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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §535;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des J in H, vertreten durch Mag. Laszlo Szabo, Rechtsanwalt in Innsbruck, Claudiaplatz 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 16. November 2001, Zl RV 1213/1-T6/01, betreffend Haftung für Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die am 31. März 2000 verstorbene Erna R. setzte in ihrem am 1. März 2000 verfassten, von der Erblasserin und drei Testamentszeugen unterfertigten fremdhändigen Testament den Beschwerdeführer zum Erben ein. Punkt 4. des Testaments enthielt folgende Verfügung:
Meine Eigentumswohnung in I., K.-gasse 3, EZ 369 GB 81136 W. (Anteil 25, 38/2070 Anteile), mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung W 41 und AR 48 verbunden ist, sowie meine 6/4160 Anteile an der Liegenschaft EZ 926 GB GB 81136 W, mit welchen Wohnungseigentum an der Garage G 118 ... samt Inventar vermache ich zu gleichen Teilen meiner Zwillingsschwester Irma C. und meiner Schwester Elsa M. Die Vermächtnisnehmer sind im Zuge meines Nachlasses verpflichtet, diese Eigentumswohnung und Garage zu verkaufen.
In dem am 10. Juli 2000 aufgenommenen Abhandlungsprotokoll wurde unter den Aktiven ein Verkaufserlös aus der Veräußerung der Anteile an den vorbezeichneten Liegenschaften in Höhe von S 1,200.000,-- ausgewiesen.
Mit Kaufvertrag vom 6. November 2000 veräußerte die Verlassenschaft nach Erna R, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Ernst P., die in Rede stehenden Liegenschaftsanteile an Margaretha Z. um den Kaufpreis von S 1,200.000,--. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Reutte vom 21. Februar 2001 wurde Ernst P. zum Verlassenschaftskurator beschränkt auf den Aufgabenkreis des Verkaufes der erblasserischen Eigentumswohnungen bestellt. Weiters wurde der Kaufvertrag vom 6. November 2000 verlassenschaftsgerichtlich genehmigt.
Das Finanzamt Innsbruck schrieb zunächst der in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässigen Irma C. mit Bescheid vom 2. März 2001 Erbschaftssteuer von einer Bemessungsgrundlage von S 600.000,-- vor. Da dieser Bescheid nicht zugestellt werden konnte, wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 23. April 2001 als Erbe zur Haftung für die auf das Vermächtnis für Irma C. entfallende Erbschaftssteuer herangezogen.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde insbesondere ausgeführt, dass der Anspruch auf Übertragung eines Grundstücks erbschaftssteuerrechtlich mit keinem höheren Wert angesetzt werden könne als mit dem steuerlichen Wert des Grundstücks. Der Bemessung der Erbschaftssteuer sei daher der Einheitswert zu Grund zu legen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde von der Verfügung der Erblasserin aus, dass den beiden Legatarinnen die Liegenschaftsanteile zu gleichen Teilen unter der Auflage des Verkaufes im Zuge des Nachlasses vermacht worden seien. Nach dem Willen der Erblasserin sollte der Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaftsanteile in den Nachlass fallen. Der von ihr angestrebte Erfolg sei auf die Zuwendung eines Geldbetrages aus dem Verkaufserlös an die Legatarinnen gerichtet gewesen. Es sollte damit den Legatarinnen nicht freigestellt werden, ihre Verpflichtung irgendwann in der Zukunft zu erfüllen, sondern es sollte die Veräußerung noch im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung gesichert sein. So habe die Einantwortung auf der Ermittlung des Reinnachlasses laut dem eidesstättigen Vermögensbekenntnis beruht, worin die Liegenschaftsanteile mit ihrem Verkaufserlös ausgewiesen gewesen seien.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt, dass der Gegenstand des Vermächtnisses nicht mit dem Einheitswert des Grundvermögens bewertet worden ist.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Als Erwerb von Todes wegen gilt gemäß § 2 Abs 1 Z 1 ErbStG unter anderem der Erwerb durch Vermächtnis. Der Vermächtnisnehmer leitet seinen Anspruch zwar einerseits auf Grund einer letztwilligen Verfügung vom Erblasser ab, diese Berufung gibt ihm aber nur ein obligatorisches Forderungsrecht gegen den beschwerten Erben; der Erbe muss die vermachte Sache erst durch eine Erfüllungshandlung auf den Vermächtnisnehmer übertragen (vgl die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10. Dezember 1986, 3 Ob 598/86, SZ 59/219).
