Index
L34004 Abgabenordnung Oberösterreich;Norm
BAO §276;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde 1. der HE in P und 2. des JE in P, beide vertreten durch Dr. Ferdinand Rankl, Rechtsanwalt in 4563 Micheldorf, Hauptstraße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8. September 2000, Zl. BauR-012172/3-2000-Kr/Pa, betreffend Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Perwang am Grabensee, 5163 Perwang am Grabensee), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 28. September 1995 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Zweitbeschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Spänesilos mit Heizungsanlage zu einem bestehenden Werkstättengebäude auf den Grundstücken 267/3 und 267/4, KG X. Diese Bewilligung erwuchs in Rechtskraft.
Mit Bescheid vom 4. November 1997 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Zweitbeschwerdeführer anlässlich der Erteilung der genannten Baubewilligung einen Beitrag für die Herstellung der Verkehrsfläche P-Straße gemäß § 19 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 in der Höhe von S 42.439,07 vor.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 24. März 1998 änderte der Bürgermeister den Bescheid vom 24. November 1997 dahingehend ab, dass der zu entrichtende Verkehrsflächenbeitrag auf S 15.717,86 reduziert werde. Dies deshalb, weil der Unterbau der P-Straße vom Zweitbeschwerdeführer beziehungsweise seinen Rechtsvorgängern selbst errichtet worden sei und daher nur "50 % des bisherigen Betrages" vorgeschrieben werden könnten.
Der Zweitbeschwerdeführer stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Mit Bescheid vom 27. April 1998 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid des Bürgermeisters vom 24. März 1998 (das ist die Berufungsvorentscheidung).
Mit Vorstellungsbescheid vom 24. September 1998 hob die belangte Behörde auf Grund der Vorstellung des Zweitbeschwerdeführers den Berufungsbescheid mit der Begründung auf, dass die Errichtung der Verkehrsfläche P-Straße nicht auf Kosten der mitbeteiligten Gemeinde, sondern auf Kosten des Zweitbeschwerdeführers beziehungsweise seiner Rechtsvorgänger erfolgt sei. Lediglich die Staubfreimachung sei durch die Gemeinde unter Kostenbeteiligung der Anrainer beziehungsweise deren Rechtsvorgänger erfolgt. Die Vorstellungsbehörde ging dabei davon aus, dass die Abgabenvorschreibung "anlässlich der Aufbringung des Verschleißbelages der öffentlichen Verkehrsfläche der Gemeinde mit der Bezeichnung 'S-Weg' vorgeschrieben" worden sei (die Abgabenbescheide des damaligen Abgabenverfahrens befinden sich nicht in dem dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akt). Gleichzeitig befasst sich die belangte Behörde in der Begründung dieses Vorstellungsbescheides mit dem Abgabentatbestand nach § 19 Abs. 1 Oö Bauordnung 1994, der die Vorschreibung der Abgabe "anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden" vorsieht (und auf welchen offenbar der Abgabenbescheid des Bürgermeisters Bezug genommen hatte). Die belangte Behörde wies darauf hin, dass "der Unterbau der gegenständlichen Straße" nicht von der Gemeinde, sondern vom Zweitbeschwerdeführer bzw. seinen Rechtsvorgängern errichtet worden sei. Die belangte Behörde hob mit der genannten Vorstellungsentscheidung spruchgemäß den "angefochtenen Bescheid" auf und verwies "die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat" der mitbeteiligten Gemeinde. In der Begründung dieses Bescheides wird nach den erwähnten Ausführungen zur Errichtung des "Unterbaus der gegenständlichen Straße" resümiert, dass "die Beitragsvorschreibung gemäß § 19 Abs. 1 leg. cit. ... daher rechtlich nicht möglich" sei. Es sei daher der Vorstellung wegen Verletzung von Rechten des Einschreiters Folge zu geben, der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur abermaligen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde zurückzuverweisen gewesen.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. Jänner 2000 wurde sodann der Berufung des Zweitbeschwerdeführers Folge gegeben und die Berufungsvorentscheidung vom 24. März 1998 aufgehoben.
Schon zuvor hatte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gegenüber den Beschwerdeführern ein weiteres Verfahren betreffend die Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages für die Parzelle Nr. 267/4, KG X, auf Grund der Erteilung der Baubewilligung vom 28. September 1995 "für die R-Straße" eingeleitet.
