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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, in der Beschwerdesache der Immofinanz Ismene Immobilien Vermietungsges.m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Karl Schleinzer, Rechtsanwalt in Wien I, Führichgasse 6, gegen die Erledigung des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 64, vom 14. Februar 2002, Zl. MA 64- GA 12/94/2001, betreffend Grenzberichtigung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Am 26. Februar 2002 ist der Beschwerdeführerin folgende Erledigung zugegangen:
MA 64-GA 2/94/2001
Wien, am 14.2.2002
EZ 144, Gst. Nr. 168/2
Kat. Gem. A l t m a n n s d o r f;
Grenzberichtigungsverfahren;
Einräumung einer Frist zur
gütlichen Regelung
An die IMMOFINANZ
Ismene Immobilien
Vermietungsgesellschaft m.b.H.
Bankgasse 2
1010 Wien
Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Amt der Wiener Landesregierung teilt Ihnen mit, dass die Franz Mann GmbH & Co KG am 5.11.2001 als Eigentümerin der Liegenschaften EZ 151, Gst.Nr. 166/2 und 179, Kat. Gem. Altmannsdorf, die Einleitung des Grenzberichtigungsverfahrens gemäß §§ 36 und 37 der Bauordnung für Wien hinsichtlich der Liegenschaft EZ 144, Gst. Nr. 168/2, Kat. Gem. Altmannsdorf, beantragt hat.
Gemäß § 37 Abs. 1 der Bauordnung für Wien hat die Behörde den Parteien zur gütlichen Regelung eine 3 Monate nicht überschreitende Frist einzuräumen.
Der Antragstellerin wurde bereits mit ho. Schreiben vom 14.1.2002 eine Frist von 3 Monaten ab Zustellung zur Erzielung einer gütlichen Regelung eingeräumt.
Nach Einlangen des vollständigen Einleitungsantrages seitens der Antragstellerin werden Sie daher nunmehr ebenfalls gemäß § 37 Abs. 1 der Bauordnung für Wien ersucht, bis längstens 17.4.2002 eine gütliche Einigung mit der Antragstellerin anzustreben und die Magistratsabteilung 64 von den Ergebnissen dieser Verhandlungen in Kenntnis zu setzen.
Beilage
Mit
freundlichen Grüßen
Referent: Für die
Landesregierung:
Mag. B. (es folgt die
Unterschrift)
Klappe ..... Dw. Mag. B."
Gegen diese Erledigung erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 10. Juni 2002, B 705/02-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat, wobei ausgeführt wurde, dass die Beschwerde nicht auf das Vorliegen sämtlicher Prozessvoraussetzungen überprüft wurde.
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht.
Gemäß § 36 Abs. 1 der Wiener Bauordnung kann zur Beseitigung unzweckmäßiger Gestaltung von Grundstücken im Bauland anstelle der Umlegung eine Änderung der Grenzen angrenzender Grundstücke auf Antrag eines Eigentümers eines betroffenen Grundstückes oder auf Antrag der Gemeinde verfügt werden. Die Verfügung ist nur dann zulässig, wenn bestimmte, in Abs. 2 dieser Bestimmung angeführte Voraussetzungen vorliegen. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung hat die Behörde, wenn der Antrag den formalen Voraussetzungen entspricht, die Anmerkung der Einleitung des Grenzberichtigungsverfahrens im Grundbuch zu veranlassen. Die Anmerkung hat die Wirkung, dass sich niemand auf Unkenntnis berufen kann.
§ 37 der Wiener Bauordnung hat folgenden Wortlaut:
"Durchführung der Grenzberichtigung
§ 37.
(1) Die Behörde hat den Parteien zur gütlichen Regelung eine 3 Monate nicht überschreitende Frist einzuräumen.
(2) Kommt eine solche Regelung zustande, ist innerhalb von sechs Monaten ein Antrag auf Bewilligung der Grundabteilung einzubringen; diese ist binnen 6 Monaten ab Rechtskraft grundbücherlich durchzuführen. Mit der grundbücherlichen Durchführung der Grundabteilung schließt das Grenzberichtigungsverfahren ab.
