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L5 KulturrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags betreffend eine Naturschutzabgabe mangels Legitimation; Zumutbarkeit eines Antrags auf Rückerstattung dieser im Wege der Selbstbemessung zu entrichtenden AbgabeSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I.1. Die neun antragstellenden Gesellschaften betreiben ihrem Vorbringen zufolge Bodenabbauanlagen im Sinne des §33 Abs1 litj des Vorarlberger Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung, LGBl. 22/1997 (im folgenden kurz: Vlbg. NSchG). Mit ihrem Antrag nach Art140 (Abs1 letzter Satz) B-VG begehren sie (mit näherer Begründung) die Aufhebung des §13 Vlbg. NSchG als verfassungswidrig.
Die angefochtene Bestimmung lautet:
"§13
Entrichtung und Höhe der Naturschutzabgabe
(1) Zur Entrichtung der Naturschutzabgabe ist verpflichtet, wer Steine, Sand, Kies sowie Schuttmaterial aller Art in einer Bodenabbauanlage (§33 Abs1 litj) abbaut oder aus Gewässern entnimmt.
(2) Die Höhe der Naturschutzabgabe beträgt
a)
bei Steinen 2,85 S pro t,
b)
bei Sand, Kies und Schuttmaterial 5,70 S pro t.
(3) Die Abgabepflicht entfällt, wenn die Entnahme oder der Abbau zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für Leib und Leben von Menschen oder für Sachen erforderlich ist und das Material für Bauzwecke oder eine sonstige wirtschaftliche Verwertung nicht geeignet ist.
(4) Die im Abs2 genannten Abgabensätze ändern sich jeweils zu Beginn eines Jahres um jenen Hundertsatz, um den sich der in Vorarlberg allgemein verwendetete Baukostenindex seit dem 1. Jänner 1994 geändert hat. Der neue Abgabensatz nach Abs2 litb ist auf einen vollen 10Groschenbetrag abzurunden; der neue Abgabensatz nach Abs2 lita hat die Hälfte dieses abgerundeten Abgabensatzes nach Abs2 litb zu betragen. Die Landesregierung hat den jeweils geltenden Abgabensatz zu Beginn eines Jahres im Amtsblatt zu verlautbaren."
2. Zur ihrer Antragslegitimation bringen die einschreitenden Gesellschaften vor, daß ihnen durch §13 Vlbg. NSchG unmittelbar die Rechtspflicht auferlegt werde, die Naturschutzabgabe abzuführen. Dies sei ein unmittelbarer und aktueller Eingriff in ihre Rechtssphäre, zu dem es keiner behördlichen Entscheidung bedürfe. Bei der Naturschutzabgabe handle es sich gemäß §14 leg.cit. um eine vom Verpflichteten selbst anzuzeigende und abzuführende Abgabe. Unterließen die Einschreiter Anzeige und Abfuhr der Abgabe, würden über sie Verwaltungsstrafen verhängt. Es stehe den Antragstellern kein anderer zumutbarer Weg zur Bekämpfung des (ihres Erachtens) verfassungswidrigen Gesetzes zur Verfügung.
II.Der Antrag ist unzulässig.
1. Der Verfassungsgerichtshof vertritt seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (s. zB VfSlg. 11684/1988, 13871/1994).
2. Entgegen dem Vorbringen der antragstellenden Parteien ist im vorliegenden Fall ein solcher Weg gegeben.
Den Einschreitern ist zwar darin zuzustimmen, daß gemäß §14 Abs2 Vlbg. NSchG die Abgabepflichtigen die in einem Kalendermonat entstandene und von ihnen selbst aufgrund geeigneter Unterlagen ermittelte Abgabenschuld jeweils bis zum
15. des zweitfolgenden Monats beim Landesabgabenamt zu erklären und die Abgabe bis zum selben Termin an die vom Landesabgabenamt bestimmte Zahlstelle zu entrichten haben.
Wie sich jedoch aus den gleichfalls Selbstbemessungsabgaben betreffenden Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes ergibt, hätten die Einschreiter die Möglichkeit, einen Antrag auf Rückerstattung der von ihnen im Wege der Selbstbemessung entrichteten Abgabe mit der Begründung zu stellen, die Abgabenentrichtung erweise sich im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit (von Teilen) des in Rede stehenden Gesetzes als unrichtig (s. VfSlg. 13103/1992, 13474/1993, 13800/1994, 13961/1994, 14019/1995, 14796/1997 u.v.a.).
Bei Beschreitung dieses Weges befänden sich die antragstellenden Gesellschaften, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung inzwischen fällig gewordener Abgaben nach der angefochtenen Bestimmung betrifft, in keiner anderen Situation als jene Abgabenpflichtigen, die die Rechtswidrigkeit von Abgabenbescheiden rügen wollen. Der beschriebene Weg zur Erwirkung eines Bescheides ist den antragstellenden Gesellschaften somit zumutbar und ermöglicht ihnen, ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzlichen Grundlagen der sie treffenden Abgabenpflicht an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
3. Mangels Legitimation zur Antragstellung nach Art140 Abs1 B-VG war deshalb der Individualantrag in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG).
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Naturschutz, Landschaftsschutz, AbgabenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:G92.1999Dokumentnummer
JFT_10008994_99G00092_00