TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/24 96/14/0145

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Veröffentlicht am 24.09.2002
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Index

61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

FamLAG 1967 §2 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des A B in N, vertreten durch Dr. Günter Tews, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Volksfeststraße 32, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, vom 3. September 1996, Zl 157/10-8/Nw-1996, betreffend Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nach seinen Angaben jugoslawischer Staatsbürger, Republik Serbien, Autonome Provinz Kosovo, lebt und arbeitet zumindest seit Juni 1991 in Österreich. Im Jänner 1994 ist der Beschwerdeführer eine Lebensgemeinschaft mit Bahrse S eingegangen. Bahrse S hat vier Kinder, zu deren jeweiligen Unterhalt sich der Beschwerdeführer als Vater ab Geburt in einer gemäß § 214 Abs 2 ABGB geschlossenen Vereinbarung verpflichtet hat. Bahrse S bezieht seit Geburt ihres ersten Kindes im Jahr 1990 keine steuerpflichtigen Einkünfte mehr.

Mit Antrag vom 26. April 1995 begehrte der Beschwerdeführer rückwirkend ab 1. Juni 1991 die Gewährung der Familienbeihilfe für seine weiteren in Pristina, Autonome Provinz Kosovo, (idF nur: Pristina) bei deren Mutter, Sabahate S, lebenden, in den Jahren 1981 bis 1991 geborenen vier Kinder. Zwecks Erlangung der Familienbeihilfe legte der Beschwerdeführer eine von der Gemeinde Pristina am 6. April 1995 ausgestellte Familienstandsbescheinigung (Formular Beih 102) vor, in der iSd zweiten Zusatzvereinbarung zur Vereinbarung vom 17. Dezember 1965 zur Durchführung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit, BGBl Nr 270/1989, (idF nur: Zusatzvereinbarung vom 17. Dezember 1965) zwar gemäß Art 23 die Angaben des Beschwerdeführers bestätigt werden, jedoch nichts zur Höhe der vom Beschwerdeführer für die in Rede stehenden Kinder getragenen Unterhaltskosten ausgeführt wird (vgl Abs 1 lit d leg cit). In einer vom Beschwerdeführer gleichzeitig vorgelegten, von der Gemeinde Pristina am 10. April 1995 ausgestellten Bescheinigung wird (auf Verlangen des Beschwerdeführers) bestätigt, der Beschwerdeführer bezahle 8.000 S als Alimentation für seine vier Kinder. In einer ebenfalls gleichzeitig vorgelegten, von der Gemeinde Pristina am 5. Mai 1995 ausgestellten Bescheinigung wird (auf Verlangen des Beschwerdeführers) bestätigt, der Beschwerdeführer bezahle zumindest seit dem 1. Februar 1991 monatlich 8.000 S als Alimentation für seine vier Kinder. Diese Bescheinigung ist als "abgegebene Erklärung" sowohl vom Beschwerdeführer als auch von Sabahate S unterschrieben.

Das Finanzamt hielt dem Beschwerdeführer vor, mit den von ihm in den Jahren 1991 bis  1994 erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit seien die Kosten für seine Lebensführung und die (insgesamt) behaupteten Unterhaltskosten nicht gedeckt.

In Beantwortung dieses Vorhaltes gab der Beschwerdeführer bekannt, die an die in Pristina bei Sabahate S lebenden vier Kinder geleisteten Zahlungen könnten nicht monatlich 8.000 S betragen haben. Er habe keine Unterlagen, aus denen die Höhe der an Sabahate S überwiesenen Beträge ersichtlich sei.

Das Finanzamt wies den Antrag des Beschwerdeführers bescheidmäßig mit der Begründung ab, seine Behauptung, er habe bei einem wirtschaftlichen Einkommen in den Jahren 1991 bis 1994 von rund 733.000 S insgesamt rund 624.000 S für Unterhaltskosten aufgewendet, sei in Anbetracht der sodann für seine Lebensführung zur Verfügung stehenden Beträge völlig unglaubwürdig. Ebenso sei es unglaubwürdig, dass trotz wesentlich höherer Lebensführungskosten in Österreich für alle Kinder annähernd gleich hohe Leistungen erbracht würden. Es könne daher nicht von einer überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten für die in Pristina bei Sabahate S lebenden vier Kinder ausgegangen werden.

Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, er leiste den Unterhalt für seine vier in Österreich mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder nicht in Geld, sondern in Naturalien, weswegen sowohl seine als auch die Lebensführungskosten dieser Kinder sehr wohl gedeckt seien. Da die Gemeinde Pristina die Höhe der von ihm bezahlten Alimente bestätigt habe, sei von einer überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten für seine in Pristina bei Sabahate S lebenden vier Kinder auszugehen. Überdies beziehe Sabahate S keine Einkünfte, woraus sich ungeachtet der Höhe der von ihm geleisteten Zahlungen die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten für die in Rede stehenden Kinder durch ihn ergebe.

Nach Darstellung der entscheidungswesentlichen Bestimmungen und des (bisherigen) Administrativverfahrens hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, nach der Zusatzvereinbarung vom 17. Dezember 1965 müsse bestätigt werden, dass der Antragsteller die Unterhaltskosten für seine in Jugoslawien lebenden Kinder überwiegend trage. Werde dies nicht bestätigt, könne davon ausgegangen werden, dies sei nicht der Fall. Da somit einerseits berechtigte Zweifel hinsichtlich der Tragung der überwiegenden Unterhaltskosten bestünden, anderseits keine Unterlagen vorhanden seien, aus denen die Höhe der an Sabahate S überwiesenen Beträge ersichtlich sei, mögen Beweismittel vorgelegt werden, aus denen die Höhe der an Sabahate S im Zeitraum Juni 1991 bis Juli 1995 bezahlten Beträge ersichtlich sei.

In Beantwortung dieses Vorhaltes teilte der Beschwerdeführer mit, er könne keinen Nachweis über die Höhe der an Sabahate S im Zeitraum Juni 1991 bis Juli 1995 überwiesenen Beträge erbringen. Eine Banküberweisung wäre wegen der "unübersichtlichen Verhältnisse" untunlich gewesen. Er habe Jetullahu N, der wöchentlich als Buschauffeur nach Pristina fahre, Geld in bar mit dem Auftrag übergeben, dieses Sabahate S zu übermitteln. Der Beschwerdeführer legte nochmals eine von der Gemeinde Pristina undatiert ausgestellte Bescheinigung vor, in der (auf Verlangen des Beschwerdeführers) bestätigt wird, der Beschwerdeführer bezahle zumindest seit dem Jahr 1991 an Sabahate S monatlich 8.000 S als Alimentation für seine vier Kinder. Diese Bescheinigung ist sowohl vom Beschwerdeführer als auch von Sabahate S unterschrieben.

Die belangte Behörde vernahm Jetullahu N als Zeugen, wobei dieser Folgendes ausführte:

"Ab ca 1991 habe ich Geldbeträge als Busfahrer für Herrn AB (das ist der Beschwerdeführer) mitgenommen. Die Übergabe der Geldbeträge fand am Hauptbahnhof bzw bei der Wohnung in W statt. Die genaue Anzahl der Geldübergaben ist nicht mehr bekannt. Die genauen Beträge sind auch nicht mehr bekannt (von 1.000 - 3.000 DM). Die Übergaben erfolgten nicht immer monatlich, dafür nach ca 2-3 Monaten höhere Beträge. Die Übernahme erfolgte direkt durch Sabahate S in Pristina. Aufzeichnungen oder Aufschreibungen über Geldübergabe bzw Übernahme sind nicht vorhanden."

Die belangte Behörde vernahm den Beschwerdeführer, wobei dieser Folgendes zu Protokoll gab:

