: Univ.- Prof. Dipl.-Ing. Dr. H, G), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg (BH) vom 7. September 1995 wurde dem Beschwerdeführer gemäß den §§ 9 Abs. 1, 12, 15, 21, 105, 111 und 112 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215 (WRG 1959) die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer hydroelektrischen Eigenanlage durch Nutzung der Wasserwelle der St bei Erfüllung einer Reihe näher bezeichneter Auflagen erteilt.

Punkt 24 dieser Auflagen sieht vor, dass die Fischaufstiegshilfe im Sinne des Projektes herzustellen ist.

Aus den in der Begründung dieses Bescheides wiedergegebenen Amtsachverständigen-Ausführungen ergibt sich, dass die Fischaufstiegshilfe in Form von hintereinander liegenden Becken vorgesehen war. Im Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen für das Fischereiwesen wird weiters ausgeführt, dass die Höhenunterschiede zwischen den einzelnen Becken nicht mehr als 20 cm betragen dürfen.

Eine gegen diesen Bescheid vom Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, der Fischereiberechtigter in der St ist, erhobene Berufung wurde vom Landeshauptmann von Steiermark (LH) mit Bescheid vom 14. Juni 1996 abgewiesen.

In der Folge führte der Mitbeteiligte bei der BH wiederholt Beschwerde darüber, dass der Beschwerdeführer die Anlage abweichend von der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung ausführe.

Nachdem der Beschwerdeführer die Fertigstellung der Anlage angezeigt hatte, führte die BH am 8. Oktober 2001 eine mündliche Überprüfungsverhandlung durch.

Bei dieser führte der wasserbautechnische Amtssachverständige u. a. Folgendes aus:

Der Bestand der Wehranlage decke sich mit dem Ausführungsplan vom Jänner 1999. Dem gemäß seien die Änderung des Überströmwinkels über dem hölzernen Wehrüberfall und die Änderung des Entsanderbeckens geringfügig. Im Ausführungsplan sei der Fischaufstieg in den Umrissen skizziert dargestellt; nicht enthalten seien im Plan die Beckenanzahl und die Höhendifferenzen zwischen den einzelnen Wasserspiegellagen in den Becken. Die Längsneigung der St abwärts des Wehres sei nicht angegeben. Die vom Mitbeteiligten gemessenen Gesamthöhen von über 4 m gegenüber der Stauhöhe des Wehres von 1,4 m seien durchaus erklärbar, da hier der Höhenunterschied aus der Längsneigung der Bachsohle zu berücksichtigen sei. Es seien 10 Ruhebecken beim Fischaufstieg gezählt worden; die Spiegeldifferenzen der drei unteren Becken lägen bei etwa 0,5 m, die Spiegeldifferenzen der drei oberen Becken seien geschätzt etwas kleiner, aber in der überwiegenden Zahl seien sie über 0,2 m Spiegeldifferenz gelegen. Dies bedeute, dass zumindest nach dem Wortlaut des Bewilligungsbescheides - ohne die ökologische Funktionsfähigkeit des Fischaufstieges zu beurteilen - mehr Becken zu errichten seien. Mit der vorhandenen Ausführung des Wehres - ohne Einbeziehung des Fischaufstieges in die Betrachtung - sei eine Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen nicht gegeben. Die vorgenommenen Abänderungen der Wehranlage selbst - und nur diese sei vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen zu begutachten - seien als geringfügig zu qualifizieren. Da bereits mit den zehn errichteten Ruhebecken zur Überwindung der Höhendifferenz vom auslaufenden Fischaufstieg - Wasserspiegel St unter Wasser des Wehres bis zur Überfallhöhe an der Wehrkrone die im Bewilligungsbescheid festgelegte Höhendifferenz von maximal 0,2 m zwischen den Wasserspiegellagen der benachbarten Becken überschritten werde, ergebe sich daraus, dass der Einbau von nur acht Ruhebecken zahlenmäßig zu gering gewesen sei.

