TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/25 2002/12/0055

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Veröffentlicht am 25.09.2002
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §2 Abs1;
AufG 1992 §3;
AufG 1992 §4 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1993 §7 Abs3;
MRK Art8;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des V in K, vertreten durch Dr. Richard Soyer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Juli 1997, Zl. 119.973/2- III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 929,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 20. Dezember 1995 (Einlangen beim Landeshauptmann von Wien) im Wege der österreichischen Botschaft Kiew die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, wobei er als Aufenthaltszweck die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit ("Gesellschafter") und als Bezeichnung des beabsichtigten Berufes "Intern. Spediteur" angab. Unter der Rubrik "In Österreich verfügbare eigene Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf die Dauer des Aufenthaltes" verwies er darauf, von der L. Speditions GesmbH ein Bruttogehalt von (im Zusammenhalt mit der gleichzeitig vorgelegten Gehaltsbestätigung:) jährlich S 750.000,-- zu beziehen.

Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 21. März 1996 gemäß § 5 Abs. 2 AufG ab und führte begründend aus, der Beschwerdeführer habe angegeben, als Geschäftsführer der L. Speditions GesmbH in Österreich tätig zu sein. Das zuständige Arbeitsmarktservice Wien habe auf Anfrage mitgeteilt, dass für diese Tätigkeit eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich sei. Da der Beschwerdeführer über keine Beschäftigungsbewilligung verfüge und das Arbeitsmarktservice Wien die Unbedenklichkeit für diese Berufsgruppe nicht bestätigt habe, sei der Antrag daher abzuweisen gewesen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde er zur Nachreichung von Urkunden und Stellungnahmen aufgefordert. Er legte u.a. eine Bestätigung der T.- Bank Kiew vom 14. Februar 1997 über die vom Unternehmen L. im Jahre 1996 erzielten Umsätze, weiters einen Kontoauszug des Geschäftskontos der L. (UK) Ltd. (Anmerkung: hiebei handelt es sich um die in Großbritannien tätige Mutterfirma der in Österreich gegründeten L. Speditions GesmbH) vom 6. Februar 1997, eine Bestätigung über die im Jahre 1994 und 1995 für die L. (UK) Ltd. geleisteten Steuerzahlungen sowie eine Bilanz dieses Unternehmens für das Jahr 1995 vor. Der Beschwerdeführer brachte u.a. ergänzend vor, dass bisher mangels erteilter Aufenthaltsbewilligungen Geschäftstätigkeiten (in Österreich) nicht hätten entfaltet werden können und daher Nachweise bzw. Belege über derartige Tätigkeiten (in Österreich) nicht vorgelegt werden könnten. Er verweise jedoch auf das bereits seit längerer Zeit in Großbritannien tätige Mutterunternehmen und deren erfolgreiche Geschäftstätigkeiten. Eine volle "Firmentätigkeit" in Österreich könne erst nach Erteilung der Aufenthaltsbewilligung an den Beschwerdeführer erteilt werden, weil dieser Kundenkontakte und Kontrollbesuche vorzunehmen habe. Derzeit sei lediglich eine eingeschränkte Aktivität möglich, die von einem Geschäftsfreund, der als Repräsentant habe gewonnen werden können, abgewickelt werde.

Der vom Beschwerdeführer namhaft gemachte Zeuge G. wurde von der belangten Behörde am 12. Mai 1997 niederschriftlich einvernommen und gab an, dass die L. Speditions GesmbH (derzeit) nur beschränkt aktiv sein könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Juli 1997 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 4 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 1 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen aus, der Beschwerdeführer dokumentiere keine nachvollziehbaren Handelsgeschäfte (Export/Import) bzw. Zolldokumente der L. Speditions GesmbH mit etablierten Erzeuger- /Verbraucherfirmen. Aus der Aktenlage sei klar ersichtlich, dass der Beschwerdeführer in Kiew lebe, wo sich auch sein Unternehmen L. befinde. In dem in Kiew befindlichen Büro werde er, wenn notwendig, vom Zeugen G. vertreten. Dieser habe angegeben, dass die L. Speditions GesmbH derzeit nur beschränkt aktiv sei und von ihm und einer periodisch delegierten Mitarbeiterin in Kiew (Frau Z.) "ferngelenkt" werde. Frau Z. sei das Bindeglied bzw. die Mittlerin zwischen den Unternehmen L. in Kiew und L. in Wien. Derzeit halte sich Frau Z. in Wien auf und assistiere ihm bei der Vermittlung von Transportaufträgen der L. Speditions GesmbH von Österreich in die Ukraine bzw. in die GUS-Staaten.