Undeutliche und unklare letztwillige Verfügungen sind nach dem erforschbaren wahren Willen des Erblassers auszulegen. Eine letztwillige Erklärung ist dabei immer so auszulegen, dass der vom Erblasser angestrebte Erfolg eintritt (vgl das hg Erkenntnis vom 14. Mai 1992, Zl 91/16/0019). Die Auslegung hat dabei von der gewöhnlichen Bedeutung der Worte auszugehen, wobei die Erklärung als Einheit in ihrem Gesamtzusammenhang zu betrachten ist (vgl den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 15. Jänner 1992, 1 Ob 506/92, JBl 1992, 587).
Nach § 535 ABGB ist unter einem Vermächtnis zu verstehen, dass jemandem kein Erbteil, der sich auf den ganzen Nachlass bezieht, sondern nur eine einzelne Sache oder mehrere Sachen, eine Summe oder ein Recht zugedacht wird.
Im Beschwerdefall wurde in Punkt 4. des Testamentes der Erblasserin die in Rede stehenden Liegenschaftsanteile an ihre beiden Schwestern vermacht. Gleichzeitig wurde aber verfügt, dass die "Vermächtnisnehmer" "im Zuge des Nachlasses" zur Veräußerung der Liegenschaftsanteile verpflichtet seien.
Bei der erforderlichen Betrachtung dieser Verfügung in ihrem Gesamtzusammenhang ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass nach dem wohlverstandenen Willen der Erblasserin nicht ein Anteil an Liegenschaftsanteilen, sondern vielmehr ein Anteil am Veräußerungspreis der Liegenschaftsanteile deren beiden Schwestern zugedacht gewesen ist, wobei die Erschwernisse bei der Verwertung solcher - nach damaligen Rechtslage nicht verbücherungsfähiger - Rechte an Eigentumswohnungen, die Ansässigkeit der Irma C. in den Vereinigten Staaten von Amerika sowie die Eindeutigkeit der getroffenen Nachlassregelung Motivation für die vorliegende Verfügung gewesen sein mögen. Zutreffend hat die belangte Behörde dabei auf den Umstand verwiesen, dass der zweite Satz des Punktes 4. unverständlich und überflüssig gewesen wäre, hätte die Erblasserin Liegenschaftsanteile zum Gegenstand des Vermächtnisses gemacht. In diesem Sinne wurde das Testament aber auch von den Beteiligten und dem Verlassenschaftsgericht verstanden. Dabei wurde die letztwillige Verfügung - entgegen dem insoweit ebenfalls unklaren Wortlaut - nicht so ausgelegt, dass die beiden Vermächtnisnehmerinnen selbst die Liegenschaftsanteile zu veräußern hätten, da ja der Erbe die Verpflichtung hat, dem Vermächtnisnehmer die Verfügung über die vermachte Sache zu verschaffen. In diesem Sinne erfolgte die Veräußerung auch durch die ruhende Verlassenschaft, vertreten durch den aus diesem Anlass bestellten Verlassenschaftskurator. Entsprechend der im Verlassenschaftsverfahren vom Gericht vorgenommenen Auslegung der letztwilligen Verfügung gelangten die Vermächtsnisnehmerinnen in diesem Verfahren auch zu keinem Zeitpunkt in die Verfügungsmacht über die Liegenschaftsanteile. Das in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer gemachte Vorbringen, der Verkauf sei noch während des Verlassenschaftsverfahrens erfolgt, weil "schon früher" ein lukratives Anbot vorgelegen sei, ist dabei ohne jede Bedeutung.
Da somit Gegenstand der Zuwendung nicht Liegenschaftsanteile, sondern Veräußerungserlöse waren, bestand für eine Heranziehung des Einheitswertes der Liegenschaft kein Raum.
Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 24. September 2002
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002160004.X00Im RIS seit
09.01.2003