Der nichtamtliche Sachverständige für das Fischereiwesen führte aus:

"Der Fischaufstieg besteht aus 10 Becken, die wie schon vom technischen Amtssachverständigen angeführt, relativ hohe Gefälle überwinden. Sie sind an und für sich gut in die bestehende Wehranlage integriert, erfüllen gute Funktionalität von der Lockströmung her, aber überwinden sehr große Gefällsstufen. Im ursprünglichen Plan wurde von Gefällsstufen der Höhe von 20 cm ausgegangen, die im Wesentlichen nicht eingehalten werden. Daraus ergibt sich, dass prinzipiell für Laichfische (Bachforellen, Regenbogenforellen, Bachsaiblinge) die Fischgängigkeit gegeben ist, aber insbesondere Kleinfische, die im Schatten von Steinen wandern, dieses Gefälle nur schwer überwinden können. Als Ausgleichsmaßnahme wird das Einstiegsbecken durch ein weiteres Becken entschärft werden müssen, damit die Höhendifferenz vor allem bei diesen wichtigen Becken beseitigt und damit die Funktionalität in diesem Bereich hergestellt wird. Bei den weiteren Becken wird vorgeschlagen, Streifen von 20 bis 30 cm breitem Baustahlgitter (Estrichgitter Stärke 4 mm) anzubringen und mittels U-Eisen von Torstahl zu verankern. Damit wird auch den Kleinfischen, da wir ja in einer absoluten oberen Forellenregion sind, die Möglichkeit gegeben, aufwärts zu wandern. Somit wären sowohl Laich- als auch Kompensationswanderungen möglich und die Funktionalität des Fischaufstieges wäre gegeben. Derzeit ist der Einstieg des ersten Beckens zu eng. Es muss daher eine ausreichende Breite (mindestens 1 m) und ausreichende Tiefe in der gegebenen Form der anderen Becken gegeben sein. Der Auslauf soll in Flussrichtung gerichtet sein und außerdem muss mittels zu 2/3 versenkten Wasserbausteinen das Eintiefen verhindert werden."

Im Anschluss an diese Ausführungen der Sachverständigen erfolgt eine Auflistung, inwieweit den einzelnen Punkten des Bewilligungsbescheides entsprochen wurde.

Die entsprechende Anmerkung zu Punkt 24 (Fischaufstiegshilfe)

lautet:

"Nicht zur Gänze erfüllt, siehe Befund".

Im Anschluss daran heißt es, sohin könne nach Ansicht des technischen Amtssachverständigen die Feststellung der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung festgestellt bzw. die an der Wehranlage vorgenommenen Abänderungen als geringfügig und weder öffentlichen Interessen noch fremden Rechten nachteilig nachträglich wasserrechtlich konsentiert werden.

Aus dem Titel der Beseitigung wahrgenommener Mängel und Abweichungen seien nachstehende Mängel zu beseitigen:

1. Es ist die Einhaltung des Standes der Technik der bewilligten Wasserkraftanlage zu bescheinigen.

2. Im Sinne des Gutachten des nichtamtlichen gerichtlich bestellten und beeideten Sachverständigen für das Fischereiwesen sind

a) die Becken durch ein Estrichgitter zur Sohlsubstratanreicherung auszustatten,

b) ein 11. Becken zum verbesserten Fischaufstieg zu errichten und

c) Ausführungspläne über die Fischaufstiegshilfe vorzulegen.

Der Mitbeteiligte brachte vor, die Überprüfungsverhandlung habe ergeben, dass die Anlage nicht entsprechend der erteilten Bewilligung ausgeführt worden sei.

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2001 sprach die BH im Spruchabschnitt I gemäß § 121 WRG 1959 aus, inwieweit die ausgeführte Anlage mit der bewilligten übereinstimme.

Dieser Spruchabschnitt I enthält zunächst eine Auflistung, inwieweit den einzelnen Auflagen des Bewilligungsbescheides entsprochen worden sei.