Aus der Aktenlage (Berufung) sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer Teilhaber der Gesellschaft L. (UK) Ltd. sei, wobei eine Hälfte der Gesellschaft ihm, die andere Hälfte seinem in London lebenden und arbeitenden Sohn gehöre. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten "Argumente" seien ausschließlich solche wirtschaftlicher Art. Er sei "Direktor der S. Kiew" bzw. Gesellschafter der "L. Kiew". Sein Sohn sei (gemeinsam mit ihm) Gesellschafter der "L. (UK) Ltd. London".

Da die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz strengen gesetzlichen Bestimmungen unterliege, es aber nur ein bestimmtes Kontingent von Bewilligungen gebe (Quotenverordnung für das jeweilige Jahr) und somit Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz ein begehrtes (aber beschränktes) Rechtsgut darstellten, obliege es der belangten Behörde als oberste Instanz im Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, solche Bewilligungen im Sinne des Aufenthaltsgesetzes (jedoch im Kontext mit der Bestimmung des Art. 8 MRK) zu erteilen.

Da der Beschwerdeführer außer seinen persönlichen/wirtschaftlichen "Argumenten" (die von der belangten Behörde auf Grund der Stellungnahmen und Urkunden noch nicht einmal zur Gänze nachvollzogen werden könnten, weil trotz Aufforderung durch die belangten Behörde vom 29. Jänner 1997 nicht einmal ein Einkommensteuerbescheid vorgelegt worden sei) sonst keine privaten und/oder familiären Interessen dargelegt habe, diese jedoch in anderen gleich oder ähnlich gelagerten "Antragscausae" sehr wohl der Fall sei, habe die belangte Behörde im Rahmen ihres Ermessensspielraumes den Antrag gemäß der obzitierten §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 AufG abzuweisen gehabt.

Dass die belangte Behörde ihre Entscheidung auf der (Ermessens-)Bestimmung des § 4 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 1 AufG aufbaue, sei "sowohl materiell rechtlich legitim und solcherart vorgesehen, als auch in der Begründung (in welcher die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens = Sachverhaltsdarstellung sowie die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst ist) intersubjektiv nachvollziehbar".

Auch die (mangelhaften) vorgebrachten Stellungnahmen und Urkundenvorlagen des Beschwerdeführers hätten keine Fakten, Umstände oder Tatsachen aufzeigen können, welche es rechtfertigten, seinen Antrag bevorzugt im Rahmen der Quotenvergabe bzw. -erteilung von Aufenthaltsbewilligungen zu berücksichtigen; es gebe keinen einzigen Hinweis auf Interessen gemäß der Bestimmung nach Art. 8 MRK.

Da der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar belege, woher (und ob) er sein Einkommen beziehe (Umsätze der L. Speditions GesmbH mit etablierten Firmen; die vorgelegten Firmenkontakte und Umsätze seien für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar bzw. überprüfbar), stehe auch fest, dass sein Lebensunterhalt in Österreich nicht als gesichert angesehen werden dürfe. Da er nicht nachweisbar dokumentiere, dass sein Lebensunterhalt in Österreich gesichert sei, dürfe ihm gemäß § 5 Abs. 1 AufG eine Bewilligung nicht erteilt werden. Private bzw. familiäre Interessen oder Bindungen in Österreich führe der Beschwerdeführer nicht an, daher würden speziell in dieser "Causa" die "Attribute" bzw. der Schutzbereich der Bestimmung des Art. 8 MRK nicht berührt.