Mit Bescheid vom 26. November 1999 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführern einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche der R-Straße in der Höhe von S 33.600,-- vor.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. Dezember 1999 Berufung und brachten vor, dass ihnen die mitbeteiligte Gemeinde trotz des oben genannten Vorstellungsbescheides neuerlich "die Gebühr" vorgeschrieben habe. Dieser neuerlichen Vorschreibung stehe die Rechtskraft des Vorstellungsbescheides vom 24. September 1998 entgegen, da sich entgegen der von der Gemeinde vertretenen Ansicht weder die Sachnoch die Rechtslage geändert hätten. Zudem sei gemäß § 19 Abs. 2 der Oberösterreichischen Bauordnung für ein Grundstück, welches durch mehrere Verkehrsflächen aufgeschlossen werde, der Verkehrsflächenbeitrag nur einmal zu entrichten. Auf Grund der Bestimmung des § 20 Abs. 7 leg. cit. ergebe sich aber auch, dass in Fällen, in denen die Anrainer oder ihre Rechtsvorgänger bereits Leistungen für die Herstellung von Verkehrsflächen erbracht hätten, die Gemeinde nicht "neuerlich vorschreiben" dürfe.
Mit Bescheid vom 10. März 2000 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die gegen den Abgabenbescheid vom 26. November 1999 gerichtete Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer stehe der gegenständlichen Vorschreibung die Rechtskraft des Vorstellungsbescheides vom 24. September 1998 nicht entgegen, da sich die nunmehrige Vorschreibung auf eine andere Verkehrsfläche beziehe und daher nicht derselbe Sachverhalt vorliege. Die Beschwerdeführer könnten sich aber auch nicht auf die Bestimmungen des § 19 Abs. 2 beziehungsweise des § 20 Abs. 7 der Oberösterreichischen Bauordnung berufen, da sie keinen Verkehrsflächenbeitrag entrichtet hätten.
Mit Schriftsatz vom 16. März 2000 erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung gegen den Berufungsbescheid und führten aus, dass sich der der Vorstellungsentscheidung vom 24. September 1998 zu Grunde liegende Sachverhalt nicht wesentlich geändert habe. Andernfalls könnte nämlich die Gemeinde für jede ein und dasselbe Grundstück aufschließende Straße den Beitrag vorschreiben, was jedoch bereits vom Gesetzgeber ausgeschlossen worden sei. Ein allfälliges "Wahlrecht" der Gemeinde könnte insofern daher nur einmal bestehen. Ein solches Wahlrecht bestehe aber allein schon deshalb nicht, weil dann die Bestimmung des § 20 Abs. 7 der Oberösterreichischen Bauordnung inhaltsleer wäre. Es wäre der Willkür der Gemeinde überlassen, ob die Anrechnung von Vorleistungen der Anlieger beziehungsweise ihrer Rechtsvorgänger zum Tragen komme oder nicht. Erbrachte Vorleistungen seien daher in jedem Fall anzurechnen. Es sei aktenkundig und entspreche den von der belangten Behörde in ihrem Bescheid vom 24. September 1998 getroffenen Feststellungen, dass die Beschwerdeführer beziehungsweise ihre Rechtsvorgänger die Kosten zur Errichtung der Verkehrsfläche P-Straße getragen hätten. Die mittlerweile eingetretene Änderung der Rechtslage sei im Übrigen auch nicht ausreichend, um eine neuerliche Entscheidung zu rechtfertigen. Zudem würde sich auch auf Grund der geänderten Rechtslage am Ergebnis, dass keine neuerliche Vorschreibung erfolgen dürfe, nichts ändern, da die Anliegerleistungen jedenfalls höher als die vorgeschriebenen Beiträge zu bewerten seien. Darüber hinaus liege ein Verfahrensmangel vor, weil anlässlich der Beratung und Beschlussfassung des Gemeinderates über die Berufung nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Parteien des Verfahrens ausgeschlossen worden seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab und bestätigte den Berufungsbescheid. Die Beschwerdeführer sähen irrtümlich die gegenständliche Beitragsvorschreibung mit jener, über die mit Vorstellungsbescheid vom 24. September 1998 entschieden worden sei, in Zusammenhang. Die seinerzeitige Beitragsvorschreibung habe sich aber auf eine andere öffentliche Verkehrsfläche bezogen. Im Beschwerdefall lägen die Voraussetzungen für die Beitragsvorschreibung, nämlich die Erteilung der Baubewilligung und die Aufschließung des betreffenden Grundstückes durch die R-Straße, vor. Ein Widerspruch zur Bestimmung des § 19 Abs. 2 der Oberösterreichischen Bauordnung bestehe nicht, da der Beitrag nur einmal, nämlich zur Errichtung der R-Straße vorgeschrieben worden sei. Auch stehe die Vorschreibung mit § 20 Abs. 7 leg. cit. in Einklang, weil die Beschwerdeführer keine Beiträge für die Herstellung der R-Straße geleistet hätten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Übergangsbestimmungen der Novelle LGBl. Nr. 70/1998 zur Oberösterreichischen Bauordnung 1994 lauten:
"Artikel II
(1) Dieses Landesgesetz tritt mit 1. Jänner 1999 in Kraft.