Daran schließt sich die Feststellung an, dass die Wasserkraftanlage an der St samt den zur Wasserbenutzung dienenden Vorrichtungen "bis auf die im Sachverhalt angeführten Abänderungen und festgestellten Mängel" im Wesentlichen in Übereinstimmung mit dem Bescheid der BH vom 7. September 1995 und den vorgelegten Ausführungsplänen hergestellt worden sei.

Sodann wurde in Spruchabschnitt I gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 "für die vorgenommenen Abänderungen an der Wehranlage im Sinne des Befundes des wasserbautechnischen Amtssachverständigen" die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung erteilt.

Schließlich wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 121 WRG 1959 die Beseitigung nachstehender "Mängel bzw. Abweichungen" vorgeschrieben:

1. Es ist die Einhaltung des Standes der Technik der bewilligten Wasserkraftanlage zu bescheinigen.

2. Im Sinne des Gutachtens des nichtamtlichen gerichtlich bestellten und beeideten Faches Fischereiwesen sind:

a) die Becken durch ein Estrichgitter zur Sohlsubstratanreicherung auszustatten,

b) ein 11. Becken zum verbesserten Fischaufstieg zu errichten und

c) Ausführungspläne über die Fischaufstiegsaufstiegeshilfe vorzulegen.

Unter Spruchabschnitt II wurden gemäß § 15 Abs. 1 WRG 1959 verschiedene Anträge des Mitbeteiligten auf "Schadloshaltung" und "Kostenersatz" als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Berufung.

Er brachte vor, der Sachverständige für das Fischereiwesen habe in seinem Gutachten festgestellt, dass der Einstieg des ersten Beckens derzeit zu eng sei und daher für eine ausreichende Breite (mindestens 1 m) und eine ausreichende Tiefe in der gegebenen Form der anderen Becken gesorgt werden müsse und dass der Auslauf in Flussrichtung gerichtet sein solle und außerdem durch versenkte Wasserbausteine das Eintiefen verhindert werden müsse. Diese detailliert festgehaltenen Forderungen des Sachverständigen würden im erstinstanzlichen Bescheid übergangen. Aus dem Gutachten des Sachverständigen für das Fischereiwesen ergebe sich auch, dass die Fischaufstiegshilfe derzeit nicht funktionstüchtig sei; die Forderung nach einer Schadloshaltung sei daher berechtigt.

Die belangte Behörde führte am 3. April 2002 unter Beiziehung eines limnologischen und eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen eine mündliche Verhandlung durch.

Bei dieser führten die beiden Amtssachverständigen zur Frage der projektsgemäßen Ausführung und der Funktionsfähigkeit der Fischaufstiegshilfe Folgendes aus:

Wie bereits im Gutachten des wasserbautechnischen Sachverständigen der ersten Instanz und des nichtamtlichen Sachverständigen für das Fischereiwesen festgehalten worden sei, seien zehn Ruhebecken beim Fischaufstieg errichtet worden. Die Spiegeldifferenzen seien bei den drei unteren Becken bei ca. 0,5 m gelegen. Jene der oberen Becken seien geringer, aber ebenfalls größer als 0,2 m. Zwischen den Ruhebecken befänden sich Bereiche, die einen schießenden Abfluss über Längen von ca. 1 m aufwiesen. Wie ebenfalls bereits vom nichtamtlichen Sachverständigen für Fischereiwesen festgestellt worden sei, ergebe sich daraus, dass nur für größere Salmoniden eine Fischgängigkeit gegeben erscheine. Weiters sei in der derzeitigen Form der Einbindung der Fischaufstiegshilfe ins Unterwasser die Einstiegsmöglichkeit grundsätzlich sehr erschwert und dürfte auch für Salmoniden nur schwer überwindlich sein. Es sei daher zur Herstellung der Funktionalität der Fischaufstiegshilfe eine Neuerrichtung dieses Einstiegsbereiches mit Verlegung in Flussrichtung und Vermeidung der derzeit bestehenden Richtungsänderung um 90 (, wie ebenfalls bereits vom nichtamtlichen Sachverständigen für Fischereiwesen vorgeschlagen, als unbedingt erforderlich zu bezeichnen.