Nach Wiedergabe des Art. 8 MRK führte die belangte Behörde weiters aus, der Verfassungsgerichtshof habe im Hinblick auf den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 Abs. 2 MRK bereits mehrfach erkannt, dass § 5 Abs. 1 AufG iVm Art. 8 Abs. 1 MRK verfassungskonform interpretiert werden könne. Dabei habe eine Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen, welche nicht existierten, stattzufinden.

Diese Abwägung habe im Fall des Beschwerdeführers ergeben, dass den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen Priorität einzuräumen gewesen sei, da seine Unterhaltsmittel - da nicht "zwingend logisch nachvollziehbar" belegt - nicht als ausreichend zu betrachten seien. Sein Unternehmen sei seit fast zwei Jahren aktiv und es könne keine einzige österreichische "Erzeugerfirma oder Verbraucherfirma" genannt werden, mit der der Beschwerdeführer (die L. Speditions GesmbH) zusammenarbeite. Es sei davon auszugehen, dass die Unterhaltsmittel des Beschwerdeführers nicht dazu ausreichten, um ohne Unterstützung der Sozialhilfeträger auskommen zu können. Unter Berücksichtigung der für das Bundesland Wien feststehenden Höhe des Mindestunterhaltes müsste der Sozialhilfeträger Geldmittel zuschießen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Eröffnung des Vorverfahrens und Aktenvorlage sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

§ 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 AufG lauteten:

"§ 4. (1) Eine Bewilligung kann Fremden unter Berücksichtigung der gemäß § 2 erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes erteilt werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. Auf die Verlängerung von Bewilligungen finden die gemäß § 2 erlassenen Verordnungen keine Anwendung.

§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist. "

Der Beschwerdeführer verfügte noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung, weshalb der vorliegende Antrag nicht als Verlängerungsantrag anzusehen war und § 113 Abs. 6 bzw. 7 des Fremdengesetzes 1997 im Beschwerdefall nicht zur Anwendung gelangt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller von sich aus (initiativ) zu belegen, dass er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt. Aufforderungen seitens der Behörde an den Antragsteller, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebenso wenig geboten wie die Durchführung amtswegiger Ermittlungen. Von den diesbezüglichen Angaben des Fremden kann die Behörde selbst dann ausgehen, wenn sie erstmals den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG heranzieht. Die belangte Behörde darf nun zwar im Hinblick auf die Verpflichtung des Fremden zur Glaubhaftmachung des Nichtvorliegens von Versagungsgründen auch im Berufungsverfahren ohne entsprechenden Vorhalt von den Unterhaltsmitteln ausgehen, die der Antragsteller in seinem Bewilligungsantrag und im Folgenden Verwaltungsverfahren von sich aus bekannt gegeben hatte; dies bedeutet jedoch nicht, dass die Behörde nicht ihre eigenen Ermittlungen über die dem Fremden zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel anstellen und für den Fall, dass die Ergebnisse dieser Ermittlung Zweifel an der aktuellen Sicherung seines Einkommens hervorrufen, den Antragsteller auffordern kann, aktuelle Nachweise des zur Verfügung stehenden Einkommens vorzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2001, Zlen. 97/19/1435 bis 1437). Diese Darlegungspflicht darf aber nicht dahingehend überspannt werden, dass der Fremde vorweg zur Zerstreuung aller denkmöglichen Zweifel an der Verfügbarkeit der Unterhaltsmittel verpflichtet wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1996, Zl. 95/19/0338).