(2) Mit dem Inkrafttreten dieses Landesgesetzes treten
1.
§ 25 Abs. 2 des O.ö. Umweltschutzgesetzes 1996, LGBl. Nr. 84,
2.
das O.ö. Ortsbildgesetz, LGBl. Nr. 4/1990,
3.
das O.ö. Dauerkleingartengesetz, LGBl. Nr. 75/1983,
außer Kraft.
(3) Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige individuelle Verwaltungsverfahren sind nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften weiterzuführen. Die §§ 42 bis 44 der O.ö. Bauordnung 1994 in der Fassung des Art. I Z. 43 gelten auch für bauliche Anlagen, die vor dem Inkrafttreten dieses Landesgesetzes baubehördlich bewilligt wurden, für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes aber noch keine Anzeige der Beendigung der Bauausführung oder noch kein Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung bei der Baubehörde eingelangt ist.
(4) Soweit in diesem Landesgesetz auf Bestimmungen anderer Landesgesetze verwiesen wird und nicht ausdrücklich eine bestimmte Fassung genannt ist, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
(5) Soweit sie Verkehrsflächen der Gemeinde betreffen, sind die §§ 19 bis 21 der O.ö. Bauordnung 1994 in der Fassung des Art. I Z. 18 auch auf Abgabentatbestände anzuwenden, die sich vor dem Inkrafttreten dieses Landesgesetzes verwirklicht haben und deren Anspruch auf Vorschreibung noch nicht verjährt ist."
Wie der Verwaltungsgerichtshof zu diesen Vorschriften in seinem Erkenntnis vom 15. Mai 2000, Zl. 2000/17/0023, festgestellt hat, ist aus Art. II Abs. 5 der genannten Novelle abzuleiten, dass die Abgabenvorschreibung hinsichtlich des Verkehrsflächenbeitrages jedenfalls nach der neuen Rechtslage zu erfolgen hat, gleichgültig wann das Verfahren eingeleitet werde.
§ 19 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (Oö BauO), LGBl. Nr. 66/1994 idF LGBl. Nr. 70/1998, lautet:
"§ 19
Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher
Verkehrsflächen
(1) Anläßlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu- , Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde oder des Landes (§ 8 O.ö. Straßengesetz 1991) aufgeschlossen sind, hat die Gemeinde dem Eigentümer des Bauplatzes oder des Grundstücks, auf dem das Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, mit Bescheid einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche (Verkehrsflächenbeitrag) vorzuschreiben. Ausgenommen sind Radfahr-, Fußgänger- und Wanderwege.
(2) Wird ein Gebäude oder der Bauplatz oder das Grundstück, auf dem ein Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, durch mehrere öffentliche Verkehrsflächen aufgeschlossen, ist der Beitrag nur einmal zu entrichten.
(3) Wird eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet und dadurch der Bauplatz oder das Grundstück, auf dem ein Gebäude schon besteht, aufgeschlossen, ist der Beitrag anläßlich der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben. Dies gilt nicht im Fall der Erneuerung oder Sanierung einer schon bestehenden Verkehrsfläche. Abs. 1 und 2 sowie §§ 20 und 21 gelten sinngemäß.