Im Anschluss an diese Gutachten heißt es in der Verhandlungsschrift - offenbar als Feststellung des Verhandlungsleiters -, bereits der wasserbautechnische Amtssachverständige der Erstbehörde habe in seinem Gutachten festgestellt, dass der Einbau von acht Ruhebecken zahlenmäßig zu gering gewesen sei. Weiters gebe er an, dass in den vorgelegten Ausführungsunterlagen die Beckenanzahl und die Höhendifferenzen zwischen den einzelnen Wasserspiegellagen ebenso wie die Längsneigung der St nicht angegeben seien. Außerdem habe der Amtssachverständige festgestellt, dass die Abänderungen an der Wehranlage und die Einbindung der Fischaufstiegshilfe oberhalb der Wehranlage als geringfügig anzusehen seien. Die Frage, ob die geänderte Fischaufstiegshilfe, über die keinerlei Planunterlagen vorlägen und für die auch zusätzliche Maßnahmen als Mängelbehebung vorgeschrieben worden seien, als geringfügige Abänderung zu beurteilen sei, sei durch die beigezogenen Sachverständigen nicht beurteilt worden.

Da auf Grund der vorliegenden Gutachten, insbesondere des Umstandes, dass laut Gutachten des limnologischen Amtssachverständigen der belangten Behörde die gegenständliche Fischaufstiegshilfe nur für den Aufstieg von Salmoniden (unter der Voraussetzung, dass zusätzliche Becken errichtet würden und der Einstiegsbereich fischüberwindlich gestaltet werde) und nicht als ökologisches Umgehungsgerinne wie im bewilligten Projekt vorgesehen, geeignet sei, sei nach Ansicht der belangten Behörde die Abänderung als nicht geringfügig anzusehen.

Die gegenständliche Abänderung der Wasserkraftanlage durch Abänderung des ökologischen Umgehungsgerinnes in eine Fischaufstiegshilfe für Salmoniden einschließlich der geänderten Spiegelhöhen zwischen den Becken und der zusätzlichen Errichtung von Becken und Umgestaltung der Einbindung in das Unterwasser bedürfe somit einer wasserrechtlichen Bewilligung und könne nicht im Rahmen des § 121 WRG 1959 mitbehandelt werden. Insbesondere lägen die Unterlagen gemäß § 103 WRG 1959, welche für die Beurteilung der Änderung des ökologischen Umgehungsgerinnes erforderlich seien, nicht vor.

Der Beschwerdeführer erklärte, das ausgeführte Projekt decke sich mit dem Bewilligungsbescheid. Es sei so ausgeführt worden, dass die festgestellten geringfügigen Abweichungen öffentlichen Interessen oder fremden Rechten, wozu die Rechte des Fischereiberechtigten nicht zählten, nicht nachteilig seien. Die Erstbehörde habe den Überprüfungsbescheid zu Recht erlassen. Was die Nichterfüllung der Auflage 24 des Bewilligungsbescheides betreffe, sei von der Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer ohnehin unter Zugrundelegung der Vorschläge des Sachverständigen für das Fischereiwesen die Behebung von Mängeln, insbesondere die Errichtung eines weiteren 11. Beckens zum verbesserten Fischaufstieg aufgetragen worden. Im Berufungsverfahren sei wegen Nichtbeiziehung eines Sachverständigen aus dem Fischereifach noch ungeklärt geblieben, ob die vom Fischereisachverständigen der ersten Instanz vorgeschriebenen Maßnahmen zur Erfüllung des Auflagenpunktes 24 ausreichten. Es werde daher die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fischereifach beantragt. Die von der belangten Behörde in Aussicht gestellte Behebung des Spruchabschnittes I des erstinstanzlichen Bescheides sei als rechtswidrig anzusehen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 19. Juni 2002 gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten insoweit Folge, als der Spruchabschnitt I des erstinstanzlichen Überprüfungsbescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben wurde.