Die belangte Behörde hat ihre abweisliche Entscheidung - soweit sie sich auf § 5 Abs. 1 AufG gründet - allein darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar belege, woher (und ob) er sein (ein) Einkommen beziehe, zumal die von ihm vorgelegten "Firmenkontakte" und Umsätze nicht nachvollziehbar bzw. überprüfbar seien. Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit seinem Vorbringen und den von ihm vorgelegten Unterlagen nachvollziehbar auseinander zu setzen.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht: er hat sich in seinem Antrag auf den Bezug von Geschäftsführergehalt in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung in der Höhe von jährlich S 750.000,-- brutto berufen und diese Behauptung durch Vorlage einer Bestätigung bescheinigt. Des Weiteren hat er diverse Unterlagen über das in Großbritannien tätige Mutterunternehmen der österreichischen GesmbH vorgelegt und vorgebracht, dass er an diesem Unternehmen beteiligt sei und dass dieses seit Jahren in Großbritannien wirtschaftlich erfolgreich sei. Aus den Unterlagen seien die positive Bilanzierung und ausreichende Gewinne während der letzten Geschäftsjahre ersichtlich. Der Beschwerdeführer hat weiters vorgebracht, dass das in Österreich gegründete Unternehmen mangels Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen für Mitarbeiter bisher nur eingeschränkt habe tätig werden können.

Die belangte Behörde beschränkt sich im angefochtenen Bescheid mit dem lapidaren Hinweis darauf, der Beschwerdeführer habe die ihm zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel nicht nachvollziehbar belegt, ohne sich mit den vorgelegten Beweismitteln konkret und nachvollziehbar auseinander zu setzen. Es ist nicht erkennbar, ob die belangte Behörde die vorgelegten Unterlagen für nicht ausreichend oder nicht überprüfbar oder nicht glaubwürdig erachtet. Sie wäre - worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist - verpflichtet gewesen, im Rahmen ihrer Begründungspflicht sich mit den vorgelegten Unterlagen auseinander zu setzen und darzulegen, ob diese grundsätzlich geeignet bzw. hinreichend zur Erbringung des Nachweises der ausreichenden Unterhaltsmittel seien.

Die belangte Behörde hat daher insoweit, als sie von einem nicht gesicherten Lebensunterhalt des Beschwerdeführers in Österreich ausging, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auch auf § 4 Abs. 1 AufG gestützt und dies damit begründet, dass der Beschwerdeführer außer seinen persönlichen/wirtschaftlichen "Argumenten", die noch nicht einmal zur Gänze nachvollzogen werden könnten, keine privaten und/oder familiären Interessen habe darlegen können, dies jedoch bei anderen gleich oder ähnlich gelagerten Antragstellern der Fall sei.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/2024, ausgesprochen, dass bei einer Ermessensentscheidung gemäß § 4 Abs. 1 erster Satz AufG die - in sinngemäßer Anwendung des § 7 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1992 - heranzuziehenden persönlichen Verhältnisse und die dadurch begründeten Interessen des Fremden an der Erteilung einer Bewilligung, soweit diese nicht ohnehin schon aus den Gründen des Art. 8 MRK (oder des § 3 AufG) der Versagung der Bewilligung entgegenstehen, den in § 2 Abs. 1 AufG umschriebenen besonderen Verhältnissen im Land des beabsichtigten Aufenthaltes gegenüber zu stellen sind. Ergibt diese Abwägung infolge der Geringfügigkeit der für die Erteilung sprechenden persönlichen Interessen des Fremden, dass die sich aus der Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes ergebenden öffentlichen Interessen an einer Verweigerung der Bewilligung, mögen letztere auch an der Erteilung einer Bewilligung an Fremde mit intensiveren persönlichen Interessen nicht entgegenstehen, überwiegen, kann eine auf § 4 Abs. 1 AufG gestützte abweisliche Entscheidung ergehen.

Diesen Kriterien einer Ermessensentscheidung genügt der vorliegende Bescheid nicht, weil die Ansicht, die persönlichen/wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Aufenthalt im Bundesgebiet seien unzureichend, nicht ausreichend begründet ist und sich überdies nicht erkennen lässt, welche öffentlichen Interessen an einer Verweigerung der Bewilligung diesen gegenüber stehen. Aus diesem Grund liegt der belangten Behörde ein formeller Ermessensfehler zur Last, der die Überprüfung des Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof darauf, ob die Behörde ihr Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt hat, hindert.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Ersatz für Stempelgebühren war mit EUR 21,80 zuzusprechen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG Abstand genommen werden.

Wien, am 25. September 2002

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Ermessensentscheidungen Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002120055.X00

Im RIS seit

05.12.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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