(4) Abgabepflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Vorschreibung Eigentümer des Grundstücks ist."
§ 19 Abs. 1 Oö BauO (Stammfassung) lautete:
"(1) Wurde von der Gemeinde eine öffentliche Verkehrsfläche (§ 8 Abs. 2 O.ö. Straßengesetz 1991) errichtet, hat sie anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch diese öffentliche Verkehrsfläche aufgeschlossen werden, dem Bauwerber mit Bescheid einen Beitrag zu den ihr erwachsenden Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben."
Gemäß § 20 Abs. 7 leg. cit. idF LGBl. Nr. 70/1998, sind sonstige oder frühere, insbesondere auch auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen oder anderer gesetzlicher Bestimmungen für die Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche geleistete Beiträge auf den Verkehrsflächenbeitrag anzurechnen, wobei die Beiträge, bezogen auf den vom Österreichischen Statistischen Zentralamt kundgemachten Verbraucherpreisindex und den Monat ihrer vollständigen Entrichtung, um jenen Prozentsatz zu ändern sind, um den sich dieser Index geändert hat. Dies gilt gegebenenfalls auch für geleistete Hand- und Zugdienste und für erbrachte Sachleistungen. Können solche sonstige oder frühere Beitragsleistungen weder von der Gemeinde noch vom Abgabepflichtigen (§ 19 Abs. 4) ausreichend belegt werden, besteht ein Anspruch des Abgabepflichtigen auf Anrechnung nur insoweit, als er die von ihm oder von seinen Rechtsvorgängern erbrachten Leistungen glaubhaft machen kann.
Gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 leg. cit. entfällt der Verkehrsflächenbeitrag, wenn die Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden im Sinne des § 3 Abs. 2 Z 5 erteilt wird.
§ 3 Abs. 2 Z 5 leg. cit lautet:
"Baubewilligungen für Gebäude, die nicht für Wohnzwecke bestimmt sind und baurechtlich nur untergeordnete Bedeutung haben (wie mit Schutzdächern versehene Abstellplätze und Garagen mit einer Nutzfläche bis zu 50 m2, kleine Kapellen, Garten- und Gerätehütten, Boots- und Badehütten, Umspann-, Umform- und Schaltanlagen und dergleichen), wenn Interessen an einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung dadurch nicht verletzt werden."
2. Die Beschwerdeführer bringen zunächst vor, die belangte Behörde habe verkannt, dass im Beschwerdefall insofern entschiedene Sache vorliege, als die belangte Behörde in ihrem Vorstellungsbescheid vom 24. September 1998 bereits ausgesprochen habe, dass für das gegenständliche Grundstück kein Verkehrsflächenbeitrag zu entrichten wäre.
Die belangte Behörde weist zu dieser Argumentation in ihrer Gegenschrift darauf hin, dass sich die seinerzeitige Vorschreibung auf eine andere Verkehrsfläche bezogen habe und die nunmehr verfahrensgegenständliche Vorschreibung die "R-Str. zur Grundlage" habe.
3. Es ist daher zu prüfen, inwieweit eine (neuerliche) Abgabenvorschreibung nach § 19 Abs. 1 Oö BauO 1994 ungeachtet der Anhängigkeit des ersten Abgabenverfahrens bzw. dessen Abschlusses mit Bescheid des Gemeinderates vom 12. Jänner 2000 zulässig war.
4. Die Berufungsbehörde hat in ihrem Bescheid vom 12. Jänner 2000, mit dem der Berufung des Zweitbeschwerdeführers Folge gegeben wurde, spruchgemäß nur die Berufungsvorentscheidung vom 24. März 1998 aufgehoben.