Die Berufung des Mitbeteiligten gegen Spruchabschnitt II wurde als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung heißt es, die Abänderung der Fischaufstiegshilfe sei als nicht geringfügig anzusehen und bedürfe einer wasserrechtlichen Bewilligung, die nicht im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 121 WRG 1959 mitbehandelt werden könne. Aus diesem Grunde sei der Berufung des Mitbeteiligten Folge zu geben und der erstinstanzliche Bescheid zu beheben gewesen. Die Erstbehörde werde nach Vorliegen der Unterlagen gemäß § 103 über den Antrag des Beschwerdeführers betreffend Abänderung der Anlage zu entscheiden und nach Fertigstellung der Anlage als Gesamtes die Kollaudierung durchzuführen haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, der angefochtene Bescheid sei inhaltlich identisch, jedoch mit zwei verschiedenen Datierungen, einmal dem Beschwerdeführer selbst, datiert mit 21. März 2002, und einmal seinem Vertreter, datiert mit 19. Juni 2002, am 19. Juni 2002 via E-mail zugestellt worden. Infolge dieser unterschiedlichen Bescheiddatierung würden vorsichtshalber die Bescheide des LH vom 21. Mai 2002 und vom 19. Juni 2002 bekämpft.

Die belangte Behörde bestreitet in der Gegenschrift, dass zwei Bescheide mit unterschiedlicher Datierung existieren.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die einzige bei der wasserrechtlichen Überprüfungsverhandlung festgestellte Abänderung betreffe nicht die Fischaufstiegshilfe, sondern die Wehranlage. Diese weder öffentlichen Interessen noch fremden Rechten nachteilige Abänderung habe die Erstbehörde zu Recht nachträglich bewilligt. Die belangte Behörde hätte nur überprüfen dürfen, ob die Fischaufstiegshilfe der erteilten Bewilligung entspreche; sie sei aber nicht berechtigt gewesen, Spruchabschnitt I des erstinstanzlichen Bescheides zur Gänze ersatzlos zu beheben. Aber auch hinsichtlich der Fischaufstiegshilfe sei die ersatzlose Behebung des Überprüfungsbescheides widerrechtlich erfolgt. Selbst wenn die Erwägungen der belangten Behörde zuträfen, was aber vom Beschwerdeführer bestritten würde, sei die Behörde verhalten, das Ergebnis der Überprüfungsverhandlung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung der dabei wahrgenommenen Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Auch bzw. gerade dann, wenn die belangte Behörde hinsichtlich der Fischaufstiegshilfe auf Grund festgestellter Abweichungen vom bewilligten Projekt bzw. von Mängeln der Berufung des Fischereiberechtigten hätte Folge geben wollen, hätte sie niemals den erstinstanzlichen Überprüfungsbescheid ersatzlos beheben dürfen, sondern entweder selbst dem Beschwerdeführer Mängelbeseitigungsaufträge erteilen oder die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstinstanz zurückverweisen müssen. Zur Beurteilung der Frage, ob die von der Erstbehörde angeordneten Mängelbehebungsmaßnahmen zur Herstellung des konsensgemäßen Zustandes ausreichend seien, hätte die belangte Behörde aber einen Sachverständigen aus dem Fach des Fischereiwesens bestellen und dem Verfahren beiziehen müssen. Bei Durchführung dieses Beweises hätte sich herausgestellt, dass die von der Erstbehörde angeordneten Maßnahmen ausreichend seien.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei in dem Bewilligungsbescheid nur die Errichtung einer Fischaufstiegshilfe, nicht aber eines ökologischen Umgehungsgerinnes als Auflage aufgenommen worden.

