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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Marktgemeinde Deutsch Kaltenbrunn, vertreten durch Dax - Klepeisz - Klimburg - Schuszter Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH in 7540 Güssing, Europastraße 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes für Burgenland vom 7. März 2002, Zl. 2-Gl-G3059/6-2002, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die im Beschwerdefall interessierende, den Hermann P. betreffende Wohnsitzerklärung (Muster gemäß Anlage C des Meldegesetzes 1991, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung BGBl I Nr. 28/2001) ist mit "29. 5. 2001" datiert und "iV" mit unleserlicher Unterschrift unterschrieben.
Mit Eingabe vom 25. September 2001 beantragte der beschwerdeführende Bürgermeister "auf Grund der vorgelegten Wohnsitzerklärung und der amtsbekannten Tatsachen" die Einleitung eines Reklamationsverfahrens gemäß § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz 1991 (kurz: MeldeG) "zur Feststellung des Hauptwohnsitzes" des Betroffenen Hermann P..
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes des Betroffenen in der Gemeinde 7551 Rohr Nr. 66 gerichtete Antrag "zurückgewiesen". Die Wohnsitzerklärung bilde für den Bürgermeister die wesentliche Grundlage für seine Entscheidung auf Einleitung eines Reklamationsverfahrens und sei demnach eine Zulässigkeitsvoraussetzung für dieses Verfahren. Der Beschwerdeführer habe keine Wohnsitzerklärung vorlegen können. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Erklärung trage eine unleserliche Unterschrift, welche nicht vom Betroffenen stamme. Die "vorgelegte Ersatzausfüllung" könne nicht als Grundlage für ein Reklamationsverfahren herangezogen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 31. August 1999, Zl. 99/05/0076, klargestellt, dass ein Bürgermeister gemäß § 17 Abs. 2 Z. 2 MeldeG nur dann ein Reklamationsverfahren hinsichtlich eines Menschen, der in seiner Gemeinde nur einen weiteren Wohnsitz hat, beantragen kann, wenn er im Stand ist darzulegen, dass der Betroffene einen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in der Gemeinde hat. Auch im Geltungsbereich des MeldeG in der im Hinblick auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides hier anzuwenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 28/2001 (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/0225) hat der Verwaltungsgerichts an dieser Rechtsprechung festgehalten und ausgeführt, die nunmehr im § 15a MeldeG den Bürgermeistern eingeräumte Ermächtigung, von dem Betroffenen eine Wohnsitzerklärung verlangen zu können, soll neben der Ermittlung der Daten gemäß § 15 Abs. 6 leg. cit. auch dem Nachweis der Antragsvoraussetzungen gemäß § 17 Abs. 2 Z. 2 MeldeG dienen (siehe die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 2001, Zlen. 2001/05/0198 und 2001/05/0209).
Im Beschwerdefall durfte jedoch die belangte Behörde den auf § 17 Abs. 2 Z. 2 MeldeG gestützten Antrag des Beschwerdeführers unter Bezugnahme auf die oben wiedergegebene hg. Rechtsprechung aus folgenden Gründen nicht zurückweisen:
Der Beschwerdeführer hat sich in seinem Antrag auf Einleitung des Reklamationsverfahrens gemäß § 17 Abs. 2 Z. 2 MeldeG vom 25. September 2001 auf die Hermann P. betreffende Wohnsitzerklärung vom 29. Mai 2001 berufen, die mit einer unleserlichen Unterschrift in Vertretung ("iV") des Betroffenen unterfertigt ist.
Gemäß § 10 Abs. 1 erster Satz AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes oder eingetragene Erwerbsgesellschaften vertreten lassen. Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder, Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.
Mangels anders lautender Regelung steht es dem handlungsfähigen (pozessfähigen) Beteiligten (Betroffenen) frei, sich auch bei Abgabe der Wohnsitzerklärung gemäß § 15a MeldeG vertreten zu lassen (zur Vertretungsbefugnis im Allgemeinen siehe insbes. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, (1998), Seiten 286 ff). Im der Beschwerde zu Grunde liegenden Reklamationsverfahren bestanden auch für die belangte Behörde keine Zweifel, dass die vom beschwerdeführenden Bürgermeister verlangte Wohnsitzerklärung von einer hiezu befugten Person im Sinne des § 10 Abs. 4 AVG abgegeben worden ist, weshalb sie bei ihrer Entscheidung davon auszugehen hatte, dass eine Wohnsitzerklärung des Betroffenen vorliegt.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat und ohne Grund davon ausgegangen ist, dass keine Wohnsitzerklärung des Betroffenen vorliegt, belastete sie mit der Zurückweisung des Antrages des beschwerdeführenden Bürgermeisters den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. September 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002050837.X00Im RIS seit
21.11.2002