Es stellt sich daher die Frage, ob durch diese Entscheidung die mit Berufung bekämpfte erstinstanzliche Entscheidung vom 4. November 1997 wieder in Wirksamkeit getreten ist (vgl. in diesem Sinne für den Fall der Aufhebung einer Berufungsvorentscheidung durch die Oberbehörde im Aufsichtsweg das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1981, Zl. 1287/80). Im Beschwerdefall ergibt sich jedoch im Zusammenhalt von spruchgemäßer Stattgebung der Berufung und der Begründung - wonach die "gegenständliche Straße" nicht von der Gemeinde, "sondern zur Gänze vom Vorstellungswerber bzw. seinen Rechtsvorgängern" errichtet worden und daher "die Beitragsvorschreibung gem. § 19 Abs. 1 leg. cit."
rechtlich nicht möglich sei -, dass die Berufungsbehörde mit der Aufhebung (lediglich) der Berufungsvorentscheidung keinesfalls den erstinstanzlichen Bescheid (der eine Abgabenvorschreibung enthielt) bestätigen wollte. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 94/13/0058) tritt - abgesehen davon, dass der erstinstanzliche Bescheid bestimmte Wirkungen wie z.B. eine Unterbrechung der Verjährung behält - der Berufungsbescheid an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides (dies beispielsweise auch dann, wenn der Berufungsbescheid die Berufung abweist und den erstinstanzlichen Bescheid "vollinhaltlich bestätigt"). Ungeachtet des Umstandes, dass eine gesonderte Aufhebung der Berufungsvorentscheidung nicht erforderlich gewesen wäre, da diese mit der nachfolgenden Berufungsentscheidung ihre Wirkung als Sachentscheidung verliert (vgl. Stoll, BAO, Kommentar, 2718, sowie das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1993, Zl. 93/17/0148), ist daher im Beschwerdefall davon auszugehen, dass mit dem Bescheid vom 12. Jänner 2000 die Abgabensache dahingehend erledigt wurde, dass an die Stelle der "vorangehenden Entscheidungen (Erstbescheid, Berufungsvorentscheidung)" (Stoll, a.a.O., 2793) die Berufungsentscheidung mit dem Inhalt, dass die Abgabenvorschreibung aufgehoben wurde, getreten ist.
5. Da die genannte Berufungsentscheidung vom 12. Jänner 2000 nicht bekämpft wurde, ist von der Rechtskraft dieser Erledigung (dem Zweitbeschwerdeführer gegenüber) auszugehen. Es stellt sich daher die Frage, welche Bedeutung die Rechtskraft dieser Erledigung für eine (weitere) Abgabenvorschreibung nach § 19 Abs. 1 Oö BauO 1994 (wenn auch "für eine andere Straße") hat. Bemerkt sei, dass die Abgabenvorschreibung durch die Behörde erster Instanz ausdrücklich unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 1 Oö BauO 1994 im Hinblick auf die Erteilung der Baubewilligung im Jahre 1995 erfolgte und daher der Tatbestand des § 19 Abs. 3 Oö BauO 1994 hier außer Betracht bleiben kann.
6. Wie sich aus § 19 Abs. 1 iVm Abs. 2 Oö BauO 1994 idF LGBl. Nr. 70/1998 ergibt, besteht im Fall der Aufschließung eines Grundstückes durch mehrere Verkehrsflächen grundsätzlich die Möglichkeit, den Verkehrsflächenbeitrag auf Grund der Aufschließung durch eine der Straßen vorzuschreiben, wobei jedoch "der Beitrag nur einmal zu entrichten" ist.