Da der Beschwerdeführer über eine rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung verfüge, sei die Auffassung der belangten Behörde, er benötige für die Fischaufstiegshilfe eine neue wasserrechtliche Bewilligung, unrichtig. Diese Auffassung sei mit der Rechtskraft des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides nicht in Einklang zu bringen. Die belangte Behörde übersehe, dass dann, wenn der Beschwerdeführer die festgestellten Mängel über behördlichen Auftrag beseitige, keine Abänderung mehr vom ursprünglichen Projekt vorliege, die eine nachträgliche Genehmigung im Rahmen des Überprüfungsverfahrens notwendig mache. Bei Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen sei der Fischereiberechtigte vielmehr "formell und materiell klaglos gestellt". Schließlich sei die belangte Behörde auch nicht berechtigt, dem Beschwerdeführer über die im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vorgesehene Auflage zur Errichtung einer Fischaufstiegshilfe hinaus im Überprüfungsverfahren die Errichtung eines ökologischen Umgehungsgerinnes vorzuschreiben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen

Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unrichtig ist die von der belangten Behörde in der Gegenschrift aufgestellte Behauptung, es gebe keinen mit 19. Juni 2002 datierten Bescheid.

Im Akt befindet sich ein Bescheid der belangten Behörde mit dem Datum 21. Mai 2002. Dieser wurde dem Beschwerdeführer und nicht seinem Vertreter zugestellt, obwohl der Beschwerdeführer bereits im Verfahren vor der belangten Behörde durch seinen nunmehrigen Rechtsvertreter vertreten war. Diese Zustellung an den Beschwerdeführer selbst war unwirksam. Der dadurch bewirkte Zustellmangel wurde nach § 9 Abs. 1 ZustG erst mit dem Zeitpunkt geheilt, in dem das Schriftstück dem Vertreter des Beschwerdeführers tatsächlich zugekommen ist.

Der Beschwerdeführer hingegen hat einen mit 19. Juni 2002 datierten Bescheid vorgelegt, der seinem Rechtsvertreter zugestellt wurde.

Da beide Bescheide mit Ausnahme des Datums inhaltsgleich sind und jeglicher Hinweis darauf fehlt, dass die belangte Behörde zwei unterschiedliche Bescheide erlassen wollte, liegt in Wahrheit nur ein einziger Bescheid vor (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1992, 91/14/0058), wobei der Verwaltungsgerichtshof zur Bezeichnung des bekämpften Bescheides das Datum jener Ausfertigung verwendet, die ordnungsgemäß dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt wurde, also den 19. Juni 2002.

Nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 ist die Ausführung einer nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes oder unter Mitanwendung dieses Bundesgesetzes bewilligungspflichtigen Wasseranlage unverzüglich der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde bekannt zu geben. Diese hat sich in einem auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumasse, zu überzeugen, die Messungsergebnisse schriftlich festzuhalten, das Ergebnis dieser Überprüfung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung etwa wahrgenommener Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind, oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden.

Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Anlage des Beschwerdeführers Mängel und Abweichungen vom bewilligten Projekt aufweist, die nicht im Sinne des § 121 Abs. 1 WRG 1959 nachträglich bewilligt oder durch einen Mängelbeseitigungsauftrag behoben werden könnten, sondern einer gesonderten wasserrechtlichen Bewilligung bedürften. Sie begründet dies mit der Abänderung des im Bewilligungsbescheid vorgesehenen "ökologischen Umgehungsgerinnes" in eine Fischaufsteigshilfe für Salmoniden "einschließlich der geänderten Spiegelhöhen zwischen den Becken und der zusätzlichen Errichtung von Becken und Umgestaltung der Einbindung in das Unterwasser".

Diese Begründung ist mit Unklarheiten behaftet, die es unmöglich machen, zu beurteilen, ob tatsächlich die ausgeführte Anlage solche Mängel und Abweichungen vom bewilligten Projekt aufweist, dass ein Vorgehen nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 (Mängelbehebungsauftrag oder nachträgliche Bewilligung) nicht möglich ist.

Für eine Beurteilung, ob die vorgefundenen Abweichungen einer gesonderten Bewilligung bedürfen, wäre es erforderlich gewesen, in den fraglichen Punkten den Inhalt des Bewilligungsbescheides und dann die im Hinblick auf die Bewilligung bei der ausgeführten Anlage vorhandenen Mängel und Abweichungen genau aufzulisten. Eine solche Auflistung fehlt.

