TE Vwgh Beschluss 2002/9/25 2002/12/0235

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Veröffentlicht am 25.09.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §6;
AVG §73 Abs2 idF 1998/I/158;
BDG 1979 §38;
BDG 1979 §40;
BDG 1979 §41a;
BDG 1979 §41f Abs1 Z1;
VwGG §27 Abs1 idF 1998/I/158;
VwGG §27 idF 1998/I/158;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 11/5, gegen das beim Vorstand der Telekom Austria AG eingerichtete Personalamt betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht über einen Devolutionsantrag in einer Versetzungsangelegenheit, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden, gegen das beim Vorstand der Telekom Austria AG eingerichtete Personalamt als belangte Behörde gerichteten Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er ist der Telekom Austria AG zur Dienstleistung zugewiesen.

Der Leiter des Personalamtes Wien richtete auf "Kopfpapier" der Telekom Austria AG folgendes Schreiben vom 9. Februar 2001 an den Beschwerdeführer:

"Sehr geehrter Herr D. (= Beschwerdeführer)!

Die Einheit 'Regionalleitung Technik Wien, NÖ u. Bgld.' und damit auch Ihre Dienststelle wurde mit den Schreiben vom 30.11.2000, GZ ....., neu strukturiert.

Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass auf Grund dieser Organisationsänderung Ihr bisheriger Arbeitsplatz aufgelassen wird und Sie daher gemäß § 40 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 von Ihrer bisherigen Verwendung abberufen werden. Im Hinblick auf die von der gesamten Telekom Austria Aktiengesellschaft/Telekom Austria Personalmanagement GmbH innerhalb der nächsten 3 Jahre vorzunehmenden Neustrukturierung des Unternehmens kann Ihnen eine neue Verwendung derzeit nicht zugewiesen werden. Gemäß § 38 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 steht es Ihnen frei, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach der Zustellung schriftliche Einwendungen an das Personalamt Wien, Nordbergstr. 15, 1090 Wien, vorzubringen.

Wegen der Auflassung Ihres Arbeitsplatzes und des Umstandes, dass Ihnen keine andere Verwendung zugewiesen werden kann, werden Sie administrativ bei dem in der für Sie zuständigen Außenstelle der Unternehmenszentrale 'Personal', Organisation und Ausbildung (XT)' bestehenden Personalpool geführt. Disziplinär und weisungsbefugter Fachvorgesetzter ist daher der Leiter der Außenstelle XT Wien."

Es folgte eine Mitteilung über eine Screening Woche mit Analyse des "Marktprofils" des Beschwerdeführers. Weiters heißt es noch:

"Bis zum Beginn des Seminars ersuchen wir Sie, in Absprache mit Ihrem Vorgesetzten Ihren derzeitigen Arbeitsplatz aufzulösen und die Ihnen überantworteten Einrichtungen, Geräte und Betriebsmittel ordnungsgemäß zurückzustellen. Nach ordnungsgemäßer Auflösung des Arbeitsplatzes werden Sie vom Dienst befreit.

Die Teilnahme an der o.a. Screening Woche ist verpflichtend und stellt eine dienstliche Maßnahme dar. Eine begründete Verhinderung ist umgehend der Außenstelle Personal, Organisation und Ausbildung, Frau G. ..., mitzuteilen.

Für ein Beratungsgespräch steht Ihnen auf Wunsch meine TAP-Beraterin zur Verfügung: ..."

Gefertigt ist dieses Schreiben mit "Der Leiter des Personalamtes Wien" unter maschinschriftlicher Beifügung des Namens und einer unleserlichen Unterschrift.

Gegen diese Erledigung erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Februar 2001 Einwendungen an das Personalamt Wien.

Mit Schreiben vom 20. November 2001 an die belangte Behörde stellte der Beschwerdeführer schließlich einen Devolutionsantrag mit dem Begehren, das beim Vorstand der Telekom Austria AG eingerichtete Personalamt möge als oberste Dienstbehörde über seine Einwendungen vom 19. Februar 2001 bescheidmäßig selbst entscheiden.