Aus dieser Formulierung könnte man schließen, dass durch die Erteilung einer Baubewilligung iSd § 19 Abs. 1 Oö BauO 1994 in der genannten Fassung im Grunde zwei (oder mehr) verschiedene Abgabentatbestände verwirklicht werden, je nachdem, ob das Grundstück durch zwei (oder mehr) öffentliche Verkehrsflächen erschlossen wird (und lediglich nach rechtskräftiger Vorschreibung im Hinblick auf eine öffentliche Verkehrsfläche einer neuerlichen Festsetzung hinsichtlich einer weiteren öffentlichen Verkehrsfläche § 19 Abs. 2 Oö BauO 1994 entgegenstünde. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Meinung, dass § 19 Abs. 1 Oö BauO 1994 lediglich einen einzigen Abgabentatbestand normiert, dessen Tatbestandsvoraussetzung der Erschließung durch verschiedene Verkehrsflächen (die die im § 19 Abs. 1 leg. cit. normierten Merkmale aufweisen) erfüllt sein kann. Ob der Tatbestand erfüllt ist und durch welche der allenfalls mehreren in Frage kommenden Straßen er erfüllt ist, ist von den Abgabenbehörden im Abgabenverfahren festzustellen. Sache des Abgabenverfahrens ist die Vorschreibung einer Abgabe nach § 19 Abs. 1 Oö BauO 1994. Einer solchen Vorschreibung kann die Erschließung durch verschiedene Straßen zu Grunde liegen. Sofern - wie dies im Beschwerdefall gegeben ist - hinsichtlich einer der Straßen die Voraussetzungen nicht vorliegen, bedeutet dies demnach noch nicht, dass die Abgabenvorschreibung ausgeschlossen wäre. Bei Vorliegen der Voraussetzungen hinsichtlich einer anderen öffentlichen Verkehrsfläche im Sinne des § 19 Abs. 1 leg. cit. könnte die Vorschreibung zulässigerweise vorgenommen werden (wobei die Frage der Anrechnung gemäß § 20 Abs. 7 Oö BauO 1994 hier vorerst dahingestellt sei). Da somit dieselbe Sache vorliegt, gleichgültig hinsichtlich welcher Straße das Vorliegen der Voraussetzungen für den im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung verwirklichten Abgabentatbestand angenommen wird, kann auch im Berufungsverfahren gegebenenfalls die Abgabenvorschreibung auf die Erschließung durch eine andere Straße als durch jene, die die Behörde erster Instanz der Abgabenvorschreibung zu Grunde legte, gestützt werden.
7. Mit der mit Berufungsbescheid vom 12. Jänner 2000 verfügten Aufhebung der Abgabenvorschreibung mit der Begründung, dass die Abgabenvorschreibung mangels Errichtung der "gegenständlichen Straße" durch die Gemeinde nicht möglich sei, hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde dem Zweitbeschwerdeführer gegenüber eine abschließende Erledigung in der Abgabensache getroffen, die es nicht ermöglicht, eine neuerliche (erstinstanzliche) Entscheidung betreffend die Vorschreibung einer Abgabe nach § 19 Abs. 1 Oö BauO 1994 idF LGBl. Nr. 70/1998 zu treffen. (Es erübrigt sich daher zu untersuchen, ob der Gemeinderat auch eine andere Entscheidung treffen hätte können, oder ob sich aus dem Vorstellungsbescheid vom 24. September 1998 eine Bindungswirkung dahingehend ergab, dass jedenfalls eine ersatzlose Aufhebung der Abgabenvorschreibung vorzunehmen war). Diese Erledigung erging jedoch nur an den Zweitbeschwerdeführer, mit dem dieses Abgabenverfahren geführt worden war.
8. Der neuerlichen Entscheidung durch den Gemeinderat gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer stand nach Erlassung des Berufungsbescheides vom 12. Jänner 2000 die rechtskräftig entschiedene Sache entgegen.
Die Berufungsbehörde hätte daher auf Grund der Berufung des Zweitbeschwerdeführers den erstinstanzlichen Bescheid vom 26. November 1999 in ihrer Entscheidung vom 10. März 2000 dem Zweitbeschwerdeführer gegenüber jedenfalls aufzuheben gehabt. Die belangte Behörde als Vorstellungsbehörde hätte diesen inhaltlichen Mangel, der den Zweitbeschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten verletzt, bei der Entscheidung über die Vorstellung wahrzunehmen gehabt.
9. Da der Bescheid vom 12. Jänner 2000 in einem Verfahren erging, in dem nur dem Zweitbeschwerdeführer eine Abgabe vorgeschrieben wurde, erstreckt sich die Rechtskraft dieses Bescheides nur auf das Verhältnis zwischen der Behörde und dem Zweitbeschwerdeführer. Eine Abgabenvorschreibung ohne Bindung an das Ergebnis dieses Verfahrens konnte daher allenfalls der Erstbeschwerdeführerin gegenüber erfolgen. Es ist daher zu prüfen, ob die Rechtsauffassung der belangten Behörde zutrifft, dass die Anrechnung gemäß § 20 Abs. 7 Oö BauO 1994 bei Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrages auf Grund der Tatsache, dass ein Grundstück durch mehrere Straßen aufgeschlossen wird, schon dann unterbleiben kann, wenn der Abgabepflichtige nicht alle Verkehrsflächen errichtet hat bzw. nicht für alle in Betracht kommenden Verkehrsflächen (relevante) Beiträge geleistet hat.