Es ist nicht ersichtlich, was das im angefochtenen Bescheid erwähnte, angeblich im Bewilligungsbescheid vorgesehene "ökologische Umgehungsgerinne" umfassen soll und worin demnach die Abweichungen der ausgeführten Anlage von diesem "Umgehungsgerinne" bestehen sollen.

Die belangte Behörde beruft sich überdies bei der Bezugnahme auf das "ökologische Umgehungsgerinne" auf die Ausführungen des limnologischen Amtssachverständigen. In dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Gutachten ist aber von einem solchen "Umgehungsgerinne" keine Rede.

Ebenso ist unklar, ob und warum die Errichtung zusätzlicher Becken und die Umgestaltung des Einstiegsbereiches zum ersten Becken einer gesonderten wasserrechtlichen Bewilligung bedarf.

Weder im angefochtenen noch im erstinstanzlichen Bescheid findet sich eine Feststellung, wie viele Becken der Bewilligungsbescheid vorsieht.

In der Begründung des Bewilligungsbescheides ist ein Gutachten eines Sachverständigen für das Fischereiwesen wiedergegeben, in welchem hinsichtlich der Zahl der Becken Folgendes ausgeführt wird:

"Zum ordnungsgemäßen Aufstieg sind mindestens 5 Becken erforderlich. Es wird dem Konsenswerber frei gestellt, mehr Becken anzubringen."

Falls dieser Vorschlag des Sachverständigen auch Bewilligungsinhalt geworden ist, wäre jedenfalls ohne nähere Begründung nicht ersichtlich, warum die Errichtung weiterer Becken einer gesonderten Bewilligung bedürfte.

Soweit die Anzahl der bereits errichteten Becken fünf übersteigt, wäre allein dieser Umstand kein Grund für eine Bewilligungsbedürftigkeit, sollte doch dem Beschwerdeführer die Errichtung weiterer Becken frei gestellt werden.

Ein weiteres, erst noch zu schaffendes Becken soll nach den Ausführungen des in erster Instanz beigezogenen Sachverständigen für das Fischereiwesen der Beseitigung eines Mangels bei der Fischaufstiegshilfe dienen, der dadurch entstanden ist, dass die Höhendifferenz zwischen den Spiegellagen benachbarter Becken nicht eingehalten wurde. Hinsichtlich dieses Beckens bedürfte es einer Begründung, warum dieses nicht im Wege eines Mängelbeseitigungsauftrages nach § 121 WRG 1959 vorgeschrieben werden könnte, sondern einer gesonderten wasserrechtlichen Bewilligung bedürfte.

Auch bei der als Mangel konstatierten Gestaltung des Eingangsbereiches zum ersten Becken fehlt eine Darstellung des Soll-Zustandes nach dem Bewilligungsbescheid. Der angefochtene Bescheid enthält eine Beschreibung des von den Sachverständigen für erforderlich erachteten künftigen Zustandes, wobei unklar ist, ob es sich dabei um den Soll-Zustand im Sinne des Bewilligungsbescheides oder um eine davon abweichende Gestaltung handelt. Im ersteren Fall wäre ein Auftrag zur Herstellung des dem Bewilligungsbescheid gemäßen Zustandes, aber nicht eine gesonderte wasserrechtliche Bewilligung erforderlich. Im letzteren Fall wäre zunächst zu begründen, warum nicht der Soll-Zustand laut Bewilligungsbescheid hergestellt werden soll, und dann, warum nicht auch diese Neugestaltung im Wege eines Mängelbehebungsauftrages bewerkstelligt werden kann.

Zusammenfassend ist fest zu halten, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides es nicht ermöglicht, zu beurteilen, ob die Mängel und Abweichungen, welche die Anlage des Beschwerdeführers im Vergleich zum Bewilligungsbescheid aufweist, so gestaltet sind, dass sie der von der belangten Behörde zum Anlass für die ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides genommenen gesonderten wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 18. September 2002

Schlagworte

Bescheidcharakter BescheidbegriffBescheidbegriff Bescheidcharakter Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002070080.X00

Im RIS seit

21.11.2002

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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