Mit der nun vorliegenden Beschwerde macht der Beschwerdeführer Verletzung der Entscheidungspflicht durch das beim Vorstand der Telekom Austria AG eingerichtete Personalamt geltend und beantragt, der Verwaltungsgerichtshof wolle in Stattgebung der Säumnisbeschwerde in der Sache selbst erkennen, die Versetzung in den Personalpool auf Grund der berechtigten Einwendungen des Beschwerdeführers aufheben und aussprechen, dass der Beschwerdeführer weiterhin an seiner ursprünglichen Dienststelle zugeteilt sei.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich als unzulässig.

§ 17 Abs. 1a, 2, 3 und 4 des Poststrukturgesetzes 1996

(PTSG), BGBl. Nr. 201/1996 (Abs. 1a und 2 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2001, Abs. 3 in der Fassung BGBl. Nr. 161/1999, Abs. 4 in der Stammfassung), lautet:

"(1a) Die gemäß Abs. 1 zugewiesenen Beamten werden, wenn sie überwiegend im Unternehmensbereich

1. der Gebühren Info Service GmbH oder der Österreichischen Post Aktiengesellschaft beschäftigt sind, letzterer,

2. der Telekom Austria Aktiengesellschaft beschäftigt sind, dieser, oder

3. der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft beschäftigt sind, dieser

auf die Dauer ihres Dienststandes zur Dienstleistung zugewiesen. Eine Verwendung der zugewiesenen Beamten bei einer Rechtsnachfolgerin eines dieser Unternehmen oder bei einem Unternehmen, das durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechts aus einer der Gesellschaften hervorgegangen ist, sowie bei der Gebühren Info Service GmbH ist zulässig.

(2) Beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft, beim Vorstand der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft und beim Vorstand der Telekom Austria Aktiengesellschaft wird jeweils ein Personalamt eingerichtet, dem die Funktion einer obersten Dienst- und Pensionsbehörde für die dem jeweiligen Unternehmen zugewiesenen Beamten zukommt. Das beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichtete Personalamt ist oberste Pensionsbehörde für die in Abs. 8 Z. 2 genannten Beamten sowie deren Angehörige und Hinterbliebene. Das Personalamt wird vom Vorsitzenden des Vorstandes des jeweiligen Unternehmens geleitet.

(3) Zur Wahrnehmung der bisher den Post- und Telegrafendirektionen zugekommenen Funktionen einer nachgeordneten Dienstbehörde werden folgende nachgeordnete Personalämter eingerichtet:

...

12. Wien für Beamte der Betriebsstellen der Telekom Austria Aktiengesellschaft in Wien, Niederösterreich und Burgenland.

...

(4) Für die gemäß Abs. 2 und 3 eingerichteten Personalämter gilt § 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29, sinngemäß."

§ 17a Abs. 1 und 2 PTSG, eingefügt durch BGBl. I Nr. 161/1999, lautet:

"§ 17a. (1) Für die gemäß § 17 Abs. 1a zugewiesenen Beamten bleibt der Anwendungsbereich von Rechtsvorschriften des Bundes, die auf Rechtsverhältnisse der Beamten abstellen, in ihrer jeweils geltenden Fassung mit den in den folgenden Absätzen enthaltenen Abweichungen unberührt.

(2) (Verfassungsbestimmung) Ein Rechtsmittel an oberste Organe des Bundes in Dienstrechtsangelegenheiten der gemäß § 17 Abs. 1a zugewiesenen Beamten ist ausgeschlossen. Der Vorsitzende des Vorstandes ist in der Funktion als Leiter der obersten Dienst- und Pensionsbehörde an keine Weisungen gebunden."

Die §§ 38 und 40 BDG 1979 regeln zum einen die Versetzung, zum anderen die Verwendungsänderung von Beamten.

§ 41a BDG 1979 (im Wesentlichen in der Fassung der Besoldungsreform-Novelle 1994, BGBl. Nr. 550), - soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt - lautet:

"(1) Beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport ist eine Berufungskommission einzurichten, die aus dem Vorsitzenden, den erforderlichen Stellvertretern und weiteren Mitgliedern besteht.

...

(5) Die Berufungskommission hat ihre Entscheidungen ohne unnötigen Aufschub, möglichst aber binnen drei Monaten ab Einbringung der Berufung zu treffen. Die Bescheide der Berufungskommission unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist in diesen Angelegenheiten ausgeschlossen.

(6) (Verfassungsbestimmung) Die Berufungskommission entscheidet über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Bescheide in Angelegenheiten der §§ 38, 40, 41 Abs. 2, 123 Abs. 2 und 124 Abs. 2."