(3) Kommt keine gütliche Regelung zustande oder werden die Fristen nach Abs. 2 nicht eingehalten, ist den Antragstellern eine Frist von 6 Monaten zur Vorlage eines Grenzberichtigungsplanes einzuräumen, der in der Art eines Teilungsplanes (§ 15 Abs. 2) in sieben Gleichstücken auszufertigen ist. Bei ungenütztem Verstreichen der Frist gilt der Antrag als zurückgezogen.
(4) Im Übrigen haben für das weitere Verfahren die Bestimmungen über die Enteignung von Ergänzungsflächen (§ 42) sinngemäß Anwendung zu finden.
(5) Nach Abschluss des Grenzberichtigungsverfahrens hat die Behörde die Löschung der Anmerkung im Grundbuch zu veranlassen."
Unter Bescheiden im Sinne des Art. 131 Abs. 1 B-VG können nur solche Erledigungen der Behörde verstanden werden, die in einer förmlichen und der Rechtskraft fähigen Weise über konkrete Rechtsverhältnisse absprechen. Gemäß § 58 Abs. 1 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
Auch wenn eine behördliche Erledigung nicht als Bescheid bezeichnet und nicht in Spruch und Begründung gegliedert ist, wird sie nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts dann als Bescheid qualifiziert, wenn die Erledigung gegenüber individuell bestimmten Personen eine Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, also für den Einzelfall Rechte oder Rechtsverhältnisse bindend gestaltet oder feststellt. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, ist an eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, zu § 58 Abs. 1, S. 434, unter 4. angeführte hg. Judikatur).
Das gegenständliche Schreiben ist weder als Bescheid bezeichnet noch enthält es eine Gliederung nach Spruch und Begründung oder eine Rechtsmittelbelehrung. Auch der Wortlaut und die sprachliche Gestaltung lassen begründete Zweifel daran aufkommen, dass es sich um einen Bescheid handeln sollte. Das Schreiben ist in Briefform gehalten und enthält das Ersuchen, gemäß § 37 Abs. 1 der Bauordnung für Wien eine gütliche Einigung der Antragstellerin anzustreben. Schon aus dem Umstand, dass in diesem Schreiben lediglich ein Ersuchen an die Beschwerdeführerin herangetragen wurde, ist zu schließen, dass diesem Schreiben der Charakter einer individuellen Norm nicht zukommt, da weder ein Bescheidwille zum Ausdruck gebracht wird, noch Rechte oder Rechtsverhältnisse bindend gestaltet oder festgestellt werden.
Auch unter dem Aspekt des Rechtsschutzinteresses der Beschwerdeführerin erscheint es nicht geboten, der angefochtenen Erledigung - entgegen ihrer Form und ihrem Inhalt - Bescheidcharakter zuzubilligen, weil die eingeräumte Frist von drei Monaten längst verstrichen ist und die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin in dem gemäß § 42 leg. cit. abzuführenden Verfahren nicht beeinträchtigt wird, weil sie in diesem Verfahren - unabhängig von ihrer Reaktion auf dieses Ersuchen - die Möglichkeit hat, darzulegen, dass nach ihrer Ansicht die Voraussetzungen für eine Grenzberichtigung nicht vorliegen.
Bei diesem Schreiben handelt es sich vielmehr um eine Verfahrensanordnung, die nicht gesondert anfechtbar ist (vgl. dazu Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften, 4. Auflage, Anm. 1 zu § 37 Abs. 1).
Mangels Vorliegens eines Bescheides war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen. Die behauptete Unzuständigkeit der belangten Behörde kann erst in der Beschwerde gegen den in der Sache ergehenden Bescheid, mit dem der Antrag auf Grenzberichtigung erledigt wird, geltend gemacht werden.
Wien, am 23. September 2002
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Verfahrensanordnungen Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002050860.X00Im RIS seit
29.11.2002