Eine Abgabenvorschreibung kam nämlich der Erstbeschwerdeführerin gegenüber auf Grund des Umstandes, dass die Rechtskraft des Bescheides vom 12. Jänner 2000 nur gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer gegeben ist, grundsätzlich in Betracht. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides gegenüber der Erstbeschwerdeführerin hängt jedoch davon ab, ob bei der Berechnung der Abgabe die Leistungen der Rechtsvorgänger der Erstbeschwerdeführerin anzurechnen gewesen wären.
10. Zur Frage der Anrechnung von Leistungen für die Errichtung der P-Straße ist Folgendes auszuführen:
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass bei der Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages im Hinblick auf die Aufschließung durch die R-Straße allfällige Leistungen für die P-Straße nicht anzurechnen seien.
Es ist zwar unbestritten, dass weder die Beschwerdeführer noch ihre Rechtsvorgänger für die Herstellung der R-Straße Beiträge beziehungsweise Leistungen erbracht haben.
Im Vorstellungsbescheid vom 24. September 1998, welcher noch zur alten Rechtslage ergangen ist, führte die belangte Behörde jedoch Folgendes aus:
"Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt geht nunmehr eindeutig hervor, dass eine dieser Voraussetzungen - die Errichtung der Aufschließungsstraße durch die Gemeinde - nicht gegeben ist, weil der Unterbau der gegenständlichen Straße (P-Straße) nicht von der Gemeinde, sondern zur Gänze vom Vorstellungswerber (d.i. der Zweitbeschwerdeführer) beziehungsweise seinen Rechtsvorgängern und auf deren Kosten errichtet wurde. Die Staubfreimachung erfolgte von der Gemeinde mit Kostenbeteiligung der Anrainer beziehungsweise deren Rechtsnachfolger."
Nach § 19 Abs. 2 Oö BauO ist dann, wenn eine Liegenschaft durch mehrere öffentliche Verkehrsflächen aufgeschlossen wird, der Beitrag nur einmal zu entrichten. Gemäß § 20 Abs. 7 Oö BauO hat eine Anrechnung der dort genannten Leistungen des Abgabepflichtigen zu erfolgen.
Aus den zitierten Feststellungen des Vorstellungsbescheides vom 24. September 1998 und dem Beschwerdevorbringen ergeben sich deutliche Hinweise darauf, dass von den Beschwerdeführern beziehungsweise von deren Rechtsvorgängern für die Errichtung der P-Straße Leistungen erbracht worden sind, die gemäß § 20 Abs. 7 Oö BauO idF LGBl. Nr. 70/1998 auf den Verkehrsflächenbeitrag anzurechnen wären.
Ist der Abgabentatbestand in der Form verwirklicht, dass im maßgeblichen Zeitpunkt die Erteilung der Baubewilligung eine Aufschließung durch mehrere öffentliche Verkehrsflächen vorliegt, so ist ein Beitrag zur Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche im Verständnis des § 20 Abs. 7 Oö BauO schon gegeben, wenn dieser Beitrag sich auf eine dieser Verkehrsflächen bezogen hat.
11. Feststellungen, welche eine ausreichende Beurteilung der (entscheidungswesentlichen) Frage betreffend die Erbringung allfälliger Leistungen der Erstbeschwerdeführerin beziehungsweise ihrer Rechtsvorgänger für die Herstellung der P-Straße ermöglichen würden, sind von den Gemeindebehörden nicht getroffen worden.
Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde die ihr vorliegende Vorstellung nicht (ohne weitere Sachverhaltsfeststellung) abweisen dürfen. Da sie dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid, soweit damit die Vorstellung der Erstbeschwerdeführerin erledigt wird, mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher auch insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
12. Der angefochtene Bescheid war daher sowohl hinsichtlich der Erledigung der Vorstellung der Erstbeschwerdeführerin als auch bezüglich der Erledigung der Vorstellung des Zweitbeschwerdeführers wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
13. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
14. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001. Hiebei war die von
den Beschwerdeführern entrichtete Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG in der Höhe von S 2.500,-- mit EUR 181,68 zuzusprechen.
Wien, am 18. September 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000170208.X00Im RIS seit
23.01.2003Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009