Die §§ 6 und 73 AVG (letzterer in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) lauten:

"§ 6. (1) Die Behörde hat ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

(2) ...

§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

(3) Für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen."

Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann nach § 27 Abs. 1 VwGG (in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998) erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Die Erledigung des Personalamtes Wien vom 9. Februar 2001 befasst sich mit Maßnahmen auf Grundlage des BDG 1979, und zwar gemäß den §§ 38 und 40 leg. cit. Nach § 41a BDG 1979 ist zur Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide erster Instanz in diesen Angelegenheiten die beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport eingerichtete Berufungskommission zuständig. Auf Grund ihrer Stellung als Rechtsmittelbehörde kommt der Berufungskommission auch die Stellung als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG (vgl. auch § 41f Abs. 1 Z. 1 BDG 1979) zu, die der Beschwerdeführer im Devolutionsweg hätte anrufen können (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Dezember 2001, Zl. 2001/12/0249).

Der Beschwerdeführer richtete seinen Devolutionsantrag aber nicht an die Berufungskommission, sondern an das beim Vorstand der Telekom Austria AG eingerichtete Personalamt, somit an eine unzuständige Behörde. Die belangte Behörde hätte den bei ihr eingelangten Devolutionsantrag gemäß § 6 und § 73 Abs. 2 AVG an die diesbezüglich zuständige Berufungskommission weiterleiten müssen (vgl. die - insofern neue - Rechtslage des § 73 Abs. 2 AVG, durch die das Erfordernis einer unmittelbaren Einbringung eines Devolutionsantrages bei der Oberbehörde weggefallen ist und die Erläuterungen zur Neufassung dieser Bestimmung, AB 1167 BlgNR 20. GP, zu Z. 40); eine darüber hinausgehende Befugnis, etwa zur Zurückweisung des Devolutionsantrages mangels Zuständigkeit, kam ihr hingegen nicht zu (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Mai 1996, Zl. 94/05/0370). Die letztgenannte Rechtsprechung zur Verpflichtung, die an die unzuständige Berufungsbehörde gerichtete Berufung gemäß § 6 AVG an die zuständige Berufungsbehörde weiter zu leiten, ist auf Devolutionsanträge zu übertragen. Dies gilt auch dann, wenn diese nicht bloß bei der unzuständigen Behörde eingebracht wurden, sondern auch dann, wenn der Antragsteller den Übergang der Entscheidungspflicht auf eine Behörde geltend macht, die nicht die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist. Auch in diesem Fall ist der Devolutionsantrag gemäß § 6 AVG an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde weiter zu leiten und bewirkt (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) mit seinem Einlangen bei dieser den Übergang der Zuständigkeit auf sie.

Eine Säumnisbeschwerde ist aber nur dann zulässig, wenn die belangte Behörde verpflichtet war, über den bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheides zu entscheiden. Die Entscheidungspflicht trifft danach im Anwendungsbereich der amtswegigen Überweisungspflicht nach § 6 AVG nur die sachlich zuständige Behörde (vgl. unter anderem den hg. Beschluss vom 12. Jänner 1993, Zl. 92/11/0284, mit weiteren Nachweisen). Da jedoch der belangten Behörde in dem hier in Rede stehenden Zusammenhang eine Zuständigkeit zur bescheidmäßigen Entscheidung über den Devolutionsantrag nicht zukam, sie daher im gegenständlichen Fall auch keine Entscheidungspflicht verletzt haben konnte, war auch nicht von einer Säumnis der belangten Behörde auszugehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Im Übrigen wird bemerkt, dass der vom Beschwerdeführer als Bescheid gewerteten Erledigung der Dienstbehörde erster Instanz (Personalamt Wien) nach der dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Rechtsprechung der Berufungskommission diese Bedeutung nicht zukommt (vgl. in diesem Zusammenhang den eine wortidente Erledigung des Personalamtes Wien der Telekom Austria AG betreffenden, bereits zitierten hg. Beschluss vom 19. Dezember 2001).

Wien, am 25. September 2002

Schlagworte

Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenOffenbare Unzuständigkeit des VwGH DiversesAllgemeinVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungBesondere Rechtsgebiete Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002120235.X00

Im RIS seit

13.12.2002

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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