"Seit 1991 erfolgten Zahlungen an Sabahate S durch Übergabe von Geldbeträgen an Jetullahu N. Die Übergaben erfolgten meistens am Hauptbahnhof in L oder in meiner Wohnung. Die Beträge waren zwischen 1.000 und 3.000 DM. Die Übergabe erfolgte zum Teil monatlich, aber manchmal alle 2-3 Monate. Die Bestätigung des Sekretärs der Ortsgemeinschaft (ergänze: Pristina) bezieht sich auf Durchschnittsbeträge. Genau 8.000 S monatlich waren es nicht (ungefähr 8.000 S monatlich). Aufzeichnungen bzw Aufschreibungen über die Übergabe bzw Übernahme sind nicht vorhanden."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie zunächst nach Wiedergabe des § 2 Abs 2 FLAG feststellte, strittig sei, ob der Beschwerdeführer im Zeitraum Juni 1991 bis Juli 1995 die Unterhaltskosten für seine in Pristina bei Sabahate S lebenden vier Kinder überwiegend getragen habe. In den von den jugoslawischen Behörden auf Grund der Zusatzvereinbarung vom 17. Dezember 1965 auszustellenden Familienstandsbescheinigungen werde idR die Höhe der vom Antragsteller für seine in Jugoslawien lebenden Kinder getragenen Unterhaltskosten bestätigt. Fehle eine derartige Bestätigung, spreche die Vermutung dafür, dass der Antragsteller keineswegs die Unterhaltskosten für seine in Jugoslawien lebenden Kinder überwiegend trage. In der von der Gemeinde Pristina am 6. April 1995 ausgestellten Familienstandsbescheinigung werde die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten nicht bestätigt. Die Vermutung, der Beschwerdeführer habe keineswegs die Unterhaltskosten für die in Rede stehenden Kinder überwiegend getragen, könne aber durch andere Umständen widerlegt werden. In den von der Gemeinde Pristina ausgestellten Bescheinigungen werde stets von monatlichen Alimentationszahlungen von 8.000 S gesprochen. Der Beschwerdeführer habe hingegen erklärt, es habe sich dabei nur um Durchschnittsbeträge gehandelt, die nicht immer monatlich geleistet worden seien. Der als Zeuge vernommene Jetullahu N habe ausgeführt, die genaue Anzahl der Geldübergaben sei ihm nicht mehr bekannt. Ebenso könne er sich nicht mehr an die genauen Beträge erinnern. Die Übergaben seien nicht stets monatlich erfolgt. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine einzige Zahlung nachgewiesen und auch keine genauen Angaben bezüglich der Höhe und des Datums der behaupteten Zahlungen gemacht worden seien, könne im Zeitraum Juni 1991 bis Juli 1995 nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer die Unterhaltskosten für seine in Pristina bei Sabahate S lebenden vier Kinder überwiegend getragen habe. Daran ändere auch der Hinweis des Beschwerdeführers nichts, Sabahate S verfüge über keine anderen Einkunftsquellen, weil daraus nicht auf eine überwiegende Tragung der Unterhaltskosten für die in Rede stehenden Kinder durch den Beschwerdeführer geschlossen werden könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Entscheidend ist, ob die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung, der Beschwerdeführer habe die Unterhaltskosten für seine in Pristina bei Sabahate S lebenden vier Kinder im Zeitraum Juni 1991 bis Juli 1995 nicht überwiegend getragen, der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand hält.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, sie somit den Denkgesetzen und dem allgemeinen Erfahrungsgut entsprechen (vgl für viele das hg Erkenntnis vom 27. Juli 2002, 96/14/0166).

Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid.

Die belangte Behörde hat unter Berücksichtigung der nicht im Einklang stehenden Ausführungen der Gemeinde Pristina (vgl die am 6. April 1995 ausgestellte Familienstandsbescheinigung mit den in der Folge ausgestellten Bescheinigungen), der unterschiedlichen Angaben des Beschwerdeführers und des als Zeugen vernommenen Jetullahu N über die Höhe und Anzahl der Geldübergaben die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten durch den Beschwerdeführer für seine in Pristina bei Sabahate S lebenden vier Kinder verneint. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie insbesondere auf Grund der widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers und des als Zeugen vernommenen Jetullahu N zu dem Schluss gelangt ist, der Beschwerdeführer habe im Zeitraum Juni 1991 bis Juli 1995 die Unterhaltskosten für seine in Pristina bei Sabahate S lebenden vier Kinder nicht überwiegend getragen. Daran ändert auch die Behauptung nichts, Sabahate S verfüge über keine anderen Einkunftsquelle.

Der Beschwerdeführer zeigt auch keine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Dem angefochtenen Bescheid lässt sich klar entnehmen, auf Grund welcher Überlegungen die belangte Behörde keine Familienbeihilfe gewährt hat. Hinsichtlich des Vorwurfes, die belangte Behörde hätte Sabahate S im Rechtshilfeweg befragen müssen, ist festzuhalten, dass eine Befragung im Administrativverfahren nicht beantragt worden ist. Der Beschwerdeführer stellt auch nicht dar, was Sabahate S konkret vorgetragen hätte, wodurch die belangte Behörde zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am 24. September 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1996140145.X00

Im RIS seit

23.12.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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